Podcast Flurfunk aus Herne

Flurfunk aus Herne – der FAH-Podcast
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Alle zwei Wochen lädt unser Podcast-Host Wolfgang Patz im Auftrag der FAH zum Flurfunk aus Herne ein. Dabei spricht er mit interessanten Gästen aus Wissenschaft und dem öffentlichen Sektor. 

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Staffel 2

Porträt von Dr. Nana Walzer vor dem Akademiegebäude, darüber der Text "Zukunftsfähige Gesellschaft: Die Rolle der Reife und Bildung in turbulenten Zeiten"

In dieser spannenden Episode spricht Wolfgang Patz mit der Kommunikationswissenschaftlerin und Autorin Dr. Nana Walzer über die Bedeutung von Reife und Bildung in einer zukunftsfähigen Gesellschaft. Nana Walzer erklärt, wie Persönlichkeitsentwicklung und gesellschaftliche Reife Hand in Hand gehen müssen, um ein friedliches Zusammenleben in Vielfalt zu ermöglichen. Im Fokus stehen dabei Themen wie Selbstverantwortung, Demokratiefähigkeit und emotionale Intelligenz. Im Laufe des Gesprächs geht es um die Notwendigkeit einer ganzheitlichen Bildung, die nicht nur Wissen vermittelt, sondern auch Fähigkeiten wie Empathie, Resilienz und kritisches Denken fördert. Ein inspirierendes Gespräch über die Voraussetzungen für eine menschlichere und zukunftsfähige Gesellschaft. 

 

Wolfgang (00:01)

Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge Flurfunk aus Herne, der Verwaltungstalk, deinem Podcast, wenn es um topaktuelle Themen und Learnings aus der Verwaltung geht. Mein Name ist Wolfgang Patz, ich bin Podcast Coach und Moderator und im Auftrag der Fortbildungsakademie des Ministeriums des Innern NRW spreche ich jeden ersten Mittwoch im Monat mit spannenden Persönlichkeiten aus Wissenschaft und dem öffentlichen Sektor. Heute haben wir die Ehre, eine besondere Gästin zu begrüßen: Dr. Nana Walzer – Kommunikationswissenschaftlerin, Autorin und Expertin für Persönlichkeitsentwicklung. In dieser Folge sprechen wir über die Bedeutung von Reife für eine zukunftsfähige Gesellschaft und warum Bildung weit mehr sein muss als reines Wissen. Gemeinsam tauchen wir in die faszinierende Welt der modernen Kommunikation ein, reflektieren über Social-Media, Dopamin-Kicks und wie wir lernen können, uns besser auf die Herausforderungen unserer Zeit einzustellen. Viel Spaß beim Zuhören!

 

Wolfgang (01:09)

Okay. Hallo und herzlich willkommen zum Flurfunk aus Herne, dem Podcast von der Fortbildungsakademie des Ministeriums des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen. Ich habe heute die Ehre, Frau Dr. Nana Walzer zu begrüßen. Und die Nana, ist Kommunikationswissenschaftlerin, ist Moderatorin und ich habe mal auf ihrer Webseite geschaut und ich glaube, ich könnte jetzt eine Stunde straight erzählen, wenn ich alles erzähle, was sie macht und damit ich das nicht tue, schmeiße ich mal den Ball zu Nana rüber.

Nana Walzer (01:33)

Also vielen Dank mal zunächst, dass ich hier sein darf. Freut mich sehr. Wer bin ich, was mache ich? Alles findet seinen Ursprung in der Kommunikation. Ich bin Kommunikationswissenschaftlerin und davon ausgehend habe ich schon vor 20, 25 Jahren zwei, drei Fragen intensiv beschäftigt, die mich den Rest des Lebens beschäftigen. Das ist die Frage, wie wir mit uns selbst kommunizieren, das heißt, wie bauen wir selbst und Weltbilder in uns auf? Wie können wir überhaupt miteinander sprechen, wenn doch jeder seine eigene Vorstellung von der Welt und sich selbst hat? Und wie gehen wir insgesamt miteinander also auf der transsubjektiven Ebene in der Öffentlichkeit? Wie schaut hier das Verhältnis aus zwischen dem Einzelnen und diesem großen Ganzen? Und was können wir beitragen, um das Gesamte und uns selbst auch irgendwie noch zu optimieren oder in irgendeiner Form besser damit zurechtkommen. Ich habe im Zuge dieses Anliegens, dass wir reife Menschen in einer reifen Gesellschaft sind und werden, schon über 20 Jahre Unternehmens-Trainingserfahrung hinter mir, Leadership, Persönlichkeitsentwicklung, Change-Management-Strategie, ich habe einige Bücher geschrieben und zur Beziehungsführung oder zur Bildung der Menschlichkeit und eben das letzte Buch, Die helle Seite der Macht, hat mich sehr fasziniert, wie gelingende Führung aussieht. Europa-Bildung, demokratiepolitische Bildung, das ist mir auch ein großes Anliegen. Also es gibt hier zu der Frage, was ich mache viele mögliche Antworten und das war bei weitem nicht alles. Freue mich, wenn jemand auf walzer.eu vorbeischauen mag, da findet man mehr.

Wolfgang Patz (03:05)

Eine Frage, die sich mir spontan stellt, wie würde dich deine beste Freundin oder ein bester Freund beschreiben?

Nana Walzer (03:14)

Schnell, gerne denkend, hilfreich, was Menschen in, ja, vor allem auch psychischer Enge betrifft. Also mir ist Freiheit ein großes Anliegen und ich merke relativ schnell, wenn Menschen anstehen, sei das im Unternehmenskontext, sei das zwischenmenschlich oder mit sich selber, wenn da bestimmte Themen sie blockieren und das Handlungsfeld verengen. Da habe ich einen sehr großen Methodenkasten und kann dann zur Seite stehen. Bin also sehr lösungszentriert, wäre wahrscheinlich ein Wort und vielleicht auch wahrnehmungsfähig. Also ich kriege dann schon recht schnell mit, was das und was sich bei anderen abspielt.

Wolfgang Patz (03:57)

Ich habe heute einen Post gesehen, Social-Media wird ja später auch noch mal ein Thema sein, aber da ging es um das Thema Ratschläge geben, weil du jetzt gerade meintest, du hast einen kleinen Koffer dabei und so und er meinte, er hat mal, oder eine Methode, wenn, immer wenn du einen Ratschlag gibst, müsstest du doch einen machen. Um dann mal selber zu sehen, okay, jetzt bin ich nur die laufende Ratschlaggeberin und wie viel Anstrengen das eigentlich kosten würde, über einen Ratschlag zu machen und er hat das so beschrieben und da würde ich dich einfach nur mal fragen, was du davon hältst. Er geht einen Berg runter und sieht jemanden, der trägt ein Fahrrad den Berg runter und er würde ihm gerne einen Ratschlag geben. Hey, setz dich doch auf, fahr runter. Dann bist du schneller. Aber man weiß ja nie, in welcher Situation der andere ist und warum er das gerade macht. Und irgendwie fand ich das ganz spannend heute.

Nana Walzer (04:43.)

Also ich fand ein anderes Bild sehr hilfreich zu dem Thema Ratschlag, dass es so ist, wenn einen Schlag geben, jemanden. Das würde ich mir niemals anmaßen, mit Methodenkoffer meine ich tatsächlich Wege und Zugänge, um das Gegenüber in die Wahrnehmung in der eigenen Welt und in das eigene Selbstbild betreffend ein bisschen zu steigern. Das heißt, die eigenen Engen, die Türe, Tore, aber auch die Mauern wahrnehmen zu können. Und dann gibt es andere Methoden, gibt es Fragetechniken, dann gibt es andere Methoden. Es gibt System-Reisen, systemische Methoden, helfen, den Wahrnehmungsraum und den Möglichkeiten zu erweitern. Das hat nichts damit zu tun, dass ich eine Antwort gebe. Absolut nicht. Ich bin kein Freund von Ratschlägen, ist auch ein sogenannter Kommunikationshemmer und sorgt dafür, dass man sich über andere erhebt. Davon bin ich auch kein Freund. Ich spreche zwar gerne und ich teile gerne meine Erkenntnisse, aber im Prinzip geht es um die Augenhöhe und nie das sich überheben.

Wolfgang Patz (05:37)

Okay, dann lass uns mal die Warm-Up-Frage-Runde starten, auch wenn ich jetzt schon warm geworden bin hier. Museum oder Kunstgalerie?

Nana Walzer (05:47)

Ich bin ein großer Fan von Contemporary Art, egal wo.

Wolfgang Patz (05:51)

Ja, okay. Jetzt können wir sich die Frage stellen, wo du herkommst, nach der Frage, die ich jetzt stelle, Palatschinken oder Pfannkuchen?

Nana Walzer (05:57)

Palatschenken? Ich weiß nicht, ob es die in Ungarn gibt. Bei uns gibt es Palatschenken. Und natürlich Palatschenken. Was soll ich sagen als Wienerin? Mit Marillenmarmelade kann ich vielleicht noch dazu sagen.

Wolfgang Patz (06:09)

Podcast oder Hörbuch?

Nana Walzer (06:11)

Prinzipiell gerne beides und gerne beides selber machen.

Wolfgang Patz (06:13)

Retreat oder Online-Meditationskurs?

Nana Walzer (06:17)

Das ist eine Frage, die ich gerne mit dem dritten Weg beantworte: Offline Meditation, wann und wo auch immer, irgendwie auch immer. Und wenn es vielleicht von außen auch nicht so aussieht, ich bin ein großer Freund dieses inneren Nullpunktzustandes. Und rundherum, da bewegt sich was, da tut sich was. Also, dass man es durch die Augen schaut und durch die Ohren hört. Wenn sich dieser Teil des Seins seiner selbst bewusst ist, dann ist auch das rundherum leichter händelbar.

Wolfgang Patz (06:44)

Okay, gut. Dann lass uns mal reinstarten. Du bist ja da mega im Thema. Deshalb, ich werde mich an meinen Frageleitfaden halten. Also, wir werden jetzt gleich über die Bedeutung von Reife für eine zukunftsfähige Gesellschaft sprechen. Und das ist meine erste Frage an dich. Eine reife Gesellschaft braucht reife Menschen. Und jetzt würde ich gerne wissen wollen, was du unter Reife verstehst in diesem Kontext und warum Reife denn so zentral für eine zukunftsfähige Gesellschaft ist. Deine Bühne.

Nana Walzer (07:16)

Vielen Dank. Das ist tatsächlich so mein Credo, dass die Persönlichkeitsentwicklung und die Entwicklung der Gesellschaft parallel gehen muss. Das eine funktioniert nicht ohne das andere. Und das große Ziel ist das friedliche Zusammenleben in aller Vielfalt. Das kann man jetzt, ich weiß nicht, theoretisch betrachten. Mir ist es aber lieber, das Ganze wirklich praktisch zu betrachten im Alltag. Also fangen wir mal dort an, wo es für uns meistens, die meisten, wo es für die meisten von uns nämlich bei Problemen. Was uns auffällt sind Dinge, die uns stören, die uns irritieren, die nicht funktionieren bei uns selber, in den Beziehungen, in der Gesellschaft. Das ist zwar wichtig und gut, aber nur dann, wenn wir lösungsorientiert damit umgehen. Und genau das ist das Problem, dass viele Menschen im Problem verhaftet bleiben. Das heißt, sie sind im Leid. In irgendeiner Form greift das eben zu kurz und gerne treffen sie einander dann auch im Leiden und dann schaukeln sie einander hoch und dann gibt es Wutanfälle und Stress und noch mehr Ohnmachtsgefühle und Angst. Und anstatt dass wir einander in diesen Zuständen, wie soll ich sagen, noch zusätzlich belasten, wäre das Ziel einer reifen Gesellschaft und von reifen Menschen, dass wir lernen, damit umzugehen, was eben nicht passt auf eine konstruktive Art und Weise. Und dazu finde ich, braucht es eben Ziele und Zielzustände, die ganz klar formuliert sind, wie so ein menschliches Leben gelingen kann, wie aber auch das gesellschaftliche Zusammenleben gelingen kann, damit meine ich keine Idealziele wie utopische Ziele, sondern Realziele wie eben ganz praktisch ein erfülltes Leben und ein erfüllendes Miteinander gelingen kann. Und in aller Kürze in der Nutshell ist das die Befähigung zur Übernahme von Selbstverantwortung und Mitverantwortung. Das ist der Punkt und das kann entweder beim Einzelnen ansetzen, das kann in Kleingruppen passieren, das kann eine verantwortungsvolle Familie oder andere Gruppe sein und das kann eben auch auf der Ebene der Gesellschaft stattfinden, wo Unterschiede dann im Diskurs beispielsweise, also in einer Diskurskultur ausgesprochen werden und argumentativ verhandelt werden und nicht mit Gewalt, egal welcher Form. Noch mal weiter kürzer versucht runterzubrechen, reife Menschen, das sind für mich welche, die ihren Körper, ihre Emotionen, ihr Denken, ihr Handeln, ihre Beziehungen und auch für die direkte Umgebung, Welt, die die wahrnehmen und eben auch ein Stück weit mitgestalten und aus sich selbst auch so ein bisschen herauskönnen. Das heißt, ich muss mich zuerst ganz, ganz gut kennenlernen, damit ich mich überhaupt verlassen kann, mich auf andere einlassen zu können. Sonst sehe ich immer alles nur durch enge Brillen. Das ist ganz schwierig. Und erst in diesem Wahrnehmungsprozess kann ich diese üblichen Opfertäter und Retterhaltungen verlassen, die die sogenannten Spiele der Erwachsenen ausmachen, wie es Eric Byrne schon vor Jahrzehnten so schön genannt hat und wo die meisten sich einfach verfangen. Und das reicht natürlich bis in die Politik hinein. Und die reife Gesellschaft, das ist eben eine, die diese Grundlagen geschaffen hat, transkulturelle, kulturübergreifende Strukturen, wie etwa eine demokratische Verfasstheit, das Prinzip der Gewaltentrennung, die Rechtsstaatlichkeit, die Grund- und Menschenrechte, die Säkularität, also die Trennung von Kirche und Staat.

Das aber eben nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis. Und darüber hinaus befähigt so eine reife Gesellschaft den Einzelnen auch zur Persönlichkeitsentwicklung. Also dazu, die Werte wie Freiheit, Gleichheit oder eben gemeinsames Wohlergehen auch leben zu können, also zu verstehen und Kompetenzen zu entwickeln, die das ermöglichen.

Wolfgang Patz (10:38)

Das hört sich ja an wie so ein Schlüssel für alles eigentlich.

Nana Walzer (10:43)

Mit weniger geben wir uns nicht zufrieden.

Wolfgang Patz (10:46)

Das hört sich gut an. Ich bin dabei. Es die Frage, wie bewegen wir Leute dazu? Das sollte wahrscheinlich schon mit der Muttermilch irgendwie eingetrichtert werden. Vor allen Dingen im Schulsystem, da scheiden sich auch die Geister. Wahrscheinlich gibt es keine richtige Meinung dazu. Aber wenn man sich vor allen Dingen das Bildungssystem anschaut, was meinst du? Oder was ist wichtig? Welche Kompetenzen müssen gefördert werden?

Nana Walzer (11:12)

Also ich habe die Freude und das Vergnügen zu Büchern herausgegeben und auch Teile davon selbst geschrieben zu haben, die Bildung der Menschlichkeit für junge Menschen und für Erwachsene. Und da gibt es tatsächlich Ansätze von Mutterleib bis hin zu Sterbebare, wie menschlich, mitmenschlich, reif man miteinander umgehen kann und dadurch auch nicht nur sich selbst bereichert, sondern eben auch das Umfeld beeinflusst im konstruktiven Sinne. Klar beginnt das an sich mit Eltern und Mutterschaft schon. Es gibt x Studien, wie die hormonelle Situation oder Stressbelastbarkeit der Mutter sich bereits auf die Entwicklung des Kindes inklusive Gehirn etc. auswirkt. Aber ganz kurz gesagt, gibt wahnsinnig viel schon. Es gibt ganz viele Best-Case-Beispiele. Wenn wir jetzt von der Schule sprechen, im Norden Europa, Achtsamkeitstraining oder auch in England gibt es das für schwierige Schwerpunkt-Schulen beispielsweise. gibt Meditationsübungen. Es geht einfach nur ums Wahrnehmen oder ums ruhig werden und sich aus schwierigen negativen Emotionen einmal beruhigen können, entstressen. Es gibt Ansätze, die mit stabilen Bindungen arbeiten zwischen Lehrenden und Lernenden. Also nicht mit diesen Autoritären, wie wir es zumindest in Österreich sehr stark haben. Ja, einer steht oben und alle anderen müssen irgendwie sich anpassen. Lernen durch Vorbilder, durch eben starke, gute, positive Beziehungsvorbilder. Aber auch durch Leute, die lösungsorientiert, innovativ, kreativ, projektprozessorientiert denken können und dass man hier auch Kooperation in den Vordergrund stellt statt Konkurrenz. Also nicht wer ist jetzt der Beste der Klasse, auch gezielt fördert da wo Stärken da sind bzw. fordert wo Stärken da sind, aber auch eben wertschätzt und dort, wo wirklich massive Schwächen da sind und richtige Unterstützung gibt. Also da gibt es ganz viel. Ich möchte da gar nicht weiter darauf eingehen. Es gibt sehr viel, dass wir noch nicht umsetzen. Aber im Prinzip unten drunter sind es Elemente wie emotionale Intelligenz, soziale Kompetenz, Resilienz und Empowerment. Also die Befähigkeit zum effektiven Umgang mit Stress, zum Aushalten von Unsicherheiten. Impulskontrolle gehört gelernt. Frustrationstoleranz, Ambikulitätstoleranz. gehört das Denken auf Metaebenen. Es gehört gelehrt, wie man erkennt, wenn man zum Beispiel emotional manipuliert wird. Das betrifft zum Beispiel, ich nehme an wir sprechen über Social-Media, Kommunikationsformen, also die Empörungswirtschaft. Das muss man erkennen können. Man muss natürlich auch Fake News und Desinformation erkennen können. Aber allein emotionale Manipulation zu erkennen, dass wirklich, finde ich, gehört unterrichtet. Abgesehen davon, dass man auch inhaltlich manipuliert werden kann, durch Argumentation, durch Logik, durch bestimmte Arten und Weisen, kommuniziert wird, das sollte man alles kennen. Und man sollte auch wissen, wie man selbst wirksam sein kann in schwierigen Situationen, wie man kritisch denkt, lösungsorientiert, agiert, kreativ und innovativ ist. Wie man ja auch langfristig denkt und wie man vor allem damit umgeht, das ist auch etwas, was die heutige Zeit betrifft.

Mit diesem Bedürfnis nach dem schnellen Kick, dem Wunsch, dem Lustprinzip zu folgen und der Schwierigkeit dieser komplexen Realität entgegentreten zu müssen, ja eigentlich die Multikrise, also wer will schon wirklich in die Welt schauen? Da ist Krieg, da ist Klima, da ist furchtbar. Die News sind auch so gemacht, dass sie halt negative Bias verstärken, weil das halt Aufmerksamkeit generiert. Aber damit muss man umgehen lernen, finde ich. Man kennt dann so einen gereiften Menschen an einer wirklich tiefen Wahrnehmungsfähigkeit, einer Bewegung zum Umgang mit der komplexen Wirklichkeit, an der Möglichkeit der Teilhabe an dieser demokratischen Gesellschaft, dass man eben diskutieren kann, dass man Vielfalt zulassen kann, dass man schaut, okay, was braucht man im Moment situativ, aber was sind die großen Ziele, also diese Dinge?

Wolfgang Patz (15:02)

Ich meine, das hört sich ja wirklich nach so einem Prototypen Mensch an, der irgendwie wirklich gezüchtet werden sollte. Ich frage mich so, zum Beispiel, wenn ich meine Eltern angucke, wenn ich denen das jetzt alles sagen würde, das ist wichtig, haben die das damals irgendwie schon intuitiv besser gemacht als heute in der schnelllebigeren Zeit? Oder würdest du sagen, das bildet sich jetzt eigentlich besser aus in der heutigen Zeit?

Nana Walzer (15:20)

Also ich würde es nicht vergleichen wollen, sondern sagen, dass die Lebensumstände verschieden waren und das wir heute in dieser unglaublichen schnelllebigen Zeit mit den vielen Veränderungen und auch mit einem gewissen Grad an Realisierung, was Medien eigentlich sind, nämlich selbstgemachte Bilder unserer Selbst- und Weltbilder, verantwortungsvoll umgehen können. Wir haben eine Riesenchance zu erkennen, wie konstruiert Realität eigentlich ist, also vor allem die geteilte Realität und dass wir tatsächlich selber einen verantwortungsvollen Teil beitragen können. Ich glaube, wenn ich mich erinnere an Eltern, Großeltern, die also saßen vor der, ich weiß nicht, in Deutschland heißt das glaube ich Tagesschau in Österreich Zeit im Bild, da gab es eben ein, zwei Kanäle, aber monopolisiert und das war die Wahrheit, das war die Welt. So ist es heute nicht mehr. Und es ist auch ganz in Ordnung, dass wir lernen, dass diese Dinge halt wie sie funktionieren, wie Medienlogik aussieht, wie Aufmerksamkeit gesteuert wird, das sollte man wissen. Und nein, ich glaube nicht, dass früher die Welt besser war, es war etwas anderes.

Wolfgang Patz (16:14)

Na gut, dann ab in die digitale Welt. Wenn ich jetzt Verhalten auf Social-Media mir anschaue, ich versuche selber gerade mein Personal Branding auszubauen, ich bin Unternehmer und möchte auch die Zielgruppe erreichen und muss deshalb auch bisschen konsumieren, um zu schauen, was ist da gerade aktuell und so weiter. Und da merke ich auch, wie ich einfach nur durchscrolle und dann wird man durch irgendwas Buntes oder irgendeine catchy Aussage oder eine gute Hook bleibt man stehen. ich komme ganz oft mit, wie ich zuerst mal durch die Kommentare gehe, weil in den Kommentaren wird sich richtig zerfleischt und ich eigentlich den Inhalt des Videos mir eigentlich egal ist, sondern eher mich dann wieder entertainen lasse von den Kommentaren. Wahrnehmungsfähigkeit ist jetzt hier das Wort der Stunde. Was sind deine Gedanken dazu?

Nana Walzer (17:07)

Wahrnehmungsfähigkeit. Ich habe drei Elemente, mit denen ich gerne spiele, wenn es um zukunftsfähige Bildung geht. Ja, Wahrnehmungsfähigkeit ist eine. Wirklichkeitsfähigkeit ist die zweite. Demokratiefähigkeit die dritte. Das wären so drei Schienen, die ich mir wünschen würde für eine Reifungsgesellschaft und für die Reifung von Menschen. Wahrnehmungsfähigkeit, du hast das sehr schön beschrieben. Dir fällt zumindest auf, was du überhaupt wahrnimmst. Das ist schon mal sehr viel. Du merkst, wo du hängen bleibst, du machst dir vielleicht auch Gedanken darum, warum du dort genau hängen bleibst, was spricht dich an, was spricht andere an und wie reagieren sie darauf, das interessiert dich. Also dieses am Puls der Zeit bleiben, wo ist gerade die Aufmerksamkeit von deiner Zielgruppe, worauf fahren die ab, das ist schon mal ganz spannend. Ein zweites Element bei der Wahrnehmungsfähigkeit wäre dann tatsächlich, mitzubekommen, wie lange man sich auf was konzentrieren kann und wir wissen ja, dass durch diesen Dopamin-Kick, also wie ich sage jetzt mal ganz banal, die Katzenvideos und die, ich weiß nicht, Schmink und Koch und was weiß ich, die Kuriositäten, die Leute, die mit dem Skateboard gegen die Wand fahren, was auch immer einem Menschen verhilft zu einem kleinen Dopamin-Kick. Das kann lustig sein, das kann aufregend sein, das kann also in irgendeiner Form Neugierde schaffen. Das wird uns ja so ein kleines Glücksgefühl geben, kleines Hoch geben. Und meistens bleiben wir dann nicht lang bei diesem Artikel oder bei diesem Beitrag, bei diesem Meme, was auch immer es war, sondern wir scrollen umso schneller weiter, noch mal so einen Kick zu haben. Das zweite Element weiß ich überhaupt, dass ich mich gar nicht richtig konzentriere auf die Dinge. Und das dritte ist, weiß ich eigentlich auch, dass ich dann wahnsinnig viel eigentlich nicht wahrnehme. Vor allem, wenn wir uns anschauen den Konsum beispielsweise von TikTok in jüngeren Generationen und überhaupt Handykonsum, die zwei bis vier Stunden am Tag am Handy hängen.

Das wirkt zwar vielleicht wie ein Fenster in die Welt, aber das ist es überhaupt nicht. Und das sollte bewusst werden, finde ich, wenn es um Wahrnehmungsfähigkeit geht, dass wir uns hier sehr verengern, obwohl es wirkt, als würden wir in die Welt schauen.

Wolfgang Patz (19:01)

Ja, aber auch, wenn ich an meine Nichten und Neffen denke, wenn ich mal mit denen zu tun habe oder auch an andere, jüngere Leute, da habe ich immer so unterbewusst den Druck, denen was bieten zu müssen, weil ich mir denke, die sind bestimmt gleich gelangweilt, wenn ich denen erzähle, ich habe heute eine Taube gesehen, die da irgendwie auf einer Dachrinne gesessen hat und ich fand das so schön. Das kickt ja nicht rein.

Nana Walzer (19:23)

Ja, das kommt aber auch ganz auf den jungen Menschen an. Es gibt tatsächlich welche, die sind sehr geprägt von den Prinzipien der Aufmerksamkeitsökonomie, der Empörungswirtschaft, des Lustprinzips vor allem. Also auf diese Dopamin-Kicks, bestimmte Blickweisen, Belohnungsstrategien, die halt, ich weiß nicht, aus dem Gaming kommen oder eben von Peer-Groups kommen, wo man sich auch darüber austauscht oder Communities scheinbar zugehört, was ja das große Identitäts-Thema in diesem Alter betrifft oder da hinein zahlt. Aber es gibt schon viele auch, die sich mit Themen kritisch auseinandersetzen. Ich denke, da kann man gut Vorbild sein. Also wenn man authentisch, selbstreflektierend und transparent ist, habe ich die Erfahrung gemacht, dass gerade junge Menschen dann auf einmal aufhorchen. Also wenn man eben nicht, wie es sein sollte, wie es sein müsste oder wie es sein könnte wiedergibt oder jammert oder kritisiert oder in irgendeiner Form sie, Hier lest doch mal ein Buch, ich meine das bringt alles gar nicht. Aber je echter, je wahrhaftiger, je vielleicht auch neugieriger man selbst in Bezug auf die eigenen Grenzen ist, umso mehr Aufmerksamkeit habe ich zumindest bei vielen jungen Menschen auch schon, umso mehr Willen zur Aufmerksamkeit habe ich wahrgenommen.

Wolfgang Patz (22:38)

Ja, ich meine, ja gut, wenn man wirklich auch mal aus der digitalen Welt rausreißt, ganz oft ist es so, wenn irgendwie, sieht man an Restaurants, klar, ich bin jetzt noch kein Elternteil, vielleicht würde ich es auch so machen, wenn dann das Geschrei groß ist, dann wird quasi nicht der Schnuller Mund gesteckt, sondern das Tablet vorne hin gepackt und dann ist es erstmal wieder schön. Die Welt ist dann schön.

Nana Walzer (20:59)

Ist auch verständlich. habe da jedes Verständnis dafür, dass man sich als Elternteil endstressen muss. Das ist überhaupt einer der wesentlichsten Punkte. Wir lernen uns aus diesen Fight, Flight, Freeze Reaktionen, die uns ständig von überall her getriggert werden. Sei es eben Medien, sei es soziale Medien. Diese ganze Aufmerksamkeits-Empörungsmasche, Negativitätsmasche. Dauernd ist irgendwas, nie ist es ruhig. Ich glaube, das ist ein großer Unterschied zu früher war es auch mal ruhig und es war langweilig und es hat Raum gegeben für Neugierde, für Fantasie, für Wünsche, Sehnsüchte. Und heute, also ich habe da jedes Verständnis, auf der anderen Seite ist es auch schön, wenn man gemeinsam sich entstressen könnte, also andere Wege vielleicht findet, ob die jetzt, ich weiß nicht, sind, ob die Musik machen heißen, ich meine, man kann vielleicht auch gemeinsam. Ich denke, dass die Bindungsebene, also da gibt es auch viele Untersuchungen, dass stabile Beziehungen so viel wichtiger sind als vieles, vieles andere. Und wenn man da immer wieder hinkommt und dann auch immer wieder, gerade in Zeiten, wo die psychische Befindlichkeit junger Menschen wirklich sehr labil ist, nicht fragt, wie geht es dir denn, sondern ich nehme wahr, du bist gerade müde, brauchst du was, das ein bisschen anders macht. Das man eben in die Lebenswelt vielleicht eine Hand reicht. Mit einem Fragezeichen und nicht mit einem, schlaf doch mal mehr oder ich nehme dir das Handy weg oder so. Diese Zeit braucht einfach andere Arten miteinander umzugehen.

Wolfgang Patz (22:31)

Also ich erkenne mich da auch bei vielen Punkten wieder. Vor allen Dingen, wenn ich jetzt an mein eigenes Verhalten wieder denke, aber auch das Dopamin, ausgeschüttet wird, wenn ein Post von mir abgeht. Da wird kommentiert, da wird geliked, der hat irgendwie viele Aufrufe. Und dann, ich mal wieder einen veröffentliche und der aber nicht so abgeht. Man hat das Gefühl, man war vorher auf einem Siegertreppchen und auf einmal wird man quasi im Schatten hinter der Ecke abgestellt und ich eigentlich als reifer, junger Mann, der irgendwie auch ein Unternehmen hat und so weiter, trotzdem lasse ich mich davon so triggern und habe manchmal Probleme mich dann aus diesem kleinen Tief erstmal wieder rauszumanövrieren in die Realität. Was habe ich da für Möglichkeiten?

Nana Walzer (23:09)

Ja, das ist ein wunderbares Thema. Ich möchte das bisschen breiter zuerst reflektieren, denn Dopamin ist natürlich nur ein, also dieser Kick ist nur ein Element in unserem wunderschönen Neurotransmitter- und Hormonhaushalts-Themenfeld, das uns ja eigentlich Tag ein Tag aus beschäftigt. Und im Leben prinzipiell geht es eigentlich um die Balance, einen guten Ausgleich zwischen Cortisol, also zwischen Anregung und Aufregung und Oxytocin, jetzt dieses eine vor allem rauszunehmen, dieses entspannende Kuscheln, Beziehung, Bindung, stabilisierende. Also das eine regt uns an oder auf im Sinne von da wollen wir auch Dinge tun oder wir haben diese ganzen heftigen Emotionen und das andere bringt uns runter, wir können uns entspannen. Wenn das aus der Balance gerät, also das wir immer nur aufgeregt sind und nie runterkommen, dann hat das massive Auswirkungen auf die Gesundheit, die mentale, die emotionale Befindlichkeit, aber eben auch den Körper und dann kann es sein, wenn das zu lange dauert, dass wir auch in dauerhaft unangenehmen negativen Zuständen verfallen, dass wir viel zu schnell ansprechen auf Angst, auf Wut, auf Frustration etc., dass wir vielleicht sogar in der Depression landen, weil wir auch durch und jetzt kommt das Dopamin ins Spiel, durch dieses übermäßige Triggen. Wir sind gestresst, wir wollen uns besser fühlen, aber anstatt, dass wir entspannen, gehen wir in den Dopaminkick. Und das ist aber eigentlich auch ein Teil der Aufregung. Das heißt, das spielt jetzt wirklich eine große Rolle heute, dass wir versuchen, uns die ganze Zeit zu belohnen für diese Mühe, so das Leben, obwohl wir eigentlich hier zumindest im Westen in einem wunderbaren Wunderland immer noch leben, trotz des Wahnsinns. Das heißt, wir wollen den nächsten Kick und das bedeutet, wie bei jedem Süchtigen, wir brauchen immer mehr, wir brauchen intensivere, wir brauchen immer schnellere Kicks, wir brauchen eine Vielfalt von Möglichkeiten. Also dann essen wir zu viel, wir trinken zu viel, wir haben, ich weiß nicht, zu viel Binge-Watching. Das ist alles dieselbe Schiene. Zu viel Handy, zu viel. Zum Dopamin würde nämlich auch was anderes geben, das finde ich auch interessant. Es würde das echte Erfolgserlebnis gehören, das auch bleibt. Also, dass wir uns ein Ziel genommen haben, dass wir mit Dopamin hingearbeitet haben. Dopamin macht Neugierde, macht Sehnsucht, macht Motivation und nach. da in einem anstrengenden Teil und der ist nämlich ganz interessant. Zum Beispiel beim Sport kann man das gut nachvollziehen. Man ist motiviert, man macht Sport, weil man weiß, man fühlt sich nachher gut. Man ist motiviert, geht raus und dann ist es anstrengend, weil man muss laufen, man muss sich quälen und dann ist es ein Erfolgserlebnis, weil man hat was erreicht, man fühlt sich besser. So wird sich das gehören. Aber bei unseren modernen Dopamin-Kicks bleibt die Anstrengungsphase aus, die uns in gewisser Weise auch wieder in Balance bringt. Also wir müssen diesen schnellen Kick mit ein bisschen einer Anstrengung oder ein bisschen einem Leiden im positiven Sinn auch balancieren. So wie wir eben beim Cortisol mit Oxytocin balancieren, müssten wir das Dopamin mit gerechtfertigten Endorphinen, also diesen Belohnungseffekt, dann eintritt, wenn man sich auch angestrengt hat, ausbalancieren. Und das fehlt. So, mal jetzt eine lange Antwort.

Wolfgang Patz (26:12)

Außer wenn man Krämpfe im Daumen kriegt oder in der Nackenstarre.

Nana Walzer (26:16)

Ja, okay, aber das ist nicht wirklich ein Erfolgserlebnis. Also das ist jetzt kein Ziel, es war ein Leiden, ja okay, und vielleicht verhindert es, dass man eine Weile spielt und dann ist das Spiel wieder umso schöner. Kann auch helfen, ja.

Wolfgang Patz (26:31)

Ist ein super spannendes Thema, wenn man erstmal einsteigt, dann glaube ich, kann man auch nicht mehr aufhören, da tiefer zu bohren und tiefer reinzugehen.

Nana Walzer (26:38)

Neurowissenschaften und gerade die Forschung in Bezug auf was die Hormone betrifft, was die verschiedenen Lebensphasen betrifft, was die Interaktion von Körper, Seele, Geist jetzt gar nicht im Sinne von Esoterik, sondern wirklich ganz biologisch betrachtet, biologisch-psychologisch und dann eben auch sozial-soziologisch betrachtet. Das ist irrsinnig spannend. Momentan gibt es auch ganz viele tolle Bücher, die man lesen kann, wo man sich ja da kundig machen kann. Und unterm Strich ist es dann eigentlich eh logisch, aber es ist schön, wenn man es nachvollzieht und man weiß dann auch eben, warum man immer wieder so unrund wird, weil man eben zu viel von einer Sache verfolgt hat und in dem Moment auch gar nicht so präsent hat. Was könnte man denn anders machen, das auszugleichen? Also, dass wir ständig in einem Fließgleichgewicht leben, das ist den wenigsten bewusst. Wir wissen zwar, wir sollen nicht immer zu viel essen, aber wenn Essen zu so einem Belohnungssystem dazugehört, dann ist die Belohnung stärker als das Wissen, dass man es nicht sollte und das Suchtverhalten hindert uns daran, dass zu verändern und dann fragt man sich, wie komme ich da raus? Da kann es schon helfen, ein bisschen hinter die Fassaden zu schauen und sich damit diesen inneren Mechanismen auseinanderzusetzen, damit man mehr motiviert ist. Bei mir geht zumindest der Motivationsschub sehr übers Hirn. Andere Leute gehen nebeneinander wie, die gehen gerne über den Körper, ist auch okay. Oder über Beziehungen.

Wolfgang Patz (27:59)

Okay, habe ich eine kleine Zwischenfrage-Runde, nennt sich Quick Check In. Und ich sage jetzt ein Wort und du sagst mir mal deine Gedanken dazu. TikTok.

Nana Walzer (28:11)

Klicks für sekundenkurze Kicks.

Wolfgang Patz (28:14)

Demokratie.

Nana Walzer (28:15)

Die beste aller bekannten Gesellschaftsformen.

Wolfgang Patz (28:19)

Dopamin.

Nana Walzer (28:20)

Auu, der Stoff aus dem die Sehnsucht ist.

Wolfgang Patz (28:22)

Lernen.

Nana Walzer (28:23)

Ja, lernen bedeutet über die eigenen Grenzen hinaus zu wachsen, ist mühsam. Braucht die richtige Balance, da muss ich länger ausholen. Ich weiß nicht Anregung, also wirklich Motivation, aber auch Bestätigung, Belohnung. Dann eben wieder dieses mühsame, das Lernen bedeutet, ich muss mein Hirn quälen, ich muss Prediction Error erleben, also ich muss mich irren, ich darüber hinweg kommen, dass ich das, was ich bisher dass das nicht ausreicht oder sogar falsch ist. Und damit muss man umgehen lernen.

Wolfgang Patz (28:58)

Okay, gut, dann gehen wir zum nächsten Themenpunkt. Du hast ja schon mal das Wort Demokratiefähigkeit in den Mund genommen. Nächste Frage ist genau zu dem Thema. Und zwar, wie meinst du, wie kann Bildung dazu beitragen, dass Menschen auch in diesen turbulenten Zeiten Verantwortung für die Gesellschaft übernehmen?

Nana Walzer (29:16)

Ja, ist, ich meine wir haben Wahlergebnisse hinter uns. Keine Selbstverständlichkeit, Demokratie insgesamt ist keine Selbstverständlichkeit also ohne gelebte Partizipation funktioniert das nicht, sei es auf regionaler, nationaler oder europäischer Ebene. Wir haben da wirkliche Herausforderungen, auch wenn wir in die Welt schauen. Also dieser große systemische Kampf zwischen Autokratien, egal in welcher Form sind das jetzt, Diktaturen, Gewaltherrschaften, Militär, Fundamentalismus, auch immer, und eben Demokratien, da ist noch gar nicht sicher, welches System sich durchsetzt. Und es gibt große Fragezeichen. Man kann hoffen, dass das viele Gereibe dazu führt, die Menschen sich letztendlich dazu entscheiden, doch friedlich miteinander zu leben. Aber in diesem Prozess stecken wir, der kann so lange dauern, das weiß keiner.

Das heißt, Demokratiefähigkeit für mich, würde bedeuten, dass wir lernen zu unterscheiden, in welcher Welt wollen wir leben und in welcher nicht. Und zwar egal, wie fehlerbehaftet die Demokratie jetzt ist. Es ist gut, dass man für bessere Umstände, für eine bessere Umsetzung von Menschenrechten, von Freiheit etc. eintritt. Ja, immer. Es ist gut, dass man sich ausdrückt, wenn etwas nicht passt. Aber das große Ganze muss einem klar sein, dass man sich gleichzeitig dagegen verwehrt, autokratischen, korrupten Gewaltherrschaften leben zu wollen. Das muss auch klar sein. ich glaube, meine Unterstellung ist, dass viel nicht klar ist, wenn Sie bestimmte Parteien wählen in Richtung Rechtsextrem. Was das eigentlich für eine Systematik bedeutet, die Sie damit wählen, das ist nicht das freie, friedliche Zusammenleben.

Und das will doch eigentlich keiner. Wer will denn das, wenn man sich das durchdenkt? Und ich denke, so weit müsste man denken können und denken lernen. In welcher Welt will man leben, ist dies die große Frage. Und ich habe es ihr schon angesprochen, Demokratiefähigkeit bedeutet für mich die Wahrnehmung, wann werde ich emotional manipuliert. Und das ist genau das, was passiert auf Social-Media. Da wird Empörung betrieben, wird Wut, Hass, Angst geschürt.

Und zwar über unglaubliche Behauptungen, Aussagen, über unglaubliche Bilder, Metaphern, Sprachbilder. Das sollte einem klar machen. Wenn man sich getriggert, also wenn man sich intensiv negativ emotionalisiert fühlt, dann sollte einem sofort klar sein, dass dahinter jemand steht, der davon was hat. Das ist ganz klar. Das ist Manipulation. Denn ich kann selbstverständlich über Krisen und Katastrophen sprechen und das tun die sogenannten Qualitätsmedien ja in einem versucht neutralen Ton. Da geht es aber dann weiter, da wäre mir dann ein Anliegen, dass sie eine sogenannte emotionale Dramaturgie verfolgen. Das heißt, dass sie wissen, was sie mit furchtbaren Nachrichten anrichten, weil Leute halten irgendwann einmal das nicht mehr aus, die sind dann informationsverweigernd oder sie schalten ab, sie werden gleichgültig, das muss vermieden werden.

Und das heißt, man muss helfen, wie komme ich von einem aufgeregten negativen Zustand in das Gefühl der Selbstwirksamkeit und vielleicht sogar in ein Empowerment, was kann ich beitragen, um etwas anders zu machen. Darüber könnten wir eine eigene Sendung machen. Das ist mir ein großes Anliegen. Und im Dritten vielleicht wäre das Thema Diskurskultur. Also das, was mich stört, in eine Art und Weise artikulieren zu können, dass wir miteinander lösungsorientiert reden können und kreativ, innovativ uns überlegen, wie wir realistische Schritte setzen können, die Situation zu verbessern. Nicht Quickfixes, nicht schnelle, einfache Lösungen, nicht Parolen folgen.

Wolfgang Patz (32:45)

Und du hast ja vorhin was von praktischen Tipps gesagt. Das sind ein paar praktische Tipps für die Leute, jetzt zuhören, wie die genau das Thema zum Beispiel selbst mitkriegen. Ich werde jetzt irgendwo gerade emotional getriggert, in welche Richtung es auch immer geht. Das kann man in dem Moment praktisch irgendwie machen.

Nana Walzer (33:02)

Also das erste ist immer wahrnehmen. Also überhaupt wahrnehmen, dass mit mir gerade etwas geschieht, dass ich mich vor einer Sekunde noch anders gefühlt habe. Ich habe ein Bild gesehen, ein Wort gesehen, ein Video, was auch immer und ich fühle mich jetzt anders. Und dass das nicht von 0 auf 100 selbstverständlich passiert, weil die Wahrheit oder die Wirklichkeit halt so ist, sondern dass dahinter jemand steckt mit einer Absicht. So, Wahrnehmung. Zweite Sache ist, sich zu überlegen natürlich die Klassiker, welche Quelle, welche Motivation, was will jemand, ein Faktenchecker, also das brauchen wir glaube ich hier gar nicht reden, das werden die meisten ja eh hoffentlich wissen. Ich schon. Ganz wesentlich, also gerade bei Extrem. Also das eine ist, man schaut sich die Kommentare an und hofft, dass schon jemand Faktencheck gemacht hat und sieht dann, bitte schau doch da und lest doch da. Aber das andere ist, sich zu überlegen, was ist das jetzt? Und ganz oft stellt sich heraus, dass zum Beispiel Bilder falsch zugeordnet werden, dass Geschichten falsch erzählt werden, dass Studien falsch zitiert werden, etc.

Was aber auch ganz wichtig ist, ist, wenn jemand anderes mir mit so einer Geschichte kommt, eine physische Person, dass ich nicht sage, du bist jetzt ein Idiot oder mit dir rede ich nicht mehr oder das kann ich mir gar nicht anhören, sondern dass man versucht und das ist eben das Wichtigste, die Beziehungsebene aufrechtzuerhalten. Also diesen Menschen an sich nicht für blöd oder irgendwie was anderes zu halten, sondern zu sagen, okay, dich beschäftigt gerade etwas, erzähl mir mehr davon. Also mit Fragen zu arbeiten, auch wenn dann der größte Blödsinn kommt, Nachfragen.

Woher hast du das? Was steckt da dahinter? Und nicht selber sagen, ich weiß es aber besser, weil dann streitet man. Also in diesen Diskurs zu gehen statt in den Konflikten, das ist wahnsinnig schwierig, weil das negative Gefühl aushalten so schwer ist. Und das liegt doch daran, dass wir Menschen sind. Das heißt, wir kriegen die Gefühle von anderen eins zu eins mit. Sind das jetzt über Spiegelneuronen, sei es über Resonanzeffekte. Wir wollen miteinander stimmig sein. Das geht vieles davon ganz automatisch.

Das heißt, da braucht es eben ganz viel Wahrnehmung, ganz viel Selbstregulationsfähigkeit, diese Unterschiedlichkeit im Empfinden auszuhalten und dann trotzdem die Brücke zu halten. Also das würde ich als Schlüsselfaktor für eine gelingende Gesellschaft und Beziehungen letztendlich sehen.

Wolfgang Patz (35:01)

Da fällt mir auch gerade ein Spruch ein oder ein Satz. Was zwischen Reiz und Reaktion da ist Raum. Ich finde das mega schwierig umzusetzen.

Nana Walzer (35:10)

Ja, nicht so... Es wird dann leichter, wenn ich meine Reaktionen gut kenne. Das heißt, wenn ich weiß, zum fünften Mal fällt mir auf... Also Beispiel aus meinem Leben. Meine Mutter hat wahnsinnig... Das ist eine sehr logische Frage, wissenschaftsorientiert. Aber im Auto hat sie geschimpft wie ein Rohrspatz. was mache ich, wenn ich Auto fahre? Ich schimpfe wie ein Rohrspatz. Sonst nicht. Und irgendwann ist mir das halt aufgefallen und ich dann hat es eine Weile gebraucht und jetzt schimpf ich weniger und anders und ähnliches ist mir einmal passiert, letzte Anekdote vielleicht, mit der inneren Stimme. Also da gibt es jemanden, hat mich, also da ich in meinen 20ern, beschimpft, der hat mich kleingemacht und das ist nicht gut genug und das ist besser und irgendwann war so ein Schlüsselmoment, da kam ich an das Bild erinnern vor einem Lift und ich hör diese Stimme da von oben herunterdonnern und ich, ich halte ihn, ich drehe mich schaue so hinauf in Richtung dieser Stimme und sage, bist du jetzt für mich oder gegen mich? Und dann war Stille und diese Stimme kam nie wieder. Und daher weiß ich, dass diese Macht der Wahrnehmung, was sich eigentlich in uns abspielt, tatsächlich funktioniert.

Wolfgang Patz (36:19)

Nana, ich habe eine kleine Überraschung für dich mitgebracht. Du kannst jetzt quasi einen Wunsch an den Rest der Welt äußern, was sich in den nächsten Jahren vielleicht ändern sollte, eine zukunftsfähige Gesellschaft quasi sicherzustellen

Nana Walzer (36:33)

Du bist hoffentlich die Zauberfee, das finde ich gut. Zukunftsfähige Gesellschaft. Ich würde da, gerade weil hier auf dem Podcast natürlich Bildung das Thema ist, von zwei Elementen träumen. Das eine ist die zukunftsfähige Bildung und das andere ist das Bilden der Zukunftsfähigkeit. Das Bildungssystem muss zukunftsfähig sein, meiner Meinung nach. Das heißt nicht autoritär, nicht auf Konkurrenz, nicht auf Stress aufgebaut, sondern eben durchaus der zeitentsprechende Lustprinzip auch entsprechen und echte Erfolgserlebnisse ermöglichen, also dass hier eben Dopamin und Endorphine auch tatsächlich zum Entzug kommen, aber eben auch zur Reifung der Menschen beitragen und hier helfen Stressausgleich zu betreiben, also diese Balance von Cortisol und Oxytocin zu üben in Beziehungen, aber auch in der Beziehung zu sich selber und zur Gesellschaft und letztlich zur Teilhabe an der Gesellschaft befähigen. Also ich fasse nochmal zusammen an Wahrnehmungswirklichkeits- und Demokratiefähigkeit. wären so die Schritte. Die Zukunftsfähigkeit bedeutet für mich eben da, die Fähigkeiten zu fördern, damit Menschen lernen im Hier und Jetzt schon solche Entscheidungen zu treffen, solche Denk- und Handlungsweisen an den Tag zu legen, dass man die Zukunft aktiv mitgestaltet zu einem besseren, im Sinne eines friedlichen, guten Zusammenlebens in aller Vielfalt und da gehören Elemente dazu wie Durchhaltevermögen oder auch Flexibilität, Beziehungsfähigkeit, Fehlertoleranz, Offenheit, Wertschätzung. Ganz, ganz viel von dem, was wir heute auch schon gesprochen haben, aber auf allen voran sicherlich die Lösungsorientierung.

Wolfgang Patz (38:08)

Gut Nana vielen lieben Dank für deine Zeit. War wirklich ein super interessantes Thema. Und ich hätte vor dem Interview gar nicht gedacht, ... ... ich da eigentlich so viele Anknüpfungspunkte habe. Für mich war das Thema eher so ein bisschen, naja, abstrakter. Und dann habe ich mich reingelesen und dann wurde es langsam klarer. Aber erst in dem Gespräch selbst habe ich gemerkt, ... wie viele Punkte ich eigentlich tagtäglich damit habe. Und wahrscheinlich jeder von uns. Deshalb vielen lieben Dank für deine Zeit.

Nana Walzer (38:31)

Okay, es war mir ein großes Vergnügen. Wer mehr wissen möchte, ich freue mich natürlich, wenn ihr auf meiner Homepage vorbeischauen wollt, walzer.eu. Da kann man mich auch kontaktieren. Es gibt wunderbare Bücher, wie gesagt das zuletzt erschienene „Die Helle Seite der Macht“. Jeder, der sich mit führenden Persönlichkeiten auseinandersetzen muss, die dieser berühmten dunklen Triade angehören, Narzissmus, Machiavellismus, Psychopathie. Der wird sich auch darüber freuen, dass es anders geht und zwar sehr erfolgreich anders. Also das freue ich mich. Es gibt andere Bücher natürlich, es gibt diverse Podcasts, aber alle Info findet man eben auf der Homepage. Und ich kann auch noch ein weiteres Buch vielleicht ans Herz legen von Hans Otto Thomas Hopfer, „Das gelungene ich“, ein wunderbares Buch, das ja eine große Freude bedeutet. Es gibt wie gesagt auch diverse Neurowissenschaftsbücher aktuell, die wirklich super spannend sind und sich mit Dopamin auseinandersetzen und mit der Funktionsweise des Gehirns. Da gibt es neue Erkenntnisse fast täglich. Ja und ich wünsche Ihnen und euch allen einen wunderbaren Tag.

Wolfgang Patz/ Outro (39:39)

Das war’s für heute bei Flurfunk aus Herne. Ein herzliches Dankeschön an Dr. Nana Walzer für die tiefgehenden Einblicke in die Themen Reife und Bildung. Wir haben gelernt, wie wichtig es ist, emotional stabil zu bleiben, Manipulationen zu erkennen und aktiv an einer friedlichen Gesellschaft mitzuwirken. Wenn ihr mehr über Nana Walzers Arbeit erfahren wollt, schaut gerne auf ihrer Website vorbei und lasst euch inspirieren. Bis zur nächsten Folge – bleibt neugierig, kritisch und bereit, eure eigene Reife weiterzuentwickeln!

Porträt von Frank Schlegel mit der Überschrift "Digitaldurstig! KI in der Lehre"

In dieser Folge tauchen wir mit Frank Schlegel, einem erfahrenen Medientrainer, in die Welt der Künstlichen Intelligenz ein. 

Frank Schlegel wird uns durch das Labyrinth von KI im Bildungsbereich führen, die Geheimnisse von ChatGPT lüften und Beispiele geben, wie digitale Tools das Lernen und Lehren für jeden ganz persönlich bereichern können. Konkrete Tipps helfen dabei, die ersten Schritte in Richtung KI zu gehen und die eigenen Erfahrungen zu vertiefen.

Wir blicken in dieser Folge auch darauf, welche Rolle der Mensch im KI-Universum spielt bzw. spielen wird und wieso Einsamkeit in der digitalen Welt ein Thema ist. 

Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge Flurfunk aus Herne, der Verwaltungstalk, deinem Podcast, wenn es um topaktuelle Themen und Learnings aus der Verwaltung geht. Mein Name ist Wolfgang Patz, ich bin Podcast Coach und Moderator und im Auftrag der Fortbildungsakademie des Ministeriums des Innern NRW spreche ich jeden ersten Mittwoch im Monat mit spannenden Persönlichkeiten aus Wissenschaft und dem öffentlichen Sektor. 

In dieser Folge tauchen wir mit Frank Schlegel, einem erfahrenen Medientrainer, in die Welt der Künstlichen Intelligenz ein. Frank wird uns durch das Labyrinth von KI im Bildungsbereich führen, die Geheimnisse von ChatGPT lüften und uns zeigen, wie digitale Tools das Lernen und Lehren bereichern können. Bereitet euch auf die faszinierende Reise vor, die die Grenzen des traditionellen Unterrichts sprengt. Boom. 

Heute zu Gast Frank Schlegel. Frank Schlegel ist freiberuflicher Medientrainer von Digital Durstig. Herzlich willkommen Frank. 

Frank (00:01:00)

Ja, ich freue mich hier zu sein. 

Wolfgang (00:01:02) 

Erzähl doch mal, wer bist du? Was machst du? Was sind so deine Themen? 

Frank (00:01:04)

Ja, wie du gesagt hast, ich bin Medientrainer, freiberuflich unterwegs, hauptsächlich in der Fortbildung von Lehrenden an Schulen, aber auch als Workshopgestalter bei medienpädagogischen Projekten bin ich aktiv. Und in dieser Rolle unterstütze ich Menschen im Bildungsbereich dabei, selbstbewusst mit den Gegebenheiten der digitalen Welt umzugehen. Und ja, eine dieser Gegebenheiten, das ist im Moment dieser ganze KI-Kram. Was mache ich damit? Wie betrifft mich das, wenn ich in der Bildungsarbeit unterwegs bin? Was machen meine Lernenden damit? Was müssen die dabei wissen? Dazu biete ich halt Workshops an, in denen wird viel ausprobiert, viel darüber geredet. Genau. 

Wolfgang (00:01:50)

Und wie lange bist du schon selbstständig? 

Frank (00:01:52)

Ich? Das müssten jetzt sieben Jahre sein. Genau, sind wie im Flug vergangen. 

Wolfgang (00:01:57)

Was hast du vorher gemacht? 

Frank (00:01:58)

Vorher - also in diese ganze Bildungsbubble. Ich bin eigentlich Historiker. Also ich habe was Geisteswissenschaftliches studiert und dann überlegt man sich ja irgendwann, was mache ich jetzt damit? Und dann habe ich im Campusradio auch Leute ausgebildet, habe dann eine Ausbildung zum Mediencouch gemacht durch die Landesanstalt für Medien NRW und bin dann über ein Volontariat bei Film und Schule NRW, das ist vom Bildungsministerium hier in NRW eine Initiative, bin ich in diese Bildungsbubble reingekommen und diese ganze Lehrkraftszene und hab gemerkt: was brauchen Lehrpersonen an Schulen, woran mangelt es, was ist aber auch schon da. Und da hab ich mich dann unter anderem gekümmert um: ja, was mach ich mit iPads? Dann kamen diese ganzen iPads in die Schulen und dann hieß es „Hilfe, was mach ich denn jetzt überhaupt damit?“ Und da habe ich dann unter anderem mit Lehrpersonen zusammen Erklärvideos mit dem Ding produziert und geschaut, was können wir damit noch alles so machen. Vor allen Dingen halt in Hinblick auf Praxis, Medienproduktion. 

Wolfgang (00:02:58)

Dann lass uns mal mit einer kleinen Warm-Up-Fragerunde starten. Theater oder Konzert? 

Frank (00:03:04)

Das ist einfach: Konzert. 

Wolfgang (00:03:06)

E -Learning oder interaktive Lernreise? 

Frank (00:03:09)

Interaktive Lernreise. Da bin ich im Moment auch als Dozent bei einer dabei.

Wolfgang (00:03:15 )

Die Antwort hast du in unserem Vorgespräch jetzt schon geliefert. Süßes Frühstück oder herzhaftes Frühstück? 

Frank (00:03:20)

Ja, herzhaft. So zu 95 Prozent. Immer herzhaft. 

Wolfgang (00:03:24)

Heute war es Brot mit Käse und Avocado. 

Frank (00:03:27)

Genau. 

Wolfgang (00:03:27)

LinkedIn oder Instagram? 

Frank (00:03:29)

Instagram. Also Instagram ist Spielwiese und LinkedIn ist so förmlich, finde ich. Und außerdem sehe ich da im Moment nur noch KI-generierte Inhalte. Das nervt mich so ein bisschen.

Wolfgang (00:03:39)

So Bildchen, gebaut mit Midnight Journey oder so was?

Frank (00:03:42)

Naja, also sagen wir so, guck dir das mal an, die Postings sind alle ähnlich strukturiert, ähnlich aufgebaut. Da vermute ich ChatGPT dahinter. 

Wolfgang (00:03:50)

Du meinst den Text dann mit diesen ganzen Emojis dahinter und… 

Frank (00:03:52)

Ja. 

Wolfgang (00:03:54)

Ja, ja. alles klar. Okay, Workshop oder Workinar? 

Frank (00:03:59)

Workshop, dann doch. 

Wolfgang (00:04:00) 

Was ist denn dann Workinar? Das ist das erste Mal, dass ich das Thema oder das Wort Workinar höre.

Frank (00:04:05)

Workinar, ja, das ist so Webinar plus Workshopcharakter. Also auch über die Videokonferenz ins Machen, ins Ausprobieren kommen. 

Wolfgang (00:04:14)

Okay, gut. Dann lass uns mal starten, Frank. Deine URL, von deiner Webseite, die heißt ja digitaldurstig.de. Was bedeutet für dich konkret digital durstig? Oder was bedeutet für dich, digital durstig zu sein? 

Frank (00:04:29)

Also, wenn ich durstig bin oder hungrig, aber digital durstig klang einfach besser als digital hungrig. Wenn ich Durst und Hunger habe, dann schmeckt erstmal alles sehr lecker. Das heißt, ich versuche einfach diese neuen Phänomene, die da auf uns zukommen im Netz, in der digitalen Welt, denen offen und mit Freude zu begegnen und dann zu überlegen, was machen wir jetzt damit in der Bildungsarbeit? Und ja, ich will halt eben kein Dozent von gestern sein, sondern einer von heute, von morgen. Das heißt zum einen begegne ich dem mit Freude, zum anderen ist digital durstig aber auch so bisschen ein Reminder an mich selbst, dass ich diesen Durst mir auch bewahre, weil das kann einen natürlich schon manchmal überfordern. Jetzt gerade bei diesem KI-Hype kommt jeden Monat was Neues. Und wenn sich bei mir das Gefühl so einstellt, dass ich mir denke, ach nee, noch so eine Sache, da habe ich jetzt gerade aber wirklich keinen Bock drauf, dann rufe ich mir in Erinnerung, nein. Ich bin digital durstig. Ich schaue mir das jetzt erstmal offen an. 

Wolfgang (00:05:35)

KI, du hast es ja gesagt jetzt schon ein paar Mal und du bringst das Thema KI ganz gezielt in der Fort- und Weiterbildung den Personen näher. Und im Zusammenhang mit dem Thema KI, da schwirren immer so Begriffe rum wie Large Language Model oder Prompting oder so. Was hat es denn eigentlich mit diesen Begriffen auf sich? Räum mal bitte auf. 

Frank (00:05:58)

Also wenn ich jetzt alles aufräumen soll, da müssen wir uns ein paar Begriffe vielleicht rauspicken, sonst dauert der Podcast zwei Stunden.

Wolfgang (00:06:06)

Ja, mach mal. Also ich habe ja zwei genannt und dann kannst du vielleicht mal drei hinzufügen. 

Frank (00:06:09)

Okay. Ich gehe da in meinen Workshops, weil du musst dir das so vorstellen. Ich mache Workshops für den Otto Normal User. Also ich bin selber kein Programmierer, sondern ich bin auch Endnutzer dieser Programme, die jetzt halt im Internet herumfliegen. Und ich versuche mir die auf so einer Sendung mit der Maus auf so einem Level mir das zu erschließen und auch zu vermitteln. Und da müssen wir erstmal ein paar Elefantenschritte zurückgehen und uns die Frage stellen, was ist überhaupt künstliche Intelligenz? Die Frage habe ich im letzten Jahr immer in Workshops zum Einstieg gestellt und dann kam so was wie Skynet, Terminator oder Hell oder iRobot. Künstliche Intelligenz ist eigentlich ein Forschungsfeld, ein Gebiet, in dem geht es darum, Maschinen zu erschaffen, zu trainieren, die Aufgaben erledigen, für die man eigentlich intelligent sein muss. So was wie Dinge erkennen und richtig einsortieren oder sprechen oder Lösungsvorschläge formulieren oder lernen. Lernen ist auch etwas, was Maschinen jetzt können. Und das führt uns zum Machine Learning. Hast du bestimmt auch schon mal gehört? 

Wolfgang (00:07:20)

Ja, mit der Schreibmaschine lernt man ja, wenn man selber schreibt, oder? 

Frank (00:07:24) 

Guter Vergleich. Genau, wir brauchen natürlich ein Werkzeug und vielleicht jemanden, der uns zeigt, wie man dieses Werkzeug benutzt. Und wie lernen jetzt Maschinen selber zu schreiben. Das ist so im letzten Jahrzehnt passiert, ohne dass wir normalen Internet-User das so gemerkt haben. Zum Beispiel durch Captures. Das sind diese Dinger, wenn du dich auf einer Internetplattform anmeldest irgendwo. Und da musst du ja manchmal nachweisen, dass du ein echter Mensch bist. Und dann muss man ja andauernd anklicken hier auf diesem Bild, wo sehen Sie da einen Zebrastreifen oder ein Stoppschild oder einen Motorradfahrer. Und dann haben wir das ausgewählt und damit haben wir letzten Endes Programme für selbstfahrende Autos trainiert. Das ist Trainingsmaterial, um eine Maschine damit zum Lernen zu bringen. Noch ein beliebter Vergleich oder ein beliebtes Beispiel, Hunde, Katzen, wie können… Wie kann man einer Maschine beibringen, Hunde und Katzen zu erkennen, voneinander zu unterscheiden? Erst einmal gebe ich dem Ding, sagen wir mal, 50 .000 Bilder mit Katzen und beschrifte die mit dem Begriff Katze. Nächster Schritt. Ich gebe neue Bilder rein, beschrifte die nicht und sag jetzt, liebe Maschine, sag du doch mal selber, womit haben wir es hier zu tun? Kannst du das identifizieren? In dem Moment bekommt die Maschine neue Daten und muss selber damit im Prinzip weiter lernen, die selber einsortieren. Und jetzt haben wir den Schritt gemacht im Bereich generative KI. Jetzt können wir der Maschine, dem KI-Modell sagen, jetzt erschaffe das Bild einer Katze. Dazu muss ich nicht programmieren können. Deshalb der große KI-Hype jetzt im Moment. Ich muss nicht programmieren können, sondern ich kann dem Modell das in meiner ganz einfachen, alltäglichen deutschen Sprache mitteilen. Erstelle mir das Bild einer orangefarbenen Katze, die in die Luft springt. Und das wiederum wird ermöglicht durch das Large Language Model. Was ist jetzt das Large Language Model? ChatGPT ist ja so das Tool, was da den Startschuss gegeben hat Ende 2022 für diese ganze Entwicklung jetzt zumindest, sag ich mal, im populären Bereich. Das basiert auf einem Large Language Model, das hat halt eben gelernt, Sprache zu erkennen, Muster in Sprache zu erkennen und auch selber halt eben herstellen zu können. Und das erkläre ich sehr gerne mit einem ganz einfachen Beispiel. Und zwar, wenn du, Wolfgang, mal dein Smartphone zur Hand nimmst. 

Wolfgang (00:10:10)

Ja, ich habe mein Handy jetzt. 

Frank (00:10:12)

Geh da mal in WhatsApp oder einen anderen Messenger, den du verwendest. Ich mache das hier auch mal eben so synchron. Und dann gehen wir da rein, öffnen einen Chat und schreiben „heute“. Nicht abschicken, ja, sondern nur heute und dann ein Leerzeichen. So, und wenn du die Funktion nicht ausgeschaltet hast, dann werden dir jetzt drei Wortvorschläge gemacht. Und bei mir ist das „ist“, „Abend“ und „war“. 

Wolfgang (00:10:44)

Ja, bei mir ist es Zahltag, Cashtag, Gehaltstag. Nein, „heute“, „ist“, „Abend“ und „war“. Du hast recht, ja. 

Frank (00:10:54)

Jetzt hast du mich fast gekriegt. Das wäre das einzige Mal gewesen, dass das Beispiel nicht funktioniert. genau, „ist“, „Abend“ und „war“ oder halt was ähnliches oder manchmal auch „morgen“ oder so. Warum ist das so? Weil WhatsApp eine Vorhersage macht, welche Wörter sind denn jetzt am wahrscheinlichsten. Das hat einerseits natürlich was mit meinem persönlichen Schreibverhalten zu tun. Aber alles in allem sind natürlich nur eine gewisse Menge an Wörtern nach dem Wort „heute“ wahrscheinlich. Sowohl was die Regeln der deutschen Sprache betrifft, als auch den Sinnzusammenhang. Und du hast jetzt gerade gesagt, „heute Cashtag, Zahltag“, das wäre unwahrscheinlicher. Oder „heute Madagaskar“ wäre auch sehr, sehr unwahrscheinlich einfach. Das ist das, was ChatGPT macht. Auf Grundlage eines langjährigen Trainings und einer sehr, sehr komplexen Fähigkeit, Muster in Sprache zu erkennen und dann auf Grundlage eines Prompts, einer Eingabe, die ich da mache, vorherzusehen, was für ein Satz wäre denn jetzt wahrscheinlich. Es klingt so ein bisschen komplex, aber es ist letzten Endes eine Wahrscheinlichkeitsrechnung, eine Vorhersage. Und diese Vorhersage, die macht ChatGPT wirklich Token für Token, was für uns so Wortbausteine sind, das sind für ChatGPT Token. Und wenn ich jetzt einen Prompt mache, ein Prompt ist eine Eingabe, zum Beispiel: „ChatGPT erkläre mir bitte in drei einfachen Sätzen, was ist überhaupt ChatGPT“. Dann generiert ChatGPT einen Text und zwar Token für Token, Wortteil für Wortteil. Und deshalb kommt auch immer was anderes raus. Also nie derselbe Text. 

Wolfgang (00:12:43) 

Okay. Und wenn wir jetzt schon so tief in der Materie drinstecken, könntest du vielleicht so best practice für einen Prompt geben, der auf jeden Fall das rausspuckt, was du haben willst? Was sind so die Hygieneregeln bei der Erstellung eines Prompts? 

Frank (00:12:59)

Ja, da sind wir im Moment dabei, das rauszufinden, nicht wahr? Aber gib doch einfach mal ein bei ChatGPT: „ChatGPT nenne mir 10 Regeln für zielgerichtetes Prompting, wie ich einen Prompt formulieren muss.“ Und an diesen zehn Regeln kannst du dich dann ganz gut orientieren. Das heißt, Pi mal Daumen ist es so, wenn ich Murks reingebe als Prompt, dann kommt natürlich meistens auch Murks raus aus dem Large-Language-Modell. Und je genauer ich formuliere, was ich möchte, desto zielgerichteter ist auch das Ergebnis. Das heißt, ich kann Angaben machen zur Zielgruppe des Textes, zum Stil des Textes, zur Länge, zu dem Vorwissen, das die Zielgruppe hat, zum Sprachniveau, zur Sprache, soll es einfache Sprache sein? Was sollte nicht vorkommen in dem Text? Das kann ich alles angeben. Das kann ich eigentlich unendlich erweitern. Das heißt, Prompts können sehr kurz sein und ich kann aber Prompts auch sehr, sehr, sehr spezifisch formulieren und sehr aufblähen mit Informationen.

Wolfgang (00:14:05)

Und so ein Prompt, also ich zum Beispiel haue da so Fließtext rein, ich schreibe was und dann ein Fließtext kann er das besser konsumieren, wenn man mit Entern arbeitet oder weniger verschachtelte Sätze, mehr, sage ich mal, wenig umgangssprachlich, sondern einfach klar und deutlich formulieren, was man haben will. 

Frank (00:14:24)

Ja, in der Regel würde ich das schon so sagen, wobei ChatGPT oder gerade auch so ähnliche Modelle wie zum Beispiel Pi fast im Moment ziemlich gehypt wird. Die bestechen ja eben dadurch, dass ich da einfach so in meiner alltäglichen Sprache drauf losschwatzen kann und dann bekomme ich ein Ergebnis. Das heißt, damit können die schon antworten. Und deshalb wirkt das auch manchmal so, wenn man da seine ersten Gehversuche mitmacht, als würde hier ein intelligentes, fast schon emotionales Wesen mit einem reden. Gerade bei Pi. Pi ist so gescriptet oder so gepromptet, dass es sehr emotional, sehr empathisch antwortet. 

Wolfgang (00:15:06)

Also wenn ich so meine best practices noch zum Besten geben kann, und zwar hat mir mal jemand gesagt, du musst dem vorher vorab sagen, aus welcher Position er, also in welche Position oder er sich reinversetzen soll sozusagen. Wenn ich irgendwie zum Beispiel ein Konzept für ein Podcast erarbeite, nämlich nutze ich auch ChatGPT zur Unterstützung, dann sage ich ihm: „Bitte versetze dich in die Lage einer Podcast Agentur oder eines Mitarbeiters einer Podcast Agentur, der ein Podcast-Konzept erstellt“ oder sowas in der Art und dann gibst du deine ganzen Inhalte so gut wie möglich ein, so wie du das gerade beschrieben hast und dann sagst du zum Schluss noch mal: „Hast du alles verstanden?“ Fragst du ihn und, „oder benötigst du noch weitere Informationen?“ so jetzt einfach mal. Und dann ganz oft sagt er: „ja ich benötige noch Informationen x y z“, so auch richtig nummeriert runtergeschrieben und dann ergänzt du das. Und dann sagt er irgendwann final, okay, jetzt hat er alle Infos, die ihm noch gefehlt haben, und dann fängt er an zu rattern. 

Frank (00:16:05)

Ja, tolle Strategie. 

Wolfgang (00:16:07)

Ja, das scheint so, also jedenfalls gibt es gute Ergebnisse, die ich damit erziele. Wobei ich manchmal so denke, ich weiß nicht genau so, wie es funktioniert, die Struktur dann. Wenn ich da was reinhau und es passt nicht, also das Ergebnis passt nicht. Und manchmal wird es immer schlimmer. Also ich kann dann sagen, nee, geh wieder zurück, aber es wird dann nur noch schlimmer. Also dann...hab ich das Gefühl, muss ich den Prozess neu starten. Also noch mal einen neuen Chatverlauf starten. 

Frank (00:16:31)

Ja, aber wie du gesagt hast, das ist das Schöne, du kannst mit dem Chatbot ins Gespräch gehen. Du kannst sagen: „hast du alle Informationen, die du brauchst“, oder „nee, deine letzte Antwort, der letzte Text, der hat mir nicht gefallen, bitte ändere noch dies und das“. Das heißt, das ist der Anfängerfehler, den viele machen, einen Prompt einzugeben, dann kommt etwas raus, was ihnen nicht passt, und dann heißt es direkt: „es funktioniert ja nicht“. Nee, ich kann aber halt wie mit einem Mitarbeiter, der alles tut, was ich will, ins Gespräch gehen und sagen: „mach bitte dies und jenes noch mal anders“, „hast du alles, was du brauchst?“ Und was du gerade eben vorher noch beschrieben hast, das wäre halt so ein Megaprompt, dass ich zu Beginn eines Gesprächs mit dem Chatbot ihn in eine bestimmte Rolle versetze und sage so ein beliebtes Beispiel aus dem letzten Jahr, was da viel gemacht wurde: „Pass auf, du bist jetzt Albert Einstein. Ich führe ein Interview mit dir. Antworte in der Rolle von Albert Einstein.“ So, und dann habe ich im Prinzip die Regeln festgelegt für das folgende Gespräch. Und das kann aber auch sein: „du bist hier Mitarbeiterin in meiner Agentur, wir entwickeln zusammen ein Website-Konzept“ oder „du bist meine Englischlehrerin, ich befinde mich auf Stufe B1, laut dem europäischen Referenzrahmen, was jetzt mein Sprachniveau betrifft. Und ich möchte mit dir Englisch üben. Jetzt frag mich in englischer Sprache zu Beginn des Gesprächs, worüber ich mich unterhalten möchte. Wenn ich einen Fehler mache, gib mir wertschätzendes Feedback.“ Das wäre auch so ein Megaprompt zum Lernen. Es geht aber auch so was, das habe ich schon ausprobiert. Ich bin Pen -Paper -Rollenspieler, deshalb interessiert mich das. „ChatGPT du bist mein Spieleiter bei Dungeons & Dragons und führe mich durch ein fantastisches Abenteuer und reagiere auf meine Entscheidung.“ Ja, das wäre ein Spiel tatsächlich. Und ChatGPT reagiert auf alles, was ich in dieser Spielwelt tue und gibt mir dann die Konsequenzen meiner Handlungen aus. Und das ist, das finde ich richtig heiß, weil ich kann in dieser Erzählung Pfade beschreiten, die niemand vorher halt programmiert hat. Anders als in einem klassischen Computerspiel. Also das ist wirklich was Neues. Und jetzt mal zum Bildungsbereich zu kommen, da könnte man natürlich auch versuchen, eine Art interaktive Lernreise im Austausch mit so einem Chatbot anzulegen. 

Wolfgang (00:19:01)

Ja, das ist eigentlich schon die Antwort oder da kratzt du schon an der Antwort für meine nächste Frage. Mir ist so bisschen durch den Kopf geschwirrt: wie kann man dann, also du in Daily Business, deine Fort- und Weiterbildung, die du da so machst, wie kann man Lehr- und Lernerfahrung mit KI beeinflussen oder ein bisschen aufpimpen? 

Frank (00:19:22)

Ja, das ist die Frage, die uns alle bewegt. Das diskutiere ich mit Lehrenden im Moment in meinen Workshops. Und klar, erst einmal geht es ums Pimpen. Also was Lehrkräfte erst einmal meistens wissen wollen, wie kann ich meinen eigenen Arbeitsprozess besser machen oder mir sogar Arbeit ersparen? Das heißt, ich kann jetzt ChatGPT nutzen zur Recherche. Erstmal zum Ideen sammeln, mir einen groben Stundenablauf generieren zu lassen, muss man ja nicht nehmen. Aber erstmal das weiße Blatt Papier zu füllen, das klappt alles super. Oder ein Arbeitsblatt übersetzen zu lassen in eine Fremdsprache oder in einfache Sprache übersetzen zu lassen. Das sind so Schritte, die halt einfach praktisch sind. Jetzt ein bisschen weitreichender ist natürlich die Frage, wie kann das jetzt wirklich Lernen verändern? Ja, da gibt es natürlich auch wieder so zwei Ebenen. Die eine Ebene betrifft halt wirklich so das Gesamtsystem Schule und Lernen und Bildungsinstitution. Das heißt, habe ich in meiner Institution ein adaptives KI-basiertes Lernsystem, wo meine Lernenden von dem KI-Modell ihren individuellen Lernpfad generiert bekommen. Das ist natürlich spannend und das geht jetzt. Ich sehe noch nicht so richtig, wann das in unserer Schullandschaft insbesondere Fuß fassen wird, weil da braucht man natürlich eine Menge Geld und eine Menge Programmierpower, um das einzurichten. Deshalb konzentriere ich mich halt mehr auf die Frage, was kann ich jetzt im Moment, wenn ich vor der Schulklasse stehe oder in der Erwachsenenfortbildung stehe, als Dozent für mich alleine machen damit. Und da wäre im Moment mein Ansatz, erst einmal den Fakt zu umarmen, dass meine Lernenden das wahrscheinlich schon nutzen. Das heißt, es kam jetzt eine Studie raus von der Vodafone-Stiftung. Ist eine super Sache. Also mit Vodafone verbinde ich eigentlich eher so Frust in der Telefonwarteschleife, aber die Vodafone-Stiftung, die bringt sehr, sehr relevante empirische Studien auf Grundlage von Befragungen raus zum Mediennutzungsverhalten. Gerade von Jugendlichen. Da kam jetzt raus: Befragt wurden 14- bis 20-Jährige und im Schulbereich 74 % von denen nutzen bereits KI-Anwendungen und 76 % sagen, in der Schule ist das aber noch kein Thema oder es gibt da keine Regelung zu. Und wie kann ich jetzt quasi damit arbeiten, dass die das schon nutzen? Es muss irgendwie Teil von Unterricht sein. Das heißt, ich würde einfach schauen, dass wenn meine Lernenden ein Thema erarbeiten, dass sie dabei KI-Anwendung nutzen dürfen und das eben transparent machen. Und wir sind ja in der Startphase der ganzen Sache. Wir müssen da alle erstmal lernen, mit umzugehen. Und, dass wir dann mit unseren Lernenden zusammen darüber reden: „hat dir das jetzt geholfen oder hat dich das verwirrt?“ Oder „an welcher Stelle hat das KI -Modell vielleicht auch Mist erzählt?“ Dass wir zusammen lernen, damit umzugehen. 

Wolfgang (00:22:39)

Und wenn du jetzt hierzu anderen Dozierenden sprichst und die sich jetzt fragen: „Mensch, wie kann ich jetzt konkret starten?“ Also so richtig niedrigschwellig so und die sich vorher noch nicht mit dem Tool zum Beispiel ChatGPT beschäftigt haben. Wie können die das nutzen? Sehr niedrigschwellig. Einfach mal ein kurzes Anwendungsbeispiel. 

Frank (00:23:00)

Also ich glaube, man kommt nicht drum herum, sich da anzumelden und das auszuprobieren. Idealerweise mit anderen zusammen. Erst einmal, also der erste Schritt wäre für mich zu sagen: „mach dir einen Account bei ChatGPT“, also beim Original oder Co-Pilot wäre auch eine Adresse. Das wäre dann ChatGPT plus Suchmaschine von Microsoft. Da brauche ich noch einen kostenlosen Microsoft-Account und kann das online nutzen. Das heißt, da kann ich ChatGPT plus Suchmaschine nutzen und Bilder kann ich da auch noch generieren. Und dann gebe ich da Sachen ein und gucke, was kommt raus. Das ist der erste Schritt. Da kann man natürlich viel Regeln vorgeben und erst mal hier eine Stichpunktliste. Aber du hast es ja selber gesagt, du hast viel gelernt dadurch, dass du da was eingegeben hast, dann ist was Falsches rausgekommen, dann hast du da nochmal gegengesteuert. Und ich glaube, diesen Lernprozess, den kann man niemandem abnehmen. Diese Erfahrung muss man machen. 

Wolfgang (00:23:59)

Manchmal ist es ja ziemlich verrückt, was da rauskommt und wie gut aka. geil das ist, was da rauskommt und wo man denkt, puh. Also irgendwie werde ich doch hier bald ersetzt. Also wer braucht mich da noch, wenn eigentlich so ChatGPT das alles so irgendwie das Kind schaukeln kann? Wie sehr müssen Dozierende - musst du Angst vor ChatGPT haben? 

Frank (00:24:21)

Also Angst ist sowieso ein schlechter Ratgeber. Und also theoretisch könnte man mich ersetzen. Jetzt schon. Das heißt, wir haben ja gerade darüber geredet, mit einem Megaprompt kann ich eine Lehrperson in ChatGPT anlegen. Das ist aber erst der Anfang. Was im Moment eine große Rolle spielt, sind sogenannte Agenten. Das wird gerade ganz heiß diskutiert in der Programmierer-Bubble, wo ich ein bisschen reingucke, auch ohne da alles zu verstehen. KI-Agenten haben die Lizenz, selber loszulegen, selbstständig zu arbeiten. Das heißt, was die machen, ist... Bei ChatGPT muss ich ja noch Schritt für Schritt eingeben: „Erstelle mir bitte jetzt zum Beispiel einen Blog-Artikel zum Thema vegane Kuchenrezepte.“ So. Und einem Agenten würde ich jetzt sagen: „Bitte erstelle mir einfach eine komplette Website zum Thema veganes Essen und recherchiere“ - halt irgendwie. Nee, ich muss da eigentlich gar nichts groß zu sagen. Ich muss einfach nur sagen: „mach dieses Projekt, Website, jeden Tag einen Blogartikel zu dem Thema und dann poste das bitte auf allen relevanten Social-Media-Kanälen“. Und der Agent stellt sich dann die ganzen Teilaufgaben, die er lösen muss, um diese Gesamtaufgabe zu bewältigen. Diese Aufgaben stellt er sich selber und hat dann verschiedene Werkzeuge dafür zur Verfügung, so wie wir, wenn wir vor dem Computer sitzen. Wir haben da unseren Internetbrowser, unser Worddokument, vielleicht noch ein Fenster zum Programmieren, wenn wir das können, noch ein Mailprogramm. Also diese unterschiedlichen Tools hat der Agent auch und löst damit diese Aufgaben. Und das funktioniert jetzt schon mehr oder weniger gut. Wir haben ja aber innerhalb des letzten Jahres gesehen, wie schnell die Technik da voranschreitet. Zurück zu deiner Frage, werden Lehrkräfte aussterben? Da wäre so meine Antwort: natürlich nicht. Das heißt, theoretisch brauche ich ja jetzt schon die Lehrkraft nicht mehr. Wenn ich in der Lage bin, selbstständig zu lernen, guck mal, ich habe mir meinen ganzen Beruf beigebracht über Twitter, die Leute, die da unterwegs waren, sich ausgetauscht haben zu dem Thema Google und YouTube. Und zu so ziemlich jedem Thema gibt es auch massive Online-Kurse im Internet. Wenn ich mich dazu motivieren kann, diese Kurse zu durchlaufen, dann kann ich da auch Programmieren lernen. Und das kann ich einfach machen. Oder zum Thema KI gibt es zum Beispiel auch vom Bundesministerium für Bildung und Forschung oder wie das heißt, den KI-Campus. Kann ich auch sehr empfehlen. Da gibt es ganz viele Grundlagenkurse rund das Thema KI. Das kann ich ja alles selber lernen. Theoretisch. Und klar, jetzt kommt noch KI dazu oder vielleicht so Lernagenten, die reden dann mit mir ganz natürlich, dann kann ich noch das Aussehen vielleicht bald bestimmen, dann legen die mir so meinen individuellen Lernpfad zurecht. Kann ich alles machen, aber ich denke, der Bedarf, sich mit echten Menschen auseinanderzusetzen, der wird nicht schwinden, weil Einsamkeit ist ja, Einsamkeit ist erst mal ein großes Thema in unserer digitalen Welt. Und wir Menschen sind halt soziale Wesen und Lernen ist auch zu einem hohen Grad halt ein sozialer Prozess, ein Austauschprozess. Und in meinem Beruf, jetzt nach Corona, wurden Online-Workshops plötzlich nicht mehr nachgefragt, weil die Leute hatten genug davon. Jetzt bin ich meistens wieder mit der Karre oder mit der Bahn unterwegs in alle möglichen Städte und in die Provinz, weil die Leute möchten gerne, dass da jemand ist, der sie ernst nimmt, irgendwie vielleicht Freude versprüht, für sie da ist. Und ich glaube, diesen Faktor, na ja, wir werden sehen. Ich hab ja grad von empathischer KI gesprochen. Also, für manche Leute ist das sicherlich genau das Richtige, sich mit so einem freundlichen KI-Assistenten auseinanderzusetzen. Aber für andere auch nicht. 

Wolfgang (00:28:22)

Eigenes Beispiel von mir, ich fühl mich manchmal schlecht, KI zu benutzen. Also nicht KI zu benutzen, sondern ChatGPT ganz besonders, weil ich - manchmal finde ich, also für das Geld, was ich dann manchmal verlange. Also zum Beispiel vorher habe ich eine Podcast-Konzeption für X Euro gemacht, habe da richtig viel Gehirnschmalz reingesteckt, habe dafür keine Ahnung, zig Stunden gebraucht, kann jetzt ChatGPT nehmen und der spuckt mir eigentlich, also nimmt mir wahrscheinlich drei Viertel der Denkarbeit schon mal ab und ich lasse das Preisschild aber gleich, wäre ja doof, wenn ich es irgendwie runterziehe. Natürlich wäre es aber auch fair. Ich finde das so ethisch so ein bisschen: wie sehr muss man sich da schlecht fühlen und was muss man vielleicht aber auch unter dem Gesichtspunkt beachten als Dozent, wenn man das selber nutzt, nutzen möchte. 

Frank (00:29:10)

Na ja, also die Bildungswelt und die wirtschaftliche Effizienzwelt, die prallen ja immer so ein bisschen aufeinander. Trotzdem finde ich, dass Effizienz auch im Bildungsbereich Sinn macht. Wenn man sich schlicht und ergreifend Arbeit ersparen kann, die eine Maschine besser machen kann. Irgendwelche Multiple-Choice-Tests auswerten oder so ein Gedöns, das kann die Maschine schneller machen. Oder die Maschine kann auch mir Feedback geben, wenn meine Lehrkraft gerade nicht da ist. All diese Dinge so, ne? Why not? Und da muss man sich auch nicht schlecht fühlen, wenn man Arbeitsabläufe, Prozesse optimiert und damit Zeit spart. Wenn man dann in der Zeit, die frei wird, halt einfach was anderes macht, darüber hinaus geht. Oder wo du gerade gesagt hast, du machst ja auch was im Bereich Websitegestaltung, da würde ich mir jetzt schon mal über den Trend Gedanken machen, was passiert, wenn die Leute keinen Bock mehr auf KI-Inhalte haben. Also was kann ich als Mensch noch oben draufsetzen an Wärme, an originellem, an besonderem, das mein Angebot einzigartig macht, das mich als Lehrperson ausmacht. 

Wolfgang (00:30:22)

Man könnte ja einfach diese Zeit, die man sich spart, mehr dann ins People Business investieren und das, was man sich sonst da an dem Punkt gespart hat, wenn man dachte, irgendwie, die ganze Kalkulation, weil man muss ja auch wirtschaftlich denken, dann hätte man vielleicht an der einen Stelle gesagt, okay, das geht über, weiß nicht, das vereinbarte hinaus, und jetzt kann man vielleicht sagen, die Zeit, man einspart, gebe ich genau dafür, um das noch irgendwie besser an den Mann oder an die Frau zu bringen.

Frank (00:30:45)

Naja, das ist ja auch diese große Vision der Automatisierung, nicht wahr? Dass die Maschinen so diese ganze Kernerarbeit für uns übernehmen und wir können uns dann mit anderen Menschen auseinandersetzen. 

Wolfgang (00:30:58)

Welche Tools eignen sich dann jetzt im Alltag, so in deinem Alltag, um quasi Lerninhalte zu vermitteln besonders gut jetzt gerade? Gibt es da nochmal Unterschiede, ob ich jetzt zum Beispiel so ein Online-Webinar mache oder ob ich wirklich in der Präsenz bin? Gibt es da irgendwie Tools, die sich nur online eignen, wenn ich meinen Bildschirm teilen kann oder, keine Ahnung, in Präsenz kann ich natürlich auch meinen Bildschirm irgendwie an so einem Smartboard werfen. Das geht natürlich auch alles, oder? 

Frank (00:31:23)

Naja, also ehrlich gesagt, wenn ich dann im Workshop bin und mit den Leuten rede, in dem Moment läuft da halt nicht noch ein KI-Assistent mit, sondern den habe ich für die Vorbereitung benutzt, den dürfen meine Lernenden dann in der Praxisphase benutzen. Aber in dem Moment, in dem wir uns miteinander austauschen, geht es darum, dann Standpunkte zu vertreten, Fragen zu stellen, Unsicherheiten zu klären und so weiter. Und die Frage nach dem besten Tool ist Stand jetzt auch einfach schwer zu beantworten, weil es tut sich einfach wahnsinnig viel. Ich für mich, ich arbeite als Soloselbstständiger, für mich macht im Moment das Original am meisten Sinn, also einfach ChatGPT, die Vanille-Version, mit der ich so alles machen kann. Im Bildungsbereich habe ich dann, wenn ich das in die Hände meiner Lerngruppe geben will, natürlich oft das Problem, es sollte datenschutzkonform sein. Wir nehmen das in Deutschland sehr, sehr ernst mit dem Datenschutz. Und da gibt es im Moment so ein paar Sachen Fobizz, Schul-KI, Digital erleben, Fiete AI, so erste Unternehmen, Start-Ups, die da was anbieten. Aber da wird sich noch ganz viel tun, Wolfgang. Das weiß ich nicht genau. Frag mich in einem Jahr nochmal, dann wird es ganz, ganz anders aussehen. 

Wolfgang (00:32:49)

Nee, nee, nee, nee, ich frage dich nämlich genau jetzt. Wie sieht der Fortbildungsmarkt in 20 Jahren aus? 

Frank (00:32:56)

Der Fortbildungsmarkt? Okay. Ja, es wird adaptive Lernsysteme geben. Da kauft man sich wahrscheinlich eine Lizenz. Und gegen eine Gebühr hast du dann da deine individuelle Lernassistenz, du kannst der einen Namen geben oder diesen generieren, die sieht dann aus wie ein Mensch und du kannst bestimmen, soll die freundlich zu dir sein, soll die dich ein bisschen fordern, also brauchst du auch mal einen Tritt in den Arsch oder so, also du kannst die Persönlichkeit von der anlegen, dann verhält die sich halt eben nach diesen Mustern. Aber das geht ja auch jetzt schon, was ich beschreibe. Du gibst deinen Vorkenntnisstand ein und so weiter und dann entwirft die dir deinen individuellen Lernpfad und kümmert sich um alles. Das wird einfach immer besser. So. Und die kann auch Inhalte für dich generieren und so weiter. 

Wolfgang (00:33:48)

Ich will dir das jetzt mal unterstellen, dass du es noch nicht greifen kannst, wie es in 20 Jahren ist. Wahrscheinlich nicht mal, wie es in zwei Jahren konkret ist, weil so schnell wie sich das wandelt, ne? In 20 Jahren, keine Ahnung. Also beim besten Willen. Ich glaube, das können wir uns gar nicht vorstellen. 

Frank (00:34:04)

Du hast natürlich recht. Aber du hast mir aber die Frage gestellt. Aber klar, für den Blick in die Glaskugel, das können Markus Lanz und Richard David Precht machen. Das wäre jetzt so eine Prognose von mir. Aber wie gesagt, es ist in gewisser Form ist das jetzt schon möglich. Es ist natürlich eine Frage des Geldes. Aber ganz klar, wie gesagt, Workshops mit Menschen werden auch nicht wegfallen, weil wir sind soziale Wesen. Wir wollen ja nicht nur vorm Computer hängen. Also einige für einige ist das das Richtige, aber für viele halt auch nicht. 

Wolfgang (00:34:36)

Okay, ich habe jetzt mal gerade parallel ChatGPT gefragt: wie sieht ChatGPT in 20 Jahren aus? Und die sagen jetzt: die Vorhersage, wie ChatGPT oder ähnliche KI-Technologie in 20 Jahren aussehen werden, ist aufgrund der schnellen Entwicklung im Bereich der künstlichen Intelligenz und vielen Variablen, bla bla bla, spekulativ. Jetzt hört er gar nicht mehr auf zu schreiben. Weitere, aber jetzt hat er irgendwie sechs Punkte definiert. Weitere Integration in Alltag, Verbessertes Kontextverständnis und Reaktionsfähigkeit, Personalisierung, erweiterte Kreativität, Problemlösung, ethische und sicherheitsbezogene Fortschritte, interdisziplinäre Kollaborationen. Stark spekulativ, sagt er noch. Es ist zu betonen, dass solche Vorhersagen stark spekulativ sind. ja. 

Frank (00:35:16)

Hat sich ChatGPT schön aus der Affäre gezogen. 

Wolfgang (00:35:20)

Ja, er hat sich um Kopf und Kragen hier geredet. So ein bisschen politisch hat er sich geäußert hier. Alles aber auch nichts gesagt. Ja, Frank, gut, lassen wir das Thema einfach hier. Die Glaskugel packen wir jetzt mal wieder ein. Wie hält man sich denn am besten auf dem Laufenden? Ich versuche das irgendwie mir, Newsletter zum Beispiel zu abonnieren von meinen Lieblingstools, dann kriege ich immer Produkterneuerungen mit, aber um jetzt quasi keine Vollzeitstelle hier aufzumachen, wie hält man sich up to date bei dem Thema? Welche Tools gerade angesagt sind oder keine Ahnung. 

Frank (00:35:52)

Also das muss natürlich jeder für sich selber entscheiden, wie viel Zeit will man auf Online-Plattformen verbringen. Aber es macht sicherlich Sinn, sich da was rauszupicken. Vielleicht die digitalen Profis bei YouTube zum Beispiel. Also, dass man so ein bisschen einen Stream hat, dem man folgen kann. Ansonsten... 

Wolfgang (00:36:13)

Okay, also digitale Profis habe ich jetzt mal abonniert. Ja, können wir ruhig mal als Empfehlung hier raushauen. 

Frank (00:36:18)

Und was ich sehr empfehle im Moment ist, überhaupt sich mal mit anderen auszutauschen. Damit meine ich... Das sehe ich im Moment ganz häufig, vor allen Dingen im schulischen Bereich bei Workshops. Da wollen dann Lehrkräfte von mir sehr, sehr konkret wissen, was kann ich denn jetzt im Fach Mathematik damit machen oder im Fach Geschichte? Und dann kann ich eigentlich meistens nur sagen, ja, pass auf, ich unterrichte dieses Fach ja nicht. Das heißt, ich kann euch hier Überblickswissen geben und wir können das zusammen ausprobieren. Aber... zu dieser Frage ist jetzt die Geschichtslehrerin, die da schon in ihrem Unterricht etwas gemacht hat, gerade die Expertin. Weil das ist so neu, Wolfgang, da gibt es jetzt noch keine Bücher drüber und schon gar keine Langzeitstudien und so weiter und so fort. Die Leute, die jetzt im Fortbildungsbereich und im Klassenzimmer da was machen, das sind die ExpertInnen. Und die versuche ich ins Gespräch miteinander zu bringen. Das heißt, wenn ich jetzt zum Beispiel eine Anfrage habe, dann versuche ich so abzuklopfen: braucht ihr erstmal die absoluten Grundlagen, dann starten wir damit. Wenn dann aber die Antwort kommt: ne, wir haben schon viele Kolleginnen und Kollegen, die haben da was mit gemacht, dann versuche ich, ein Barcamp mit denen zu machen. Also ein Austauschformat, wo auch die Lernenden selber zu Teilgebenden werden und ihre Erfahrungen dann mit ihren Kolleginnen und Kollegen teilen. Und da gibt es natürlich eine Bildungsbubble, die macht das schon. Ne, ehemals Twitter-Lehrerzimmer, die sind jetzt, glaube ich, hier zu Blue Sky weitergewandert online und die treffen sich halt auch zu Barcamps. Aber insgesamt haben wir diesen Austausch in der Bildungsbubble viel zu wenig. Also innerhalb eines Kollegiums nicht, die Schulen, Bildungsstätten innerhalb einer Stadt, aber auch innerhalb eines Bundeslandes, innerhalb von Deutschland. Kaum einer redet wirklich miteinander. Dabei ist es ja so, wenn wir diese ganzen Erfahrungen einfach mal in Austausch bringen würden, dann hätten wir es ja. Dann hätten wir für alles best practice und das beste Material und ja, top Fortbildung. Deshalb versuche ich als Reizwort agiler Lernbegleiter halt auch Lerngruppen miteinander in Austausch zu bringen. An der Stelle, wo ich sage, pass auf, die Frage ist so speziell, das muss jemand aus diesem Bereich beantworten. 

Wolfgang (00:38:33)

Ja, hört sich nach einem mega Ansatz an. Frank, vielen Dank für deine Zeit. Wir sind am Ende der Podcastfolge angelangt. Ich habe eine Menge mitgenommen und denke auch, dass das, wie wir jetzt schon mitgekriegt haben, wirklich ein sehr fragiles Feld ist, in dem wir uns bewegen. Das kann in die Richtung gehen, in die Richtung gehen. Auf jeden Fall kann man es nur jedem ans Herz legen, es nicht zu verteufeln und irgendwie wie so ein WhatsApp-Affe die Augen zuzumachen, sondern sich dem aktiv zu stellen. Und hey, wahrscheinlich wirst du überrascht sein, und ihr überrascht sein wie sehr es doch euren Arbeitsalltag auch erleichtern kann und unterstützen kann und ihr einfach vielleicht doch sogar effektiver werdet und nochmal next level an eurer Dozentenarbeit erreicht. Ich weiß, old but gold, aber es gibt da auch noch mehr und manchmal über den Tellerrand schauen. Ja, und jetzt hast du nochmal die Möglichkeit, Frank, paar abschließende Sätze zu sagen, deine Message, mit der du eine Delle in die KI-Welt schlagen willst für alle Dozenten und Dozentinnen da draußen.

Frank (00:39:36)

Also schaut euch KI-Modelle an. Ihr könnt da viel kostenlos auch ausprobieren im Internet. Das macht Spaß. Das ist auch was Großes, was Wichtiges. Das solltet ihr nicht verpassen und das können wir auch für uns nutzen. Und wir sollten auch darüber Bescheid wissen, um kritisch damit umgehen zu können. Wir haben jetzt gar nicht über so Sachen geredet wie Deepfakes, aber auch Medienkompetenz spielt natürlich eine große Rolle, dass wir auch uns noch mündig in Zukunft durch die digitale Welt bewegen können.

Wolfgang (00:40:09)

Damit endet unsere heutige Folge von Flurfunk aus Herne. Ein großes Dankeschön an Frank Schlegel für seine Einblicke in die transformative Kraft der KI im Bildungswesen. Wir haben gesehen, wie KI nicht nur den Unterricht unterstützt, sondern auch das Lernen individuell gestaltet. Vergesst nicht, die Möglichkeiten zu erkunden und die digitale Bildung in eurem Umfeld aktiv zu gestalten. Bis zum nächsten Mal. Bleibt neugierig und engagiert euch für die Bildung der Zukunft. Ciao!

Porträt von Sirkka Freigang mit dem Sloag "Create Experiences not Lessons!"

Dr. Sirkka Freigang, Expertin für Smart Learning, spricht in dieser Folge über die aufregende Welt des Smart Learning und das Metaverse. 

Neben den Herausforderungen und Risiken dieser Technologien, blickt sie auf die Möglichkeiten, die das Metaverse für das Lernen bietet. Wie passen aktuelle Trendthemen wie künstliche Intelligenz, Interaktivität, Green Tech, Co-Creation und Peer Learning hierzu? Und wie verhält es sich mit Datenschutz und Sicherheit?  

Wolfgang Patz (00:01)

Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge Flurfunk aus Herne, der Verwaltungstalk. Deinem Podcast, wenn es topaktuelle Themen und Learnings aus der Verwaltung geht. Mein Name ist Wolfgang Patz, ich bin Podcastcoach und Moderator und im Auftrag der Fortbildungsakademie des Ministeriums des Innern NRW spreche ich jeden ersten Mittwoch im Monat mit spannenden Persönlichkeiten aus Wissenschaft und dem öffentlichen Sektor. In dieser spannenden Folge tauchen wir mit Dr. Sirkka Freigang, einer führenden Expertin für Smart Learning, tief in die Welt des Metaverse ein. Sirkka wird uns ihre berufliche Reise näherbringen und erklären, wie das Metaverse als digitale Parallelwelt das Lernen transformieren kann. Bereitet euch auf eine fesselnde Erkundung vor, die die Grenzen des traditionellen Lernens sprengt und uns zeigt, wie immersive Technologien und aktuelle Trends das Bildungswesen revolutionieren. Heute zu Gast Dr. Sirkka Freigang. Und Dr. Sirkka Freigang ist Expertin für Smart Learning. Schön, dass du da bist Sirkka.

Dr. Sirkka Freigang (01:04)

Ja, danke für die Einladung, lieber Wolfgang. Freue mich auch, dass ich heute in eurem Flurfunk dabei sein darf.

Wolfgang Patz (01:09)

Ja, wir haben ja schon mitbekommen, dass wir quasi gar nicht so weit, eigentlich schon weit voneinander entfernt sind, aber wenigstens in einer Stadt in Berlin. Ich irgendwo, ich weiß gar nicht, wo ist jetzt, geografisch wahrscheinlich eher so Südost oder so und du ganz im Süden, auf jeden Fall im Osten bei mir.

Dr. Sirkka Freigang (01:25)

Genau.

Wolfgang Patz (01:26)

Und du ganz im Süden.

Dr. Sirkka Freigang (01:27)

Ja, du bist wahrscheinlich in Friedrichshain, würde ich sagen. Da Storkower Straße so, ne?

Wolfgang Patz (01:32)

Ja genau, richtig. Und was im Stadtteil bist du dann?

Dr. Sirkka Freigang (01:36)

Ich bin in Mariendorf. Das ist Alt Mariendorf und da wohne ich jetzt seit zwei Jahren und davor habe ich zwölf Jahre auf der Sonnenallee gewohnt. Direkt am Hermannplatz, mehr oder weniger. Und ich sage immer so schön: Ich habe Autos gegen Eichhörnchen getauscht.

Wolfgang Patz (01:55)

Ja. Für alle, nicht wissen, wie es da so aussieht. Die Sonnenallee bedeutet nicht, dass es da schön sonnig ist und die Natur pur ist, sondern eher das Gegenteil.

Dr. Sirkka Freigang (02:05)

Genau, da ist es ziemlich laut, vor allem an der Ecke, wo wir gewohnt haben. Also es war insofern schon grün. Es war auch eine tolle Ecke. Wir haben nicht weit weg vom Maybachufer gewohnt und vom Dreiländereck. Da konnte man wirklich traumhaft schön spazieren gehen. Aber alles andere als alleine. Also man wird förmlich umgerannt, wenn ich mein Haus verlassen habe. Da sind so viele Menschen unterwegs und so viele Fahrradfahrer und so viele, ich weiß nicht, also das ist einfach unglaublich. So viele Autos, so viel Traffic und so viel Lärm und so viele Busse und kann mich noch dran erinnern, als ich die Zeit mit dem Kinderwagen unterwegs war. Ich bin nicht über den Bordstein gekommen. Also ich musste die Straßenseite wechseln, um überhaupt irgendwie vorwärtszukommen, weil so viel los war.

Wolfgang Patz (02:53)

Na gut, aber Mariendorf ist halt wirklich, da sagt sich Hund und Katze gute Nacht, ne?

Dr. Sirkka Freigang (02:58)

Ja, so ungefähr kann man das beschreiben, ja. Das ist schon auf jeden Fall eine krasse Veränderung. Und was ich vermisse, ist definitiv so das kulinarische Leben. Das gibt es hier leider nicht.

Wolfgang Patz (03:10)

Ja, ich weiß, da hinten, Alten Mariendorf, da gibt es ja so einen Kentucky Fried Chicken, ne?

Dr. Sirkka Freigang (03:14)

Super. Klasse.

Wolfgang Patz (03:19)

Und den einen oder anderen Dönerladen habe ich auch schon gesehen, aber vielleicht noch ein deutsches Restaurant, aber mehr kenne ich da auch nicht.

Dr. Sirkka Freigang (03:25)

Nee, da gibt es leider nicht ganz so viele Sachen. Ein paar kleine Feinheiten haben wir entdeckt, aber das ist natürlich kein Vergleich zu Neukölln, das muss man schon sagen.

Wolfgang Patz (03:34)

Aber vielleicht können wir ja mal kurz mit starten, dass du mir mal kurz einen kleinen Überblick gibst, wer du eigentlich bist, was du machst. Wir wollen heute über das Thema Smart Learning sprechen. Und da kommt zum Beispiel auch das Thema Metaverse vor. Mich würde auch interessieren, wie kommt denn Frau Dr. Sirkka Freigang zum Thema Metaverse? Vielleicht kannst du das ja mal gleich mit abfrühstücken.

Dr. Sirkka Freigang (03:53)

Ja, total gern. Vielleicht fange ich mal so bisschen bei den Roots an, also bei den Wurzeln. Ich bin promovierte Erziehungswissenschaftlerin. Habe also ganz klassisch Erziehungswissenschaften an der freien Universität hier in Berlin, also in Dahlem-Dorf studiert, wohne und lebe seit dem Jahr 1999 in Berlin, bin quasi zum Studieren hierhergekommen. Ja und was mich eigentlich schon immer interessiert hat, war Lernen mit neuen Technologien. Damals im Studium fing das ganze Thema E-Learning an. Damals ging es noch um Hyperlinks. Also E -Learning war Lernen mit Hyperlinks. Das muss man sich mal vorstellen, so lang ist das schon her. Ja genau und dann habe ich nach dem Studium erst mal einige Jahre in der Bildungstrend- und Zukunftsforschung gearbeitet, habe das Thema der Technologien aber nie so wirklich aus dem Auge verloren. Ich habe auch unterschiedliche Kurse gemacht an der HTW damals, das muss schon vor 20 Jahren gewesen sein. Nebenberuflich habe ich bei der Anja C. Wagner die ersten Web 2.0 Kurse belegt und ich bin einfach über meine Neugierde immer mehr in diese Technologieschiene gerutscht. Habe dann wie gesagt Bildungstrend- und Zukunftsforschung gemacht und da hatte ich dann mit Technologiekonstrukten wie dem Internet der Dinge zu tun. Wir haben damals eine Studie gemacht im Auftrag des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, wo es um die Ermittlung von Trendqualifikation im Bereich Internet der Dinge mit Schwerpunkt auf Smart House ging. Heute würde man das mit Future Skills umschreiben. Vor 15 Jahren hieß es noch Trendqualifikation. Also ich habe mich eigentlich sukzessive immer mehr mit dem Thema Technologien beschäftigt, eher so in meiner Freizeit aus Interesse. Genau, und so kam das, dass ich das dann Schritt für Schritt auch immer mehr beruflich gemacht habe. Ich fand das Thema Internet der Dinge dann so spannend, dass ich mir überlegt habe: Wie wäre es denn, darüber zu promovieren? Ich hatte immer Lust zum Promovieren. Ich war immer schon jemand, der total viel und gern gelesen hat und jemand, der sich total tiefgründig mit theoretischen Konstrukten beschäftigt. Also das mache ich wirklich liebend gerne. Und ich habe nicht deswegen promoviert, um den Doktortitel zu bekommen, was natürlich ganz nett ist. Aber ich habe das wirklich deswegen gemacht, um noch tiefer mich mit wissenschaftlicher Literatur beschäftigen zu können. Weil was mich im Bereich der Bildungstrend- und Zukunftsforschung oder in dem Job immer so ein bisschen gestört hat, war auch, dass mir die Forschung nicht hochwertig genug war, um es mal so auszudrücken. Und was mich auch gestört hat war, dass das Bundesministerium für Bildung und Forschung nur untersucht hat, wie diese Technologien Wirtschaftsbereiche verändern, aber nicht wie diese Technologien die Bildung verändern. Und das hat mich dermaßen aufgeregt – bin ich ganz ehrlich – dass ich gesagt habe: Okay, ich kündige den Job jetzt und mache die Forschung selbst. Und dann habe ich das Glück gehabt, dass ich ein Stipendium akquirieren konnte. Also ich habe im Rahmen der Forschungstätigkeit sehr viele Drittmittel akquiriert, sehr erfolgreich übrigens, weil ich immer irgendwelche Innovationen reingebracht habe. Das fällt mir irgendwie leicht. Ich bin halt jemand, der kreativ denkt und ganz viel innovative Methoden und Tools irgendwie in die Projekte reingebracht hat. Dieses Talent habe ich genutzt, um eigene Mittel für meine Forschungsarbeit oder für die Dissertation zu bekommen. Und das ist mir gelungen. Ich habe dann quasi extern promoviert an der TU Dresden am Fachbereich von Professor Thomas Köhler. Und der hat auch das Thema angenommen und untersucht habe ich quasi, wie das Internet der Dinge, das Lernen verändert. Und so bin ich zur Expertin für Smart Learning Environments geworden.

Wolfgang Patz (07:40)

Und das war dann vor 20 Jahren?

Dr. Sirkka Freigang (07:42)

Das ist sehr gut, dass du das fragst, weil das wollte ich gerade noch hinterher schieben. Das war nicht vor 20 Jahren, weil, ich habe quasi nebenberuflich promoviert. Also ich war dann erst einige Jahre in der Forschung tätig. Dann habe ich versucht ein Stipendium zu bekommen, was nicht sofort geglückt ist. Das bedeutet, ich habe dann erst mal eine Zeit lang für Volkswagen gearbeitet in Wolfsburg und habe dann viele, viele Jahre bei Bosch gearbeitet, weil mir ist es auch sehr, sehr wichtig, nicht nur zu forschen und theoretische Konstrukte zu dokumentieren und zu durchdringen, sondern vor allem diese Erkenntnisse in der Praxis anzuwenden. Das ist mir extrem wichtig. Von daher habe ich nebenberuflich promoviert.

Wolfgang Patz (08:28)

Und was ist jetzt gerade dein tägliches Brot? Ich habe vorhin kurz gesprochen, du bist viel auch auf Bühnen unterwegs. Also du berichtest quasi viel über das smarte Lernen wahrscheinlich. Aber was ist sonst die andere Hälfte des Lebens?

Dr. Sirkka Freigang (08:44)

Ja, ich war ja dann wirklich sehr, sehr viele Jahre bei Bosch. Bestimmt fünf oder so. Ich habe die Möglichkeit bekommen, als ich dann die Dissertation abgeschlossen habe, das war 2018, da habe ich dann bei Bosch angefangen als Head of Smart Learning. Also da konnte ich dann wirklich die Ergebnisse aus der Dissertation nutzen und einen Beratungsbereich bei Bosch aufbauen. Das war wirklich toll. Das habe ich sehr viele Jahre gemacht und in dieser Zeit habe ich mich von dem Internet der Dinge losgelöst und bin immer mehr mit anderen Technologien in Kontakt gekommen. Und da habe ich ganz viel mit XR-Technologien experimentiert. Also Extended Reality, also alles von Augmented über Mixed bis Virtual Reality. Da habe ich viele Dinge ausprobiert. Und in dem Zusammenhang habe ich auch mit sehr vielen Start-ups zusammengearbeitet, weil die für mich diesen coolen Scheiß gebaut haben, um ehrlich zu sein, den ich mir so ausgedacht habe beziehungsweise ich habe das in Kooperation mit den Start-ups gemacht und in der Zeit habe ich auch die Room AG kennengelernt. Die Room AG ist ein Start-up im XR-Umfeld, das bedeutet, die haben eine B2B Metaverse-Plattform, die sie quasi im B2B-Bereich vertreiben und die haben mich dann quasi abgeworben und das muss 2020 oder 2021 gewesen sein und seitdem bin ich als Global Head of Smart Learning in der Room AG tätig. Verantworte da das Business Development im Kontext Smart Learning und leite quasi das Produktportfolio in dem Kontext. Ich nutze quasi die Technologien, die die haben und optimiere die Lösungen auf den Lernkontext. Mein Ziel ist es – und das habe ich auch erreicht – ein skalierbares Smart Learning Portfolio im Metaverse zu entwickeln, zusammen mit meinem Team und vielen anderen tollen Kollegen und Kolleginnen. Das mache ich aber quasi in Teilzeit, weil nebenberuflich bin ich selbstständig und arbeite als Keynote-Speakerin, Beraterin, habe unterschiedliche Projekte. Vor kurzem habe ich ein Buch geschrieben, das Anfang diesen Jahres veröffentlicht worden ist. Das mache ich aber quasi die Selbstständigkeit auch schon seit ich bei Bosch bin, also bestimmt seit 2020 oder so. 

Wolfgang Patz (11:03)

Und wie würdest du das Metaverse definieren? Wenn sich jetzt einer fragt, wovon redet Sirkka hier schon seit zehn Minuten?

Dr. Sirkka Freigang (11:13)

Das Metaverse würde ich beschreiben als eine computergenerierte Parallelwelt im Internet, die dreidimensional ist. Also letztendlich kann man sich das so vorstellen wie Google Earth. Also Google hat ja von unserer Welt ganz viele Fotos gemacht und wenn unsere Welt jetzt in einem dreidimensionalen Raum dupliziert wird, dann könnte man das quasi als Metaverse bezeichnen und diese virtuelle Welt kann entweder der digitale Zwilling sein von allem, was wir kennen, von Maschinen, Fabrikanlagen, Häusern oder es kann halt eine Fantasiewelt sein. Und die Grundidee vom Metaverse ist, dass sich diese virtuelle Welt über die reale Welt drüberlegt und ich diese virtuelle Welt entweder über eine Brille eingeblendet bekomme oder über digitale Endgeräte abrufen kann, also über ein Smartphone, über ein Tablet. Aber ich kann diese 3D-Welten natürlich auch über den Browser betreten. Also das Spannende beim Metaverse ist, ich kann in das Internet quasi hineinlaufen als 3D-Welt mit einer VR-Brille oder auch ohne. Und ich kann eigentlich auch Objekte aus diesem Internet rausnehmen, weil diese Objekte oder diese Welt gibt es ja schon virtuell und die kann ich quasi über Augmented Reality in mein echtes reales Umfeld wiederum einblenden. Also es geht blurring worlds, also diese Welten verschwimmen quasi. Es sind vermischte Welten. Man kann jetzt nicht mehr von digitaler oder analoger oder virtueller Welt sprechen, sondern das sind gemischte Welten. Die sind beides. Also dann spreche ich immer von hybriden Lern- und Arbeitswelten. 

Wolfgang Patz (12:50)

Kannst vielleicht ganz kurz aus deiner Nicht-VR-Brille, die du jetzt aufhast, sagen, vielleicht so ein, zwei Vorteile davon sind aber auch ein, zwei Nachteile beziehungsweise, ja, mir kommen sofort so, keine Ahnung, so ein paar Ängste damit oder Besorgnisse in den Sinnen so, man kriegt sein – auf Deutsch gesagt – seinen Arsch gar nicht mehr raus und bleibt nur noch quasi vom Computer in der digitalen Welt und verlässt es überhaupt nicht mehr.

Dr. Sirkka Freigang (13:22)

Das ist auch ein reales Risiko. Das ist schön, dass du es ansprichst. Ich habe jetzt erst vor zwei Tagen, glaube ich, einen Vortrag zu dem Thema gehalten: Potenziale, Merkmale und Herausforderungen des Metaverse. Ja, das gibt natürlich immer zwei Seiten der Medaille. Also die Herausforderung ist definitiv, dass es eine Technologieabhängigkeit geben kann. Das geht es in viele unterschiedliche Richtungen. Also ich meine, wir sind ja jetzt auch schon von unserem Smartphone abhängig, by the way. Ich sag nur das Thema Navigation etc. pp. Aber das hat natürlich vor allem auch so im Gaming Kontext nochmal ganz andere Dimensionen. Vor allem wenn du ins Ausland schaust, da haben ja wirklich Menschen vergessen zu essen und zu trinken, weil sie die ganze Zeit rund die Uhr am Computer gesessen sind, in irgendwelchen digitalen Welten ihr Leben gelebt haben und wirklich dabei verstorben sind. Also das muss man sich echt mal geben. Also solche Fälle gibt es. Und ja, das ist auch eine Gefahr, weil man im virtuellen Leben alles sein kann. Also ich habe ja einen Avatar, der sieht ja natürlich viel besser aus als ich. Der ist viel dünner, der ist total attraktiv, der hat keine Falten mehr, der hat die schicksten Klamotten an und dieser Avatar, mit dem kann ich natürlich auch ein ganz anderer Mensch sein. Also das hat schon reale Gefahren in der Hinsicht, aber auch im Kontext monopolartiger Strukturen. Also die Frage ist ja mal, wer stellt so ein Metaverse zur Verfügung? Wer ist der Provider? Unter welchen Interessen wird so etwas zur Verfügung gestellt? Was kostet das? Werden nur Produkte platziert oder was ist eigentlich der Zweck? Wofür wird so Metaverse genutzt? Im Moment ist es ja wirklich so, dass ganz viel, sage ich mal, in Richtung Product Placement geht. Das ist natürlich logisch. Wirtschaftliche Interessen stehen meistens im Vordergrund, auch im Kontext neuer Technologien und das ist genau der Grund, warum ich dann komme und den Zeigefinger hebe und sage: Warum nutzen wir das nicht fürs Lernen? Weil fürs Lernen hat das unglaubliche Potenziale, weil ich das Lernen greifbar machen kann. Ich kann auch durch virtuelle Welten laufen. Ich habe eine ganz andere Experience und das ist ja ein Motto, das ich sehr oft und gerne nenne und zwar: Create Experiences, not Lessons. Ich kann Lernerfahrungen durch immersive Technologien sehr schnell und einfach erzeugen, gestalten und skalieren und das ist ein riesiger Vorteil. Vor allem wenn es darum geht mal eine Methodenvielfalt reinzubringen. Ich sage nur Stichwort Death by Powerpoint. Wir alle kennen das. Ellenlange Video-Lectures oder WBTs, klassische E -Learnings oder diese ganzen Plattformen, wo ganz viele Inhalte zur Verfügung stehen. Aber die Frage ist: Haben wir damit dann was gelernt? Das ist ja nur Wissensvermittlung oder Druckbetankung in Anführungsstrichen. Lernen tut man über Erfahrung und Erfahrung kann man im Metaverse sehr gut erzeugen.

Wolfgang Patz (16:31)

Bevor wir jetzt weitermachen, ich habe gerade hier auf der Liste, haben wir noch unsere Warm-Up-Fragerunde. Wir sind ja schon ziemlich warm gerade. Wir haben uns schon warm geredet, aber wir schieben sie einfach trotzdem mal rein. Ich sag dir jetzt zwei Worte und du sagst einfach entweder oder. Bühne oder Experience Design?

Dr. Sirkka Freigang (16:50)

Sowohl als auch.

Wolfgang Patz (16:54)

Musical oder Rap-Konzert?

Dr. Sirkka Freigang (16:57)

Sowohl als auch. 

Wolfgang Patz (16:59)

Vier-Sterne-Restaurant oder Streetfood?

Dr. Sirkka Freigang (17:01)

Streetfood.

Wolfgang Patz (17:02)

Tag- oder Nachtmensch?

Dr. Sirkka Freigang (17:05)

Das ist eindeutig. Nachtmensch.

Wolfgang Patz (17:07)

Okay, ich finde solche Menschen gruselig irgendwie.

Dr. Sirkka Freigang (17:11)

Nachtmenschen?

Wolfgang Patz (17:13)

Ja, ich bin nachts, also wenn man jetzt rein auf die Produktivität runter bricht, bin ich nachts nicht produktiv, sondern eher in so einer morgendlichen Eule.

Dr. Sirkka Freigang (17:22)

Aber worum findest du das dann gruselig, wenn jemand anders ist als du?

Wolfgang Patz (17:25)

Na, weil das anders ist als ich, das geht nicht. Ist einfach gruselig. Nachts soll man schlafen, dann soll man nicht hier arbeiten und sündigen.

Dr. Sirkka Freigang (17:37)

Ist deine Meinung. Ich sehe das ganz anders. Ich kann ohne Probleme bis morgens um vier arbeiten.

Wolfgang Patz (17:42)

Ja, okay, gut. Lassen wir das mal so. Also, welche Trends treiben dich dann gerade an so aus der digitalen Lernwelt?

Dr. Sirkka Freigang (17:50)

Na, das sind natürlich KI, also künstliche Intelligenz. Alles, was mit XR zu tun hat, hatten wir eben schon drüber gesprochen. Das sind jetzt so die technologischen Trends. Da gibt es jetzt natürlich noch ein paar andere wie Interoperabilität oder Cloud Services oder Streaming oder Reduzierung von Daten. Green-Tech finde ich mega spannend, um ehrlich zu sein.

Wolfgang Patz (18:13)

Was ist Green Tech?

Dr. Sirkka Freigang (18:15)

Da geht es darum, auch zum Beispiel im Kontext Metaverse, wie man große Datenmengen reduziert und somit Server-Strukturen einsparen kann. Das ist eigentlich auch ein ganz wichtiges Thema im Kontext KI, weil ein Prompt oder eine Abfrage bei GPT, ich weiß nicht, wie viel Ressourcen sowas verbraucht. Und zwar, es sind sehr, sehr, sehr viele. Und bei Green Tech geht es wirklich darum zu überlegen, wie kann man die Technologie nutzen und weniger Ressourcen verbrauchen. Das ist eigentlich ein ganz wichtiges Thema. Das war bei Blockchain früher immer ganz, ganz gravierend auch Thema.

Wolfgang Patz (18:53)

Ja, er hört sich wirklich nach einem sehr wichtigen Thema an. 

Dr. Sirkka Freigang (18:56)

Genau, das sind so die technischen Trends, aber da gibt es ja noch ganz viele andere Trends, vor allem auch soziale Trends. Im Moment finde ich das ja ganz spannend, dass es so in Richtung Co-Creation und Peer Learning geht, dass man weggeht von der Idee… Also ich meine früher wurde ja immer das selbstgesteuerte Lernen extrem proklamiert und ich finde es total toll, dass es jetzt so einen sehr starken Trend in Richtung Peer Learning geht oder Learning Circles, also alles was gemeinschaftlich gemacht wird. Und ich finde das insofern toll, weil wenn man jetzt zu zweit an einem Lernziel arbeitet oder sich weiterentwickeln oder weiterbilden möchte, das macht zu zweit immer mehr Spaß oder auch in einer kleinen Gruppe. Also Working Out Loud fing damit eigentlich so richtig groß an, dass man so zu viert oder zu fünft zusammengegangen ist. Da hat man dann festgestellt, dass ist immer schwierig mit Termine finden. Ich bin großer Freund vom Tandem-Lernen. Also, dass man einfach ganz neue soziale Konstrukte hat, wie man lernen kann. Und das kann man auch gut im Metaverse oder für digitales Lernen dann übertragen.

Wolfgang Patz (20:03)

Ich habe es ein bisschen, also man verlernt das irgendwie, so dieses gemeinschaftliche Lernen. Also, wenn ich mich hinsetze, mir was durchlese, dann will ich es halt jetzt und in dem Moment machen. Und dann diesen extra Weg zu gehen, wieder schon mal in die Terminabstimmung. Aber natürlich, wenn du niemanden hast, wo man sich gegen nebenbei challengen kann und der eine weiß mehr als ich in dem Moment und dann befruchtet der mich, aber irgendwann ist es vielleicht andersrum. Also klar, ich sehe die Vorteile auf jeden Fall nur ich habe es ein bisschen verlernt.

Dr. Sirkka Freigang (20:32)

Das ist schade. Ich muss ja auch ehrlicherweise dazu sagen, man lernt das ja auch nicht in der Schule oder der Universität. Und das ist ja das ganz große Problem an unserem Bildungssystem, dass wir lernen nie wirklich gelernt haben. Eigentlich haben wir ja nur gelernt, passiv da zu sitzen, passiv zu konsumieren und Fakten, die man auswendig gelernt hat, zu replizieren. Also Lernen ist für mich eigentlich was komplett anderes. Lernen ist Verstehen, ist tiefgründiges Nachfragen, ist Austauschen und vor allem Anwenden und Probleme lösen. Und das kann man verdammt gut mit anderen zusammen. Deswegen habe ich mich damals bei Bosch selbstständig gemacht. Ich habe die Smart Learning Community gegründet, die Smart Learning Pirates. Und da war genau das schon das Ansinnen von mir, Leute, die aus ganz unterschiedlichen Kontexten kommen, an einem Thema arbeiten zu lassen. Und das hat so unfassbar gut funktioniert. Vor allem, wenn die aus einer anderen Branche gekommen sind. Wir hatten Rechtsanwälte oder wir hatten Leute, die Demokratie erlebbar machen wollten. Dann hatten wir eine Hundetrainerin. Dann hatten wir natürlich ganz klassische Berater, Beraterinnen. Dann hatten wir die typischen Personalentwickler, Entwicklerinnen. Also es war so vielfältig, die haben so viel voneinander gelernt und ich hör das immer wieder, das ist auch jetzt – ich war ja viel unterwegs – das Thema schlechthin. Mit anderen zusammen zu lernen, Learning Circles zu machen, das muss jetzt gar nicht mehr ein Working Out Loud Programm sein, sondern einfach nur in einem Unternehmen, dass sich unterschiedliche Leute zusammentun, die an ähnlichen Fragestellungen arbeiten oder vielleicht auch ganz unterschiedlichen. Und das ist einfach wirksamer. Und wenn man einfach so einen Tag blockt, ganz fest einmal im Monat, immer der Donnerstag um elf, wenn du den fest geblockt hast, dann ist es eigentlich auch mit der Terminabsprache gar nicht so schwierig. Und das Schöne ist, man verankert es, man hat eine Routine und irgendwann wird es Kultur. Und das ist ja genau das, wohin wir uns eigentlich alle entwickeln können zu einem kulturellen Change – in Anführungsstrichen – wo Lernen wieder einen Mehrwert bekommt.

Wolfgang Patz (22:40)

Nun ist ja der Podcast von der Fortbildungsakademie des Landes NRW und vor der Pandemie war es ja ziemlich viel offline, mittlerweile ist bei der FAH ziemlich viel auch in Online-Seminaren rübergeschwappt. Und fällt dir so ein konkretes Beispiel ein, wie man vielleicht das Thema Metaverse oder Smart Learning für die FAH anwenden könnte?

Dr. Sirkka Freigang (23:05)

Also da gibt es jetzt mehrere unterschiedliche Möglichkeiten. Ich bin ja ein großer Fan von den Merge-Cubes. Das ist ein Schaumstoffwürfel, über den man bestimmte Objekte augmentieren kann. Sowas könnte man natürlich auch im Kontext Kulturentwicklung oder auch für andere Themen nutzen. Man könnte ja sinnbildlich die FAH, also die Fortbildungsakademie nachbauen, man könnte so kleine Satelliten drum machen, so kleine Werte dran bauen, also mit Annotation und Text arbeiten und dann hat man ein kleines virtuelles Objekt, womit man quasi arbeiten kann und das ist so ein erster Magic Moment in Anführungsstrichen. Man kann aber natürlich auch entweder die Präsenz oder auch die E -Learnings oder Webinare, das kann man natürlich auch alles erweitern im Metaverse. Also es kommt immer drauf an, was das ursprüngliche Ziel ist, was das Lernziel ist. Und dann ist die Frage, ob man übers Metaverse oder immersive Technologien Mehrwerte generieren kann. Und das kann man dann, wenn man Probleme löst. Zum Beispiel, wenn man sich nur in Zoom trifft oder Teams, wird es halt irgendwann sehr langatmig oder anstrengend. Dann könnte es ein Vorteil sein, dass man punktuell eine Session im Metaverse macht. Man könnte aber auch ein Walk and Talk machen, also etwas komplett ohne Technologien. Also letztendlich finde ich, kommt es immer darauf an, dass man eine Learning Journey entwickelt, die insgesamt wirksam ist und eine didaktische Vielfalt ermöglicht. Also zu viel Zoom ist schwierig, also zu viel digital ist schwierig, zu viel Metaverse natürlich auch. Ich finde, es kommt wirklich auf die Mischung drauf an und was wichtig ist, gerade bei diesen immersiven Technologien, die kann man wirklich gut nutzen, eine positive Erfahrung zu ermöglichen. Und das ist sehr gut, wenn man Lerninhalte verankern möchte, weil dann koppelt man einen Lerninhalt an eine positive Erfahrung. Also ich habe jetzt mit dem Merge-Cube gesagt, das haben wir schon öfters gemacht auch für unterschiedliche Kunden. Also man hat quasi ein Sinnbild oder eine kleine Simulation von einer Fortbildungsakademie und versteckt da – in Anführungsstrichen – die Werte oder das, was die Fortbildungsakademie auszeichnet. Und das Schöne ist, dass man mit solchen 3D-Objekten, die kann man halt sehr einfach aufrufen. Man braucht auch gar keinen Merge-Cube, ehrlich zu sein. Theoretisch kannst du das über einen QR-Code machen und könntest dir dann so eine virtuelle Akademie auf dem Schreibtisch augmentieren und von allen Seiten angucken und dir die Werte oder wichtige Elemente von der Fortbildungsakademie anschauen.

Wolfgang Patz (26:00)

Okay, und es scheint ja wirklich irgendwie, also das war jetzt ein Beispiel von 1000, hast du ja gesagt, also Möglichkeiten sind irgendwie, ja wirklich riesig. Aber wie nimmt man so ein Vorhaben, vor allem bei so einer Behörde, wie geht man das an und wie nimmt man die Mitarbeitenden mit, befähigt man die dazu, dann das irgendwie in die Realität, in die virtuelle Realität zu bringen?

Dr. Sirkka Freigang (26:24)

Ja, das höre ich immer sehr oft. Also das ist die Frage, die eigentlich jeden umtreibt. Wie kann ich das jetzt wirklich strukturiert auch in die Praxis bringen? Das ist ja mit ein Grund, warum ich das Buch geschrieben habe. Das heißt Smart Learning Design – Methoden und Tools für den Einsatz innovativer Lernkonzepte in Unternehmen. Und das ist quasi die praxisorientierte Version von der Dissertation, weil eine Dissertation – 350 Seiten oder wie lange das ist – das liest sich kein Mensch durch. Das ist keine Experience in dem Sinn. Und deswegen habe ich das Buch geschrieben, da sind nämlich ganz viele Formate beschrieben: Tools und Technologien, wie ich aus einem etwas trögen, langweiligen Lernsetting eine aktive Lernerfahrung bauen kann. Hybride Vernissage ist auch eine schöne Möglichkeit, wie man aus einer passiven Wissensvermittlung eine aktive Lernerfahrung machen kann. Und in diesem Buch habe ich ganz viele Templates und Schritt für Schritt Anleitungen, wie man das machen kann. Parallel dazu biete ich aber jetzt auch in diesem Jahr Facilitator-Ausbildungen an. Das haben wir früher immer nur im Unternehmen gemacht, um wirklich intern in den Unternehmen oder den Behörden, den Institutionen interne Multiplikatoren, Multiplikatorinnen auszubilden und zu befähigen, diese Tools zu nutzen. Das bedeutet, das ist eine viertägige Ausbildung. Eigentlich ist es ein achtwöchiges Programm. Und da bekommt man dann einen Deep Dive in die Anwendung und Nutzung dieser ganzen Tools, wie zum Beispiel Merge Cube.

Wolfgang Patz (27:58)

Also Antwort könnte sein: Buch dir einen Experten und lass dich mitnehmen in die Welt.

Dr. Sirkka Freigang (28:05)

Ja, vielleicht ein wichtiger Hinweis an der Stelle noch. Es gibt natürlich auch die Möglichkeit, sich da kostenfrei kontinuierlich weiterzubilden in dem Kontext oder sich Dinge durchzulesen. Ich habe zu dem Buch, eine Community auf LinkedIn, die ist kostenfrei, wie gesagt. Da sind schon über 600 Leute drin, die Smart Learning toll finden, die sich weiterbilden wollen. Und 50 Prozent von allen meinen Vorlagen und Anleitungen stelle ich in der Community kostenfrei zur Verfügung über die Smart Learning Navigation Map.

Wolfgang Patz (28:38)

Okay, den Link würde ich dann in die Show Notes packen, damit die jetzt hier gerade zuhören, einfach Zugang dazu haben. Cool. Wie sieht es dann aus mit dem Thema – vielleicht auch ein altbekanntes Thema – Datenschutz und Sicherheit? Vor allem in der Verwaltung sind Daten immer ein sensibles Thema.

 

Dr. Sirkka Freigang (28:55)

Ja, also dazu kann man Folgendes sagen: Kommt darauf an, welche Art von Technologie man nutzt. Merge ist ein Unternehmen, das sitzt in den USA. Das bedeutet, wenn man Daten hochladen würde oder 3D-Objekte, müsste man mit dem Unternehmen sprechen, ob die sowas vielleicht auch anders hosten könnten oder ob man das lokal hosten könnte. Letztendlich würde ich fast denken, dass man mit jedem Anbieter sprechen kann, wo die Daten liegen. Ich kann ja jetzt nur für meinen Startup sprechen, also für die Room AG. Wir haben zum einen Server in Deutschland. Das ist ja vielen Kunden immer sehr wichtig. Und zum anderen ist es so, wenn du jetzt zum Beispiel das Metaverse nutzt, zumindest von der Room AG, da ist es meistens so, dass die Objekte- Okay, 3D-Objekte kannst du auch hochladen, dann brauchst du unsere Cloud, aber die meisten Sachen sind verlinkt oder eingebettet über ein iframe. Das bedeutet, die Daten liegen eigentlich auf den Servern vom Unternehmen, sofern die denn die Möglichkeit dazu haben. Also eigentlich ist es nur eine Einbettung, eine Verlinkung. Aber bei sensiblen Daten, also wenn du jetzt zum Beispiel ein Automobilhersteller bist, würde ich da natürlich jetzt auch nicht unbedingt hier meinen neuesten- Also da darfst du natürlich keine sensiblen Daten hochladen, das ist klar. Da muss man schon vorsichtig sein oder muss im Vorfeld entsprechende Sicherheitsstrukturen entwickeln. Was aber bestimmt möglich ist. Ist halt teuer. Das muss man halt an der Stelle auch sagen. Also alles, was du quasi auch so aus den USA nutzen kannst, was halt so frei verfügbar ist, ist halt günstig bis kostenfrei. Wenn du halt Anforderungen hast, die sehr besonders und speziell sind, dann kann man das bestimmt umsetzen, wird dann halt teurer.

Wolfgang Patz (30:44)

Das sind gute Hinweise. Bevor wir jetzt langsam in Endspurt kommen, ich habe dir 30 Minuten versprochen, wir sind schon ein bisschen drüber, aber wir ziehen das jetzt noch knackig durch. Vielleicht ich sage ein Wort und du sagst deine Gedanken dazu ganz kurz oder einen Satz. Co-Creation.

Dr. Sirkka Freigang (31:00)

Liebe ich.

Wolfgang Patz (31:02)

Öffentliche Verwaltung.

Dr. Sirkka Freigang (31:03)

Finde ich spannend.

Wolfgang Patz (31:05)

Sam Altman.

Dr. Sirkka Freigang (31:06)

Sam Altman ist grenzwertig oder schwierig, herausfordernd. So was.

Wolfgang Patz (31:13)

EMO: Emote Portrait Alive.

Dr. Sirkka Freigang (31:16)

Gruselig, total gruselig.

Wolfgang Patz (31:19)

Okay, gut. Dann lass uns jetzt unsere Stimmenbänder mal bis ans Maximum bringen. Was meinst du, wie sieht die Zukunft des Lernens aus?

Dr. Sirkka Freigang (31:27)

Ich sehe das eigentlich ganz positiv. Also ich würde mich freuen, wenn mehr Menschen kreativer mit dem Thema Lernen und Bildung umgehen würden und Lernen wirklich, ja, vielleicht auch positiver konnotiert wird in Zukunft. Das ist so ein bisschen mein Anspruch, das würde ich mir wünschen und ich sehe da eigentlich auch ganz positiv in die Zukunft. Es gibt so viele Möglichkeiten, das Lernen und die Bildung toll zu gestalten als Erlebnis und wirklich mit einem tiefen Verständnis und mit einer ganz anderen Leidenschaft mit diesem Thema umzugehen und das wünsche ich mir für die Zukunft.

Wolfgang Patz (32:11)

Und wenn jetzt die Leute hier angefixt haben und sie haben richtig Bock zu sich zu dem Thema irgendwie mehr auseinanderzusetzen, was würdest du dir an die Hand geben? Wie sollen die beginnen, außer deiner LinkedIn-Gruppe zu folgen und dein Buch zu lesen?

Dr. Sirkka Freigang (32:24)

Ich würde sagen der eigenen Leidenschaft nachgehen. Also ich hoffe, jeder hat irgendwo ein kleines Feuer in sich und das muss man mal suchen dieses kleine Feuer. Und dann muss man gucken, wo einen das hintreibt. Und dann würde ich es schön finden oder gut oder richtig finden, wenn man seine eigenen Talente und seine eigene Neugier, die auch immer so bisschen beflügelt und der ein bisschen Futter gibt und Bücher liest, sich mit anderen austauscht. Also die Welt ist so bunt und die Welt kann toll sein. Wir müssen das Beste draus machen. Und das ist halt auch wieder so ein bisschen unsere Verantwortung. Also jetzt sich nicht nur passiv treiben zu lassen, sondern aktiv zu gestalten. Und das ist mein Plädoyer an dieser Stelle. Wir alle sind Gestalter und Gestalterinnen dieser Welt und auch der Zukunft. Und wir sollten diese Verantwortung annehmen.

Wolfgang Patz (33:16)

Hört sich auf jeden Fall gut an, trotzdem nochmal am Puls der Zeit zu sein, bei den ganzen technischen Dingen, die jetzt so passieren und irgendwie neue Programme, neue Apps und dies und das. Gibt es da irgendwelche Kanäle, wo du sagst: Mensch, das ist ein toller Newsletter, den kann man mal abonnieren, um so den neuesten heißen Scheiß irgendwie auf dem Schirm zu haben, dass man nicht ganz so, dass man wenigstens weiß, was gerade so aktuell ist?

Dr. Sirkka Freigang (33:40)

Natürlich. Da gibt es natürlich jetzt mehrere Newsletter, die ich abonniert habe. Ich kann den Sascha Pallenberg extrem empfehlen von MeTacheles. Also gerade, wenn es ganz allgemeine Tech-Themen geht, ist der mega spannend. Wenn es um das Thema KI geht, kann ich die Léa Steinacker und Miriam Meckel empfehlen. Die haben die Ada-Community gegründet. Wenn es um das Thema KI geht, im Speziellen gibt es das AI-Institut von Raphael Irgendwas. Der macht auch immer ganz spannende Newsletter zum Thema KI. Zum Thema KI gibt es auch eine ziemlich gute Community von der Sandra Mareike Lang, die sich wirklich über jedes Tool irgendwie austauscht. Also es gibt ja die Möglichkeit, sich über ganz viele unterschiedliche Kanäle quasi die neuesten Informationen ins Dashboard zu ziehen. Auf LinkedIn habe ich da noch viel, viel mehr Leute, um ganz ehrlich zu sein. Und über die kriege ich halt die ganzen News. Früher war es Twitter. Das ist ja heutzutage nicht mehr. Deswegen nutze ich jetzt mittlerweile sehr stark LinkedIn genau für solche Dinge, um da bei bestimmten Themen am Ball zu bleiben. Newsletter. Aber ich finde Bücher in der Tat auch immer noch eine sehr gute Quelle, auch wenn die nicht ganz so aktuell sind immer.

Wolfgang Patz (34:54)

Ja. Gut, Sirkka, vielen lieben Dank. Wir sind leider am Ende angelangt, aber trotzdem fand ich das schön, mal so einen kurzen Einblick zu bekommen in deine Welt, aber auch praktische Anwendungsbeispiele zu bekommen, wie man das Thema vielleicht in die öffentliche Verwaltung bringen kann. Sirkka, vielen lieben Dank. Ich wünsche dir einen schönen Tag.

Dr. Sirkka Freigang (35:13)

Danke dir, Wolfgang. Danke für das schöne Gespräch, hat mir sehr viel Freude gemacht.

Wolfgang Patz (35:18)

Damit endet unsere heutige Folge von Flurfunk aus Herne. Ein großes Dankeschön an Dr. Sirkka Freigang für ihre wertvollen Einblicke in die Welt des Smart Learning und das transformative Potenzial des Metaverse. Wir haben gesehen, wie immersive Technologien das Lernen bereichern und welche Herausforderungen und Chancen sich dabei ergeben. Vergesst nicht, die Möglichkeiten dieser neuen Technologien zu erkunden und aktiv an der Gestaltung der digitalen Bildung teilzunehmen. Bis zum nächsten Mal, bleibt neugierig und engagiert euch für die Bildung der Zukunft.

 

Neue Folge: #14 am 04. Dezember 2024

In der nächsten Folge freuen wir uns auf Jana-Madeleine Staupe und Frederike Rautenberg von der Netzwerkstelle UNTERNEHMEN VIELFALT.

Gemeinsam schauen wir auf die Rolle von Vielfalt am Arbeitsplatz, den öffentlichen Dienst und warum es so wichtig ist, eine offene und inklusive Arbeitskultur zu schaffen. Und wir hinterfragen, wie wir alle zu einem offenen und fairen Miteinander am Arbeitsplatz beitragen können.

Staffel 1

Porträt von Kerstin Meißler mit dem Titel "Veränderungsmanagement in der Verwaltung - Jede/r kann sich verändern!"

In dieser Folge von"Flurfunk aus Herne" spricht Kerstin Meißler, Veränderungsmanagerin bei IT.NRW, über digitale Transformation und Veränderungsmanagement in der öffentlichen Verwaltung. Sie teilt ihre Erfahrungen und Herausforderungen im Umgang mit Verwaltungsmodernisierung und spricht über die Bedeutung von Change Agents und Netzwerkbildung, damit diese Veränderung gelingen kann. 

© FAH

Wolfgang Patz (00:01)

Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge Flurfunk aus Herne, der Verwaltungstalk, dein Podcast, wenn es topaktuelle Themen und Learnings aus der Verwaltung geht. Mein Name ist Wolfgang Patz, ich bin Podcast -Coach und Moderator und im Auftrag der Fortbildungsakademie des Ministeriums des Innern NRW spreche ich alle zwei Wochen mittwochs mit spannenden Persönlichkeiten aus Wissenschaft und dem öffentlichen Sektor.

In der heutigen Folge spreche ich mit Kerstin Meißler. Sie ist Veränderungsmanagerin bei IT.NRW. Zusammen tauchen wir ein in die Welt des Veränderungsmanagements und der digitalen Transformation. Erfahrt, wie Kerstin und ihr Team Innovationsansätze in der Landesverwaltung von Nordrhein-Westfalen vorantreiben und welche Rolle Change-Agents in diesem Prozess spielen.

Wolfgang Patz (00:48)

Heute zu Gast Kerstin Meißler. Kerstin ist Veränderungsmanagerin von IT.NRW, oder? 

Kerstin Meißler (00:54) 

Ja, genau. 

Wolfgang Patz (00:55)

Genau, hört sich gut an. Wie lange machst du das schon? 

Kerstin Meißler (00:59)

Bei IT.NRW mache ich das seit September 22 und Veränderungsmanagement in der Landesverwaltung seit 2018. 

Wolfgang Patz (01:08)

Vielleicht kannst du dir doch mal einen kurzen Überblick geben, wer du bist, was du machst. Okay, so angerissen haben wir es ja jetzt schon. Woher du kommst und von woher du jetzt gerade sprichst.

Kerstin Meißler (01:18)

Ja, ich fange mal rückwärts an. Ich bin gerade im Homeoffice in Düsseldorf und was mache ich? Ich beschäftige mich auch in meiner eigentlich nicht vorhandenen Freizeit als arbeitende Mutter ganz viel mit den Themen der digitalen Transformation, Veränderung, Verwaltungsmodernisierung. Das sind einfach Dinge, die mich persönlich interessieren und antreiben. Ich habe eben auch das Glück, das auch hauptberuflich machen zu dürfen. Da gibt es auch noch nicht so viele in der Landesschule Verwaltung. Und ursprünglich habe ich mal Steuerrecht studiert und im Finanzamt gearbeitet und auch das viele Veränderungen, die möglich sind in der Verwaltung. 

Wolfgang Patz (01:57) 

Okay, vielen Dank. Dann lass uns mal mit der Warm-Up-Fragerunde starten. Und du sagst einfach immer nur entweder oder, ja? 

Wolfgang Patz (02:05)

Also Visionärin oder Realistin? 

Kerstin Meißler (02:06)

Visionärin.

Wolfgang Patz (02:07)

Joggen oder Yoga?

Kerstin Meißler (02:09)

Beides.

Wolfgang Patz ( 02:13)

Innovatorin oder Traditionalistin?

Kerstin Meißler (02:16)

Innovatorin 

Wolfgang Patz (02:17)

Comedy oder Drama 

Kerstin Meißler (02:18)

Comedy 

Wolfgang Patz (02:19)

Okay, gut, das Gefühl habe ich auch hier. Okay, dann was begeistert dich im Leben? Du siehst aus wie eine Person, die viel strahlt. Von daher passt die Frage, glaube ich, ganz gut. 

Kerstin Meißler (02:33)

Ja, ich bin relativ begeisterungsfähig, allerdings nicht für alles. Und ich finde es ja, ich habe eben schon eingangs gesagt, mich begeistert, verrückter und tatsächlich manchmal auch zum Leidwesen meiner Familie das Thema der digitalen Transformation sehr und auch eben das, was alles möglich ist oder auch was nicht möglich ist, das begeistert dann zwar weniger, aber daran zu arbeiten, das begeistert mich. Ansonsten begeistert mich das Wasser. Das Meer, aber auch anderes Wasser, alles, wo man drin schwimmen kann, finde ich großartig.

Wolfgang Patz (03:06)

Sprudelwasser, zwei Liter am Tag.

Kerstin Meißler (03:09)

Ja, auch. Ich trinke auch was bei der Trockenheit (lachen). Kann ich sehr empfehlen. Ein Kucker, da kommt das direkt gesprudelt raus. Und ansonsten, ja, eigentlich auch so kleine Sachen. Also viel so was, vielleicht ein bisschen ausgelutscht, jetzt klingt aber, was mit Natur auch zu tun hat. Also einfach schon mal eine schöne, frische Luft. Das ist auch schon mal Begeisterung bei mir. 

Wolfgang Patz (03:32)

Ja, bevor wir das Interview jetzt gestartet haben, da habe ich dich gebeten das Fenster zuzumachen, aber da kamen so schönes Vogelgezwitscher durchs Fenster durch. Also sowas begeistert dich wahrscheinlich auch. 

Kerstin Meißler (03:44)

Ja, genau. Diese Naturtöne. 

Wolfgang Patz (03:47)

Ich hab mal eine Zeit lang, bin ja hier in Berlin und dann, wenn ich morgens zur Bahn gefahren bin, dann hab ich mir immer bei Spotify Vogelzwitscher aufs Ohr gepackt und bin dann durch die Bahn, also mit der Bahn gefahren, hab dann so richtig schöne Naturklänge oder wie es im Regenwald der Regen geprasselt hat, hat mich dann auch morgens ziemlich entspannt.

Kerstin Meißler (04:04)

Ja, genau. Hat eine auch beruhigende Wirkung und irgendwie geht einem so das Herz auf dabei. 

Wolfgang Patz (04:10)

Nehmen wir das doch einfach mal mit, wie sieht so ein typischer Tag als Veränderungsmanagerin bei dir aus?

Kerstin Meißler (04:15)

Ja, das eigentlich das Schöne an so einem Job, dass das eben nicht so typisch ist. Also jetzt anders als früher im Finanzamt, wo man einfach Steuerkram abgearbeitet hat, ist es eben jetzt, dadurch, dass es viel Arbeit auch ja mit Menschen ist, einfach gibt es so gar nicht richtig Typisches. Also viel ist es, Gespräche zu viel, aber auch viel zu lesen, auch mal Podcasts zu hören, sich weiterzuentwickeln, da auch Inspiration zu erhalten, und dann Konzepte zu freien Workshops planen. Ja, sowas. Also, es ist ganz viel Beziehungsarbeit und aber auch dann eben strategische Arbeit. 

Wolfgang Patz (04:50)

Okay, und was sind so, wenn wir uns jetzt mal die, oder deine Arbeit als Veränderungsmanagerin oder als Change-Managerin in der Verwaltung anschauen, was sind da so die Herausforderungen, die sich dir so im Alltag stellen?

Kerstin Meißler (05:04)

Ja, Verwaltung ist ja jetzt etwas, was auf Tradition beruht oder vielleicht auch eher konservativ im besten Sinne des Wortes. Und das ist ja auch gut so. Also es hat ja auch seine Begründung. Verwaltung soll ja auch zuverlässig und sicher sein. Also das sind alles Dinge, die es braucht auch. Nichtsdestotrotz in unserer Sicht wandeln immer wandelnden Zeit, aber gefühlt ja für viele jetzt immer schneller wandelnden Zeit. Da braucht es eben auch die Möglichkeit, sich anzupassen, sich zu verändern. Und da ist es schon herausfordernd, dass die Strukturen, die es gibt in Verwaltungen, nicht so schnell sich ändern, wie auch die Menschen es tun und wie die Situation es tun. Also ich glaube, es wäre noch viel mehr möglich, wenn man die Rahmenbedingungen deutlich verändern würde. 

Wolfgang Patz (05:49)

Wie könnte sowas praktisch aussehen? 

Kerstin Meißler (05:51)

Ja, zum Beispiel, indem die Durchlässigkeit von verschiedenen Laufbandgruppen bei Beamten oder auch so, dass bestimmte Abschlüsse mehr berücksichtigt werden, also auch mehr Quereinsteiger, aber auch das Hin - und Herwechseln zwischen freier Wirtschaft und Verwaltung, dass sowas eher möglich ist, dass einfach so starre Bewertungs - und Beurteilungsrichtlinien aufgehoben werden, dass ich eben nicht sage, wir leiden unter Fachkräftemangel, aber ich muss trotzdem XY Studium haben, so und so viele Erfahrungen oder erstmal mich drei Jahre irgendwo bewähren, bevor ich das denn machen kann oder bevor ich dafür bezahlt werde, machen darf ich es schon vorher. Also solche Dinge oder auch den Mut zu haben, eben mit neuen Ideen Dinge mal auszuprobieren. Natürlich nur in Bereichen, wo es jetzt nicht sicherheitsrelevant ist. Also das hat ja Verwaltung auch gemacht. Also wenn ich mich anders aufstelle mit meinem Team, meinem Referat, wie auch immer, da muss ich ja jetzt nicht von Angst getrieben sein, sondern kann da auch einfach mal ein paar Dinge ausprobieren. Anders natürlich, als wenn ich jetzt, sagen wir mal bei uns, ob ich Bezüge auch bezahlen muss oder ob ich ein sicheres IT.System für ein Krankenhaus bieten muss. Da sollte ich nicht so viel experimentieren, aber es gibt eben auch Felder. 

Wolfgang Patz (07:05)

Wie sieht das aus mit den Personen selbst, die das nachher umsetzen müssen? Was für Erfahrungen hast du gemacht in Bezug auf Widerstand gegen zu implementierende Change-Prozesse? 

Kerstin Meißler (07:16)

Das ist ganz unterschiedlich. Ich habe oft den Eindruck, dass der Widerstand gar nicht so groß ist. Zum Beispiel wird Veränderung, denn Veränderungsprozesse häufig auch mit Digitalisierungsprojekten oder neuen IT-Programmen oder Ähnlichem in Kontext gebracht. Und dort ist es oft so, dass die Leute eigentlich darauf warten, weil viele ja selber merken, dass das, womit sie bisher arbeiten, nicht unbedingt das Beste ist, die beste Lösung. Und dann dauert es oft viel zu schnell. Also dann kommt eher der Widerstand, dass wenn die Menschen dann spüren, hey, ich soll jetzt hier irgendwas machen, und ich freue mich drauf, aber es kommt und kommt einfach nicht. Und dann ist die Akzeptanz einfach auch weg an der Stelle. Und da öfter auch mal nachzufragen und zu horchen, ja, was braucht ihr denn wirklich für eure Arbeit oder was ist denn eigentlich das Ziel eurer Arbeit, was soll denn das Ergebnis sein und damit dann zu arbeiten und zu gucken, was kann die Lösung sein. Also häufig sind eben Lösungen auch vorher eingekauft und die werden dann vielleicht noch ein bisschen angepasst, da wird dann auch so nachgefragt. Aber die sind überhaupt nicht auf das Ziel so ausgesichtet oder haben nicht die Chance genutzt, vielleicht auch etwas Neues, ganz Neues zu entwickeln, also auch Prozesse zu verändern. Und da spüre ich dann schon auf ja, einfach ein Widerstand und auch eine kleine Frustration. 

Wolfgang Patz (08:28)

In meiner Recherche kam mir das Wort Change-Agents quasi vor. Was hat es mit dem Begriff auf sich und wie wichtig sind dann Führungskräfte, das Thema Change dann auch wirklich umzusetzen? 

Kerstin Meißler (08:42)

Ja, also Change-Agents, ich komme gerade aus oder nicht gerade, sondern letzte Woche war ich Donnerstag, Freitag in Herne mit meinen Kollegen und wir bilden da auch Change-Agents aus bzw. wir machen so Workshops auch mit den Kolleginnen und Kollegen und das ist eine sehr wirksame Funktion oder Rolle, die Menschen einnehmen, die auch Lust selber auf Veränderungen haben, die auch eine Multiplikatorenfunktion einnehmen und letztendlich so kleine Satelliten überall in einer Organisation engagiert werden können oder installiert werden können, wobei installiert klingt ein bisschen komisch bei Menschen, aber die eben tätig werden können und da die Veränderungen, die gibt mit Vorantreiben, die nah an den Kolleginnen und Kollegen sind und auch umgekehrt dann eben Sprachrohr sein können. Und darum auch für die Führungskräfte sehr wichtig, diese Change-Agents durchaus zu nutzen und das auch zu unterstützen und vielleicht auch selber auch als Change-Agents zu sein. Das muss nicht hierarchisch irgendwie geregelt werden, weil das einfach dadurch, dass ich sowas wie Change -Agents einsetze, erhöhe ich im Prinzip die Bereitschaft zur Veränderung eben Multiplikatorenfunktionen. Genau dadurch potenziere ich die Wirkung auch von Veränderungen und bin wie gesagt auch so gerichtet daran. 

Wolfgang Patz (10:00)

Glaubst du denn, dass im beruflichen Kontext, sage ich mal, Veränderung ein wichtiger Part ist, irgendwie voranzukommen, erfolgreicher zu werden? Wenn das so sein sollte, warum glaubst du, dass es so ist? Also eigentlich ist/ liegt die Antwort ja auf der Hand, aber ich finde die Frage hört sich trotzdem gut an.

Kerstin Meißler (10:18)

Ja, okay, genau. Das ist ja fast eine rhetorische Frage. Aber natürlich ist, glaube ich, Veränderungsfähigkeit und Kompetenz ein sogenanntes Future -Skill, mal bei Englisch zu bleiben. Also eine Zukunftsfähigkeit. Denn das Leben ist letztendlich Veränderung. Also an sich kann auch jeder von uns mit Veränderung gut umgehen. Nichtsdestotrotz sind wir auch auf, wie soll ich sagen, auf Automatisierung, auf Standardisierung ausgelegt, also von Natur aus. Unser Gehirn braucht ja sehr viel Energie und Energie war früher etwas, was schwer zu bekommen ist. Das sieht jetzt heute im Supermarkt ein bisschen anders aus, aber das haben ja unsere Evolutionsketten noch nicht so schnell umgesetzt bekommen und verändern können. Aber nichtsdestotrotz halten wir daran an diese automatisierten Prozesse, weil sie energiesparend sind und darum gibt es auch eben häufig Widerstand. Und nichtsdestotrotz ist es umso wichtiger, dass sich eben akzeptiere das Veränderung genau dazu  jeden Tag sehen wir ein bisschen anders aus oder wachsen mit den Fingernägeln. Auch das ist ganz natürlich Veränderung des Lebens. Warum ich das auch so erstaunlich häufig finde, dass viele das negativ betrachten. Denn wann verändern wir uns eigentlich nicht mehr oder zumindest kriegen wir das nicht mehr so mit, wenn wir tot sind. Und ja, insofern ist Veränderung was ganz Tolles und da vielleicht den Blick positiv drauf zu wenden und zu sehen, das gehört einfach dazu zum Leben, aber auch zur Arbeit und zu den Herausforderungen, die uns ja fast schon täglich inzwischen gestellt werden. Darum finde ich es total wichtig, der Menschen auch mehr darin zu stärken und einzuordnen, dass eben auch bestimmte Reaktionen einfach normal und menschlich sind, da auch Angst zu nehmen und eher Freude daran zu verbreiten und zu sagen, hey, ja, lass uns doch mal gucken, was wollen wir denn? Und dann, was kann denn eine positive Veränderung sein und wo kann ich auch selber wirksam werden? Also das finde ich immer auch einen ganz wichtigen Aspekt. Dieses ja selbst Wirksame selbst ins Handeln kommen und eben nicht irgendwie nur was von oben aufgeschrieben zu kommen. 

Wolfgang Patz (12:21)

Ich habe da mal so einen schlauen Spruch von meinem Geschäftspartner gehört, den fand ich irgendwie ganz gut. Wenn sich dein Leben so in geregelten Bahnen bewegt, dann bewegt man sich selbst zu langsam. Also wenn du dann irgendwie so, wenn wir zum Beispiel als Unternehmer sehen. Wenn alles läuft und alles läuft gut und man ist zufrieden mit allem, dann ist man oft in so einer Komfortzone und man hat gar nicht mehr die Notwendigkeit, sich zu verändern, sondern man ist nur in seiner eigenen kleinen Komfort-Bubble und gerade dann sollte man noch mehr tun und schauen, was da noch mehr gibt und sich mal weiterentwickeln, also auch verändern. Das finde ich irgendwie ganz passend. 

Kerstin Meißler (12:58)

Ja, das finde ich auch ein ganz schönes Bild. Viele sagen ja auch, man muss noch raus aus der Komfortzone und das ist ja erstmal vielleicht auch ein abschreckendes Bild dann, ja aber Komfort ist doch was Gutes. Also komfortabel ist auch ein Ziel, was man hat vielleicht. Ich sage aber immer, Convenience ist King. Also bei allem, was wir so tun, wenn das eben komfortabel ist, dann ist auch die Veränderungschance zum Beispiel größer. Ich meine, so was, wer hat vielleicht schon mal versucht, ich Gott sei Dank nie angefangen, Rauchen aufzuhören oder mal sportlicher zu sein oder Gewicht zu verlieren oder auch Muskelmasse zuzulegen oder so, jetzt mal an diesen körperlichen Bereichen zu bleiben. Und obwohl das ja sogar was ist, wo man selbst sich dafür entscheidet und man irgendwie motiviert ist oder so, da kommen dann wieder diese biologischen Beharrungskräfte, die es einem ganz schwer machen. Also darum ist es eben ein ganz, finde ich, spannendes Feld auch. Denn Veränderung ist einerseits komplett normal und natürlich und gleichzeitig fällt sie uns eben schwer. Ja.

Wolfgang Patz (14:00)

Also ich hatte das Gefühl so ein bisschen in den bisherigen Ausführungen, dass du irgendwie stark in Geschichte und auch bisschen Biologie bist, dass du die Verknüpfung hergestellt. Deshalb möchte ich auch mal ein bisschen in die Geschichte dieses Podcasts zurückgehen. Und zwar in der ersten Folge, da hatte ich ja mit Nicole Kaul gesprochen und die hatte da so Namen gedroppt wie Monsters of Government oder New-Network-NRW. Was hat es damit auf sich?

Kerstin Meißler (14:25)

Ja, genau. Und die Toll ist auch eine ganz liebe Kollegin, ganz toll, die ganz viel auch verändert. Und die Monsters of Government beziehungsweise auch das New Network NRW, das sind ja, wenn man so wie Graswurtzel -Initiativen, also das New Network NRW habe ich tatsächlich initiiert und zwar aus dem Beweggrund, das ich erst mal gesehen habe in ganz vielen anderen Ländern und auch beim Bund gibt es viele Initiativen, die von sich aus oder von innen heraus etwas verändern möchten. Es gibt zum Beispiel auch so was, das heißt Work for Germany. Da werden Fellows aus der freien Wirtschaft für ein halbes Jahr gematcht mit Partnern aus Bundesbehörden, Bundesministerien. Und das sind Menschen, die dann in Organisationsentwicklung, in agilem Arbeiten und Ähnlichem befähigt sind, da Erfahrung haben, eben selbst freiberuflich oder eben aus anderen privatwirtschaftlichen Kontexten. Und da habe ich immer gedacht, Mensch, eigentlich eine coole Sache. Aber wir haben noch auch total viele Leute, die so was intern können. Also, die noch den Vorteil haben, dass sie sowieso schon da sind, dass sie die Sprache der Verwaltung kennen und so sehr. Also ich bin super, auch dass es Berater gibt oder eben diese Menschen, die bringen schon nochmal andere Blickwinkel rein. Aber jetzt auch und anbetreffend von angespannten Haushaltslagen etc. Ich denke, jedes Mal, es gibt eben so viele Leute wie die Nicole, die Julia Bönte, die war ja auch bei dir, die hat auch da den Jona Bialowons und dieses GovLab in Arnsberg erwähnt. Wir haben bei ITNRW die Projektwerkstatt, die ganz viel machen. Also es gibt einfach ganz viel im Land. Wir sind das größte, also im Moment die Bevölkerungsanzahl größtes Bundesland und ich finde uns relativ zurückhaltend in der öffentlichen Wahrnehmung, zumindest so in meiner Bubble. Und das erstaunt mich, denn das sollte anders sein. Und ich glaube, es liegt unter anderem daran, dass wir eben auch sehr zersplittert sind. Kommunale Ebene ist auch nochmal ganz speziell. Da gibt es übrigens auch sehr, sehr viel. Das Rudi-Netzwerk, was mit dem NEX-Netzwerk fusioniert hat und also super viel in Bewegung. Und ich dachte irgendwie kann es nicht sein, dass wir als NRW, als Land da uns nicht mitbewegen. Und so habe ich ganz viele Menschen angesprochen, die ich kannte, wo ich gedacht habe, wir könnten so auf einer Wellenlänge liegen, was so die Transformation anbelangt. Und ja, und so bauen wir das New-Network-NRW auf und die die Idee ist eben auch, unsere interne Kompetenz zu nutzen und einzusetzen, dann nicht im eigenen Haus, denn der Profil im eigenen Haus ist häufig nicht so viel wert, sondern dann eben mit diesen Kompetenzen andere Bereiche zu unterstützen. 

Wolfgang Patz (17:01)

Aber es hört sich ja schon an, als wenn du irgendwie eine starke Netzwerkerin bist. Denn was du da so irgendwie bewegst, finde ich auf jeden Fall ziemlich bemerkenswert. Und das hätte ich so von außen gar nicht so richtig eingeschätzt, dass in der Verwaltung, dass man dann doch so kommunikativ gegenüber anderen Organisationen ist, zum Beispiel oder anderen Einrichtungen. Die Frage, wie wichtig findest du denn das?

Kerstin Meißler (17:26)

Ja, also ich finde es mega wichtig. Ich halte das auch für eine Kernkompetenz oder eine Zukunftskompetenz. Dass eben dieses über den eigenen Tellerrand hinaus schauen wirklich eine Grundlage ist. Wie oft haben wir erlebt, dass Menschen gesagt haben, auch in unserer Gruppe, ja, hier auch ein Beispiel aus nicht nur aus Herne, aber aus dem Land, wo es in die Pandemie ging und man überlegt hat, was kann ich jetzt für Online-Lernmodule entwickeln. Da haben sich halt Sichtbehörden auf den Weg gemacht, haben alle Vergabeleute, haben, ach ja, also ganz viele Menschen und Ressourcen dafür eingesetzt, am Ende möglichst bei dem gleichen Tool auch noch zu landen. Aber keiner weiß das untereinander. Und allein eben das, das ist eben dieser, dieser ja inzwischen schon doch das ist eine viel zitierte Sprache. Man muss das nicht immer neu erfinden. Das stimmt einfach. Es wird trotzdem an so vielen Stellen getan. Ich glaube, wir würden einfach ganz viel Geld sparen. Wir würden auch Zeit sparen und in Zeiten von Fachkräftemangel. Wenn es darum geht, zu sagen, wir schaffen unsere Aufgaben gar nicht mehr so richtig, da geht es letztendlich auch die Zuverlässigkeit und die Sicherheit des Staates. Oder in unserem Fall der Landesleistung. Es ist eigentlich töricht da nicht zu gucken, was haben wir denn schon und mit wem können wir uns denn zusammentun und sollen wir nicht vielleicht auch eine höhere Vergabemacht bekommen, wenn wir da eben gegen Microsoft zum Beispiel oder mit Microsoft in Verhandlung treten und dann ist das nicht eine Behörde, sondern dann sind das, weiß ich nicht, 50 Behörden aus dem Land. Also da kommen ja ganz andere Marktmächte zustande und wie gesagt, das ist ein ganz großer Ressourcen -Einsparfaktor und ich glaube, zusätzlich habe ich auch noch eben diese Synergien nicht nur wirtschaftlich, sondern dadurch, dass dann auch die Menschen miteinander arbeiten. Die Kolleginnen und Kollegen bekomme ich eben viel schneller auch Informationen und auch für zukünftige Projekte dann die Gelegenheit zu sagen, Mensch, das hat doch super geklappt, als wir, was weiß ich, bei uns eingeführt haben. Ich rufe doch dich nochmal an und frage nochmal nach. Und ja, darum, ich bin davon überzeugt, dass wir das, was wir brauchen, schon haben, dass wir es nur mal erfragen müssen, mal in den Arbeitsbereich reingucken müssen und dann mit den Leuten sprechen und ihnen die Möglichkeit geben, damit sind wir wieder bei den Rahmenbedingungen, das auch zu tun, die zum Beispiel dann nochmal freizustellen, dann gehen wir drei Monate in das Ministerium XY und unterstütz sie dabei. 

Wolfgang Patz

Ja, das fand ich ein schöner Satz, das, was wir brauchen, das haben wir schon. Wir müssen uns halt nur ein bisschen freischaufeln. 

Kerstin Meißler (20:01)

Ja. 

Wolfgang Patz (20:02)

Okay, dann lass uns mal kurz durchatmen. Ich habe jetzt ein kleines Fragespiel wieder mitgebracht. Ich droppe ein Wort und du beantwortest es, im besten Fall mit einem Satz. Ja, versuchst du. Okay, was für ein erstes Wort glaubst du wird jetzt kommen? 

Kerstin Meißler (20:19)

Veränderung. 

Wolfgang Patz (20:20)

Agilität. 

Kerstin Meißler (20:21)

Ja, Agilität ist so ein Containerbegriff. Ach so, ich soll nur einen Satz sagen. Ein Containerbegriff, Punkt.

Wolfgang Patz (20:28)

Kommunikation. 

Kerstin Meißler (20:29)

Die Grundlage von allem. 

Wolfgang Patz (20:32)

Lernbereitschaft.

Kerstin Meißler (20:33)

Ja, braucht es. 

Wolfgang Patz (20:35)

Empowerment. 

Kerstin Meißler (20:36)

Braucht es, besonders von Mitarbeitenden.

Wolfgang Patz (20:39)

ja. Okay. Welche Projekte stehen wir dir als Nächstes so an? Es hört sich ja so an, als wenn du eh schon viel beschäftigt bist, aber was siehst du aus deinem Zauberhut hier? 

Kerstin Meißler (20:47)

Das größte Projekt wird wahrscheinlich sein, das Netzwerk wirklich in das zu bekommen, was es verdient, nämlich dass es die Aufmerksamkeit und den Nutzen bekommt, auch auf, sagen wir mal, höheren Entscheidungsebenen. Das ist im Moment so ein das ist zwar jetzt nicht mein Hauptberuf, aber das ist zumindest so ein Nebenprojekt, was ich als sehr, sehr wichtig empfinde und was eben auch stark auf den Hauptberuf und auch fürs Land wirken kann. 

Wolfgang Patz (21:13)

Ja, also ich fand die Folge bisher mega spannend und ich kann mir gut vorstellen, dass unsere Zuhörer hier schon eine Menge mitgenommen haben. Aber damit wir jetzt, damit wir den auch noch so zum Abschluss, die kleine Kirsche auf die Sahnetorte packen, welche Fähigkeiten sind deiner Meinung nach besonders wichtig Veränderungen umzusetzen so im Alltag? 

Kerstin Meißler (21:33)

Flexibilität, Lernbereitschaft, offen bleiben, sich Perspektivwechsel einnehmen zu können und sich von seinen eigenen Meinungen lösen zu können. Also sich wirklich aus festgefahrenen Mustern zu befreien, was im Übrigen sehr herausfordernd ist. 

Wolfgang Patz (21:55)

Hast du da vielleicht so eine praktische Übung, wenn jetzt jemand, keine Ahnung, jetzt hört der Herbert zu?

Er sitzt da gerade an seinem Computer und denkt sich jetzt, die fordern mich jetzt gerade heraus, ich soll jetzt aktiv mal eine Übung machen. Hast du da was in deinem Werkzeugkoffer? 

Kerstin Meißler (22:10)

Ich mache immer eine ganz kleine Übung schon, das ist so die Arme mal ganz normal zu verschränken, so wie man es so intuitiv macht, und dann jetzt mal anders herum zu verschenken, bewusst dann. Ich kann jetzt die Zuhörer:innen nicht sehen, aber man wurschtelt schon ein bisschen. Wie fühlt sich es an für dich? 

Wolfgang Patz (22:29)

Es fühlt sich anders an. Ja, noch nicht so sicher. Also ich hab meine Arme noch nicht so gut im Griff, aber ich glaube, wenn ich das öfters mache, dann wird's schon. 

Kerstin Meißler (22:37)

Genau. Und so ist es auch mit Veränderungen. Es fühlt sich vielleicht erstmal komisch an. Man muss am Anfang auch ein bisschen mehr überlegen. Das ist jetzt nur wirklich eine kleine Kleinigkeit. Aber dann dranbleiben und es immer wieder versuchen. Da irgendwann stellt sich eben da, das ist ja das Tolle an unserer Hirnplastizität, die gibt's ja auch noch mit 90. Darum mag ich die ganze Gen Y, Gen Z, what ever. Generationen Diskussion überhaupt nicht, denn wir sind alle in der Lage uns zu verändern, egal ob wir ein Baby sind oder in Rente. Darum einfach sich darauf einstellen und mit der Haltung reingehen, dann klappt es auch.

Wolfgang Patz (23:16)

Okay, Kerstin, vielen lieben Dank. Das war ein toller Podcast. Es war kurz und knackig, sehr informativ. Ich habe eine Menge mitgenommen und bevor wir jetzt aber komplett

mit dem Podcast am Ende angelangt sind, hast du auch mal die Möglichkeit, ein paar Sätze zu sagen. Was wäre quasi, wenn du jetzt weißt, jede einzelne Verwaltung, jede einzelne Verwaltungsmitarbeiter auf dieser Welt bekommt jetzt deine Message übersetzt, was würdest du denen sagen? 

Kerstin Meißler (23:40)

Dann würde ich denen sagen, glaubt an euch, helft dabei, die Strukturen zu verändern. Und wenn Führungspersonen zuhören, fragt eure Leute, da ist ganz viel Wissen da, wie ich schon gesagt habe. Und auf politischer Ebene lasst es zu, dass die Leute sich vernetzen und keiner muss Angst vor Transparenz haben.

Wolfgang Patz (24:18.)

Ein herzliches Dankeschön an Kerstin Meisler für ihre tiefgehenden Einblicke in das Veränderungsmanagement bei ITNRW. Heute haben wir nicht nur von den Herausforderungen in der öffentlichen Verwaltung gehört, sondern auch verstanden, wie entscheidend Flexibilität und Netzwerkarbeit für moderne Verwaltungsstrukturen sind. Bleibt dran für weitere spannende Diskussionen, denn Veränderung ist der einzige Weg vorwärts. Ciao!

Porträt von Marius Müller mit dem Titel Auf dem Weg zur smarten Verwaltung KI-Anwendungen und ihren Potenziale

In dieser Folge spricht unser Gast Marius Müller von IT.NRW über den Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) in der öffentlichen Verwaltung. Dabei geht er auf die Text- und Bildgenerierung mit ChatGPT und DALL E ein und erläutert konkrete Anwendungsbeispiele. Wir sprechen auch über mögliche Auswirkungen von KI auf Berufsgruppen und die Herausforderungen bei der Integration von KI in den Arbeitsalltag. 

© FAH

Wolfgang Patz (00:01)

Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge Flurfunk aus Herne, der Verwaltungstalk, deinem Podcast, wenn es um topaktuelle Themen und Learnings aus der Verwaltung geht. Mein Name ist Wolfgang Patz, ich bin Podcast-Coach und Moderator und im Auftrag der Fortbildungsakademie des Ministeriums des Innern NRW spreche ich alle zwei Wochen mittwochs mit spannenden Persönlichkeiten aus Wissenschaft und dem öffentlichen Sektor. In der heutigen Folge haben wir einen besonderen Gast. Marius Müller von IT.NRW den IT-Spezialisten hinter den Kulissen der Landesverwaltung Nordrhein-Westfalen. Gemeinsam mit Marius tauchen wir ein in die faszinierende Welt der künstlichen Intelligenz. Wir erkunden, wie künstliche Intelligenz die öffentliche Verwaltung revolutioniert, von Text- und Bildgenerierung bis hin zu innovativen Anwendungen, die den Verwaltungsalltag erleichtern. Begleitet uns auf dieser spannenden Reise in die Zukunft der Verwaltung die schon heute beginnt.

Wolfgang Patz (00:54)

Hallo und herzlich willkommen zum Flufunk aus Herne, deinem Verwaltungstalk. Heute zu Gast Marius Müller von IT.NRW. Ich habe gehört, man sagt nicht IT, sondern IT. Und damit kann man viele Leute sehr glücklich machen. Marius, klär uns auf.

Marius Müller (01:13)

Ja, du hast das schon genau richtig gemacht. Ich glaube, beides ist so ein bisschen verbreitet in der Landesverwaltung, aber IT.NRW ist richtig. Und wie du sagst, man steigert auf jeden Fall die Achtung bei den Leuten bei IT.NRW, wenn man das dann auch weiß. 

Wolfgang Patz (01:27)

Und wir wollen ja die Achtung bis zum Siedepunkt steigern. Deshalb meine Frage an dich, was ist denn eigentlich oder wer ist denn IT.NRW? 

Marius Müller (01:35)

Ja, IT.NRW steht für Information und Technik Nordrhein-Westfalen. Das ist sowohl das statistische Landesamt als auch der IT-Dienstleister für die Landesverwaltung Nordrhein-Westfalen. Ja, auch darüber hinaus durchaus denkbar, aber das ist der Schwerpunkt.

Wolfgang Patz (01:50)

Und was kann man sich darunter vorstellen? Das heißt, wenn irgendwo ein neuer Computer gekauft werden muss, da geht Marius mal ein bisschen shoppen und kauft neue Hardware ein? Oder was sind so eure Themen, die ihr auf dem Tisch habt? 

Marius Müller (02:01)

Das liegt nicht bei mir. Ich glaube, für die Beschaffung gibt es dann auch noch andere Bereiche. Da macht das dann wahrscheinlich jedes Haus, jedes Ministerium noch mal anders. Aber grundsätzlich, wenn es darum geht, mal eine Software in Betrieb zu nehmen, die Server, die dafür bereitstehen, das Rechenzentrum. Teilweise auch die Entwicklung von Software oder auch die Anpassung von Software. Das alles findet dann bei IT.NRW als IT-Dienstleister statt.

Wolfgang Patz (02:27)

Und dein spezieller Bereich? 

Marius Müller (02:29)

Ja, mein spezieller Bereich ist eigentlich ein Querschnitt von allem, aber ganz klar zum Thema künstliche Intelligenz. Also darum geht's. Und der Bereich ist das KI -Labor, was so ein bisschen Innovation entwickeln soll. Einerseits heißt das also wirklich Softwareentwicklung mit den Möglichkeiten, die uns künstliche Intelligenz da bietet, solche Modelle, die wir da einsetzen. Das andere ist natürlich auch, wie betreibt man dann sowas? Und bevor das alles kommt, die ganz wichtige Frage, was braucht man überhaupt? Also die Beratung, die ist auch eben ganz, ganz wichtig bei dem Thema, weil es halt nicht so eine vorgefertigte Software-Lösung ist, wie man das vielleicht aus anderen Bereichen kennt. 

Wolfgang Patz (03:08)

Okay, bevor wir tiefer ins Thema KI einsteigen, beziehungsweise du tiefer einsteigst und ich einfach nur versuche, schlaue Fragen zu stellen, Promts oder Superpromts?

Marius Müller (03:17)

Dann bin ich auch bei Superpromts. Also lieber umfassend. 

Wolfgang Patz (03:21)

Currywurst oder Pommes? 

Marius Müller (03:23)

Currywurst geht nicht ohne Pommes, also Pommes. 

Wolfgang Patz (03:26)

Textgenerierende KI oder Bildgenerierende KI? 

Marius Müller (03:30)

Klassisch Verwaltung, dann bin ich doch eher beim Textgenerierende KI. 

Wolfgang Patz (03:33)

Also künstliche Intelligenz aka KI aka AI ist ja in aller Munde und um ehrlich zu sein, vor einem Jahr war ich sogar noch so, ich habe gegoogelt, was heißt denn KI und was heißt AI. Also soweit ist es schon gekommen hier in der Marketingfirma, dass man nicht mal mehr wusste, dass es eigentlich nur die englische Übersetzung davon ist von künstlicher Intelligenz oder Artificial Intelligence. Ja, die haben extreme Fortschritte gemacht und irgendwie ist es ja so ein bisschen in dem Alltag hat die KI Einzug erhalten. Ich nutze zum Beispiel ChatGPT als kleine Arbeitserleichterung und ganz, ganz viele Leute nutzen ChatGPT, ChatGPT hier, ChatGPT da, gibt's ja auch ganz andere Tools noch oder um irgendwelche Bilder generieren zu lassen. Und da wird es heute so ein bisschen drum handeln in unserem Podcast, dass wir da einfach auch aufzeigen, wie vielleicht künstliche Intelligenz schon in der Verwaltung genutzt wird und wie man es vielleicht auch nutzen kann. Und deshalb meine erste Frage. In welchen Bereichen des öffentlichen Dienstes kann KI deiner Meinung nach eingesetzt werden? Und gibt es bereits Pilotprojekte wo das Ganze schon so richtig im vollen Dampf erstrahlt?

Marius Müller (04:45)

Ja, das ist genau mein Thema. Ich finde es aber auch nochmal gut, dass du es angesprochen hast. Also wir haben mit ganz vielen Begriffen zu tun. Und das war auch eigentlich immer so unser erstes Thema. Was ist eigentlich KI? Was ist künstliche Intelligenz? Darüber kann man philosophische Abhandlungen schreiben. Das kann man natürlich auch aus der Psychologie angehen. Also wirklich, wie funktioniert eigentlich menschliche Intelligenz? Ich bin von Haus aus, ja, Politikwissenschaftler, Schwerpunkt Statistik. In den Bereich Data Scientist bin ich dann reingegangen, weil ich das sehr, sehr spannend finde, auch die Möglichkeiten, die man damit hat. Und da sprechen wir mittlerweile ganz gerne statt von Statistik, von maschinellem Lernen. Und so spannend das alles gerade ist, da sind wir auch immer noch. Es ist im weitesten Sinne Statistik und ja, maschinelles Lernen. Ich mag es persönlich lieber. Ich benutze natürlich auch KI, denn das ist der Begriff, an den wir alle gut anknüpfen können. Aber maschinelles Lernen verdeutlicht nochmal, also da ist ein Algorithmus, der etwas lernen kann. Da ist keine grundsätzliche Intelligenz vorhanden, die so wie unsere vielleicht funktioniert, die denken und abstrahieren kann. Aber da kommen wir vielleicht später nochmal genauer zu. Nur mit diesem Vorwort, wo kann man das dann am Ende einsetzen? Das haben wir uns auch gefragt, als es vor drei Jahren bei uns losging. Also in 2021 sind wir als sehr, sehr kleines Team zusammengekommen und haben uns recht schnell dieses Ziel gesetz, wir wollen KI -Potenziale für die Landesverwaltung verwirklichen und nutzbar machen, wirklich. Da haben wir uns natürlich gefragt, was ist das Typische, was in der Verwaltung passiert? Was sind die Daten der Verwaltung? Und das ist ganz klar Text. Also wir haben Berichte, die ausgewertet werden müssen. Wir haben Anfragen, die nach Zuständigkeiten sortiert werden müssen. Das heißt also, wer kann das überhaupt weiterbearbeiten? Und das sind, glaube ich, auch so die Bereiche, die bei uns. besonders oft vorkommen. Also wie können wir jetzt zum Beispiel schnell einen riesigen Stapel von Anträgen schon mal so zu sortieren, dass wir wissen, die Person ist dafür zuständig und da kann es dann hoffentlich auch schneller weiterbearbeitet werden. Und wenn man da jetzt ganz konkret schaut, bei IT.NRW haben wir ganz viele Service Tickets. Also da geht es dann darum, welche IT-Dienstleistung ist jetzt gerade gefragt. Und da gibt es mittlerweile über 300 verschiedene Zuständigkeitsgruppen. Das kann man natürlich, wenn man dann in der Hotline sitzt, nicht ohne Weiteres einfach zuordnen. Also einige kennt man sicherlich gut. Andere Bereiche sind dann schon ein bisschen spezieller. Und hier zu sagen, wir haben eine kurze Schilderung von einem Anliegen. Wohin müsste das eigentlich? Basierend auf den Daten, die es aus der Vergangenheit schon gibt. Also wo wurden bestehende Service Tickets schon einsortiert? Das war so eines der ersten Anwendungsfälle, wo wir gesagt haben, ja, also da ist ganz viel Text, der weiterverarbeitet werden muss. Und das ist auch so ein bisschen das Thema Entscheidungsvorbereitung. Also in dem Fall können jetzt Vorschläge liefern. Der Mensch kann immer noch sagen, das ist ein ganz anderer Kontext, aber es wird ihm vielleicht dann bewusst, da gibt es diese Möglichkeit, da gibt es diese Informationen. Ich glaube, das ist was KI oder maschinelles Lernen sehr gut leisten kann für die Landesverwaltung. 

Wolfgang Patz (07:54)

Ich habe eben gerade schon das Wort ChatGPT in den Mund genommen und ich bin mir sicher, dass das den meisten schon mal irgendwie um die Ohren geflogen ist. Aber vielleicht kannst du mal ganz kurz erklären, was denn ChatGPT ist, aber was auch das Bilderpendant DALL-E ist. 

Marius Müller (08:13)

Ja, ist auch total spannend für uns. Ich hatte gerade schon gesagt, wir sind so in 2021 angefangen. Die Grundlagentechnologie hinter ChatGPT, die gab es damals auch schon. Also ChatGPT, wenn man das noch mal auseinandernimmt, dann steckt da GPT drin. Das steht für Generative Pretrained Transformer.

Das sagt jetzt einem wahrscheinlich immer noch nicht ganz so viel. Ein Transformer ist ein neuronales Netz. Da kann man sich jetzt auch wieder ganz viel drunter vorstellen, auch gerade so, wenn man hört, Intelligenz. Ich würde es mal so beschreiben, da werden Signale weitergeleitet und verändert. Wenn man jetzt vielleicht noch aus der Schule irgendwie Matrizenrechnungen oder so was kennt, genau das ist das eigentlich. Es wird eine Information reingegeben und die wird verknüpft, verschaltet auf verschiedenen Ebenen. Das Signal wird weitergegeben oder auch nicht. Also da haben wir diese Analogie zum neuronalen Netz und dann kommt am Ende ein Ergebnis dabei raus und das zu trainieren, das ist so dieser Bereich, in dem wir uns befinden. Bei ChatGPT hat man ganz, ganz viele Daten verwendet, das hört man ja auch immer wieder, das geht bis 2021, keiner weiß genau, wie viele Daten aus dem Internet da verwendet wurden. Das ist da die Trainingsgrundlage gewesen, um zu verstehen, wie Sprache funktioniert und das klingt jetzt wahnsinnig tiefsinnig. Es geht aber eigentlich viel mehr darum, welche Wörter kommen besonders häufig miteinander vor. Das ist die grundsätzliche Aufgabe, mit dem dieses Modell trainiert wurde. Wie geht der Satz weiter, wenn das, das und das fort dasteht? Und wenn jetzt das fortkommt, wie geht der Satz dann weiter? Und das ist ganz erstaunlich, wie dann am Ende da ChatGPT rausgekommen ist. Der große Trick dabei war, dass man das noch mal trainiert hat, seine Textgenerierungsfähigkeit im Sinne bestimmter Aufgaben zu nutzen. Also da sind Menschen dahingegangen und haben gesagt,

Das ist ein guter Text. Das ist ein schlechter Text, basierend auf das, was Sie angefragt haben. Und das hat tatsächlich dann Anfang 2022, glaube ich, ging es los und dann in kürzester Zeit, der GBT zum Beispiel als erfolgreichste Modell hat dann ja eine wahnsinnige Aufmerksamkeit ausgelöst. Viele, viele Nutzer, die das dann plötzlich auch selbst nutzen konnten, diese künstliche Intelligenz für sich. Also das war, glaube ich, schon noch mal ein ganz großer Meilenstein in dem Bereich. Dieser ganze Vorlauf. Warum DALL-E? Das funktioniert ähnlich. Also wir haben am Ende auch ein Modell, was eine Texteingabe bekommt und auch ein Bild generiert. Das heißt, Text wird in Information umgewandelt. Bei ChatGPT wird es dann in einen anderen Text wieder umgewandelt. Und bei Dall-E ist es interessant, es wird in ein Bild umgewandelt. Aber im Hintergrund gibt es sozusagen einmal die abstrakte Information, die wir nicht verstehen können, aber die in diesem Modell, also in dem neuronalen Netz dann abgebildet wird.

Wolfgang Patz (10:54)

Und kannst du mal für ChatGPT hier einen praktischen Anwendungsfall skizzieren, der so in der öffentlichen Verwaltung so vorkommt? 

Marius Müller (11:03)

Ja, auf jeden Fall. Also ich persönlich trenne das gerne in insbesondere zwei Bereiche ein. Das ist einerseits Texte generieren und das andere ist Texte zusammenfassen. Im Kern steckt hinter beiden dieselbe Aufgabe, nämlich Texte umwandeln. Also wenn ich Texte generiere, dann kann ich Informationen reingeben und das wird in einen neuen Text sozusagen umgewandelt. Und wenn ich Texte zusammenfasse, dann habe ich einen großen Text, der in einen kürzeren, prägnanteren Text umgewandelt werden soll. Ja, für beides sehe ich große Nachfragen und großes Interesse. Texte generieren wäre also zum Beispiel Berichte erstellen. Und dabei ist wichtig, wir wollen halt vermeiden, dass, wie man das am Anfang ja auch immer erlebt hat, Chat -GPT -Halluzinationen mit einbaut. Das bedeutet also Informationen, die nicht stimmen, nicht der Wahrheit entsprechen, aber sehr plausibel in diesem Kontext wären. Also zum Beispiel, wenn man jetzt fragt, ChatGPT, erstelle mir eine Biografie, dann wird er vielleicht ein sehr plausibler Studienort genannt, der auch mit der Person zusammenhängen könnte, die, nachdem man gefragt hat. Aber das stimmt vielleicht gar nicht. Und wenn wir das vermeiden wollen, dann ist es sehr sinnvoll, den Kontext von ChatGPT zu begrenzen und zu sagen, ich habe hier einen Text, basieren darauf, gib mir die Informationen aus. Also Thema Wissensmanagement. Das ist, glaube ich, ein ganz großes Thema. Wir haben große Textmengen. Und jetzt müsste man daraus dann eben sich Informationen holen. Das ist Textzusammenfassung oder eben Textgenerierung. Wir können aus bestehenden Daten Informationen so zusammenfassen, wie man das gerne hätte. Was jetzt nicht heißt, dass der Text automatisch dann rausgeschickt wird. Aber es ist schon mal eine enorme Unterstützung, dass man dann einen Text hat, der all diese Themen auch schon mal zusammenfasst und verkürzt. 

Wolfgang Patz (12:48)

Ja, und ein Anwendungsbeispiel für DALL-E?

Marius Müller (12:52)

Das ist glaube ich bedeutend schwieriger, weil Bildgenerierung in der Verwaltung glaube ich nicht ganz so gefragt ist, aber mit Sicherheit haben wir an verschiedenen Stellen bestimmt auch im Bereich Fortbildung. 

Wolfgang Patz (13:05)

Ich könnte mir vorstellen, wenn die Kantine ein neues Bildchen für den neuen Essensplan für nächste Woche rausbringt, dass das bestimmt auch gut helfen könnte. 

Marius Müller (13:13)

Absolut. Also auf so einem kleinen Level ist das glaube ich absolut denkbar. Wir haben ja auch Bedarf nach Visualisierung, Stockfotos und ähnlichem. Auch da ist es denkbar, so was einzusetzen. Was uns natürlich beschäftigt am Ende ist, wie können wir möglichst großflächig, ja ich sag mal, Aufgaben lösen, Herausforderungen lösen, mit denen die Verwaltung konfrontiert ist und damit dann den größtmöglichen Effekt erzielen. Aber ich will nicht ausschließen, dass es auch bei der Bildgenerierung solche Aufgaben gibt. 

Wolfgang Patz (13:41)

Ich habe parallel gerade mal in meine Maschine geschaut und ich habe mal gegoogelt, was dann weißt du jetzt auch, wie die Maschine heißt, was dann DALL-E heißt oder wofür DALL-E steht. Und es spielt auf die Disney -Figur WALL-E an, also der kleine Roboter, und den spanischen Maler Salvador Dali. Ah ja. Cool, oder? Roboter, der malt, ja. 

Marius Müller (14:06)

Erst gibt's das Akronym und dann die Worte, für das es stehen soll. 

Wolfgang Patz (14:11)

Ja, finde ich gut.

Marius Müller (14:13)

Aber es passt ja sehr gut, ja. Okay.

Wolfgang Patz (14:16)

Als ich das erste Mal mit ChatGPT in Berührung gekommen bin, dann habe ich dann so Leuten davon erzählt und da hat mir einer so ein Anwendungsbeispiel gesagt, wie er dann ChatGPT nutzt. Und er meinte, er immer ganz, ganz höflich zu ChatGPT, sagt immer, hallo, lieber Herr ChatGPT oder Frau ChatGPT, was auch immer, könntest du mir bitte, und vielen lieben Dank, und ich würde mich sehr freuen und so weiter. Und ich meinte so, ja, warum machst du denn das? Warum bist du denn da so höflich? Und er ja wenn mal die Maschinen die Oberhand über die Menschheit gewinnen oder erlangen, dann war ich wenigstens höflich zu den Maschinen und die erinnern sich vielleicht daran und behandeln mich dann besser. Glaubst du, dass die Maschinen irgendwann mal die Menschheit auslöschen werden und wir hätten doch mal lieber höflich ChatGPT sein sollen? 

Marius Müller (14:58)

Ja, ich glaube, das ist so eine Charakterfrage, ob man dann noch hätte höflich sein sollen. Aber ja, das ist natürlich eine Frage, die sich schon viele Leute gestellt haben. Was kommt da auf uns zu? Und ich glaube, im letzten Jahr mit diesem rasanten Fortschritt, wie ich ja auch voll in das beschrieben habe, also diese Modelle gab es vorher. Die wurden auch schon eingesetzt, aber die waren noch nicht so bahnbrechend, dass man gesagt hat, wow, das wird jetzt jeder hier nutzen. Und ich glaube, das haben wir jetzt im letzten Jahr erlebt. Das ist eine enorme Veränderung. Ich kann auch gleichzeitig sagen, ich hätte noch mehr Veränderung erwartet im vergangenen Jahr. Also vielleicht kommt das ja noch. Ich habe also gedacht, wow, das wird auf einen Schlag ganz viele Bereiche berühren. Ich glaube es nutzen jetzt schon sehr viele Leute, aber es ist jetzt noch nicht so, dass ich das Gefühl habe, das hat jetzt grundsätzlich verändert, wie wir arbeiten. Trotzdem, ich glaube, da wird es darauf hinauslaufen, dass sich Arbeit sehr grundsätzlich verändert. Ja, so ein Horrorszenario, dass man jetzt sagt, also die Menschheit wird ausgelöscht, die Maschinen begehren auf, das sehe ich zurzeit noch nicht. Also ich sage das mal ganz bewusst, aber das will ich jetzt auch gar nicht so fragend irgendwie in den Raum stellen, sondern ich sage einfach nur das, was ChatGPT und diese Modelle können. Das hat nichts mit allgemeiner künstlicher Intelligenz zu tun. Das ist schon sehr beeindruckend. Und da haben wir jetzt, glaube ich, auch schon Fähigkeiten gesehen, die man so nicht erwartet hätte, mit reinem Text generieren, was das ja am Ende ist. Und das ist beeindruckend. Das ist bahnbrechend. Das wird vieles verändern, aber das wird jetzt nicht dazu führen, dass wir eine allgemeine künstliche Intelligenz haben, wie sie dann in diesen Gedanken spielen, wie man das dann so vielleicht vor Augen hat irgendwann kommen wir, dass da ein großer Plan entsteht, eine größere Intelligenz oder ein Bewusstsein. 

Wolfgang Patz (16:46)

Was glaubst du, welche Berufsgruppen, was ist deine Prognose, welche Berufsgruppen könnten davon betroffen sein und komplett irgendwie ausradiert werden, wenn ich jetzt so an Grafikdesigner denke, zum Beispiel oder gar Texter, Redakteure. Ich hoffe, Podcasts, AI -generierte Stimmen, die werden auch immer besser, sind mega gut schon. Also ich sehe da viele Bereiche kratzen, aber dann kommt dieses gewisse Fingerspitzengefühl, diese gewisse Menschlichkeit, diese Authentizität, Persönlichkeit, die dann ja doch viele lieben. Was ist da deine Prognose? 

Marius Müller (17:25)

Ja, also wir haben es jetzt glaube ich schon im letzten Jahr gesehen, so ganz typisch waren das glaube ich die Drehbuchautoren, die gesagt haben, wir wollen da Zusicherung und wir wollen dann ein klares Statement auch von der Filmindustrie. 

Wolfgang Patz (17:37)

Ja, stimmt, krass. Spuck mir mal ein Oscar reifes Drehbuch aus. 

Marius Müller (17:44)

Ja, ganz so gut sind die manchmal nicht. Aber ich glaube gerade so in diesem Thema Massenerstellung oder wir haben ja eben auch schon über das Thema Stockfotos geredet. Das ist jetzt die Frage. Ja, am Ende ist es wahrscheinlich dann der Stockfotograf. Braucht man den noch, wenn ich auf Knopfdruck das Foto mir generieren lassen kann, was ich vielleicht auch haben möchte mit Beschreibungen und sagen, jetzt melde ich es aber gerne noch mal so und bitte noch mal das ergänzen. Das sind, glaube ich, so Bereiche, wo man sagen kann, da wird sich das sehr grundlegend ändern. In vielen anderen Bereichen haben wir, glaube ich, die Situation, dass sich das Jobprofil sehr stark verändern wird. Also bestimmte Aufgaben werden dadurch stark erleichtert, bis hin zu, dass sie halt nicht mehr anfallen. Und dann haben wir ganz andere Aufgaben, wie du es ja auch schon gesagt hast. Da wird immer noch ein Mensch eine Entscheidung treffen. Da wird immer noch ein Mensch empathisch einem anderen Menschen gegenübersitzen wollen und diese Dinge halt machen. Und das ist, glaube ich, auch eine Chance wenn man da die richtigen Rahmenbedingungen für setzt, dass man zum Beispiel sagt, also ein Mensch, der gerade überlastet ist mit einer Flut von Anträgen und der den Menschen nicht mehr vor sich sieht, der da gerade tatsächlich sitzt, den zu entlasten mit den Aufgaben, die viel Aufwand machen, aber nicht so tiefgreifend sind und gleichzeitig aber die Möglichkeit zu geben, dann auf einen anderen Menschen stärker einzugehen, weil man nicht mehr so unter Druck steht mit diesen Aufgaben. Das wäre, glaube ich, ein Mehrwert, den man erzielen sollte. Wenn man es jetzt so sieht mit Chat GPT, ich habe es jetzt gerade schon so ein bisschen angespielt. Es geht in erster Linie um Bürojobs, also auch da nicht um alles, aber diese Tätigkeiten, Texte zu generieren, Texte zu verarbeiten, was wir auch irgendwie alle tun mit verschiedenen Varianten, E-Mails, Nachrichten oder andere Informationen. Das betrifft, glaube ich, sehr, sehr viele Leute und das wird deren Arbeit auf jeden Fall sehr grundlegend verändern.

Wolfgang Patz (19:33)

Aber es werden ja auch auf der anderen Seite sogar neue Berufe geschaffen. Wenn ich mich erinnere, letztes Jahr war ich auf einer Messe und da wurde dann so gewitzelt. Wir haben letztes Mal eine Stellenausschreibung gesehen, 300.000 Euro brutto im Jahr verdienst für einen Promter. Also der quasi die Prompts schreibt dann in ChatGPT oder so. Also gibt es ja auch mittlerweile echt neue Berufe, die dadurch geschaffen werden.

Marius Müller (19:59)

Absolut. Ja, also ich glaube, das gehört damit dazu. Berufsprofile werden sich verändern und es werden neue Aufgaben entstehen. Das gab es auch schon in der Vergangenheit, ganz klar. Man sieht es ja auch teilweise gar nicht mehr so stark. Also ich glaube, das Internet ist auch so ein Faktor. Da haben sich viele Berufe verändert natürlich durch, aber auch vielleicht stärker zusammengelegt. Also man ist mal an den Einzelhandel denkt und Online-Versandhäuser jeder Art. Das wäre so ein ganz plastisches Beispiel, aber auch ganz andere Sachen. Also

eine Veränderung ist bereits im Gange im Sinne der Digitalisierung. Und das ist jetzt vielleicht noch mal ein zusätzlicher Faktor. Also wenn ich auf die Landesverwaltung schaue, dann sehe ich ganz klar, das ist auch so unser Thema Nummer eins. Das ist der demografische Wandel. Viele Bereiche, die sich dann an uns wenden und sagen, wir haben hier sehr hohe Arbeitsbelastung, aber wir können niemanden mehr dafür einstellen. Wir finden niemanden dafür oder wir sehen absehbar, werden wir Personalmangel haben. Und dann ist immer die Frage, wie kann man da zum Beispiel auch unterstützen? mit künstlicher Intelligenz und Arbeit erleichtern an einigen Stellen. Da läuft jetzt schon ein Wandel mit der Digitalisierung und gleichzeitig wandelt sich jetzt auch unsere Gesellschaft und vielleicht auch grundsätzlich Arbeit, weil wir einfach demnächst eine andere Gesellschaft sind durch den demografischen Wandel.

Wolfgang Patz (21:14)

Ich mag ja immer solche Reportagen, wo dann gezeigt wird, wie sieht die Welt aus, wenn übermorgen die Sonne erlischt oder wenn die Natur wieder die Macht über die Welt erlangt, ja, wie dann quasi, wenn der Mensch nicht mehr da ist. Und wenn du jetzt dieses Bild mal zeichnen würdest in Verbindung mit KI so, KI in zwei Jahren im öffentlichen Sektor oder KI in zehn Jahren, wie hat sich der öffentliche Sektor verändert? 

Marius Müller (21:40)

Ja, das ist eine gute Frage. Das wüsste ich selbst gerne. Da kommen ganz viele Dinge auf uns zu. Also ich denke da an natürlich technische Neuerungen, also was kommt jetzt noch alles? Wir hatten das einmal schon so im KI -Bereich. Vor mittlerweile sechs Jahren gab es die Transformers, also auch da die Grundlagentechnologie für jetzt ChatGPT und das hat nicht ganz hohe Wellen geschlagen außerhalb der KI -Forschung. Aber in dem Bereich war das wirklich bahnbrechend und hat einen ähnlichen Effekt gehabt. Heute ist es, glaube ich, sehr verbreitet. Also es gab einen riesigen Sprung. Alles hat sich dadurch nicht gewandelt. Das andere, was ich sehe, ist natürlich, wie geht die Gesellschaft damit um? Also finden wir Umgangsregeln und wie sehen vielleicht auch Gesetze aus, die jetzt von der EU verabschiedet werden? Wie wird das demnächst dann aussehen? Ich glaube auf jeden Fall, das haben wir jetzt auch schon in den vorigen Punkten so ein bisschen besprochen, es gibt einen großen Bedarf, Arbeit zu erleichtern und Dinge insbesondere im Bereich der Informationsverarbeitung zu automatisieren oder zu vereinfachen. Und das sehe ich und das hoffe ich auch, dass einfach da ja künstliche Intelligenz ein wichtiger Faktor sein kann, um halt die Handlungsfähigkeit beizubehalten. Also insbesondere dann in der Landesverwaltung und vor dem Hintergrund des demografischen Wandels. Also da haben wir so einen Horizont von zehn Jahren. Das ist so, was wir sehen. Und ich glaube, in der Zeit müssen sich einige Weichen gestellt haben, damit wir halt Arbeit mithilfe von künstlicher Intelligenz einfach ja leichter machen können und anders angehen können. Also die wirklich großen Informationsverarbeitungen, die vielleicht dann auch mit den ganzen Daten, die wir mittlerweile generieren, auf uns zukommen. 

Wolfgang Patz (23:29)

Wenn du jetzt in deinen Alltag blickst und überlegst, was sind so die größten Herausforderungen für dich jetzt, wenn du an die Einführung von KI oder die Integrierung dieser Technologie in den Alltag denkst, was sind also die größten Herausforderungen? 

Marius (23:38)

Ich glaube das ist jetzt mittlerweile zwei Jahre her. Da hatten wir mal so eine erste Runde mit ganz verschiedenen Leuten aus der Landesverwaltung, wo wir mal so das KI-Labor zum damaligen Zeitpunkt und unsere Ideen vorgestellt haben. Und dann auf die Frage, was die Person da vom Einsatz am meisten abhält, da war dann die Antwort Wissen tatsächlich. Also das beschäftigt uns auch immer noch. Und das ist auch einer der Gründe, warum wir sehr stark auf Beratung gesetzt haben. Also erst mal wirklich viele falsche Erwartungen einfach einzufangen, weil das natürlich auch ein Hype-Thema ist. Das kann man, glaube ich, nicht. Das ist einfach so. Gleichzeitig geht es aber auch darum, wir wollen ja nicht nur tolle Leuchtturmprojekte machen, die für sich stehen, aber nicht so wirklich nützlich sind, sondern wie integriert man das in bestehende Prozesse? Weil künstliche Intelligenz alleine, es kann eine Aufgabe lösen, aber das ist keine Lösung für einen kompletten Arbeitsprozess oder ein bestimmtes Thema, sondern so in der Softwareentwicklung. Wir brauchen Schnittstellen, wir brauchen Integration in bestehende Verfahren damit es auch wirklich nützlich ist für Leute, damit wir halt nicht nur ChatGPT haben, also ein Chat-Fenster, wo man Informationen eingeben kann und dann wieder rauskopiert, sondern im besten Fall will man natürlich auch im Arbeitsprozess schon das mit drin haben, dass man sagen kann, also auch bei 10.000 Verarbeitungen, bei 20.000 Verarbeitungen, das ist mit dem System verbunden und nicht mehr ein Fremdkörper der zusätzlichen Arbeit schafft. Also ich glaube, da liegt die große Herausforderung. Also wie kann man beraten? Wissen vermitteln und gleichzeitig, das ist dann wieder mehr auf der Prozess - und Softwareentwicklungsebene, wie schafft man eine gute Integration, damit die Stärken von so einer künstlichen Intelligenz wirklich nutzbar und auch skalierbar werden und nicht als Fremdkörper wahrgenommen werden. 

Wolfgang Patz (25:25)

Wenn du jetzt für den Rest deines Lebens von heute an, also du weißt nicht mehr, was morgen kommt, sondern dich heute entscheiden müsstest, welches Tool das sein würde, welches du bloß noch nutzen dürftest, welches wäre das? 

Marius Müller (25:36)

Ja, das ist eine gute Frage. Da bin ich, glaube ich, nicht so wirklich festgelegt und dann würde ich wahrscheinlich auf einen „Schweizer Taschenmesser“ zumindest nach heutigen Standard setzen. Also so ein Large-Language- Model, wie es halt ChatGPT ist. Ich glaube aber, ich würde nicht auf ChatGPT setzen, sondern lieber würde ich auf ein Open-Source-Modell setzen. Und ja, wir sind gerade auch dabei, das zu ermöglichen, dass innerhalb der Landesverwaltung solche Modelle wie ChatGPT, aber eben andere, die es auch gibt, betrieben werden können damit man damit ja auch dienstinterne Daten verarbeiten kann ja und ja ich persönlich denke mir gerade im Bereich der Text Zusammenfassung das wäre für mich die größte Hilfe ist das halt gerade sehr, sehr nützlich dass man mal schnell Informationen erfassen kann die für einen wichtig sind also ich glaube damit könnte ich gut leben wie lange auch immer.

Wolfgang Patz (26:30)

Wie lange auch immer. Wie lange wir auch immer das passt eigentlich ganz gut denn wir sind eigentlich so ziemlich am Ende des Podcasts angelangt. Wir haben jetzt eine knappe halbe Stunde miteinander gesprochen und sind einmal querbeet durch die künstliche Intelligenz gerast, haben viel aufgegriffen und vor allem ich habe auch noch mal eine Menge mitgenommen, weil ich bin ja auch noch eigentlich Neuling im Vergleich zu dir, weil du hast ja von vor drei Jahren gesprochen, wo ihr euch dem Thema angenommen habt. Du hast aber auch von vor sechs Jahren gesprochen, also hast diese ganze Entwicklung ja mitgemacht. Und ich bin auf jeden Fall mega gespannt, wo die Reise hingeht, wie sich mein Job vielleicht auch noch verändern wird. Aber vielleicht wird sich deiner ja auch noch verändern in der IT NRW. 

Marius Müller (27:09)

Ja, absolut. Ich glaube tatsächlich, der Job wird sich verändern für viele Leute und es gilt auch so ein bisschen, das mitzugestalten und nicht nur auf sich zukommen zu lassen. Ja, von daher finde ich das sehr gut, dass wir mal so einen ganz schnellen Ritt durch verschiedene Themen gemacht haben. Vielen Dank Wolfgang.

Wolfgang Patz (27:25)

Ja, gerne. 

Marius Müller (27:26)

Ich glaube, das Thema wird uns noch weiter beschäftigen. 

Wolfgang Patz (27:28)

Vielleicht für alle Interessierten da, hast du noch eine kleine Lektüre an der Hand, wenn dich Leute zu dem Thema so ein bisschen informieren wollen, außer die das jetzt nachher natürlich hören werden, wo sie sich in dem Thema ein bisschen einlesen können?

Marius Müller (27:41)

Ganz allgemein wüsste ich gerade nichts. Ich kann aber auch empfehlen, also wenn Fragen bestehen, hat das KI-Labor auch die Möglichkeit durch eine KI-Sprechstunde, die es gibt, dass man halt mal wirklich offen schaut. Natürlich immer mit der Frage, wo setzt man das ein, aber dass man mal offen auch beraten kann und einfach mal solche Fragen vielleicht auch beantworten kann. 

Wolfgang (28:01)

Ja, das ist gut. Kontakt@KI-Labor. Die Kontaktdaten werde ich dann in die Show-Notes packen. Und jetzt hast du noch abschließend, nachdem ich mich jetzt hier verabschiedet habe, noch mal so ein, zwei, drei, fünf Sätze Raum, noch mal deine Message in die Unweiten der KI zu streuen. 

Marius Müller (28:019)

Kurz und prägnant, das kann ich immer gut. Also ja, wenn Interesse besteht, würde ich sagen, ganz klar, das ist unser großes Anliegen, zu informieren und auch gemeinsam in der Landesverwaltung den Einsatz von künstlicher Intelligenz zu gestalten. Und ich glaube, wir haben deutlich gemacht, da kommt einiges an Veränderungen auf uns zu. Aber das ist halt nichts, was uns einfach nur von außen überkommen muss, sondern das können wir aktiv mitgestalten. Und ja, da würde ich mich freuen, wenn wir im Gespräch bleiben.

Wolfgang Patz

Und so schließen wir das Kapitel der 9. Episode unseres Flurfunk aus Herne. Ein herzliches Dankeschön an Marius Müller von IT.NRW für die Einblicke in die transformative Kraft der künstlichen Intelligenz in der öffentlichen Verwaltung. Heute haben wir nicht nur die vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten von KI entdeckt, sondern auch über die Herausforderungen und Chancen für die Arbeitswelt von morgen gesprochen. Die Reise der KI ist weit von ihrem Ende entfernt, und wir stehen erst am Anfang einer spannenden Entwicklung. Bleibt neugierig und offen für die Veränderungen, die uns erwarten.

 

Porträt von Dr. Julia Bönte mit der Überschrift New Work - Was geht schon in der Verwaltung?

In dieser Podcast-Folge ist Dr. Julia Bönte zu Gast, Fachbereichsleiterin an der Fortbildungsakademie Herne für das Thema Digitalisierung. Wir tauchen ein in das Thema New Work und entdecken, welche Ansätze bereits in der Landesverwaltung existieren, aber auch, wo die Herausforderungen bei der Umsetzung liegen.

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Wolfgang Patz (00:00:01)

Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge Flurfunk aus Herne, der Verwaltungstalk, deinem Podcast, wenn es um topaktuelle Themen und Learnings aus der Verwaltung geht. Mein Name ist Wolfgang Patz, ich bin Podcastcoach und Moderator und im Auftrag der Fortbildungsakademie des Ministeriums des Innern NRW spreche ich alle zwei Wochen mittwochs mit spannenden Persönlichkeiten aus Wissenschaft und dem öffentlichen Sektor. In dieser Podcastfolge ist Dr. Julia Bönte zu Gast, Fachbereichsleiterin an der Fortbildungsakademie des Ministeriums des Innern für das Thema Digitalisierung. Wir tauchen ein in das Thema New Work und entdecken, welche Ansätze bereits in der Landesverwaltung existieren. Und die Julia sagt mir jetzt genau aus welchem Bereich du denn die Fachbereichsleiterin bist. 

Julia Bönte (00:00:47)

Ja, hallo. Schön, dass das heute geklappt hat. Ich bin Fachbereichsleiterin im Fachbereich 5 an der Fortbildungsakademie. Ich bin Julia Bönte aus Essen und eigentlich komme ich mal aus der Erziehungswissenschaft und aus der Erwachsenenbildung und bin mittlerweile eben für den Fachbereich 5 zuständig, der sich mit Themen wie Digitalisierung befasst, aber auch New Work, Agile Methoden. 

Wolfgang Patz (00:01:07)

Du hast du ja quasi meine Frage schon beantwortet, die ich ja eigentlich stellen wollte, dass du mal was über dich erzählen sollst. Aber eine Frage, was sind deine Lieblingszahl oder deine Glückszahl? Gibt es so was?

Julia Bönte (00:01:18)

Drei. 

Wolfgang Patz (00:01:19)

Drei, okay. Also Fachbereichsleiterin des Fachbereichs 3 ist irgendwann nochmal an der Tagesordnung oder bleibt es bei 5? 

Julia Bönte (00:01:27)

Ich fürchte, es bleibt inhaltlich bei 5. Eindeutig. Da fühle ich mich ganz wohl. 

Wolfgang Patz (00:01:33)

Na dann lass uns mal direkt in die Warm -Up -Frage -Runde steigen. Und zwar kannst du das ganz einfach mit entweder oder beantworten. Büro oder Homeoffice? 

Julia Bönte (00:01:42)

Beides. 

Wolfgang Patz (00:01:45)

Pizza oder Pasta? Beides.

Julia Bönte (00:01:47)

Pasta.

Wolfgang Patz (00:01:50)

Film oder Serie? 

Julia Bönte (00:01:52) 

Serie.

Wolfgang Patz (00:01:53)

New York oder New Work? 

Julia Bönte (00:01:55)

New Work. 

Wolfgang Patz (00:01:56)

Warst du schon mal in New York? 

Julia Bönte (00:01:58) 

Ja, ganz kurz, aber nur so ein paar Tage. 

Wolfgang Patz (00:02:01)

Wie hat es dir gefallen? 

Julia Bönte (00:02:02) 

Ja, ganz gut, aber ich war mal zuletzt auf einer Konferenz in Toronto, das ist schon einige Jahre her, hat mir besser gefallen als New York. New York ist ein bisschen hektisch. 

Wolfgang Patz (00:02:12)

Okay, aber im Vergleich zu Essen quasi ähnlich, oder?

Julia Bönte (00:02:15) 

Genau, eigentlich ziemlich ähnlich

Wolfgang Patz (00:01:20)

Okay. Was begeistert dich im Leben? 

Julia Bönte (00:02:23) 

Tja, was begeistert mich im Leben? Ich glaube, mich begeistert vor allen Dingen, irgendwie was mit Menschen zusammen zu machen und kreativ zu sein im weitesten. Das begegnet mir jetzt zum Glück im Arbeitskontext auch immer mal wieder. Wenn auch noch nicht an jeder Stelle, aber grundsätzlich bin ich ja sehr dafür zu begeistern, mich mit Menschen auszutauschen, mit Menschen zusammenzuarbeiten, Ideen voranzubringen, mich irgendwo immer ein Stück weiterzuentwickeln und mich mit Themen irgendwie weiter auseinanderzusetzen. Und ich bin, glaube ich, relativ neugierig und muss dann immer noch mal weiter. 

Wolfgang Patz (00:03:00)

Und das war jetzt bezogen auf deine Arbeit oder auch irgendwie privat? 

Julia Bönte (00:03:03) 

Sowohl als auch. 

Wolfgang Patz (00:03:05)

Ja. Was genau machst du denn als Fachbereichsleiterin? Was kann ich mir da runter vorstellen? Wie sieht so ein typischer Arbeitstag bei dir aus? 

Julia Bönte (00:03:13) 

Ja, also ich bin ja jetzt erst seit letztem Jahr Fachbereichsleiterin, Anfang letzten Jahres, ganz neu noch an der Fortbildungsakademie oder relativ neu und wir konzipieren und realisieren Veranstaltungen für die Landesverwaltung. Also wir machen Fortbildungsveranstaltungen unterschiedlicher Art: zum einen machen wir immer ein Jahresprogramm für die Landesverwaltung, das planen wir jetzt tatsächlich schon für 2025 also relativ weit im Voraus, zu ganz vielen verschiedenen Themen. Also das findet man bei uns dann auch als Übersicht. Wir haben fünf verschiedene Fachbereiche mit fünf verschiedenen inhaltlichen Schwerpunkten, unter anderem Führung, Gesundheit, rechtliche Themen, aber auch Kommunikation und Team. Und bei mir eben im Fachbereich sind dann noch ganz viele unterschiedliche andere Themen, die ich teilweise vorhin schon genannt habe. Und zu diesen Schwerpunkten konzipieren wir Veranstaltungen. Wir wählen Dozierende aus. Wir sind dafür zuständig, die Qualität zu sichern der Veranstaltungen. Wir versuchen, ja, Bedarfe aufzugreifen von der Landesverwaltung, was die Behörden eben vielleicht brauchen könnten oder uns auch zurückmelden, welche Themen gerade aktuell sind. Und wir greifen natürlich auch gesellschaftliche, relevante Themen auf. Wenn es gerade Entwicklungen gibt, gerade zum Beispiel Thema KI, dann versuchen wir das auch mit aufzunehmen in die Veranstaltungen und darüber hinaus machen wir eben auch behördenspezifische Veranstaltungen, wenn gewünscht, dass wir also bestimmte Themen nochmal adaptieren für bestimmte Behörden, für bestimmte Zielgruppen, manchmal eben das Format anpassen und manchmal eben dann auch in den Behörden Veranstaltungen anbieten. 

Wolfgang Patz (00:04:50)

Also jetzt zum Beispiel zum Thema KI, als der Chat-GPT-Hype aufkam, da habt ihr eine kleine Veranstaltung gemacht für alle Interessierten, erstmal so ein Grundwissen vermittelt, was es ist und wie man es nutzen kann in seinem täglichen Workflow vielleicht? 

Julia Bönte (00:05:06) 

Genau auch. Also das machen wir aktuell auch bzw. das gibt es bei uns jetzt auch tatsächlich schon seit ein paar Jahren im Bereich, wobei das Thema jetzt ja gerade irgendwo nochmal deutlich mehr Fahrt aufgenommen hat. Und dann machen wir mal kurze Veranstaltungen, kleine Formate, um so einen kurzen Input zu geben und nehmen das aber auch langfristig dann bei uns im Jahresprogramm auf, dass man da auch regelmäßig dran teilnehmen kann, zum Beispiel, um mal ChatGPT auszuprobieren, aber auch dann so eine Diskussion zu ermöglichen. Wo kann ich das überhaupt schon einsetzen oder kann ich das im Moment überhaupt schon gerade im Kontext Verwaltung? Und aber auch zu überlegen, was könnte es dann vielleicht für Erleichterungen dadurch geben, aber auch über Bedenken zu sprechen: Wie werde ich dann unabdingbar, werde ich dann überflüssig oder werde ich vielleicht meinen - wird sich mein Job sehr verändern. Und solche Diskussionen können dann eben auch in solchen Formaten aufgegriffen werden. 

Wolfgang Patz (00:05:57)

Ja, okay. Du meintest ja, du bist seit einem Jahr dort an der Akademie oder bist du seit einem Jahr die Leiterin, die Fachbereichsleiterin?

 Julia Bönte (00:06:07) 

Ich bin tatsächlich auch erst seit einem Jahr an der Akademie und auch seit einem Jahr die Fachbereichsleiterin im Fachbereich 5. 

Wolfgang Patz (00:06:13)

Und was hast du vorher gemacht? Wo kamst du her? 

Julia Bönte (00:06:17) 

Ich komme tatsächlich nicht aus der Verwaltung. Ich bin so eine klassische Quereinsteigerin im weitesten Sinne. Ich war zumindest vorher in der Landesverwaltung tätig, aber ich komme eigentlich jetzt zuletzt aus dem Uni-Kontext. Ich war in der Kunst- und Musikhochschule tätig, zuerst im E -Learning und habe auch lange im Bereich Studien vorbereitende Angebote gearbeitet, ganz viel mit Studierenden zusammen. Danach bin ich jetzt in der Lehr-Lern-Psychologie unterwegs gewesen, auch an der Uni und habe da unterschiedliche Videoformate entwickelt, um Lehrkräfte auf die Unterrichtspraxis vorzubereiten. Also da ging es um videobasierte Trainings im Kontext Lehrkräfteausbildung, Lehrkräftefortbildung im weitesten. Und da war ich jetzt zuletzt bis Ende 2023 auch für sieben Jahre, also auch eine ganze, ganze lange Zeit. Und dann war irgendwann es an der Zeit, doch nochmal zu wechseln. Genau. Und bin jetzt in dem Kontext, den ich eigentlich mal studiert habe. Also ich habe eigentlich mal Erwachsenenbildung tatsächlich studiert, mit Schwerpunkt auch berufliche Weiterbildung und auch Schwerpunkt Digitalisierung. Und das trifft sich jetzt in dem Fachbereich, an verschiedenen Stellen eben findet sich das wieder.

Wolfgang Patz (00:07:25)

Fiel dir das zu Beginn schwer, dich aus dem Uni-Kontext wieder in anderen Bereichen wie so einen Fisch zu bewegen? 

Julia Bönte (00:07:33) 

Auf jeden Fall. Das war erstmal eine ganz schöne Umstellung, wobei es einem durchaus auch sehr leicht gemacht wird und man ganz viel Unterstützung auch bekommt. Aber das ist wirklich eine andere Welt. Also Forschung eben im Schwerpunkt und Lehre und universitärer Kontext, dann auch noch im Projekt. Da hat man eben so alle Hüte auf und macht auch irgendwo alles parallel und gleichzeitig und ist auch für alles zuständig, während man gerade im Verwaltungskontext eben ja ziemlich genaue Zuständigkeiten hat. Und das ist erstmal ein Lernprozess, der auch noch nicht abgeschlossen ist, glaube ich. Da muss man erstmal reinfinden. Es gibt viele Prozesse, viele Vorgaben, viele Dinge, die es zu beachten gilt. Ich glaube, das ist wahrscheinlich auch in jedem neuen Job ein Stück weit so. Aber ja, es ist tatsächlich eine ganz andere Welt und eine andere Denkweise, die ich so noch nicht in der Form kannte. 

Wolfgang Patz (00:08:30)

Aber für mich hört sich jetzt Schule und Uni und Verwaltung beides jetzt nicht wie super die Sprinter an. Wenn man das mal so charmant ausdrücken darf.

Julia Bönte (00:08:43) 

Also ja, es dauert mit Sicherheit an verschiedenen Stellen teilweise länger, in der Forschung vielleicht auch, weil bestimmte Datenerhebungen Zeit brauchen, weil Auswertungsprozesse Zeit brauchen und auch da natürlich Verwaltungsprozesse im Hintergrund ablaufen. Im Verwaltungskontext ist man eben auch nochmal an verschiedene Hierarchieebenen gebunden. Man muss bestimmte Steps natürlich einhalten, was auch ganz oft seinen Sinn hat, aber dadurch dauern natürlich manche Prozesse auch und ja, das stimmt, das gibt es auch in beiden Bereichen, aber ich würde sagen anders.

Wolfgang Patz (00:09:12)

Ja, okay. Wir belassen das mal dabei, ja? So, ich habe jetzt mal eine Frage. Und zwar habe ich das Gefühl, du hast ja vorhin auch schon gesagt, New Work und agiles Arbeiten und so weiter, dass das irgendwie diese Buzzwords sind, die da so durchs Universum schweben, aber viele vielleicht noch gar nicht so richtig damit was anfangen können. Könntest du vielleicht so den einen oder anderen Begriff mal mit einer kleinen Definition oder einer kleinen Bedeutung ausschmücken?

Julia Bönte (00:09:40) 

Ja, das versuche ich gerne. Das ist natürlich auch immer eine Frage, die auch in der Verwaltung immer wieder aufkommt, weil das sind natürlich Themen, die jetzt noch nicht so typisch Verwaltung sind, wobei es schon da mehr gibt, glaube ich, als man denkt. Ursprünglich war mal die Idee im New Work-Kontext von Bergmann mal begründete oder geborene Idee, zu überlegen, was ein Individuum wirklich, wirklich will. Das hat man vielleicht schon mal gehört im New Work-Kontext also zu überlegen, was ich als Individuum tatsächlich möchte und das auch einbringen zu können im Arbeitskontext. Und ausschlaggebend war, dass eben sehr, sehr vieles in den 70er Jahren im Kontext der Automobilherstellung plötzlich mit Computern erledigt werden konnte und viele Personen eben Sorge hatten und auch berechtigt Angst hatten, dass Berufe überflüssig werden, dass ihre Jobs eben ersetzbar werden und, dass vieles eben digitalisiert werden kann. Und die Idee damals war eben nicht alle Personen zu entlassen, sondern zu überlegen, was möchten die Personen denn vielleicht stattdessen oder was können sie auch stattdessen, also was bringen sie tatsächlich mit? Und ja, das finde ich jetzt rückblickend ganz schön innovativen Gedanken, zu überlegen, sowohl den Personen Zeit zu geben für ihre klassischen Tätigkeiten, aber auch eben große Zeitfenster einzuräumen, zu überlegen, was will ich denn tatsächlich im Job und auch im Leben und was kann ich vielleicht alternativ auch tun? Das war eigentlich so die Ursprungsidee, die manchmal dann im Übertragungskontext hintenüberfällt, glaube ich. Bergmann sprach dann auch davon, dass abtrainiert wurde, dass man dafür überhaupt keine Zeit mehr hat und keine Kapazitäten darüber nachzudenken, was man eigentlich wirklich, wirklich will oder was man auch tatsächlich, wofür man sich begeistert und welchen Sinn man auch stiften möchte. Ja, und das war eigentlich so die Idee des neuen Arbeitens. Und heute verbindet man, denke ich, häufig das Thema neue Arbeitsräume auch damit oder auch neue Arbeitsformen, sowas wie flexibles Arbeiten, Stichwort Workation oder auch Homeoffice, überhaupt grundsätzlich eben aus der Distanz zu arbeiten. Aber das ist eben nicht alles, sondern auch eben die Überlegung, kann ich eine sinnstiftende Arbeit erledigen, möchte ich das auch und das ist, denke ich, heute auch wieder sehr aktuell mit Blick auf die aktuellen Generationen und kann ich in der Arbeit mich auch verwirklichen und das, was ich kann und möchte, einbringen. 

Wolfgang Patz (00:12:12)

Wie sieht so ein Prozess zum Beispiel Workation beantragen bei euch aus? Wenn wir jetzt mal die wichtigen Fragen im Leben beantworten. 

Julia Bönte (00:12:23) 

Also Workation, das ist eine gute Frage. Also grundsätzlich hat man in der Landesverwaltung da, glaube ich, sogar mehr Möglichkeiten, als man denkt. Jetzt nicht bezüglich Workation, ich glaube da haben wir dann wieder rechtlich echt Probleme. Aber es gibt ja sowas wie zum Beispiel die Möglichkeit für ein Sabbatjahr, das kennt man sicherlich, da ist die Landesverwaltung ja schon relativ weit. Und wir haben auch so Möglichkeiten, Überstunden aufbauen und die dann auch hinterher wieder abbauen, je nachdem in welchem Umfang und natürlich auch in Absprache. Aber sowas geht grundsätzlich und wir haben eben auch Homeoffice-Möglichkeiten mittlerweile. Und auch da denke ich, ist die Landesverwaltung auch gerade dabei, zu schauen, was geht, um eben auch Personen für die Landesverwaltung zu begeistern und auch zukünftige Personen zu gewinnen und die auch zu halten. Und ich glaube, da tut sich gerade ganz viel. 

Wolfgang Patz (00:13:10)

Ich habe da noch ein, zwei Begriffe und zwar ist es einmal das Thema Agilität, hört sich immer so ganz schön an, finde ich. Und so agile Methoden, was versteht man denn darunter? 

Julia Bönte (00:13:22) 

Ja, wird eben auch gerne so als Buzzword im Kontext New Work mal wieder genannt und ist, glaube ich, an einigen Stellen auch mittlerweile gar nicht so positiv besetzt. Also, weil das Gefühl ist, wir müssen jetzt plötzlich, vielleicht ist das Gefühl, wir müssen jetzt plötzlich alles anders machen oder wir sollen jetzt plötzlich alles irgendwie umstrukturieren und müssen alles verändern. Erstmal ist Agilität eigentlich nur die Idee, dass man beweglich bleibt oder auch wendig bleibt als Organisation oder als Person oder auch am besten sogar beides. Und relativ flexibel reagieren zu können auf unvorhergesehene Ereignisse oder auf Anforderungen. Also, dass man grundsätzlich veränderungsbereit ist oder dazu in der Lage ist auch auf Veränderungen zu reagieren und auch selbst sich ein Stück weit zu verändern. Das geht in der Landesverwaltung eben teilweise, teilweise auch nicht oder es ist manchmal auch nicht sinnvoll. Also ich denke, da muss man immer überlegen, an welcher Stelle macht das überhaupt Sinn und an welcher Stelle sollte man das überhaupt so tun. Ja, und wir haben eben unter anderem im Fachbereich auch Veranstaltungen zum Thema Agile Methoden, also sogenannte Agile Methoden, um so was wie Beweglichkeit zu unterstützen oder auch Veränderungen zu unterstützen. Das können dann Tools sein, um ein Meeting mal anders zu gestalten, um anders zusammen zu arbeiten, um auf Arbeit rückblickend draufzuschauen oder um in sogenannten iterativen Prozessen, also in, ja Prozessen, dass man Dinge ausprobiert und Fehler machen darf und etwas nochmal neu bearbeiten kann und neu überdenken kann, gemeinsam zum Beispiel mal anders an Aufgaben ranzugehen. Genau, das sind dann so Beispiele aus dem Arbeitsalltag. 

Wolfgang Patz (00:15:00)

Kann man das pauschal sagen, hey, alle irgendwie mit 25 Jahren so, die gehen damit spielendleicht um und für die ist das ganz easy und für alle Alteingesessenen, da muss ein bisschen mehr Überzeugungskraft her?

Julia Bönte (00:15:14) 

Kann man glaube ich überhaupt gar nicht pauschal sagen. Also man sagt zwar den Generationen nach und es gibt auch Studien zu den Generationen, dass bestimmte Generationen da bestimmte Vorlieben haben oder auch andere Sichtweisen. Aber ich glaube da gibt es total individuelle Unterschiede. Auch da gibt es ja Ansätze zu im Sinne von bin ich eher der Typ Sicherheitsliebend, bin ich eher der Typ Veränderungsliebend und so weiter. Und ja ich glaube das ist dann einfach sehr sehr individuell unterschiedlich. Und da erlebe ich sowohl Menschen, die trotz fortgeschrittenem Alter oder auch langer Berufslaufbahn noch Lust haben, irgendwie Neues oder gerade Lust haben, Neues zu erleben oder was zu verändern. Und andere sind eben eher da beständiger und wollen vielleicht eher an dem festhalten, was es schon gibt. Beides hat bestimmt auch seine Berechtigung. Aber für mich jetzt auch gerade im Kontext meines Fachbereichs ist natürlich Innovation und auch Neues denken und auch für mich persönlich immer ganz zentral. 

Wolfgang Patz (00:16:12)

Dann lass uns da mal ganz kurz durchatmen und ich werde dir jetzt mal ein Wort sagen und du darfst da eine Begründung oder einen Gedanken dazu äußern. Ich läute jetzt mal die Glocke, Ding Dong. Digitalisierung. 

Julia Bönte (00:16:28) 

Zu langsam und dauert noch. 

Wolfgang Patz (00:16:30)

Selbstbestimmung. 

Julia Bönte (00:16:31) 

Gerne mehr davon. 

Wolfgang Patz (00:16:33)

Kollaboration. 

Julia Bönte (00:16:34) 

Am liebsten behördenübergreifend. 

Wolfgang Patz (00:16:36)

Work-Life-Balance. 

Julia Bönte (00:16:37) 

Wird überschätzt.

Wolfgang Patz (00:16:38)

Ohje, gut, wird überschätzt. Liegt es daran, dass du die Fachbereichsleiterin bist? 

Julia Bönte (00:16:47) 

Du meinst, dass ich kein Life mehr habe? 

Wolfgang Patz (00:16:50)

Ja, oder dass man eigentlich, weiß ich nicht, irgendwann kommt, glaube ich, so der Punkt, wie ich meiner Selbstständigkeit für mich, also ich arbeite gerne an Feiertagen und nach dem Feierabend eigentlich als mein Hobby, quasi hat es bei dir auch schon Einzug gehalten.

Julia Bönte (00:17:05) 

Ich glaube, genau das ist so ein bisschen die Überlegung. Also die Diskussion geht ja mittlerweile schon eher in die Richtung, naja, Arbeit ist ja auch Lebenszeit und Arbeit dem Leben gegenüberzustellen als Begriff finde ich immer so ein bisschen schwierig durchaus, dass man natürlich auch Phasen braucht, um abzuschalten, um irgendwie was der Arbeit gegenüberzustellen, wenn die Arbeit einen sehr schlaucht. Aber mir macht die Arbeit auch einfach Spaß. Und ich glaube, das ist wie bei dir auch, dass man einfach gerne Zeit investiert. Und ja, der Begriff ein bisschen vielleicht missverstanden wird oder falsch auch oder kontraproduktiv eingesetzt wird. 

Wolfgang Patz (00:17:44)

Bevor wir unsere kleine Gedankenpause gemacht haben, jedenfalls für mich, für dich ja, du musst ja trotzdem weiterackern hier, haben wir über New Work gesprochen. Jetzt würde mich mal interessieren, wie sieht denn New Work konkret bei euch in der Verwaltung aus? Wie wird es angewandt? Wie wird es gelebt? Kannst du da mal ein bisschen was aus deinem Alltag berichten?

Julia Bönte (00:18:05) 

Ja, also ich habe bisher jetzt schon eben ein paar Sachen erlebt in der Landesverwaltung, an welchen Stellen es eben schon was gibt und an welchen Stellen auch schon was passiert. Und das lässt, glaube ich, auch hoffen. Also es gibt eben an verschiedenen Stellen schon erste Projekte, zum Beispiel im GovLab der Bezirksregierung Arnsberg, die schon erste Tools entwickelt haben, um agil in der eigenen Behörde zum Beispiel zu arbeiten, um Mitarbeitenden was an die Hand zu geben. Wir haben verschiedene Netzwerke, auch in denen wir uns intensiv austauschen und Formate entwickeln, aber auch wo sich Personen treffen, die gerne für Keynotes zur Verfügung stehen, als Speakerinnen und Speaker zum Beispiel, unter anderem das New Network NRW, wo wir gerade uns extrem auch versuchen zu vernetzen, um auch behördenübergreifend zu denken und zu schauen, was machen denn die anderen schon, voneinander zu profitieren. Aber es gibt eben noch ganz viele weitere Beispiele. Unter anderem bei IT.NRW gibt es auch die agile Transformationswerkstatt, die jetzt auch zum Beispiel nicht mehr nur hierarchisch denkt, sondern auch in Kreismodellen denkt. Und so gibt es eben ganz, ganz viele verschiedene Beispiele. Auch ein CoLab unter anderem gibt es im MKJFGFI, wo eben schon so erste Piloten oder auch erste Projekte angestoßen werden und teilweise eben aber auch schon seit einigen Jahren viel passiert. Auch wir jetzt natürlich in der Akademie haben schon seit einigen Jahren ja schon diese Themen im Angebot und wir merken jetzt auch, dass es da immer weiter vorangeht. Also mittlerweile gibt es ja auch in der Landesverwaltung ein KI-Labor, wo es auch erste Projekte jetzt gibt. Da sind wir auch teilweise beteiligt, zu gucken, wo können wir denn mit KI schon ansetzen in der Landesverwaltung und wo stehen wir, was kann man vielleicht schon KI-basiert umsetzen und so weiter. Genau, und wir hatten jetzt auch vor kurzem eine größere Veranstaltung schon geplant, die mussten wir jetzt leider aufgrund von Raumproblemen nochmal verschieben, aber da geht es eben auch darum, Personen zu vernetzen und ich glaube, Netzwerken ist da so ein ganz zentraler Punkt, die sich schon mit solchen Themen befassen wie Veränderung, Change, Innovation in der Landesverwaltung und neue Generationen gewinnen und halten, aber auch generationsübergreifend zu arbeiten, auch die Personen, die schon lange in der Landesverwaltung sind, das Wissen zum Beispiel weiterzugeben, in Austausch zu treten und von allen Generationen zu profitieren. Ich glaube, da gibt es noch ganz viele Handlungsmöglichkeiten und aber so erste Piloten und erste Leuchtturmprojekte gibt es da auf jeden Fall schon.

Wolfgang Patz (00:20:35)

Und so Netzwerkveranstaltungen, wie kann ich mir das vorstellen? Wird das bei euch in der Fortbildungsakademie veranstaltet und da können dann auch Ausstehende kommen oder ist das wirklich für euch dann intern?

Julia Bönte (00:20:45) 

Sowohl als auch. Also wir hatten jetzt unter anderem Netzwerkveranstaltungen in diesen jeweiligen Netzwerken oder auch auf Tagungen, wo man sich dann trifft und austauscht zu diesen Themen. Und wir haben aber auch an verschiedenen Stellen offene Veranstaltungen, zum Beispiel für die gesamte Landesverwaltung. Und da kann sich dann jeder oder jeder auch anmelden und dann zu diesen Themen beitragen oder auch einfach nur teilnehmen, um sich zu informieren, was gibt es denn da schon und wo könnte ich mich denn da einbringen perspektivisch und was geht denn schon in Landesverwaltungen? 

Wolfgang Patz (00:21:19)

Ja. Wie ist sieht‘s eigentlich bei euch aus generell in der Verwaltung, vielleicht auch bei euch in der Fortbildungsakademie mit dem Thema Fachkräfte? Habt ihr da, also seid ihr da reich gesegnet mit vielen Leuten oder habt ihr da immer Bedarf? 

Julia Bönte (00:21:33) 

Das ist eine gute Frage. Also insgesamt merkt man das glaube ich gerade extrem in der Landesverwaltung, dass auch bei uns der Fachkräftemangel ankommt. Also wir haben auf jeden Fall weniger Bewerberinnen und Bewerber auf ausgeschriebene Stellen und insgesamt gibt es eben immer mehr unbesetzte Stellen, gerade in den IT -Bereichen natürlich ganz extrem, aber auch in anderen Bereichen und ich denke, das wird in den nächsten Jahren noch mal viel extremer. Also man sagt ja, bis 2030 wird so die große Welle gehen an Babyboomern und Babyboomerinnen. Und dann müssen wir eben auch schauen, dass wir Personen auch für das gewinnen können, was wir dort machen. Und ich glaube, das ist auch was ziemlich Positives. Und das müssen wir einfach noch viel stärker platzieren, was wir da eigentlich genau machen und warum das auch wichtig ist und warum das auch eine sinnstiftende Aufgabe ist, die wir da machen. Und genau, also die Leute rennen uns nicht mehr die Bude ein. Und ich denke mal, das wird sich auch eher noch verschärfen. 

Wolfgang Patz (00:22:31)

Glaubst du denn eher, dass das daran liegt, einfach, dass es keine Leute gibt oder, dass die irgendwie eher sagen, boah ne, in der Verwaltung muss ich einen Staubwedel mitbringen, ist mir zu eingestaubt oder die haben so gar keinen Bock mehr drauf bei den ganzen Medien, jeder will ein YouTuber sein und ein Content Creator liegt daran? 

Julia Bönte (00:22:48)

Vielleicht beides. Also es gibt natürlich weniger Leute und um die konkurrieren einfach alle. Aber ich glaube durchaus, dass es da noch so ein bestimmtes Image gibt von Verwaltung und vielleicht auch gerade Landesverwaltung. Und das trifft an einigen Stellen ja auch vielleicht zu, aber an anderen vielleicht auch nicht. Und ich glaube, an einigen Stellen ist auch noch nicht klar, was es denn da alles schon so gibt. Und das vielleicht sichtbar zu machen oder auch mehr zu ermöglichen. Ich glaube, das ist nochmal so ganz zentral zu überlegen, an welchen Stellen können wir denn auch Landesverwaltung verändern und vielleicht auch Prozesse vereinfachen und Sachen einfach umsetzen und es gibt eben dann doch Wege und dann kann man sich doch einbringen mit seinen Ideen und da bin ich noch relativ optimistisch, dass wir da auch was verändern können, aber ich denke auch, wir müssen was verändern, damit Leute eben kommen und wir auch weiterhin einfach funktionieren als Landesverwaltung, denn wenn wir nachher die Personen nicht mehr finden, dann haben wir ein ganz schön großes Problem. Und das haben wir an einigen Stellen jetzt schon. 

Wolfgang Patz (00:23:54)

Also ich kann das ja mal so als Außenstehender sagen, der sonst gar nichts mit Verwaltung zu tun hat. Und ich habe jetzt mit euch, mit den Leuten von der Fortbildungsakademie zu tun und vielleicht auch schon mal die eine oder anderen. Und ich hatte bisher noch nicht einmal, aber auch ansatzweise irgendwie das Gefühl, dass das eingestaubt oder irgendwie ist. Das macht mir super viel Spaß. Und ich kann mir vorstellen, dass das wirklich noch oft ein veraltetes Denken einfach ist und so viel sehr vorurteilbehaftet ist.

Julia Bönte (00:24:21)

Ja, das ist total schön, dass das dir auch so vorkommt und mir tatsächlich mittlerweile auch. Und ich bin auch mit relativ wenig Vorurteilen reingegangen. Aber wie gesagt, an manchen Stellen natürlich ist es mir dann doch auch entgegengesprungen, bestimmte Prozesse und Vorgaben. Und da wäre ich gern manchmal noch flexibler und agiler. Unter dem Schlagwort kann man natürlich vieles fassen, aber... Ich finde auch, es geht viel mehr, als man denkt. Es gibt viel mehr Möglichkeiten und viel mehr Themen, als man denkt, und viel mehr Berufsbilder. Und ich empfinde es bisher auch so, dass da viele Menschen sind, die auch Lust haben, was zu bewegen und sich einzubringen. 

Wolfgang Patz (00:24:59)

Ja, okay. Du hast ja schon einige Veranstaltungen vorhin genannt, aber wenn wir jetzt mal schauen, so im Jahr, so jetzt in 2024, was steht da noch so an? So an nächsten Projekten, die ihr gerade so plant?

Julia Bönte (00:25:12)

Ja, wir haben jetzt ganz unterschiedliche Dinge schon angestoßen im letzten Jahr, aber wir sind auch gerade dabei. Also wir wollen zum einen bei uns in der FAH auch jetzt nochmal einen Raum mehr wie so einen Hub gestalten, also mehr so einen agilen Raum nochmal ausgestalten, wo man Raum hat, um… so eine Art Ideenschmiede, um kreativ zu sein, um vielleicht Veranstaltungen noch kreativer zu gestalten, aber auch so was wie Meetings mal anders zu gestalten und anders nochmal in Austausch zu treten, vielleicht mal mit Design Thinking mehr zu arbeiten. Dann sind wir auch gerade dabei, so eine Videoreihe noch zu planen zum Thema Agile Methoden, das wollen wir jetzt auch im Februar unter anderem noch starten, damit man eine erste Idee bekommt, was sind denn eigentlich verschiedene agile Methoden und was kann ich damit tun, dass man so einen ersten Einblick gewinnen kann, um danach zu entscheiden, ist denn sowas zum Beispiel eine Fortbildungsveranstaltung für mich, wo ich mich vielleicht auch vertiefend nochmal mit beschäftigen möchte. Da soll jetzt nochmal so eine Reihe entstehen, das wird dann auch bei uns im E-Learning-Bereich platziert werden, kann man da eben flexibel drauf zugreifen. Und wir starten unter anderem jetzt gerade auch noch ein Studienprojekt gemeinsam mit der HSPV zusammen und schicken Studierende in die Verwaltung, die Mitarbeitende befragen sollen. Was passiert denn schon bei euch in den Behörden in Bezug auf Innovation und Veränderung oder was auch nicht? Und auch mit Stichwort New Work. Was geht denn schon und was funktioniert halt vielleicht auch noch gar nicht? Und wo können wir da vielleicht auch anknüpfen, gerade auch mit unserem Fortbildungsprogramm? Genau, wir planen eben auch noch verschiedene Großveranstaltungen. Im Moment ein bisschen verschoben, aber nicht aufgehoben, wo wir eben die Leute zusammenbringen wollen. Und wir haben auch immer mal wieder Kurzformate, das sind diese sogenannten Brainfoods bei uns im Fachbereich. So kurze anderthalbstündige Inputs, wo man im Anschluss auch diskutieren kann zu innovativen Themen. Da haben wir auch eben Dinge wie KI oder auch Nachhaltigkeit oder auch generationsübergreifendes Arbeiten. Und da wollen wir eben gerade solche Themen auch platzieren und da auch nochmal in kurzen Formaten in Austausch treten, die auch im Alltag dann ganz gut untergebracht werden können, gerade wenn ich eben wenig Kapazitäten habe, auch das dann zu ermöglichen. 

Wolfgang Patz (00:27:21)

Ja, und für jemanden, der überhaupt gar keine Kapazitäten hat, der kann sich mal so einen kleinen Snack in Form eines Podcast zwischendurch gönnen, oder? 

Julia Bönte (00:27:30)

Auch das ist durchaus möglich und sinnvoll, na klar! Habe ich gehört. 

Wolfgang Patz (00:27:33)

Habe ich auch gehört, ja wir hören gerade.

Okay, das heißt, wenn wir jetzt ein paar Leute hier jetzt gerade animiert haben und die richtig Bock haben, irgendwie die ganzen Sachen mal ja, also teilzunehmen oder mal ein bisschen was zu kosten vom Brainfood oder so, wo finden die das? Wo können die sich da informieren? 

Julia Bönte (00:27:52)

Ja, gut, dass du noch mal fragst. Jetzt kommt der Werbeblock. Einiges habe ich ja zuerst schon genannt. Also das findet man auf jeden Fall alles auf unserer Homepage und gerade zu diesen Themen New Work, Veränderung, Agilität findet man bei uns die Themen im Kapitel 11 und im Kapitel 31 auf der Homepage oder man kann auch über die Suchfunktion gehen und da hat man die Möglichkeit eben aus dem ganzen Fortbildungsangebot auszuwählen und entsprechend sich dann anzumelden. Da ist unser Jahresprogramm verankert, aber man darf natürlich auch gerne Themen uns zukommen lassen, mich kontaktieren und Bedarfe nennen, wenn man sagt, boah, dazu möchte ich unbedingt mal was machen. Aber wir haben da auch schon ziemlich viel im Angebot, ich glaube, mehr als man auch denkt, auch zu Themen wie hybrides Projektmanagement oder Businessmanagement, auch was zum Thema Fehler- und Lernkultur oder auch zum Thema Innovation in Organisationen. Also es ist schon ein sehr vielfältiges Angebot da, man muss es nur finden und es einfach auch nutzen. Genau, also einfach mal durchstöbern und schauen, ob da was dabei ist und sonst jederzeit gerne auch Bescheid sagen, ob wir vielleicht noch was ergänzen können. 

Wolfgang Patz (00:29:00)

Bescheid.

Julia Bönte (00:29:01)

Hattest du schon einen Wunsch? 

Wolfgang Patz (00:29:06)

Wo steht der Kummerkasten hier? 

Julia Bönte (00:29:09)

Gerne per Mail. 

Wolfgang Patz (00:29:10)

Okay gut. XXX@XXX

Julia Bönte (00:29:15)

Ich richte die automatische Weiterleitung ein. 

Wolfgang Patz (00:29:17)

Ja okay. Gut, Julia. Meine Fragen sind geklärt. Ich glaube, wir sind eigentlich durch mit dem Podcast. Vielen Dank für deine Zeit. Hat auf jeden Fall sehr viel Spaß gemacht. Und vor allen Dingen, dankeschön für die Definition von den ganzen Buzzwords, die hier so rumfliegen. Ich hab jetzt auf jeden Fall ein bisschen mehr Klarheit bei mir im Kopf. Und jetzt hast du nochmal das Wort abschließend, vielleicht nochmal die eine oder andere Message loszuwerden. Ich nehme jetzt meine Jacke und haue schon mal ab. Tschüss. 

Julia Bönte (00:29:49)

Ja, auch ganz vielen Dank von meiner Seite. Und ja, was ich mir so wünschen würde für die Landesverwaltung, wäre, glaube ich, noch deutlich mehr Mut auch zum Andersdenken heute, ja also Neudeutsch „out of the box“, viele Menschen auch motivieren zu können, einfach mal auszuprobieren und vielleicht auch so über Zuständigkeiten hinauszudenken oder über dieses „das haben wir immer schon so gemacht“ auch einfach mal noch mal weiter zu denken und, dass sich einfach so ein wenig noch das Mindset verändert in der Verwaltung. Ich glaube, es braucht da einfach nochmal ein anderes Mindset und ich denke, das ist im Verwaltungskontext gut und auch in diversen anderen Kontexten frei nach dem Motto „einfach mal machen, könnte ja gut werden“. Wirklich, wirklich gut im Sinne von Bergmann und dem New Work-Gedanken.

Wolfgang Patz (00:30:36)

Und damit beenden wir Folge 8 unseres Podcast. Heute haben wir erfahren, dass der öffentliche Dienst bereits große Schritte in die Richtung New Work unternimmt. Wir haben über die Bedeutung von New Work und Agilität gesprochen und einige agile Methoden kennengelernt. Denkt daran, New Work geschieht oft unbemerkt, ohne, dass wir es merken. Es war spannend, euch durch dieses Thema zu führen. Ich wünsche euch eine großartige Zeit. Bleibt neugierig! Bis zum nächsten Mal! Ciao! 

 

Portrait von Judith Geusen und Rocco Rossinelli mit der Überschrift Klimaneutrale Verwaltung - Jede:r kann einen Beitrag leisten!

In dieser Podcastfolge begrüßen wir zwei besondere Gäste von NRW.Energy4Climate, Rocco und Judith. Zusammen mit ihnen tauchen wir tief in die Welt der Nachhaltigkeit und des Klimaschutzes ein. In einer Zeit, in der wir uns alle um den Zustand unseres Planeten sorgen, erkunden wir die Bedeutung von kleinen Veränderungen und wie sie große Auswirkungen auf unsere Umwelt haben können.

© FAH

Wolfgang (00:00:01)

Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge Flurfunk aus Herne, der Verwaltungstalk, deinem Podcast, wenn es um topaktuelle Themen und Learnings aus der Verwaltung geht. Mein Name ist Wolfgang Patz, ich bin Podcast Coach und Moderator und im Auftrag der Fortbildungsakademie des Ministeriums des Innern NRW spreche ich alle zwei Wochen mittwochs mit spannenden Persönlichkeiten aus Wissenschaft und dem öffentlichen Sektor. Heute zu Gast, Rocco und Judith von NRW Energy4Climate.

In der heutigen Podcastfolge begrüßen wir zwei besondere Gäste von NRW Energy4Climate, Rocco und Judith. Zusammen mit ihnen tauchen wir tief in die Welt der Nachhaltigkeit und des Klimaschutzes ein. In einer Zeit, in der wir uns alle um den Zustand unseres Planeten sorgen, erkunden wir die Bedeutung von kleinen Veränderungen und wie sie große Auswirkungen auf unsere Umwelt haben können. Heute habe ich nämlich gleich zwei Gäste zu Gast. Und zwar ist es die Judith Geusen und den Rocco Rossinelli von NRW Energy4Climate. Herzlich willkommen. 

Rocco (00:01:01) 

Ja, hallo. 

Judith (00:01:02) 

Ja, vielen Dank. 

Wolfgang (00:01:03) 

Vielleicht könnt ihr einfach mal reinstarten und erzählen, wo ihr beide sitzt, weil das finde ich immer ganz nett als Gesprächseinstieg. Jetzt sagt nicht im Wohnzimmer. 

Rocco (00:01:12) 

Tatsächlich im Homeoffice, jetzt in meinem Fall in Dortmund, da wo ich auch sehr oft auch immer im Alltag sitze. Ich freue mich sehr und wir freuen uns sehr darüber, dass auch wir in diesem Flur funken dürfen. Wir freuen uns darüber, dass die Zuhörerinnen und Zuhörer unsere Angebote dadurch kennenlernen können. 

Wolfgang (00:01:32) 

Ja, freut mich auch

Judith (00:01:34)

Ich freue mich auch dabei zu sein. Ich bin in Köln auch im Homeoffice unterwegs und bin auch froh, dass wir uns hier ein bisschen vorstellen können, was wir so machen. 

Wolfgang (00:01:43)

Kurze Frage, Rocco, woher kommt dein Nachname? Rossinelli, das hört sich so richtig so italienisch an jetzt. Einfach mal pauschal gesagt.

Rocco (00:01:52) 

Ja, von der Sprache her auf jeden Fall italienisch. Ich komme aus der Schweiz, aus der italienischen Schweiz, aber aus der Nähe von Lugano. Das ist meine Heimat. 

Wolfgang (00:02:02)

Vielleicht kannst du, Rocco, gleich erstmal kurz weitermachen und einmal kurz ein paar Sätze zu dir sagen und was deine Verbindung zur öffentlichen Verwaltung ist. Und dann kann vielleicht Judith genau dasselbe mal kurz machen. 

Rocco (00:02:14)

Ja, gerne. Ja, unsere Verbindung zur öffentlichen Verwaltung besteht aus sehr vielen Kolleginnen und Kollegen in unterschiedlichen Funktionen in verschiedenen Behörden, Einrichtungen und Institutionen der öffentlichen Landesverwaltung. Ja, Kolleginnen und Kollegen, die mit uns dieses fantastische, zukunftsweisende Projekt vorantreiben, das wir heute gerne vorstellen möchten. Ich denke dabei an engagierten Personen, zum Beispiel aus dem Finanzamt für große Konzernbetriebsprüfungen in Düsseldorf, aus dem LAFP in Selm, aber auch aus vielen Gerichten, aus der Staatskanzlei, natürlich aus dem Wirtschaftsministerium. Ja, und ganz vielen anderen Behörden mehr. 

Judith (00:02:53) 

Genau, wie Rocco sagt, wir haben mit ganz, ganz vielen unterschiedlichen Personen in der Verwaltung zu tun und dürfen da mit ganz verschiedenen Bereichen zusammenarbeiten mit unserem übergreifenden Projekt, was wirklich alle in der Landesverwaltung ansprechen soll, alle Beschäftigten. Und da sind wir so ein bisschen als übergeordnetes Kampagnenteam zuständig für unsere Kampagne Mission E, über die wir gleich noch ein bisschen reden werden.

Wolfgang (00:03:18) 

Und wie seid ihr dazu gekommen und wie kann man sich so die Arbeit vorstellen? 

Judith (00:03:24) 

Ja, wir sind ja bei der NRW Energy4Climate tätig. Rocco und ich, das ist eine Landesgesellschaft für Energie und Klimaschutz. Die gibt es jetzt seit gut zwei Jahren. Und wir, die Gesellschaft an sich ist eben zuständig für Klimaschutzaktivitäten in ganz NRW und bündelt da so ein bisschen die Kräfte, um Energiewende und Klimaschutz voranzutreiben in NRW. Wir sind da eine hundertprozentige Tochter vom Wirtschaftsministerium. Und ja, wir sind da in verschiedenen Bereichen unterwegs, Mobilität, Industrie, Wärme und Gebäude. Und wir, speziell Rocco und ich, sind da aber in einem ganz speziellen kleineren Team tatsächlich zu viert, mittlerweile unterwegs und sind da für die Kampagne Mission E in der Landesverwaltung zuständig, wo es eben um klimagerechtes Verhalten der Beschäftigten geht. 

Wolfgang (00:04:09)

Ja, okay. Bevor wir da vielleicht gleich noch reinsteigen, wollte ich noch mal ganz kurz eure Stimmbänder noch mal ein bisschen auflockern mit einer kurzen Warm-Up-Fragerunde. Und da würde ich die einfach mal kurz rausschießen, die Fragen. Und zwar ist es Auto oder Fahrrad? 

Rocco (00:04:24)

Lastenrad. Wenn das Wetter und die Zeit es zulassen. 

Judith (00:04:28)

Also ich fahre in Köln auf jeden Fall auch viel Fahrrad oder eben öffentliche Verkehrsmittel. Auto habe ich keins. 

Wolfgang (00:04:35) 

Okay. Und auf dem Fahrrad trägst du einen Helm, genauso wie Rocco auf dem Lastenrad? 

Judith (00:04:40)

Sollte ich wahrscheinlich mehr. 

Wolfgang (00:04:45) 

Das stimmt. 

Judith (00:04:46) 

Da bin ich kein gutes Vorbild, leider. 

Wolfgang (00:04:49)

Rocco, Büro oder Homeoffice? 

Rocco (00:04:52) 

Homeoffice. Und war ziemlich eindeutig. Das erlaubt mir, die Zeiten, die Arbeitszeiten sehr stark oder sehr eng zu takten und zu koordinieren mit dem privaten Leben, mit der ganz großen Familie. Da ist jede Minute, die man vom Arbeitsweg sparen kann, ist die gewonnen. Ja, Homeoffice.

Wolfgang (00:05:10)

Ja, Judith, bei dir?

Judith (00:05:13) 

Auch viel Homeoffice, aber ja, einen Bürotag die Woche versuchen wir einzurichten, denn Präsenz ist schon auch immer wichtig. 

Wolfgang (00:05:21)

Also ich komme selbst ja, oder ich sitze ja in Berlin. Wie weit ist Dortmund von, was ist das, Köln? 

Rocco (00:05:26)

Düsseldorf. 

Wolfgang (00:05:27) 

Düsseldorf. Entschuldigung.

Judith (00:05:28)

Genau, wir treffen uns in Düsseldorf in der Mitte, also nicht ganz in der Mitte, aber zumindest ist es zwischen den beiden Städten, Köln und Düsseldorf. Der dritte Kollege wohnt in Düsseldorf noch und da ist ein Büro, wo wir uns treffen können, aber sonst sind alle viel im Homeoffice. Und ja, ist schon so eine Stunde, anderthalb dann entfernt, um ins Büro zu kommen für uns. 

Wolfgang (00:05:47) 

Ja, Judith, vielleicht Frage, jetzt habe ich eine, wenn ihr euch dann einmal in der Woche dann trefft, dann esst ihr vielleicht auch zusammen Mittag: mit Fleisch, vegetarisch oder vegan? 

Judith (00:05:56)

Vegetarisch bei mir. 

Woflgang (00:05:58)

Und Rocco bei dir? 

Rocco (00:06:00)

Auch meistens vegetarisch. Ab und an wird das Fleisch auch gerne dazu, vor allem, wann ich weiß, woher das Fleisch kommt. 

Wolfgang (00:06:07)

Ja, okay. Wenn es aus der Südschweiz kommt, ja? 

Rocco (00:06:13) 

Wenn es eine leckere Biosalami aus [sic!] ist. 

Wolfgang (00:06:16)

Okay. Stadt oder Land, Rocco?

Rocco (00:06:18) 

Ich bin ein Landeskind und definitiv also Land. In Dortmund fühle ich mich trotzdem wohl, weil hier auch in Vedel ein bisschen Landgefühl auftreten kann und eine tolle Gemeinschaft, kleine Gemeinschaft auch entstehen kann. So wie auf dem Land, so wie ich das kenne. 

Wolfgang (00:06:36) 

Ja, Judith, bist du Stadt oder Land?

Judith (00:06:38)

Ist tatsächlich ähnlich wie bei Rocco. Ich bin eigentlich sehr ländlich aufgewachsen, komme aus der Eifel, bin aber dann jetzt in die große Stadt gezogen, Köln, und fühle mich da aber auch trotzdem sehr wohl mit vielen Freunden und ja, teilweise auch Familie drum rum. Deswegen, ja, die Mischung macht es, würde ich sagen. 

Wolfgang (00:06:55)

Okay, meine letzte Frage kann ich mir wahrscheinlich klemmen bei Online oder Präsenz. Da habt ihr ja eigentlich schon, Rocco meint, eigentlich online ist ganz cool, wegen der großen Familie und Judith einmal die Woche ins Office ist auch nicht schlecht. Also ich glaube, so eine Mischung aus beidem, oder?

Rocco (00:07:07)

Ja, die Mischung macht‘s, wie du sagst, auch wenn ich Homeoffice gesagt habe, für den Alltag bin ich trotzdem ein Fan von Präsenz. Ob jetzt für endlich mal wieder Mittagessen zusammen zu haben oder aber auch um auch Arbeitstreffen mal anders zu haben als nur digital, wo ja Präsenz ist die Interaktion ganz anders. Und das liebe ich sehr, wenn man sich endlich auch wieder in Präsenz treffen kann. 

Wolfgang (00:07:31)

Okay, gut, dann lass uns mal mit der Mission E weitermachen. Wie ist sie entstanden? Was verbirgt sich genau hinter der Kampagne und was ist das große, ganze Ziel? 

Rocco (00:07:42) 

Also das E im Namen spricht auch schon für die Kampagne und für die Grundsätze. Das E steht ja für Energie, für Effizienz, für Einsparung und auch für das Engagement der Beschäftigten. Entstanden ist die Kampagne schon vor fast 20 Jahren im Rahmen eines älteren Projektes bei der Energieagentur NRW. Und das hat mit einem Pilotprojekt bei der Bundeswehr angefangen. Das ist ja so ein bisschen der Ursprung der Mission E. Und in den vielen Jahren konnten ja sehr viele Behörden auch, Einrichtungen, aber auch Kommunen, Unternehmen wie Banken und so weiter auch begleitet werden. Und in den Jahren konnte man ja sehr viel auch Wissen und Erfahrung sammeln. Und all das fließt ins heutige Angebot der Mission E für die Landesverwaltung. Ja, das große Ziel, vielleicht kann man das so anfangen. Wir alle kennen ja den einen oder anderen Energiespartipp, wie das Licht bei Abwesenheit ausschalten oder die Fenster im Winter nicht auf Kipp zu lassen. Es gibt ja ganz viele, auch meistens einfache Tipps, die man ja verfolgen kann. Wir alle kennen aber auch die Schwierigkeiten, dabei immer unser auch alles richtig zu tun, auch wenn wir es besser wüssten. Wir sind nicht immer bestens informiert darüber, was wie wir machen können. Und meistens ist es auch so, dass wir alle mit Gewohnheiten zu kämpfen haben. Und deswegen sind die Tipps zwar relativ einfach und das Ziel, eben diese Tipps zu verinnerlichen, relativ schwer. Trotz mit 5 bis 15 Prozent ist das Einsparpotenzial beim klimagerechten Verhalten schon verhältnismäßig groß. Und das kann man ja eben ohne große technische Maßnahmen, oder fast ohne technische Maßnahmen und entsprechend groß ist ja auch das Interesse von sehr vielen Behörden und Einrichtungen an unsere Angebote. Wir haben im Gepäck immer dazu für die interessierten Behörden tatsächlich eine gute Kampagne mit bewährten Elementen. Die Erfahrung ist ja ist ja lang. Was wir nie dabei haben, sind erhobene Zeigefinger, die gehören nicht dazu, nicht zum Konzept der Mission E. Dafür haben wir immer dabei fundiertes Wissen und wie wir die finden und viele uns auch noch bestätigen, immer viele sympathische und mitreißende Materialien und Aktivitäten, die man ja in einer Kampagne einbauen kann. 

Wolfgang (00:10:00)

Ja, mir ist dann mal ein Beispiel [sic!] Ich war mal irgendwann auf einem Campingplatz und dann habe ich geduscht und dann habe ich gemerkt, neben mir waren glaube ich welche aus Südamerika oder so und die haben immer zu das Wasser an und aus gestellt. Und bei mir lief es die ganze Zeit. Und dann haben wir uns nachher so unterhalten. Dann habe ich so gefragt, Mensch, warum macht ihr das Wasser an und aus? Warum lasst ihr nicht laufen? Weil es halt irgendwie da ein bisschen mehr Probleme… oder die Wasserknappheit ist da ein bisschen mehr. Und ich habe auch gesagt, warum soll ich jetzt das Wasser laufen lassen? Ich nutze es dann und ich lass es dann laufen, wenn ich es brauche. Das war auch so ein bisschen so, aha, stimmt, da kann man ja auch so an kleinen Stellschrauben einfach mal was machen. 

Judith (00:10:34) 

Ja.

Rocco (00:10:34) 

Das ist richtig. Viele kleine Stellschrauben. Und was wichtig in der Erzählung ist, was du gebracht hast, ist auch, finde ich, der Austausch. Dass man ja irgendwie voneinander auch immer wieder lernen kann. Nicht alle kennen ja alle Tipps und man kann ja echt voneinander lernen und im Gespräch kann man ja echt gute und weite Fortschritte machen. 

Wolfgang (00:10:52) 

Meine nächste Frage ist, welche Herausforderungen ihr in der Kampagne bis jetzt gelöst habt oder gemeistert habt und vielleicht auch noch, welche Herausforderungen stellen sich euch dann so tagtäglich in den Weg?

Judith (00:11:03) 

Ja, Herausforderung ist natürlich, die Leute zu motivieren und mitzunehmen und die Behörden so ein bisschen an den Start zu kriegen im Moment. Wir sind im Mai gestartet, letztes Jahr 2023. Zusammen mit der Ministerin Mona Neubauer haben wir unsere Webseite gelauncht und sind dann eben offiziell gestartet. Und seitdem haben sich auch schon 70 Behörden dazu entschlossen, teilzunehmen an der Mission E. Aber da ist natürlich bei insgesamt 541 Behörden in der gesamten Landesverwaltung auch noch Luft nach oben und deswegen ist so ein Podcast wie heute natürlich super für uns, um da so ein bisschen zu informieren und neue Leute zu gewinnen, die Lust haben, an der Mission E teilzunehmen, neue Behörden und das ist so ein bisschen das, woran wir natürlich tagtäglich arbeiten, da neue Behörden zu gewinnen und zu unterstützen, da auch die Potenziale des energiesparenden Verhaltens der Kolleginnen und Kollegen zu heben.

Rocco (00:11:58)

Herausfordernd finde ich die Tatsache, dass überall, also in jeder Behörde, in jeder Einrichtung ganz viele engagierte Personen schon unterwegs sind. Das ist zwar nicht herausfordernd, das ist ein super großes Potenzial und auch eine super Stärke auch, die wir nutzen sollen, die wir nutzen müssen. Und die Herausforderung dabei ist, genau diese Menschen auch zu erreichen, die was bewegen wollen, die die Möglichkeit haben, was zu bewegen und sie ein bisschen an die Hand zu nehmen mit den richtigen, mit den passenden Angeboten. Und jeder hat ja unterschiedliche auch Bedürfnisse und auch Vorstellungen, was in der eigenen Einrichtung da gut laufen kann. Und die Herausforderung ist eben, diese Menschen auch zu erreichen. Und wenn wir sie dann erreicht haben, dann entsteht ja immer sofort eine super Zusammenarbeit. Und das läuft immer ganz schön und positiv. Vielleicht dieser erste Schritt würde ich ja vor allem als Herausforderung sehen. 

Wolfgang (00:12:50) 

Ja, ich finde das spannend, denn ich komme aus dem Marketingbereich und bei uns ist es eher so die Devise, wenn wir Marketing machen, dann sagt man, hey, bewirb nicht die Leute, die du erst davon überzeugen müsstest. Also 100 .000, die du erst davon überzeugen müsstest,  mitzumachen, sondern erreich die tausend, die schon überzeugt sind. Aber bei euch wäre natürlich trotzdem schön, alle zu erreichen, alle zu überzeugen. Das ist ja so ein ethisches Ding. Da klappt das glaube ich nicht ganz so, oder?

Judith (00:13:15)

Ja, aber trotzdem ist es natürlich sinnvoll, erst mal die zu erreichen, die auch schon motiviert sind und die Lust haben, was zu bewegen, um dann halt den Rest, sage ich jetzt mal, mitzunehmen. Also ich denke, das gilt auch für unsere Kampagne ganz gut, dieses Prinzip, erst mal die Leute auch in den Behörden zu finden, die schon motiviert sind, die Lust haben, was in Gang zu bringen in ihrer eigenen Behörde. Und die sind für uns ganz, ganz wichtige Change Agents, Schlüsselpersonen natürlich. 

Wolfgang (00:13:41)

Was ist denn der Hintergrund hinter der Mission E-Kampagne?

Judith (00:13: 

Ja, der Hintergrund der Kampagne ist eben, dass die Landesregierung ihre Vorbildfunktion wahrnehmen möchte und da Impulsgeberin beim Thema Klimaschutz sein möchte, werden möchte, auch für Unternehmen, für Kommunen auch und eben für Bürgerinnen und Bürger. Und das Ganze hat sich jetzt schon durch mehrere Beschlüsse und Gesetzesentwürfe auch schon fortgesetzt. Seit 2013 ist eben im Klimaschutzgesetz festgelegt, dass die Landesregierung bis 2030 klimaneutral werden möchte. Das heißt, die gesamte Landesverwaltung mit ihren 541 Behörden. Das sind ja knapp 170 .000 Beschäftigte, die da dahinter quasi stehen und das Ganze CO2-neutral zu gestalten, das ist eine große Aufgabe. Da sind vor allem viele Emissionen auch im Gebäude und im Mobilitätsbereich dabei. Aber wir mit unserer Kampagne Mission E wollen eben diesen etwas anderen Hebel in Bewegung setzen und da den Faktor Mensch mit berücksichtigen und mit in die Wege leiten, dass eben klimagerechtes Verhalten und eine gewisse Bewusstseins - und Verhaltensänderung in der gesamten Landesverwaltung auch angestoßen wird. Und das ist ziemlich cool, dass das auch mit bedacht wird, quasi im Kabinettsbeschluss in 2021 wurde da eben ja mit reingeschrieben quasi, dass das Thema Nutzersensibilisierung, Nutzermotivation auch von den Behörden angegangen werden soll in diesem größeren Rahmen der klimaneutralen Landesverwaltung als übergeordnetes Ziel. Und da ist die Mission E eben so ein bisschen eingeordnet als eine Maßnahme, ein Baustein zu dem größeren Ziel der Klimaneutralität bis 2030. 

Wolfgang (00:15:19)

Und wie schätzt ihr den Ist -Zustand ein in Bezug auf den Bedarf von Nachhaltigkeit im öffentlichen Dienst? 

Rocco (00:15:25)

Der Bedarf ist da und ist auch groß. Das Thema ist ja in aller Münde schon seit jetzt einigen Zeiten. Und deswegen auch in den Behörden und Einrichtungen werden ja immer wieder, oder immer mehr Bemühungen gemacht, um nachhaltiger unterwegs zu sein. Es gibt auch Vorhaben für eine nachhaltige Landesverwaltung insgesamt. Wir sind ja mehr mit dem Thema Energie insbesondere unterwegs und der Bedarf ist ja da, ist ja groß, das erkennen die auch doch anhand der Nachfrage, die da ist und wir versuchen das so gut wie es geht zu bedienen. Wir haben ja Angebote rund um die Kampagne, mit denen wir versuchen können, alle Behörden und Einrichtungen der Landesverwaltung zu unterstützen, damit sie die eigene Belegschaft für klimagerechtes Verhalten sensibilisieren, motivieren. Und das hattest du vorhin noch angedeutet: Wen sollen wir zuerst erreichen? Es ist zentral schwierig, bis unmöglich alle in unserem Umfang an etwa 180 .000 Menschen sollen wir versuchen, 180 .000 Menschen zu erreichen. Das ist fast unmöglich, sie alle zu erreichen. Und deswegen brauchen wir auch diese viele engagierten Personen vor Ort, die zum Teil auch lokale Teams bilden und diese Angebote auch von uns nachfragen und in die Breite denn auch streuen. Wir kommen da mit einem großen Werkzeugkasten und im Lokal bedienen sie sich aus diesem Werkzeugkasten und machen daraus eine Kampagne, wie sie lokal das für die bessere Kampagne halten. 

Wolfgang (00:16:56) 

Und könnt ihr mal ein paar konkrete Werkzeuge wie den Schlitzschraubenzieher und die, die Säge mal ein bisschen beispielhaft mit… Welche Angebote bietet ihr da? Kannst du das mal konkreter machen? 

Judith (00:17:07)

Ja, Rocco hat schon so ein bisschen angedeutet, unser Werkzeugkoffer. Wir sagen tatsächlich immer unser Blumenstrauß eher in unserem täglichen Gebrauch dazu, unser Blumenstrauß an bunten Möglichkeiten, wie halt eine Kampagne vor Ort so gestaltet werden kann. Und wenn wir noch beim Thema Nachfrage vielleicht auch sind, besonders gut kommen halt unsere Printmaterialien tatsächlich an. Wir haben Plakate, die bestellt werden können bei uns, kostenfrei von den Behörden. Wir haben so ein paar Giveaways auch, ein Türklinkenhänger, wo so ein paar Energiespar-Tipps draufstehen, Aufkleber, die auf Bildschirme und Lichtschalter geklebt werden können. Drück mich zum Abschied steht da drauf. Also so ein bisschen witzig sollen die natürlich auch sein und Spaß machen einfach für die Beschäftigten auch. Und die können halt bei uns bestellt werden. Jetzt neu dabei haben wir auch Strommessgeräte, die ausgeliehen werden können bei uns, wo wirklich dann Beschäftigte ja zu Hause mal messen können, wie viel verbraucht denn eigentlich mein Kühlschrank oder meine Waschmaschine und da so ein bisschen den Verbrauch auch hochrechnen können aufs Jahr, wenn man da mal die Kilowattstunden vor Augen hat. Ja, und ein bisschen ausprobieren können. Wir haben auch ein paar digitale Tools, wie ein CO2 -Rechner, wo man sich den eigenen Fußabdruck anschauen kann, aber auch einen Stromvergleichsrechner. Da kann man den eigenen Stromverbrauch vom Jahr eintragen und sehen, wie man so im Vergleich zu anderen Haushalten der gleichen Größe so dasteht. Sowas ist zum Beispiel drin im Koffer. 

Wolfgang (00:18:27) 

Und ist dann das auch bestückt mit so kleinen Hinweisen, hey, wenn jetzt bei dir der Stromverbrauch im Vergleich höher ist, dann wie so eine kleine Checkliste, denk doch mal daran, daran, daran oder wie kann man sich das vorstellen? 

Judith (00:18:37)

Viele der Energiespar-Tipps und Sachen, die man halt eben dann anpassen und verändern kann, wenn man mal so ein bisschen sich eingeordnet hat, findet man auf unserer Webseite tatsächlich, da haben wir einen riesigen Bereich zum Thema klimagerechtes Verhalten, einmal zu Strom und einmal zu Wärme, wo dann wirklich auch aufgegliedert ist nach Kochen und Waschen und ja, die verschiedensten Bereiche im Haushalt quasi, wo man sich so ein bisschen durchstöbern kann und nachlesen kann, was man denn vielleicht anpassen könnte. 

Wolfgang (00:19:04)

Aber wenn wir jetzt schon mal dabei sind, vielleicht könnt ihr ja so drei, vier, fünf konkrete handfeste Tipps mitgeben, die die Zuhörer*innen jetzt gleich in der nächsten Sekunde am besten noch nachmachen können? 

Judith (00:19:15) 

Also bei unseren Plakaten ganz wichtig steht immer drauf für ein Büro tatsächlich der Feierabendcheck. Also bevor man aus dem Büro geht, dass man dann noch mal guckt, ist wirklich alles ausgeschaltet, runtergefahren. Am besten mit der Steckdosenleiste, damit da eben keine Standby-Lehrlaufverluste noch über die Nacht halt Strom ziehen. Dann, dass die Heizung auch runtergedreht wird jetzt gerade in der Heizperiode bei Nacht und über das Wochenende sowieso. Und natürlich Licht aus, dass man das vielleicht auch bei den Kollegen noch mal im Gang überprüft, dass da einfach mehrere Augen drauf schauen. Das sind natürlich die Klassiker. Rocco, vielleicht hast du noch ein paar Ideen? 

Rocco (00:19:50)

Also mein Lieblingsenergiespartipp ist ein ganz einfaches. Da geht es darum, einfach den Monitor auszuschalten. Jetzt beim Podcast zum Beispiel auch, wenn man einen Podcast hört und zwar am Rechner dann braucht man wahrscheinlich den Bildschirm ja auch gar nicht und bei Pausen sowieso: Pausen ob klein oder groß. Bildschirm ausschalten ist mein Lieblingstipp, weil es echt unkompliziert ist, nicht weh tut, ganz schnell wieder anzumachen ist ein Bildschirm und ja man kann dadurch gesammelt den ganzen Tag viel einsparen. 

Wolfgang (00:20:20) 

Ja aber die ganzen Tipps, die ihr da bereitstellt ist das schon alles so gemünzt auf den Büroalltag oder sind auch so ein paar Alltagstipps für zu Hause dabei? 

Judith (00:20:28)

Wir haben beides im Angebot sagen wir mal so wir wollen natürlich bei der Mission E und bei dem Ziel der Klimaneutralität der Landesverwaltung geht es natürlich viel um den Bürobereich auch, aber wir sprechen auch ganz explizit den Privathaushalt an, denn gerade da werden auch viele Gewohnheiten, sage ich jetzt mal, ausgebildet, die wir dann auch mit ins Büro nehmen und auch da dann richtig umsetzten und verändern können. Und daher sind für beide Bereiche Tipps vorhanden bei uns.

Wolfgang (00:20:56) 

Okay, ich würde sagen, ich hör einfach auf zu fragen an dieser Stelle. Ich pack einfach den Link in die Shownotes und dann können sich Interessierte da mal durchlesen. Ich habe auch gesehen, dass ihr Seminare anbietet oder die Kampagne Seminare anbietet. Da wollte ich fragen, zu welchen Themen es diese Seminare gibt und für wen sich diese Seminare besonders gut eignen? 

Rocco (00:21:12) 

Ja, die Seminare sind in erster Linie für die Personen, die vor Ort, vielleicht die Zuhörerinnen und Zuhörer, die jetzt gerade auch noch zuhören, die vor Ort was umsetzen wollen. Das sind ja für uns so wie Unterstützerinnen und Unterstützer vor Ort, Multiplikatorinnen und Multiplikatoren, die unser Wissen dann aufnehmen und dann auch vor Ort nutzen, um die Kampagne vor Ort zu gestalten. Und für diese Multiplikatorinnen und Multiplikatoren haben wir verschiedene Seminare im Angebot. Einerseits geht es um das Energiefachliche. Das waren jetzt die Fragen gerade eben. Wie kann ich ja tatsächlich Energie sparen? Welches sind die konkreten Energiespartipps, dass man da als Multiplikator ein bisschen Hintergrundwissen hat und in Gesprächen sich auch besser vorbereitet fühlt und auch ist. Das ist ja das eine. Aber vielmehr haben wir Angebote und Wissensvermittlungen rund um die Kampagnengestaltung an sich. Da haben wir Seminare zur Theorie und zur Praxis der Nutzersensibilisierung. Da geht es um Erfolgsfaktoren und da geht es aber auch um die konkrete Kampagnenplanung. Das alles bieten wir in zwei Formen an. Einerseits, wo in einer Behörde, in einer Einrichtung mehrere Personen sich zusammentun, gehen wir gerne auch vor Ort. Wir kommen ja gerne zu Ihnen, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer und bilden ein Team aus. Wir haben ja ein Seminar, was wir meistens über einen Tag oder anderthalb Tage anbieten. Da gibt es ja diese Mischung aus Theorie und Praxis der Nutzersensibilisierung und machen das Team fit, um selbstständig vor Ort die Mission E durchzuführen. Es gibt aber auch Behörden und Einrichtungen, wo kein Team vorhanden ist. Und dann haben wir auch für ich nenne das mal jetzt Einzelkämpferinnen und Kämpfer Crash Kurse, die wir dann online anbieten. Das sind ja Webinare auch um diese zwei Themen. Einerseits die Erfolgsfaktoren und andererseits die Kampagnenplanung an sich. Das sind unsere Seminare. 

Wolfgang (00:23:07)

Jetzt wäre hier noch eine Frage auf dem Leitfaden, warum sich Leute mit dem Thema beschäftigen sollten. Aber ist das eigentlich klar dann, oder? 

Judith (00:23:15)

Es sollte klar sein, aber wir können auch gerne nochmal einen Aufruf starten. 

Wolfgang (00:23:17)

Ich bin mir sicher, dass Leute, dass wir schon zwischen den Zeilen gelesen haben, diese Message, aber noch um das nochmal klar zu kommunizieren. Warum sollte man sich mit dem Thema beschäftigen? Vor allen Dingen für Seminarinteressierte.

Judith (00:23:28) 

Ja, wir wollen mit der Mission E vor allem vermitteln, dass jeder einen Beitrag leisten kann. Also, dass wirklich jeder was tun kann, wenn es auch nur eine Kleinigkeit ist, wie eben Licht ausschalten, Bildschirm ausschalten, in der Mittagspause. Das ist so ein bisschen das Motto der Mission E, dass wir ja klimagerechtes Verhalten als eine Form der klimafreundlichen Schwarmintelligenz ansehen. Also, wir zeichnen die Landesverwaltung gerne als einen großen Fischschwarm, den wir in die richtige Richtung quasi bewegen wollen. Und diese Metapher funktioniert an so bisschen auf zweierlei Art und Weise. Zum einen ist jeder einzelne Teil dieses großen Fischschwarms und gehört zu einem größeren Ganzen dazu. Aber auch der größte Fischschwamm folgt Einzelnen, die da auch die Richtung angeben. Und deswegen wollen wir da motivierte Personen finden, die diesen Schwarm auch bewegen wollen und die Lust haben, sich da zu beteiligen und zu engagieren. Und deswegen ist das ja ein super Aufruf, nochmal über diese Plattform zu sagen, meldet euch bei uns und macht mit und engagiert euch.

Wolfgang (00:24:28) 

Das ist eine gute Analogie, glaube ich, mit dem Fischwarm. Das habe ich letztes Mal auch gesehen. Da habe ich gedacht, okay, ein, zwei, drei Fische. Und auf einmal kamen da halt irgendwie gefühlt Tausende hinterher. Und da habe mich so gefragt, okay, wer gibt denn da jetzt den Ton an? Das sind wahrscheinlich so vereinzelte und dann, okay, da ist eine Bewegung da. Wir machen nochmal dasselbe.

Judith (00:24:46) 

Ja, letztendlich hat das auch viel mit Vorbildern zu tun und man macht so ein bisschen ja auch das, was man in seinem sozialen Umfeld so sieht und folgt dann Leuten, die eben ja da die Richtung so ein bisschen angeben als Vorbilder und Vorbilder sind auf jeden Fall auch ein ganz wichtiger Punkt auch beim Thema klimagerechtem Verhalten und man kann eben mehr bewegen als man denkt auch mit dem eigenen Verhalten und der eigenen Vorbildfunktion.

Wolfgang (00:25:10)

Was mich interessieren würde: wie seid ihr dazu gekommen? Also als diese Mission, als diese Kampagne anfing, habt ihr gesagt, das wollen wir mitmachen. Da brennt unser Herz für. Was motiviert euch tagtäglich, Herzblut reinzugeben? Ich finde, das eine Sache, die könnte Hobby sein, die könnte Berufung sein. Bei euch ist es Beruf und vielleicht auch alles zusammen. 

Rocco (00:25:30)

Ja, würde ich schon sagen. Das ist Beruf und Berufung. Witzig finde ich ja allerdings schon, dass ich von der Ausbildung her schon auch Maschinenbauingenieur bin. Und da geht es mehr auch um ja vielleicht auch um Optimierung von Anlagen und Geräten und Effizienz. Und es war aber schnell klar, dass durch die durch diesen Faktor Mensch auch sehr viel erreicht werden kann, zum Teil viel einfacher und schneller als man das mit Technik machen kann. Und deswegen bin ich ein so im Menschen im Menschen verliebten Ingenieur. Und das war das war so ein bisschen ein Beweggrund für mich, auch dann diese Richtung einzuschlagen. Und die Mission E als Angebot gab es schon, als ich vor acht Jahren auf den Thema eingeschrieben bin und das war aber klar, dass das die Richtung sein sollte. Und dann im Alltag ist es auch so, wie du das erzählt hast. Der Augustinus sagte, man muss brennen, um zünden zu können. Das ist etwas schon, wo Motivation in einem stecken muss. Aber bei jedem Kontakt, bei jedem Seminar, was gehalten wird, bei jedem Gespräch, auch mit anderen richtig engagierten Menschen auch in der Verwaltung. Da steigt ja auch die Motivation bei jeder neuen Aktion, die auch gemeldet wird. Ach, und wir haben ja noch diese Idee und wir wollten, wir wollten gerne noch das und jenes tun. Da steigt ja auch die Motivation. Und man merkt schon, das ist ja es wird ja richtig zum Selbstläufer und zwar zu einem sehr schönen und sinnvollen Selbstläufer. 

Wolfgang (00:26:53)

Meine letzte Frage im Bunde ist das Thema lebenslanges Lernen. Das beschäftigt mich natürlich auch. Ich bin jetzt, ich bin Podcast Coach und muss mich da immer up to date halten und ich habe das Gefühl, wenn ich es mal irgendwie zwei Wochen nicht schaffe, weil irgendwie der Alltag einen wieder überrannt hat und man verpasst irgendwie am Ball zu bleiben, neueste Artikel zu lesen, einfach sich zu belesen, dann ist man ganz schnell raus. Wie schafft ihr das so bei so einem riesengroßen Thema einfach up to date zu bleiben? Klar ist euer Beruf, aber trotzdem muss man da ja, ja weiß ich nicht, wo belest ihr euch? Wie macht ihr das?

Judith (00:27:23)

Also tatsächlich ist da ein Riesenvorteil, dass wir sehr interdisziplinär aufgestellt sind im Team selber. Rocco hat gerade schon erzählt, er ist unser Ingenieur, also energiefachlich da natürlich mit einer großen Expertise auch am Start. Ich selber bin Psychologin und habe mich auf das Thema Umweltpsychologie spezialisiert und bin da so ein bisschen aus dem Forschungsbereich auch jetzt gekommen und freue mich da jetzt in die Praxis quasi einzusteigen und ja Verhaltensänderungen anzustoßen und nicht nur darüber zu forschen. Deswegen habe ich da natürlich auch noch entsprechend ja bin da gerne auch in Foren drin und in Austauschmeetings mit anderen Leuten unterwegs noch aus meiner alten Forschungsgruppe und ja muss da natürlich auch vernetzt und informiert bleiben bei dem Thema. Aber wie gesagt, das schaffen wir als Team auch schon ganz gut. Als dritten haben wir nämlich noch auch den Tom als Pädagogen, der ist in der Erwachsenenbildung unterwegs und kennt sich da einfach beim Thema Vermittlung und Methodik, Didaktik super aus. Das heißt, wir haben dieses sehr interdisziplinäre Thema des Klimaschutzes und der Verhaltensänderung im Klimaschutz sehr gut abgedeckt und updaten uns da auch einfach gegenseitig, je nachdem, was wir da Neues erfahren und Neues lesen. Und es macht einfach Spaß, auch auf dem Laufenden zu bleiben und gegenseitig darüber zu sprechen. Wir sollten es wahrscheinlich noch mehr machen. Ich freue mich dann immer, wenn wir uns da mal Zeit für nehmen. Aber es ist natürlich ein Riesenthema, das auch gerade viel in Gang gesetzt wird. Natürlich gerade auch der Faktor Mensch wird immer wichtiger und immer mehr berücksichtigt. Auch beim Thema Klimakrise. Wir müssen Themen auch richtig kommunizieren und nicht nur die technischen Lösungen finden. 

Wolfgang (00:29:02)

So, meine Fragen sind jetzt alle beantwortet. Habt vielen lieben Dank für eure Zeit und vor allen Dingen auch für eure Expertise. Man merkt auf jeden Fall, dass ihr für das Thema brennt und wahrscheinlich sollte jeder angezündet werden da draußen, also im positiven Sinne und einfach mitzumachen und mit zu brennen mit euch gemeinsam. Ja, vielen Dank und für euch da draußen viel Spaß bei der nächsten Folge. Ich verabschiede mich jetzt und ihr habt jetzt noch die Möglichkeit, ein letztes Statement loszuwerden. Einfach, was euch auf der Seele brennt, eure Bühne.

Rocco (00:29:32)

Wir freuen uns sehr, dass wir dieses Podcast aufnehmen konnten jetzt mit dir. Und ja, wir sind überzeugt, auch ein gutes Angebot zu haben, dass Sie individuell nutzen können. Deswegen auch die Einladung an dieser Stelle, sich zu informieren, zum Beispiel über unsere Webseite, soll auch genannt werden: knlv-missione.nrw. Informieren Sie sich da. Reden Sie gerne drüber mit Kolleginnen und Kollegen und melden Sie sich bei uns. Vielleicht auch bei einer der nächsten Informationsveranstaltungen, die regelmäßig stattfindet. Wir freuen uns immer enorm, wenn sich der Kreis der engagierten Kolleginnen und Kollegen erweitert, weil wir zusammen sehr viel erreichen können. 

Judith (00:30:11)

Ja, für mir auch ein großes Dankeschön und wir freuen uns, wenn sich Kolleginnen und Kollegen aus der Landesverwaltung melden, die mitmachen wollen. 

Wolfgang (00:30:19)

Das war Folge 7. In dieser Folge haben Rocco und Judith ihre Erkenntnisse und Erfahrungen darüber geteilt, wie jeder von uns durch einfache, aber effektive Maßnahmen einen Beitrag zum Klimaschutz leisten kann. Egal ob es darum geht, unseren Konsum zu überdenken oder umweltfreundliche Gewohnheiten zu entwickeln, wir erfahren, wie kleine Stellschrauben bereits große Veränderungen bewirken können. Für mich war diese Folge eine inspirierende Reise durch die Welt der Nachhaltigkeit, die zeigt, dass jeder Einzelne einen Unterschied machen kann. Schaltet auch zu unserer nächsten Folge wieder ein. Ich freue mich auf euch. Ciao!

Beate Hohmann-Pollmeier steht Rücken an Rücken mit Dr. Stefan Kirschgens unter der Überschrift "Die perfekte Führungskraft gibt es nicht!"

Beate Hohmann-Pollmeier (stellvertretende Akademieleitung FAH) und Stefan Kirschgens (Führungskräftetrainer) gehen der Frage nach, ob es die perfekte Führungskraft gibt. Freuen Sie sich auf lebhafte Diskussionen, humorvolle Anekdoten und praktische Tipps für den Führungsalltag. 

© FAH

Wolfgang (00:01): Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge Flurfunk aus Herne. Der Verwaltungstalk. Dein Podcast, wenn es um topaktuelle Themen und Learnings aus der Verwaltung geht. Mein Name ist Wolfgang Patz, ich bin Podcastcoach und Moderator. Und im Auftrag der Fortbildungsakademie des Ministeriums des Innern NRW spreche ich alle zwei Wochen Mittwochs mit spannenden Persönlichkeiten aus Wissenschaft und dem öffentlichen Sektor. Heute ist eine ganz, ganz besondere Folge, denn das ist sozusagen eine Bewerbungsfolge.

Denn wir wollen uns mit dem Flurfunk aus Herne beim Creative Bureaucracy Festival bewerben. Und jetzt lese ich mal vor, was auf der Webseite zum Creative Bureaucracy Festival dazu steht. Jedes Jahr kommen Tausende Teilnehmende aus der Verwaltung, Politik und Gesellschaft beim Creative Bureaucracy Festival zusammen, um erfolgreiche Innovationen im öffentlichen Sektor zu teilen und Verwaltungstalente aus aller Welt zu feiern. Das Jahr startet mit dem Digital Kickoff Day am 21. März und das Live-Festival findet am 13. Juni 2024 in Berlin statt. Und für uns ist nämlich dieses Live-Event in Berlin ganz wichtig, denn mit diesem Podcast wollen wir auch innovative und kreative Wege in der Verwaltung gehen. Dafür habe ich heute ganz besondere Gäste bei mir, und zwar die Beate Hohmann-Pollmeier. Und sie ist die stellvertretende Akademieleiterin und Fachbereichsleiterin des Fachbereichs I der Fortbildungsakademie und Dr. Stefan Kirschgens. Er ist Führungskräftetrainer und Coach. 

Ja, und wir werden heute über das Thema Führungskräfte im öffentlichen Dienst sprechen und was eine Führungskraft heutzutage in 2023 bald 2024 alles so mitbringen müsste. Also erstmal herzlich willkommen. 

Beate (01:45): Hallo Wolfgang. 

Stefan (01:45): Hallo Wolfgang. 

Wolfgang (01:46): Aber jetzt würde ich euch erstmal bitten, das Mikro oder Zepter da zu übernehmen und euch mal kurz vorzustellen. Vielleicht fängst du einfach mal an, Beate. 

Beate (01:54): Ja, meinen Namen hast du ja schon gesagt. Ein bisschen holprig, ne? Also hier in Herne haben wir gerne komplizierte Doppelnamen. Es hat eine lange Tradition. Ja, was mache ich hier? Ich bin vor mehr als 20 Jahren zufällig mehr oder weniger in die Landesverwaltung gepurzelt und ja, mittlerweile sehr glücklich hier und kümmere mich eben tatsächlich im Moment unter anderem um das Thema Führungskräftetrainings und wo geht da die Reise hin. Und habe lange Jahre im Bereich E-Learning was gemacht und tue das auch jetzt noch. Und ja, habe schon so einige Stationen hinter mich gebracht und fühle mich jetzt im Bereich Fortbildung sehr wohl.

Wolfgang (02:43): Okay, vielen Dank. Stefan, deine Bühne. 

Stefan (02:37): Ja, hallo, ich bin der Stefan, den habe ich uns schon vorgestellt. Ich bin Trainer hier in Herne. Und die Beate und ich, wir haben uns ja auch darüber kennengelernt, als dass ich hier in der öffentlichen Verwaltung seit vielen Jahren als Trainer für Kommunikation, Führung und Zusammenarbeit tätig bin. Ich begleite Führungskräfte, ebenso wie Teams, Projektgruppen. Und für mich ist immer ganz wichtig dabei, so die weichen menschlichen Faktoren zu thematisieren. Denn ich glaube, dass das alles ganz, ganz wesentlich ist hier in Herne, dass die Leute nicht nur über fachliches, sondern auch insbesondere über das Wie ins Gespräch kommen. Das macht mich aus. Ich mache das jetzt 30 Jahren, sowohl in der freien Wirtschaft lange Zeit, jetzt viel in der Verwaltung. 

Wolfgang (03:25): Ja, vielen Dank. Also auch im Vorgespräch habe ich schon gemerkt, dass ihr beiden euch ja schon einige Zeit kennt und dass ihr euch auch gut ergänzt. Also ihr seid auf jeden Fall ein gutes Duo. Jeder Podcast startet immer mit so einem kleinen Quick Check-In. Das heißt, ich werfe euch einfach ein Wort zu und ihr müsst einfach eure ersten Gedanken raushauen, die euch dazu kommen. Und ich würde einfach mal mit Beate anfangen. Und zwar ist das das Creative Bureaucracy Festival? Was denkst du dazu? 

Beate (03:51): Ah, ich würde sagen längst überfällig, hätte es schon vor 20 Jahren geben sollen. 

Wolfgang (03:58): Stefan, LinkedIn. 

Stefan (04:00): Da bin ich schon seit vielen Jahren dabei, bin immer noch nicht dabei, weil ich bei Xing bin. 

Wolfgang (04:06): Okay, gut. Was ist Xing? Beate, Ella2go. 

Beate (04:16): Ja, Ella2go, bestes Team, das es gibt im Bereich e-learning, sollte jede Behörde haben. Also ein Team, das sich tatsächlich um diese Themen E-Learning, Digitalisierung und so weiter und so fort kümmert. Und eben tatsächlich an den Mann, an die Frau bringt. Ich werde später weiter schwärmen, aber erst mal sehr positiv. 

Wolfgang (04:37): Gut, Stefan, Digitalisierung. 

Stefan (04:40): Also Digitalisierung, das ist was, was mich seit, ja, mit meinem Studentendasein das ja fast schon 40 Jahre her ist. begleitet und das entwickelt sich immer mehr und ist einfach ein Wahnsinnsthema geworden, egal in welchem Arbeitsbereich ich mich mit Führungskräften befinde. 

Wolfgang (04:57): Okay, das war es mit dem Quick Check-In. Jetzt würde ich sagen, gehen wir ans Eingemachte. Und zwar wäre meine erste Frage oder zielt darauf ab. Weiß nicht, ob ich das euch schon mal mitgegeben habe, aber ich bin eigentlich gelernter Fleischer. Ich komme aus dem Handwerk und da habe ich eher so eine, naja, so eine Hau-drauf-Mentalität mitbekommen. Da gab es einen obersten Boss oder eine Bossin und die hat gesagt, wie es lang zu laufen hat. Und alle sind gelaufen, weil sie relativ viel Respekt hatten. Und so war das da. Und meine Freundin zum Beispiel, die arbeitet in einem großen Konzern. Und da ist eine agile Struktur. Und als sie mir so ein bisschen erzählt hat, wie das da läuft, das war für mich so, wow, das kenne ich so gar nicht, dass es das auch gibt. Und mittlerweile habe ich das Gefühl, dass das agile Führungsstrukturen überall Einzug erhalten haben. Was ich total toll finde. Deshalb ist es für mich manchmal eigentlich schon so, ja, fast ein Unding, darüber zu sprechen, ob man überhaupt noch darüber sprechen müsste, ob das irgendwie das neue große Ding ist. Eigentlich ist die Frage relativ klar und ich habe sie mir nämlich nebenbei schon mal notiert. Und zwar ist es eigentlich noch zeitgemäß sich intensiv, um Führungsfragen und Führungskräfte zu kümmern? Sind wir nicht alle schon sehr agil und auf Augenhöhe unterwegs? Was ist eure Meinung dazu? 

Beate (06:08):  Ja, ich schmeiße mich einfach mal nach vorne. Ja, ich denke, man muss immer darüber sprechen. Natürlich ist das immer noch zeitgemäß. Ob wir alle immer schon agil und auf Augenhöhe unterwegs sind, das ist tatsächlich die große Frage. Aber ich würde mal einfach sagen, anders geht es überhaupt gar nicht. Kommunikation ist alles in dem Feld und jedes Team kann auch nur so gut funktionieren, wie die Person, die sagt, du hast es vorhin irgendwie mal angesprochen, du kennst es eher so ein bisschen rustikaler, mit Beziehungskräften genau.

Aber ja, ich muss ja irgendwie in der Lage sein, zu sagen, komm, das machen wir jetzt zusammen und das sind unsere Ziele und da geht der Weg lang. Ich muss irgendwie auch ein bisschen begeistern können, sonst funktioniert das ganze Ding mit der Führung nicht. Ich sehe den Stefan schon wieder, der schüttelt schon wieder mit dem Kopf, der muss wieder sprechen.

Stefan (07:01): Ja, weil natürlich so locker miteinander umgehen und agil, das können wir ja, dann kann ich das übereinander bringen. Aber wenn ich Agilität nun mal so verstehe, als mit komplexen Zusammenhängen zu arbeiten. Und eine ganz andere Form von Entwicklung zu machen, dann bin ich doch skeptisch, weil die Verwaltung hat sehr klare Strukturen und in der Verwaltung tatsächlich agil zu führen, da muss viel passen. Und da ist auch manchmal, dass sich die Rahmenbedingungen dann auch erst mal agil gestalten sollten, damit man auch Agilität leben kann. Findest du nicht Beate? 

Beate (07:33): Ja, da hast du mich glaube ich falsch verstanden. Also mir ging es gar nicht darum, dass wir noch ein bisschen Weg haben in der Verwaltung, bis wir tatsächlich sagen können, wir arbeiten agil, aber die Frage ist halt, was heißt das? Also letzten Endes haben wir ja für eine gewisse Form von Agilität in der Verwaltung echten Lehrstuhl. Also wenn du irgendwie agil unterwegs sein musst, dann ist es, wenn du in irgendeiner Form in einem in einem Bereich arbeitest, wo es relativ klare Vorgaben gibt, du musst aber trotzdem Dinge realisieren. Dann musst du eben sehen, was geht. Und das kann Verwaltung. Nur leider vergisst Verwaltung das häufiger mal, dass ja, dass die Leute das eben tatsächlich auch können, dass die auch irgendwo hin können, wo vielleicht der Weg noch nicht so vorgezeichnet ist, weil es noch nicht vorgedacht wurde und es da noch keine Leitlinien gibt. Aber trotzdem ist es halt einfach wichtig, darüber ins Gespräch zu kommen und eben klar zu machen, wozu dient das Ganze? Also was mich stört ist dieses Ding, ja jetzt führen wir alle agil, wie du richtig gesagt hast, was heißt das denn? Und das heißt natürlich nicht, jetzt schmeißen wir alles weg, was wir jemals wussten und jetzt ist das das neue heiße Ding und jetzt wird alles anders. Das ist Quatsch. Das hat was mit Menschen zu tun und das muss eben auch passen für die Themen, die man bedient.

Stefan (08:49): Ich glaube, dann würden wir uns in der Meinung ganz schnell decken. Ich habe nur oft den Eindruck, dass die Leute, die agil handeln wollen und führen wollen, es mit Menschen zu tun bekommen, die dafür noch gar nicht die Offenheit mitbringen in der Verwaltung. Also es gibt viele Menschen, die sofort loslegen, ins Agile einzusteigen. Und es gibt aber auch genauso welche, die noch sagen, hey, gib mir vor, sag mir, wie ich es machen soll. Wo sind die Leitlinien? Und die halten sich jetzt durch. Das ist so eine Gefahr, die ich in der Verwaltung häufig sehe, die es dann sperrig macht, wenn Agilität und Altes sozusagen Verhaltungshandeln aufeinandertreffen. 

Beate (09:29): Aber Stefan, jetzt tu mir doch mal einen Gefallen, irgendwie, das ist alles, ich sehe schon wieder jemanden, der das hört und sagt ja, fasel, fasel. Was ist denn für dich eigentlich genau agil?

Wolfgang (09:41): Das wollte ich gerade fragen. Das ist mein Job hier. 

Stefan (09:46): Das kann ich dir auf einen einfachen Satz sagen. Lösungen in komplexen Zusammenhängen entwickeln. Dafür brauche ich Agilität, weil da hat keiner eine Lösung drauf. Komplex heißt, ich kann das nicht mal eben durch eine klare Vorgabe lösen. 

Beate (10:00): Glaubst du denn, dass das in der Vergangenheit nicht passiert ist, dass es da keine komplexen Problemlagen gab, die man lösen musste und auch gelöst hat? 

Stefan (10:10): Doch, die gab es sicherlich, aber man hat immer wieder aufgebaut Strukturen, an denen sich viel mehr festgehalten wurde, als das heute noch möglich ist. 

Beate (10:19): Also für mich ist halt, also ich bin da eher so, dann so ein bisschen bodenständig, das kommt ja tatsächlich aus dem IT-Bereich und das heißt, ich mache irgendwas, gucke ob es funktioniert und wenn es nicht funktioniert, gehe ich einen Schritt zurück. Und sage, okay, dann muss es irgendwie noch mal anders gemacht werden. Das ist für mich der Kern von Agilität. Und wenn ich da unterwegs bin, dann heißt das eben, ich habe ganz viel positive Fehlerkultur. Ohne Fehler komme ich nicht weiter. Ich muss immer gucken, läuft, läuft nicht. Ganz klare Sache. Und da verheddern wir uns, finde ich, in der Verwaltung immer ganz oft mit, das Ziel muss das Ziel bleiben. Wir haben es einmal postuliert und dann müssen wir auf jeden Fall ja ganz ganz treu dabeibleiben und auf gar keinen Fall sagen, wir hinterfragen jetzt mal die Zielstellung oder vielleicht haben wir den Weg dann doch noch nicht klar. Und da glaube ich, da ist noch die Lücke. Also gar nicht so sehr bei der Fähigkeit, vielleicht agil zu arbeiten. Ich glaube, die haben wir. Aber eben dieses dann tatsächlich auch zu sagen so Leute, das ist der falsche Weg. Wir drehen nochmal um, gehen einen Schritt zurück und versuchen es nochmal in eine andere Richtung, um dann vielleicht da anzukommen, wo wir ursprünglich mal hinwollten.

 

Wolfgang (11:20): Ich glaube, jetzt ein guter Zeitpunkt, um zur nächsten Frage zu springen, denn ich glaube, dass wir sind das ist wie so ein Trichter und jetzt könnte die Frage sogar Sinn ergeben. Die würde ich gleich mal an Stefan weitergeben. Was braucht eigentlich eine gute Führungskraft? Also ihr habt ja die ganze Zeit von Führungskräften gesprochen. Aber was mich da auch ganz besonders interessiert, das gibt es so. Also für Methoden, für Methoden. Ich habe ja erzählt, ich komme eher aus der rustikaleren Schiene. Meine Freundin zum Beispiel aus der super agilen, modernen New Work. Man sitzt ja als Führungskraft. Was? Also du sitzt ja zwischen zwei Stühlen. Was ist richtig? A oder B? Könntest du mir da mal eine Antwort geben, Stefan?

Stefan (11:59): Ganz viele Menschen kommen in ein Führungskräftetraining und wünschen sich einen Instrumentenkoffer, einen Werkzeugkoffer. Und den möchte ich dann gerne anwenden. Da haben wir ja gerade über diskutiert. Agilität, da gibt es keinen ganz festen Werkzeugkoffer, mit dem man dann agieren kann auf eine bestimmte Situation hin. Was Führungskräfte viel lernen müssen, ist tatsächlich zu improvisieren, situativ zu handeln, auf Menschen zuzugehen, den Austausch und Verständnis. miteinander zu suchen. Und das mit einem Team zu entwickeln, das ist die Herausforderung für eine moderne Führungskraft und gleichzeitig dabei auch vorbildlich zu bleiben, indem wie sie beispielsweise Werte vertritt, wie sie Methoden einbringen und dafür jetzt schlüssige, feste Vorgehensweisen zu vermitteln, das klappt gerade in dem Feld, den wir auch, was wir ja gerade beschrieben haben, gar nicht mehr.

Beate (12:58): Ja, also das kann ich tatsächlich in dem Fall unterschreiben. Das erlebe ich auch oft, dass Führungskräfte, also gerade junge Führungskräfte sagen, ja, ich gehe jetzt in so eine Fortbildung und hinterher weiß ich dann, wie es geht. Ich sage dann in der Regel, nee, eigentlich funktioniert es andersrum. Wenn es gut läuft, dann haben sie hinterher mehr Fragen als vorher, weil es eben nicht das Patentrezept gibt. Aber das, was glaube ich oftmals ein bisschen zu kurz kommt, und das wäre so meine Hoffnung, dass da die Tendenz ein bisschen dahingeht, dass man tatsächlich in erster Linie viel Zeit investiert, darin auch sich selber zu reflektieren. Was habe ich denn für Werte? Was will ich denn? Wo steh ich denn? Ich kann mich nicht von morgens bis abends verbiegen. Wenn ich tatsächlich versuche, so wie du gerade sagst, das hört sich toll an, ich bin Vorbild und ich bin Modell für mein Team, für meine Mitarbeitenden, ich habe das alles irgendwie im Griff oder so, die Realität ist natürlich, dass es nicht stimmt. Natürlich nicht. Jede Führungskraft hat Fragezeichen, hat Dinge, die umgesetzt werden müssen, wo man selber mit den Zähnen knirscht und vielleicht auch Dinge, wo man sagt, das verstehe ich nicht, warum haben die das jetzt so gelöst und so weiter und so fort. Und da ist es einfach wichtig, in den Spiegel zu gucken und zu sagen, so wie stehe ich denn dazu? Wie positioniere ich mich dazu? Und wenn ich das dann mache, dann kann ich auch authentisch sein. 

Stefan (14:16): Da jetzt hast du was gesagt, authentisch sein. Das ist eine unheimliche Forderung. Ich versuch das manchmal mit Führungskräften so zu entwickeln, dass ich frage, fragst du dich doch mal, wie Sie gerne geführt werden wollen in einer ähnlichen Situation? Das heißt nicht, dass ich zwingend so dann führen muss, aber allein diesen Perspektivwechsel zu machen, das ist ein ganz wichtiger Zugang überhaupt, um zu verstehen, wie ich etwas bewegen kann, jemanden mitnehmen kann. Und für mich ist dabei das empathische Gespräch immer noch das danach hat der Wolfgang gefragt, für mich sozusagen das zentrale Instrument, um so einen richtigen Wirkungsgrad zu entwickeln. Ich muss mich auf die Menschen einlassen. Das heißt, da bin ich dann wieder ganz bei der Art über eine Selbstreflektion, wie bin ich und wie ist mein gegenüber? Und wie kriege ich diese beiden Ebenen miteinander verbunden? Wie komme ich da ins Gespräch, in den Austausch? Das ist für mich der Weg, um sozusagen letztendlich zu führen.

Wolfgang (15:15): Das ist ja echt schwierig bei euch, die Verwaltung. Aber mindestens genauso schwierig wie wahrscheinlich in anderen Bereichen. Also ich glaube, das Problem hat jeder. Entweder gibt es nur eine Meinung, das ist meine, oder man will was zusammen machen, oder dann ist es Schwäche zeigen, ist das das richtige Wort, aber dann trotzdem noch als Führungskraft wahrgenommen zu werden. Also ich finde immer, als Führungskraft in meiner Welt hat man so eine Art Leuchtturmposition. Man muss irgendwie den Plan haben und dann aber dieses Links und Rechts und andere mitnehmen. Das hört sich echt sehr kompliziert an. 

Beate (15:46): Ja, klar, das ist auch kompliziert. Also wenn es jetzt einfach wäre, dann müsste es auch keine Fortbildung dazu geben.

Wolfgang (15:54): Wie heißt die noch mal bei euch? 

Beate (16:00): Das ist eine hochkomplexe Geschichte. Und deswegen, du musst es halt, du musst das einfach mögen. Du musst Spaß daran haben, zu sagen, okay ich habe jetzt hier den Hut auf und ich versuche mein Bestes irgendwie für mein Team zu geben und auch für die Aufgabe zu geben und das erfüllt mich. Und wenn du das sagen kannst, und das muss nicht jeder von sich behaupten, aber wenn du das sagen kannst, dann bist du an der richtigen Stelle. Und dann hast du auch die besten Voraussetzungen, dass es Menschen gibt, die sagen, ja super, da kann ich mich jetzt auch gut mit anfreunden, irgendwie das zu machen, was diese Person irgendwie mir jetzt vorschlägt oder mir jetzt sagt wozu sie mich anweist, meinetwegen, wie auch immer das jetzt gerade gestaltet ist. Das ist, glaube ich, eben einfach die Grundvoraussetzung. Und viele denken, ach ja, die Leute, die merken ja verschiedene Sachen nicht falsch. Die Leute sind sehr schlau und clever und sehr empathisch. Und Menschen merken das, wenn sie veralbert werden. Und wenn du das, was du sagst, überhaupt nicht meinst, wenn da so Diskrepanzen sind, irgendwie, dass, ich meine auch, du aus deiner Fleischer Vergangenheit Metzgermeister kennengelernt haben, die wurden gesagt, wow, dem kaufe ich das alles ab und der weiß ganz viele Dinge und super. Und vielleicht auch welche, wurde gesagt, das weiß ich nicht. Also irgendwie, es kommt mir alles ein bisschen komisch vor und da habe ich nicht das Vertrauen, irgendwie, dass mir diese Person irgendwie was erzählen kann, was mich weiterbringt oder so. 

Wolfgang (17:28): Wie ist es denn eigentlich? Also wir haben ja, es gibt ja eine Führungskräfte- Schulung oder eine Weiterbildung, aber gibt es auch eine Möglichkeit, die Mitarbeitenden dann, also gibt es da auch eine Schulung wie, how-to verstehen die Führungskraft, also dass diese ganzen Sachen, die den Werkzeugkoffer, den Führungskraft kriegt, dass die Mitarbeitenden das so gut aufsagen, weißt du, was ich meine? 

Stefan (17:50): Ja, ich glaube, deinen Gedanken greife ich mal so kurz auf. Es gibt immer zwei Seiten. Das eine ist das Führen lernen, das andere ist aber auch das Lernen geführt zu werden. Beides gehört mit rein. Jetzt will ich nicht sagen, dass das in einem Seminar stattfindet, aber trotzdem.

Es gibt zum Beispiel so Instrumente wie ein Führungsfeedback. Das wird häufig so verstanden, dass da mal der Führungskraft gesagt wird, wie sie sich denn verhalten hat und wie sie sich dann bitte angemessener verhalten könnte, möge, welche Erwartungen hat. Das ist alles richtig. Es gilt aber auch die Umkehrung, die du gerade ansprichst. Wie wollen wir geführt werden? Wie verhalte ich mich? Was trage ich eigentlich dazu bei? Deswegen natürlich aus meiner Sicht ist das nicht eine Einbahnstraße, sondern ein Wechselseitiger Prozess der ja auch durch die Angebote, die die Fortbildungsakademie anbietet, auf jeden Fall durch Fortbildung abgedeckt wird. In den Behörden selber, im Alltag, ist das Instrument, das ich gerade erwähnt habe, dass Führungsfeedback, ein mögliches. Aber natürlich ist, wenn man hier lernt, mit einem Team zu arbeiten, auch das Lernen, einen Dialog einzugehen, mit den Mitarbeitern und die Mitarbeitenden zu motivieren, ihre Erwartungen, aber auch ihr eigenes Verhalten zu reflektieren.

Beate (19:02): Ja, jetzt hat der Stefan sich vorgedrängelt, jetzt antworte ich auf deine Frage, Wolfgang. Ja, natürlich, wir haben unendlich viele Veranstaltungen, natürlich auch für Nichtführungskräfte und das ist natürlich auch eine wichtige Geschichte. Ich würde nur so ein bisschen davor warnen, was du gerade gesagt hast, Stefan. Ja, und man fragt die Leute dann und das muss auch Gegenseitigkeit sein, das ist keine Einbahnstraße und so, alles richtig, aber Vorsicht, Falle! Es gibt so schöne Instrumente, Mitarbeitergespräche, wo die Führungskraft sagt, wir unterhalten uns ja sowieso immer, das brauchen wir eigentlich gar nicht, also wo das vielleicht nicht ganz ernst genommen wird. Es gibt Mitarbeiterbefragungen, wo die Mitarbeiter noch nicht mal die Ergebnisse präsentiert bekommen haben. Es gibt viele Instrumente, auch das Führungskräftefeedback wenn man die nicht ernst nimmt, dann ist das eine ganz gefährliche Geschichte und dann schlägt einem das furchtbar ins Kreuz. Also das heißt, diese Gegenseitigkeit, die muss man tatsächlich auch wertschätzen. Natürlich ist es wichtig, dass auch Mitarbeitende sagen, wie sehe ich das, wie nehme ich meine Führungskraft wahr? Logisch, überhaupt gar keine Frage. Aber dann muss natürlich dieses Feedback auch in irgendeiner Form aufgegriffen werden. Von der Führungskraft, von dieser Organisationseinheit wie auch immer. Da muss man was damit machen. Man kann nicht jemanden fragen, ist es okay so für dich oder welche Kritikpunkte hast du, was würdest du vorschlagen, wie könnten Dinge anders laufen, meinetwegen Arbeitsprozesse. Niemand weiß besser, wie man Arbeitsprozesse verändern kann, damit sie besser laufen, als diejenigen Leute, die diese Prozesse bedienen, die darin arbeiten. Aber dann muss ich auch mit dem Feedback was tun und sagen, okay, jetzt gucken wir uns das mal gemeinsam an und schauen, ob wir da die gewünschten Veränderungen herbeiführen können oder ob das eben nicht geht. Das muss auch ein Prozess werden. Was wir viel beobachten von Seiten der Akademie auch, dass zwar gefragt wird, was könnte man denn, was sollte man denn, wie geht es euch denn, wie läuft es denn. Und dann hat man die Antwort eingeholt und danach passiert gar nichts. Das ist natürlich dann im Prinzip, ja, ich kann auch ein Kind fragen, hättest du gerne ein Eis? Und dann sagt das Kind ja gerne Schoko und Vanille. Und dann sag ich Ja, das ist prima. Dann sucht ihr mal einen, der den Eis kauft. Das funktioniert nicht. Also diese, diese Enttäuschung, die da miteinhergeht, die sitzt tatsächlich dann tief. Also von daher, man muss, wenn man wenn man Menschen danach befragt und und ja, nach nach Führung fragt, wie läuft das eigentlich? Dann muss man das auch wirklich ernst meinen. 

Stefan (21:46): Ich glaube, ich kann das alles was du beschrieben hast, unterschreiben, aber ich bin dann nochmal wieder auch, möchte eine Lanze brechen für Führungskräfte. Viele Führungskräfte wollen das dann umsetzen, aber dann stoßen sie auch wieder an die Bedingungen in der Institution, in der sie arbeiten. 

Beate (22:02): Stefan, Stefan, Korrektur. Es ging mir gar nicht darum, dass die Führungskräfte das nicht ernst nehmen, sondern da sind wir dann wieder auf dieser Systemebene in der Organisation, wie auch immer, in der Struktur ich arbeite. Also da geht es mir um übergeordnete Strukturen, die dann zwar sagen, wir sagen A, wir sagen aber nicht mehr B. 

Stefan (22:18): Dann haben wir uns verstanden. Da stimme ich dir zu. Das erlebe ich als Führungskrafttrainer auch ganz häufig, dass ich was erarbeite mit Führungskräften, die dann sagen, das ist total schlüssig, da will ich mich darauf einlassen und die dann beispielsweise in einen Führungszirkel zurückkommen und sagen, ja, aber ich stoße genau an Grenzen in meiner Institution. Wie gehe ich jetzt damit um? Die brauchen dann beispielsweise eine gegenseitige Stärkung, um mit diesen sehr resistenten Kräften lernen, umzugehen. 

Beate (22:49): Stefan, das ist jetzt der absolute Moment der totalen Einigkeit. Wunderbar. 

Wolfgang (22:56): Boah, jetzt, ich baue jetzt, glaube ich, im Nachhinein für die Jury jetzt noch so Engelsglocken ein oder so. Schönen Sound. Endlich sind wir uns einig hier. Ich wollte ihm gerade schon mal noch fixen so ein Blutdruckmessgerät an euch beide mal zuschicken und mal schauen wo ihr jetzt gerade liegt. Das war doch schon das ein bisschen hitzig hier aber trotzdem alles sehr sehr wertschätzend. Genau Okay, vielleicht können wir mal so die die Glaskugel einmal rausholen hat jemand eine zufällig parat? Wo geht die Reise hin? Jetzt zum Thema Führung. Wie wird sich das Thema Führung in den nächsten Jahren verändern? Beziehungsweise ist es eurer Ansicht nach, wo muss es sich auch hin verändern in den nächsten Jahren? Vielleicht Stefan, möchtest du mal beginnen? 

Stefan (23:50): Das wird der Beate nicht passen, aber ich versuche es trotzdem. Also für mich, was ich sage mal so aus meiner Sicht ist, was wir gerade über Führung gesprochen haben, auch in den nächsten Jahren absolut gültig und eine ganz große Herausforderung. Aber es gibt eine weitere Herausforderung, die gesellschaftliche Dynamik, in der wir uns befinden, die Folgen, die Krisen hinter sich mit sich bringen, die Verunsicherung, die ziemlich breit auch in der Bevölkerung ist, die ist ja auch bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, auch in der Verwaltung. Und es ist eine Herausforderung für Führungen in Zukunft, dieser Verantwortung gerecht zu werden. Also Themen wie Digitalisierung, hast du angesprochen, weiterzutreiben, mit künstlicher Intelligenz umzugehen. Welche Folgen hat das für unser Tun? Mit dem Thema Migration und Vielfalt auch innerhalb der Verwaltung zu umgehen zu lernen. Meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kommen nicht mehr in der gleichen Sozialisation, in einer ähnlichen Sozialisation, sondern sind viel viel vielfältiger in unserer Verwaltung hinein, haben mit einer vielfältigen Gesellschaft zu tun. Das sind soziale Veränderungen, auf die die Führungskräfte reagieren, lernen müssen, aber auch Antworten geben und Orientierung geben. Das, glaube ich, ist eine Herausforderung. Und unsere politische Entwicklung macht mich da nicht so froh, weil diese Freiheit, das zu entwickeln, die müssen Führungskräfte sich unbedingt erhalten. Und manchmal erlebe ich da viel Restriktives, was sich auf den Weg macht, was sich aber nicht bahnbrechen dürfte.

Beate (25:28): Naja ich sag mal Verständnis habe ich natürlich schon. Je komplexer etwas wird, desto eher bin ich natürlich auf der Suche nach einfachen Antworten. Ich glaube, das ist auch das, was absolut im Moment in der Welt passiert, dass es ganz viele Menschen gibt, die irgendwelchen Heilsversprechern hinterherlaufen, die einfache Antworten bieten. Leider ist das nun mal in der Regel zu kurz gesprungen und funktioniert nicht. Ich gebe dir völlig recht, es gibt so viele Entwicklungen, die natürlich eben verunsichern, die Angst machen. Da sind eigentlich Führungskräfte umso mehr gefragt und ich glaube, dass was man dringend braucht, ist eben tatsächlich für diese Führungskräfte Räume zu schaffen, damit die sich eben klar machen können, was ist für mich zentral? Kann ich die Werte, die ich hier tragen soll, kann ich die mittragen? Wie definiere ich das für mich? Kann ich noch in den Spiegel gucken, bei dem was ich da tue und da sehr klar zu werden und dann eben tatsächlich auch diese Orientierung, von der du gesprochen hast, Stefan, zu bieten, um eben halt dann Menschen irgendwie mehr Sicherheit zu vermitteln. Das ist, glaube ich, ganz wichtig und das, was wir zum Beispiel im Fortbildungsbereich tun können, ist, da Methoden an die Hand zu geben. Vielfach erlebe ich auch, dass Menschen dann sagen, ach ja alter Hut, das kenne ich schon und das kenne ich schon. Das haben wir schon mal versucht. Das ist irgendwie auch irgendwie alles doof. Aber wenn man sich mal darauf einlässt, auch gerade auf diesen ganzen New Work Kanon, was gibt es da an Methoden und es wirklich mal stringent ausprobiert, durchdekliniert und sagt, okay, was ist da jetzt dabei, was mir vielleicht helfen kann? Dann findet man schon eine ganze Menge Dinge, die auch stützen können. wo man halt auch mehr erfährt über die Menschen, mit denen man zusammenarbeitet und die einem auch helfen, für sich selber Dinge klarzubekommen. Das ist, glaube ich, ganz wichtig. 

Stefan (27:27): Ich glaube, es muss ganz konkret auf Wolfgangs Frage mal anzugehen. Eine Frage, die bewegt mich wirklich in den letzten Monaten und Wochen, nämlich die Frage, dass Führungskräfte sich selbst herausfordern, wenn in ihren Teams gegebenenfalls Diskriminierung stattfindet, egal auf welcher Ebene. Oder wenn andere tatsächlich beispielsweise aktiv diskriminieren. Wenn es zwischen den Generationen ist, wenn es zwischen verschiedenen Menschen geht, weil sie unterschiedlich sich verhalten, weil sie unterschiedlich aussehen oder weil sie unterschiedlich im Glauben sind. Da müssen Führungskräfte ihr zu ihren Werten stehen und das auch als eine ihrer Aufträge sehen, diese Werte, die unser Staat hier nun wirklich mal ausmachen, mit zu vertreten. Das ist eine Herausforderung, die in den nächsten Jahren oder in den letzten Jahren nochmal dazu gekommen ist. 

Beate (28:17): Da würde ich sogar noch irgendwie einen draufsetzen und eben sagen, es ist wichtig auch klar zu haben, kann ich eben diese Werte, die zum Beispiel in der Landesverwaltung Grundlage sein sollten für alle, kann ich die denn tatsächlich teilen? Und ich würde auch ganz klar sagen, wenn ich diese Werte nicht teilen kann, dann passe ich nicht in die Landesverwaltung. Und da bin ich dann eben auch an dem Punkt, den du jetzt ansprichst, wenn dann Dinge wie Diskriminierung oder so stattfinden, na klar muss man Da Stellungen beziehen. Weil man hat ja einfach dieses Team vor Augen und da gehören eben bestimmte Menschen zu diesem Team. Und wenn die sich voneinander unterscheiden, wunderbar, das ist für jedes Team das Beste, was man haben kann. Je diverser ein Team ist, desto stärker kann dieses Team auch sein. Bei allen Schwierigkeiten, die das vielleicht auch mit sich bringen könnte. Aber ich muss natürlich dann sagen irgendwie, ja wir müssen uns gegenseitig darauf einlegen, dass wir respektvoll miteinander umgehen und uns nicht gegenseitig ins Gehege kommen, uns diskriminieren, uns abschätzlich behandeln. Das wäre tatsächlich eine Katastrophe. Es muss dann aber eben tatsächlich auch so sein, dass man den Raum dafür hat und das braucht Raum. Man kann nicht einfach sagen, wir hecheln unsere Aufgaben durch und der Rest ist egal. Ja, Stefan, jetzt darfst du wieder. Ja, danke. 

Stefan (29:44): Nein, ich will nur eins einwerfen. Ich stimme dir 100 Prozent zu. Aber was es dafür braucht, ist erstens, was du gesagt hast, den Raum, das in einer Fortbildung zu thematisieren. Den müssen wir uns nehmen als Führungskräftetrainer. Ich kann aber auch sagen, wir treffen auf Verwunderung oder ich treffe auf Verwunderung, wenn ich das zum Thema mache, weil Führung häufig eher auf einem fachlichen Korridor noch wieder verengt wird, weil dieses Thema, was wir gerade diskutieren, erfordert Courage und ermutigen, das anzunehmen, selbst sich auseinanderzusetzen mit den Themen und das als Aufgabe zu begreifen. Alleine das ist ein Fortbildungsthema, was wir noch mal stärker machen müssen. Absolut, sehe ich ganz genauso. Für mich schließt sich an der Stelle tatsächlich der Kreis, wenn ich jetzt wieder ans Festival denke. Ja, ich glaube Führung kann ganz viel profitieren von neuen Fragestellungen und neuen Methoden. Absolut. Aber letztlich geht es im Kern auch immer ganz viel um urmenschliche und alte Fragen. Also wirklich, wofür stehe ich und was ist mir wichtig und wofür möchte ich mich einsetzen? Und ich glaube, dass im Zusammenspiel, da könnte es dahin gehen für Führungen in der Zukunft. Aber ja, das ist was, das muss man wirklich gemeinsam aushandeln. Das kann nicht nur einer für sich alleine machen.

Wolfgang (31:06): Vielen Dank. Nach dem ganzen Gesagten jetzt hier, dann würde ich gerne noch mal, da wir jetzt zum Abschluss des Podcasts langsam kommen, dass jeder von euch einen konkreten Tipp, ich war da, war vieles dabei und wer jetzt hier ganz aufmerksam zugehört hat, sollte wahrscheinlich viel mitgenommen haben. Aber jeder von euch kann jetzt noch mal einen Tipp an eine Führungskraft mitgeben, der jetzt hier gerade zugehört hat.

Beate (31:33): Okay, also da muss ich mich sofort da reinschmeißen. Das ist nicht das einzige, worüber ich mir vorher wirklich Gedanken gemacht habe. Das muss ich jetzt raushauen. Also Obacht, das wird jetzt kompliziert. Und zwar einen Spruch, den habe ich von Gunther Schmidt, dem Psychologen und Coach und ja, der ist einfach großartig, dass nur am Rande. Jetzt kommt der Spruch. Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis ist in der Praxis größer als in der Theorie. Da denkt mal drüber nach.

Stefan (32:09): Das ist mir zu kompliziert jetzt, was um Komplizität. Also ich bringe das auf einen anderen Nenner. Wer führt und wer Führung übernehmen will, der ist wirklich gefragt, sich selbst zu fragen, wie und was werde ich dazu beitragen, dass diese Gesellschaft gelingt. 

Beate (32:29): Und das hältst du jetzt für unkompliziert. 

Wolfgang (32:33): Na gut. Und das halte ich alles für sehr konkret. Vielen Dank dafür. Okay, ja, schade, schade, ist schon vorbei jetzt. Vielleicht sollte ich jetzt noch mal die Chance aufgreifen und nochmal die Jury explizit ansprechen. Ich hoffe, euch hat die Folge gefallen und seid jetzt gespannt auf die abschließenden Worte von Stefan und Beate, denn ihr habt jetzt noch mal die Möglichkeit, eure aller, aller, allerletzte Message raus ins Land zu schmeißen. Und wer würde denn gerne zuerst?

Stefan (33:03): Meine Message ist, es gibt nicht die ideale Führungskraft. Ich muss auch nicht danach streben, sondern es wäre meine Message authentisch für das eintreten, für das, was wir gerade thematisiert haben. 

Beate (33:13): Genau. Und dann sage ich einfach nur, Leute, nehmt euch Zeit und Raum und die Ruhe und die Muße über bestimmte Dinge mal nachzudenken. Macht eine Fortbildung oder geht ins Kloster oder was auch immer. Aber nehmt euch diese Zeit, die ist gut investiert und denkt drüber nach, was ihr als Führungskraft eigentlich möchtet und wie ihr euch da irgendwie versteht. Und dann werden manche Dinge auch vielleicht ein bisschen klarer oder einfacher.

Wolfgang (33:39): Okay, ja, da waren doch noch tolle neue Worte dabei. Also ihr beiden hat wirklich sehr viel Spaß gemacht. War sehr interessant für mich als Außenstehenden, da so auch in eure Gedankengänge zu gehen. Und vor allen Dingen Stefan als Führungskraft Trainer, Beate als Führungskraft, würde ich mal so sagen, auch. Ja, also ja, auf jeden Fall habt ihr viele Schnittpunkte. Manchen Dingen da haben es ein, zwei Sätze mehr gebraucht, um dann doch wieder zusammenzukommen. Also richtig kontrovers, aber eure Meinung ja doch nicht. Am Ende vielen Dank. Hat Spaß gemacht. Ich hoffe euch da draußen hat es auch Spaß gemacht. Ihr habt viel mitgenommen und in diesem Sinne freut euch auf die nächste Folge, wenn es wieder heißt. Flurfunk aus Herne, dein Verwaltungstalk. Das war's für heute, liebe Hörerinnen und Hörer.

Diese Folge hat mir persönlich wieder unglaublich Spaß gemacht und ich hoffe, euch ging es genauso. Wir haben heute darüber gesprochen, dass es keine perfekte Führungskraft gibt. Und meine zentrale Erkenntnis aus diesem Podcast ist es, dass man immer offen sein sollte zu lernen und bereit sein sollte, agilere Methoden auszuprobieren. Ich hoffe, ihr konntet einige wertvolle Erkenntnisse für euch mitnehmen. Denkt daran, Führung ist ein ständiger Lernprozess. Seid offen, seid agil und vor allem bleibt neugierig.

Ich freue mich jetzt schon auf die nächste Folge, wo wieder spannende Themen besprechen werden. Bis dahin, ich wünsche euch eine wundervolle und inspirierende Zeit. Bleibt dran und bis bald. Euer Wolfgang. Ciao.

Porträt von Angela Keil mit dem Podcasttitel Konflikt? Atmen, lächeln, innehalten.

Heute zu Gast Angela Keil, Diplom-Sozialpädagogin und zertifizierte Coach. Gemeinsam tauchen wir in das Thema Konflikte am Arbeitsplatz ein und schauen uns an, wie wir diesen optimal begegnen können. Angela bringt umfassende Erfahrung und wertvolle Einsichten mit, die uns dabei helfen werden, die Dynamik von Konflikten zu verstehen und konstruktive Lösungsansätze zu entwickeln.

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Wolfgang (00:00:01): Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge Flurfunk aus Herne – Der Verwaltungstalk. Deinem Podcast, wenn es um topaktuelle Themen und Learnings aus der Verwaltung geht. Mein Name ist Wolfgang Patz, ich bin Podcast-Coach und Moderator und im Auftrag der Fortbildungsakademie des Ministeriums des Innern NRW spreche ich alle zwei Wochen mittwochs mit spannenden Persönlichkeiten aus der Wissenschaft und dem öffentlichen Sektor. Heute zu Gast: Angela Keil, Diplom-Sozialpädagogin und zertifizierter Coach. Gemeinsam tauchen wir in das Thema Konflikte am Arbeitsplatz ein und schauen uns gemeinsam an, wie wir diesen optimal begegnen können. Angela bringt umfassende Erfahrungen und wertvolle Einsichten mit, die uns dabei helfen werden, die Dynamik von Konflikten zu verstehen und konstruktive Lösungsansätze zu entwickeln. Herzlich willkommen, Angela.

Angela (00:00:49): Ja, herzlich willkommen auch und schön, dass ich dabei sein kann. Ich heiße Angela.

Wolfgang (00:00:54): Angela, okay.

Angela (00:00:55): Ein kurzes E.

Wolfgang (00:00:57): Ja, weil meine Mama, die heißt Angela und deshalb, manche nennen sie Angie oder Angela und bei dir ist es Angela, okay.

Angela (00:01:04): Genau, genau, wunderbar. Ja.

Wolfgang (00:01:07): Okay, lass uns doch mal, also ich werde jetzt mal ganz kurz das Thema einleiten und zwar soll es heute bzw. in der heutigen Folge geht es um Konflikte am Arbeitsplatz. Wir werden darüber sprechen, warum Konflikte entstehen können. Wir werden über verschiedene Arten von Konflikten sprechen. Und vielleicht sogar den einen oder anderen Impuls oder Tipp an der Hand haben. Angela, vielleicht kannst du mal kurz erzählen, wer du bist, was du machst und welche Berührungspunkte du zu dem Thema Konflikte am Arbeitsplatz hast.

Angela (00:01:36): Gerne, gerne. Mein Name ist Angela Keil. Ich sitze hier im wunderschönen Köln. Bin selbstständig. Ich bin von Beruf her Counselor, Supervision, zertifizierte Coach. Und habe in meinem ersten Leben – wie ich so gerne sage, weil ich schon einige Jahre alt bin – Pädagogik studiert. Und ich arbeite leidenschaftlich gerne und ich berate Menschen im Beruf. Ich begleite Teams als Supervisorin. Ich bin unter anderem auch für die Akademie Seminarleitung und ich begleite Veränderungsprozesse. Und meine Berührung mit Konflikten, ich meine, Konflikte haben wir ja überall. Das fängt ja schon als Kind mit der Mama und dem Papa an. Und ich habe im sozialen Bereich, in der harten sozialen Arbeit gearbeitet. Da gab es ständig Konflikte mit Klienten und Klientinnen. Und ich habe 16 Jahre mit Betriebsräten gearbeitet. Und da ist der Konflikt schon vorprogrammiert. Nicht, weil das Menschen sind, die gerne in Konflikte gehen, weil einfach die Parteien, die da beteiligt sind – Arbeitgeber und Betriebsräte – unterschiedliche Ziele und Werte haben. Und da entstehen eben Meinungsverschiedenheiten. Und ich habe gelernt, dass Konflikte unglaublich viele Chancen birgen, wenn wir uns trauen, sie anzugehen.

 

Wolfgang (00:03:04): Und wann hast du gemerkt, dass du ganz gut daran bist, Konflikte zu lösen oder die richtigen Werkzeuge an die Hand zu geben, um Herr über die Konflikte zu werden? 

 

Angela (00:03:13): Ich glaube, das war so ein schleichender Prozess. Ich bin ein Mensch, der eine freundliche Haltung hat. Ich liebe Humor und ich mag es auch. Ich habe sicherlich auch gerne Harmonie. Und ich habe festgestellt, wenn ich mit Menschen in Begegnung trete, mitschwinge, das ist wirklich dieses Mit- und auch diese Anstrengungen anzunehmen, dann kann ich Konflikte lösen und es ergibt sich eine Veränderung, die was Wunderbares gestalten kann, was ich vorher nicht dachte. Und ich denke, angefangen hat das in der Schule. Auch durch Engagement, dass ich Klassensprecherin war. Ich habe im Studium Pädagogik gewählt. Ich habe entschieden, mit Menschen zu arbeiten und als ich mit Betriebsräten gearbeitet hab, da war dann sehr deutlich, das geht gar nicht ohne, dass ich mir bewusst mache, wie ich mit Konflikten umgehe. Ich habe drei Kinder, vielleicht das noch, das auch ganz spannend. Ich habe drei Kinder, die habe ich mit einem Dorf großgezogen, weil ich immer gearbeitet habe. Meine Kinder waren ein großes Lernfeld für mich, da bin ich denen heute noch dankbar. 

Wolfgang (00:04:19): Okay, aber das wissen sie auch genauso, dass sie so manchmal- Ja, hast du ein paar Experimente gemacht, ja?

Angela (00:04:28): Ich habe ein paar Experimente gemacht. Ich lehre ja nach dem Motto: Ich sage, was ich tue und tue, was ich sage. Ich habe eine Haltung und die lebe ich auch. Die lehre ich nicht nur, sondern die lebe ich. Das schönste Beispiel war, dass mein kleiner Sohn mal zu mir sagte: „Mama, du hast mir jetzt gesagt, wie deine Wahrnehmung ist“ als ich ihm ein wenig deutlich machte, dass die Hausarbeit nicht nur meine Sache ist, sondern auch seine Sache ist. Und dann hat er mir gesagt: Bist du jetzt fertig? Ich habe mir jetzt angehört, was du dazu meinst. Jetzt erzähle ich dir mal meine Wahrnehmung. Und ich meine, ein wunderbareres Feld gibt es doch gar nicht.

Wolfgang (00:05:05): Nee, absolut nicht. Das ist gut.

Angela (00:05:07): Und das ist eine Konfliktbearbeitung. Ich höre mir die Wahrnehmung meines Gegenübers an. Der hört sich meine Wahrnehmung an. Wir gucken, wo Gemeinsamkeiten sind. Wir gucken, wo Unterschiede sind. Und dann gehen wir gemeinsam einen Weg.

Wolfgang (00:05:19): Ja, du sagst es. Ich habe alles gelernt, was ich brauche jetzt. Okay, bevor wir jetzt richtig nochmal ins Thema einsteigen bzw. du mir viel erzählen wirst, lass uns eine kleine Warm-Up-Fragerunde machen. Und ich sage ein Wort und du sagst entweder einen Gedanken oder einen Satz dazu, der dir als Erster in den Sinn kommt. Kommunikation.

Angela (00:05:43): Ist ein wunderbares Ding, sehr komplex. Es gibt einen wunderschönen Satz, der heißt: Wir können nicht nicht kommunizieren. Kommunikation ist anstrengend, faszinierend. Es lohnt sich, sich reinzuversetzen.

Wolfgang (00:05:57): Flurfunk.

Angela (00:05:58): Flurfunk. Ich verbinde mit Flurfunk in der Tat Gerüchte. Zum Glück habe ich den ersten Podcast gehört und verbinde jetzt Positives: Informationen weitergeben, voneinander lernen. Ich war heute in einem Team, wo es viel darum ging, dass Informationen über Flurfunk weitergegeben werden und dadurch viel Bewertungen mit reinkommt. Und dadurch werden auch Konflikte erzeugt.

Wolfgang (00:06:22): Konflikte. 

Angela (00:06:24): Hm. Ja, Konflikte zeigen eine Menge. Das ist das Erste definitiv. Die weisen immer auf Missstände hin und sie können große Chancen birgen. Es kommt immer darauf an, wie wir mit ihnen umgehen.

Wolfgang (00:06:38): Okay. Lästereien könnten ja eine Art eines Konflikts sein, oder? Welche Arten gibt es denn noch? Vielleicht kannst du es ja mal so clustern in verschiedene Arten von Konflikten.

Angela (00:06:49): Genau. Also Arten von Konflikten nennt man ja zum Beispiel den Zielkonflikt. Menschen, Parteien haben unterschiedliche Ziele. Wertekonflikt, das spielt da so ein bisschen mit rein. Ziele und Werte sind manchmal einhergehend. Wertekonflikte. Also ein klassisches Beispiel, ich bleibe mal bei den Betriebsräten oder in den Personalräten. Die wollen, die sind dafür da, die Rechte der Arbeitnehmer zu schützen. Ein Arbeitgeber ist dafür da, auf Betrieb und Gewinne für den Betrieb zu achten. Und da sind unterschiedliche Werte auch drin. Wertekonflikte. Dann gibt es klassische Verteilungskonflikte, also Ressourcenkonflikte. Ich erlebe tatsächlich auch Konflikte, die entstehen, weil zum Beispiel ein Team einen Raum weniger hat als das andere Team. Also Räume werden da plötzlich zu ganz wichtigen Themen, wo Menschen sich auch wirklich angehen. Und dahinter steht oft was anderes, nämlich dahinter steht oft die Anerkennung, die Wertschätzung, die fehlt. Also Verteilungskonflikte. Es gibt natürlich auch die Beziehungskonflikte, Antipathien zwischen Kollegen und Kolleginnen, Konkurrenz, auch immer ein sehr gängiges Thema. Und Rollenkonflikte. Das hat oft was mit Erwartungshaltungen zu tun, die nicht ausgesprochen werden. Genau, das sind so die wichtigsten Arten von Konflikten.

Wolfgang (00:08:19): Kann man das, kann man jetzt trennscharf auch die Ursachen von diesen einzelnen Konflikten benennen?

Angela (00:08:26): Also trennscharf finde ich schwierig. Meine Erfahrung, und ich mache das ja wirklich schon lange, ich mache, ich bin seit 2000 selbstständig und arbeite seitdem 16 Jahre jetzt nicht mehr mit Betriebsräten. Oftmals kommen mehrere Ursachen zusammen. Was ich immer wieder erkannt habe, ist, an Ursachen, das ist mir immer wieder vorgekommen, sind unklare Strukturen. Also es ist einer der häufigsten Ursachen im Arbeitsfeld. Es ist nicht klar, wer trifft die Entscheidung. Oder es ist vielleicht auf dem Papier klar, es wird aber nicht getan. Wer hat die Verantwortung für was? Dann also auch zu Strukturen gehört auch, wer klärt auf welcher Ebene welches Thema? Da kommen Führungskräfte mit rein. Führungskräfte haben eine ganz wesentliche Rolle, ob Konflikte konstruktiv bearbeitet werden oder nicht. Ursachen sind auch immer wieder anscheinend mangelnde Wertschätzung und Anerkennung. Ich habe, glaube ich, 100 Teams bestimmt schon, wahrscheinlich mehr Teams, beraten. In jeder Beratung habe ich einmal das Thema Wertschätzung, Anerkennung meiner Arbeit. Und das sind auch Ursachen von Konflikten. Naja, und Ursachen, genau, Fehleinschätzung von Führungskräften und natürlich auch Kommunikationsprobleme.

Wolfgang (00:09:55): Kommunikation, hätte ich gedacht, dass das wahrscheinlich über allen schwebt. So, wenn ich an meine Zeit aus meinen Bürozeiten zurückdenke, da waren es oft Dinge, die man vielleicht vorausgesetzt hat, die der andere aber nicht erfüllt hat. Der konnte dir ja nicht im Kopf gucken, ne? Und dann auf einmal gibt's: Ja, aber macht er das jetzt mit Absicht? Das muss er doch wissen! Solche Geschichten oder was ich auch kenne, einfach so, wenn man selber vielleicht ein bisschen Dienst nach Vorschrift macht und der andere aber überperformen will. Der andere hat noch Ziele, will was erreichen in der Firma. Und dann ist der schon so im Fadenkreuz. Man sagt: Guck dir mal den an, der will sich jetzt hier vielleicht nur irgendwie hervortun oder sich einschleimen beim Vorgesetzten. Also sind alles so ganz, ganz feine Stellschrauben. Ich glaube, da könntest du bestimmt noch hundert weitere Dinge aufzählen, die so zu Konflikten führen können, die aber total überflüssig sind eigentlich. 

Angela (00:10:46): Genau. Und ob sie überflüssig sind, also, das ist jetzt sehr hart. Ich sage das meinen Kunden auch mal. Ich frage oft gerne: Welchen Gewinn haben Sie aus diesem Konflikt? Also Menschen haben einen Gewinn, das ist manchmal sehr skurril. Nur manchmal gibt der Konflikt auch Sicherheit, manchmal ist das so eine Bestätigung: Wir haben schon immer gesagt, dass der so ist! Im Nachhinein überflüssig. Also, was ich feststelle, ist, wenn Menschen den Mut haben, miteinander auch in schwierigen Situationen in Kommunikation zu treten, und zwar in offener, ehrlicher Kommunikation. Das heißt, da auch bereit zu sein – Ich höre dem anderen zu. Ich schüttele nicht schon den Kopf, während er redet und unterbreche ihn da. Ich habe eine andere Meinung, wenn ich höre zu bis zum Ende. Ich versuche noch mal zu wiederholen, dann habe ich dich richtig verstanden. Das und das. Und jetzt sage ich dir meine Perspektive. Mein kleiner Sohn, der mir sagt: Mama, ich habe dir zugehört, jetzt sage ich dir meine Wahrnehmung. Mit zwölf Jahren. Also da kann man viel auch von Kindern lernen.

Wolfgang (00:11:53): Ja, vielleicht von deinen Kindern.

Angela (00:11:56): Ja, auch von anderen Kindern. Also, insofern, das, was du gerade gesagt hast mit den Kommunikationsproblemen. Das ist genau, also das ist eine Ursache, es ist aber oft nicht alles. Und es ist das, was du nanntest, noch mal, wir bewerten sehr schnell. Ich nenne das Kopfkino. Und wenn ich mit Menschen arbeite, vereinbare ich immer ein paar Spielregeln, bevor ich in die Thematik gehe. Und die Spielregeln sind: Ich habe eine Verantwortung für mich und ich beobachte und sage, was ich sehe und bewerte nicht sofort. Und wenn ich bewerte, sage ich das und frage, ob das so ist. Das ist – ne? – Fragen statt Kopfkino. Genau, das war so einer der wesentlichen Dinge, diese Bewertungsschienen. Dadurch, dass wir so viel bewerten, dadurch kommen auch sehr viele Konflikte zustande und wir bewerten, ohne dass wir es sagen.

Wolfgang (00:12:50): Also ich habe das Gefühl, seitdem ich nicht mehr Angestellter bin in dem Sinne und in einem anderen Hamsterrad meine Runden gezogen habe – jetzt bin ich auch irgendwie in meinem eigenen Hamsterrad – aber da denke ich mir manchmal dann, wenn ich so meine Mitarbeiter dann sehe, wenn die sich über kleine Dinge aufregen, denke ich mir: Das ist so minimal und das ist eigentlich total überflüssig. Aber manchmal regt man sich über Dinge auf, um sich aufgeregt zu haben. Und ich habe mal eine Situation selber erlebt und da war ich junger Vorgesetzter und ich war, ich musste mich immer umziehen, weil es eine andere Arbeitskleidung gab. Und dann habe ich als Vorgesetzter, da war der Umkleideraum ein bisschen geöffnet. Ich habe mir gerade einen Kaffee gezogen, hab dann gehört, wie zwei Leute über mich gesprochen haben. Ein anderer Vorgesetzter, der, ja, keine Ahnung, kurz vor der Rente war, der mir aber unterstellt war. Und dann hat er sich mit einem normalen, sag ich mal, einem ihm unterstellten Arbeiter unterhalten. Und die haben dann über mich hergezogen. Und das habe ich mitgekriegt. Und dann am nächsten Tag bin ich dann zu dem älteren Vorarbeiter hingegangen und habe ihn aktiv darauf angesprochen und meinte: Hey, Ich habe es gestern mitbekommen. Und habe gesagt: Hätte ich von dir nicht gedacht, dass du mir das nicht ins Gesicht sagen kannst, weil du als erfahrener Vorgesetzter, das hätte ich nicht von dir gedacht. Und warum hast du das gemacht? Und keine Ahnung. Und dann hat er irgendwie gesagt: Wenn du jetzt willst, dass ich mich entschuldige, ich werde dir keine- Also, er hat so gesagt: Ich werde dir kein Dokument ausfüllen und mich da irgendwie entschuldigen. Und dann dachte ich so: Auf was für einen Kindergarten, Spielplatz will er jetzt mit mir gehen? Ich habe gesagt: Nein, darum geht es mir gar nicht. Einfach, wenn du ein Problem mit mir hast, komm doch gerne zu mir selbst und rede nicht mit anderen drüber. So, aber das hat mir, hat für mich natürlich eine extreme Überwindung gekostet als- ich war da Anfang 20. Und war es total unangenehm. Aber im Nachgang ging es mir besser und ich hatte das Gefühl, dass ich damit richtig umgegangen bin, mit der Situation.

Angela (00:14:53): Ja. Ja, das, was du erzählst. Also wenn Menschen zu mir in die Beratung kommen, dann frage ich auch genau – du hast es selber dir gerade beantwortet – Wie ist es Ihnen danach gegangen, als Sie das gesagt haben? Und oft sagen die Menschen: Es war anstrengend, es war eine Überwindung, mir geht es jetzt besser. Und wir können wirklich, wir Menschen, wenn wir wollen, können daran arbeiten, nicht Konflikte zu vermeiden. Konflikte sind was Wertvolles. Aus Konflikten entstehen neue Gestalt, also eine neue Gestalt. Insofern Konflikte sind notwendig, um Veränderungen auch einzuführen. Es geht darum, damit konstruktiv umzugehen. Und das hat auch, also da gibt es ja Möglichkeiten, dass ich wirklich, so wie du das auch gemacht hast, ich höre das. Du hättest jetzt genauso hingingen können, hättest dich ärgern können, sagen können: Boah, mit dem werde ich nicht mehr. Und dann hättest du schlecht über ihn geredet. Das machen dann andere. Sondern du bist aktiv hingegangen und- Was auch hilfreich ist, ist bei sich zu bleiben. Also zu sagen: Ich habe das gehört, es hat mich verletzt. Das hätte ich nicht gedacht, dass du so über mich redest und das hat mich verletzt. Und wenn dann jemand sagt: Wenn du möchtest, dass ich – was er auch gesagt hat – dass ich dir jetzt was unterschreibe, auch zu sagen, das will ich gar nicht, ich möchte, dass du das hörst, dass es mich verletzt hat, ich möchte, dass du das nicht mehr machst. Und dann kann ich auch gehen. Und oft hat das wirklich eine Wirkung und dann kommt jemand danach nochmal. Das erlebe ich auch von Kunden, die dann sagen: Und der Kollege ist danach nochmal gekommen und hat mir dann gesagt, ich habe über deine Worte nachgedacht und es tut mir leid. Also genau das. Das kann nicht immer in demselben Moment sein. Menschen brauchen auch einen Moment. Also wenn mich jemand kritisiert, dann weiß ich: Okay, ich gehe in Widerstand, ich brauche einen Moment, um durchzuatmen. Und dann kann ich auch sagen: Danke für die Kritik. Kann ich gut hören, das und das werde ich auch verändern. Oder auch zu sagen: Ich kann das hören, das tut mir leid für dich, da stehe ich zu und das werde ich weiter so machen. Dann ist aber Klarheit da.

Wolfgang (00:17:00): Wir sind jetzt eigentlich schon im Thema drin zu meiner nächsten Frage oder zu den Antworten. Da geht es eigentlich um das Thema Konfliktmanagement und um Arten oder Strategien, wie man dann Konflikte handelt. Vielleicht könntest du dazu erstmal ein paar allgemeinere Aussagen treffen und dann vielleicht die eine oder andere altbewährte Strategie uns mit an die Hand geben.

Angela (00:17:21): Genau. Ja, wir sind schon mitten in der Strategie – waren wir eben auch drin und das finde ich so toll, dass du auch dieses Beispiel genannt hast, weil wir lernen ja an Geschichten und Beispielen. Für mich ist so der erste Schritt. Also erstmal lade ich alle Zuhörer und Zuhörerinnen ein, dass sie Freude daran haben, sich selber zu erkunden. Also ich reflektiere mich selber. Ich bin bereit, mich zu reflektieren. Das macht Freude, wenn man sich mit sich beschäftigt. Ist auch einer der anstrengendsten Dinge. Es ist nämlich immer viel einfacher zu sagen, der andere ist schuld. Wir reden ja immer gern von Schuld. Das ist auch gut, wenn man das sein lässt. Also anfängt immer wieder über sich zu nachzudenken und zu gucken: Was habe ich für Themen? Was triggert mich auch? Das ist so das eine, was als wichtige Strategie für konstruktive Konfliktbearbeitung gut ist. Dann ist wichtig, sich ernst zu nehmen auch, sich und andere ernst zu nehmen. Ich habe so eine Haltung, dass ich sage, ich bin freundlich zu mir selber und ich bin auch freundlich zu anderen Menschen. Und wenn ich merke, dass meine Integrität verletzt wird aus meiner Sicht, dann schütze ich mich und schützen tue ich, indem ich ins Gespräch mit dem anderen gehe. Also auch diese Haltung. Es gibt ein paar Mikropraktiken, da sage ich auch gleich was zu. Es gibt auch so einfache Strategien. Mir ist nur so wichtig, ich hatte letztens noch ein Seminar mit einer ganz wunderbaren Gruppe, die mir auch gegönnt hat, in ein wunderbares Seminarjahr zu starten. Und die Teilnehmer haben am Ende der ersten drei Tage, hat ein Teilnehmer gesagt: Ich habe jetzt gut verstanden, Angela, dass es sich nicht um Strategien, sondern um eine Haltung handelt. Ich habe die Haltung, dass ich mich ernst nehme und den anderen, dass ich freundlich zu mir bin, dass ich merke, Menschen haben Bedürfnisse und Menschen sind unterschiedlicher Meinung. Die arbeiten unterschiedlich, die haben unterschiedliche Werte. Und das erkenne ich erst mal an und muss es nicht mal vom Tisch wischen. Und diese Haltungsfrage, dass war so wunderbar, das zu hören. Also dass man vorab- und Haltung erhalte ich, indem ich mir bewusst mache: Welche Werte habe ich? Wer bin ich, welche Themen triggern mich? Ich bin freundlich zu mir und anderen. Dann ist es wichtig weiter zu- auch wirklich diese Einstellungen zu haben: Konflikte sind nichts Schlimmes. Ich mag die vielleicht nicht, die sind anstrengend, ich brauch die auch nicht jeden Tag. Die weisen aber auf Missstände hin. Und wenn ich das anerkenne, dann kann ich wieder einen Schritt weitergehen. Weil ich dann weiß, es lohnt sich, sie zu bearbeiten, weil dahinter was Gutes rauskommt. Und dann gibt es eben diese Strategien, ich bin mutig und gehe auf andere Menschen zu und sage in Ich-Botschaften, ich weiß, dass die Zuhörer und Zuhörerinnen viele davon das kennen. Ich rede von mir. Ich sage nicht: Du bist schuld. Ich diskutiere nicht die Schuldfrage, sondern ich sage: Ich habe das gehört, das hat das und das bei mir ausgelöst. So wie du in dem Beispiel gesagt hast: Das hat mich verletzt. Das habe ich von dir nicht gedacht. Und ich wünsche mir, dass du es sein lässt in Zukunft. Und das ist eine Strategie und ich sage nicht, die ist einfach. Weil den Schritt zu gehen, mit den anderen zu gehen, ist eben nicht so einfach. Also das mal als persönliche Strategie. Ich möchte noch eins vorschalten. Das ist in meinen Seminaren, die ich ja für die Akademie gebe, bestelle ich, also bearbeite ich immer, dann gebe ich einen Input zu unserem Gehirn. Also was passiert überhaupt, wenn wir in so Stresssituationen kommen? Also für uns konfliktreiche Situationen. Damit die Menschen, die Kollegen, Kolleginnen auch wissen: Ach, okay, weil das ist total wahnsinnig. Unser Gehirn ist ja sehr komplex. Und unser Gehirn dient dazu, ausschließlich uns am Überleben zu halten. Und wenn unser Gehirn Anzeichen hat, dass wir in Gefahr sind, und das ist zum Beispiel, wenn Leute über uns reden, wenn jemand vielleicht etwas lauter wird. Also das Gehirn hat irgend so ein Signal bei uns, du bist in Gefahr. Dann sind wir im ersten Moment nicht mehr Herr unserer Sinne, sondern unsere alten Reflexe, das Reptiliengehirn: Fliehen, kämpfen oder totstellen. Das kennen wir von Tieren. Das übernimmt erst mal die Oberhand. Und in so einer Situation können wir nicht gut nachdenken. Und da ist eine wichtige Praxis: Ich atme durch. Ich atme und beruhige mich, bevor ich was sage. Das ist die beste Mikropraktik. Und wie ich das machen kann, noch ein letztes und lasse ich dich nochmal. Kennst du Ali? Ali ist ganz wunderbar. Wenn mein Gehirn auf Überleben und Reptiliengehirn aus ist und ich will gerade kämpfen und merke, ich bin nicht mehr Herr und Frau meiner Sinne, dann habe ich Ali. Ich atme, ich lächle und ich halte inne und gönne mir das. Und das Lächeln mache ich nicht ironisch, das mache ich auch nicht, um über was zu- also was, einen Deckel drauf zu machen, einen Teppich drüber zu machen. Sondern das mache ich, weil ich mich dadurch beruhige und ich halte inne. Und ich habe eine Körperhaltung, die meinem Gegenüber deutlich macht: Jetzt ist nicht angesagt, dass du was sagst. Jetzt brauche ich einen Moment der Ruhe. Und das mache ich, indem ich mich groß mache und indem ich vielleicht Töne gebe, so hm, wo der andere merkt, da kommt gleich was. Ali. 

Wolfgang (00:22:51): Okay, so ein Vorbote des Vulkanausbruchs und des Kontrollierten.

Angela (00:22:56): Ja, und dann kann ich mich beruhigen und dann kann ich, das kann ich jetzt leider im Podcast nicht machen. Es gibt so ein wunderbares Modell, das zeige ich mal gern in der Kamera. Es geht darum, das Reptiliengehirn, also unser Gehirn ist ja ganz gut aufgebaut und das ist ja sehr geschützt von unserem, du siehst das jetzt, von unserer Faust, von unserem Großhirn, was ja das Denken übernimmt. Und wir haben den präfrontalen Cortex, der übernimmt die Impulskontrolle und komplexes Denken. Und wenn wir in Stresssituationen geraten, geht die Auster auf und unser Reptiliengehirn tobt. Und es geht darum, dass wir ganz in Ruhe wieder unseren präfrontalen Cortex übernehmen lassen, nämlich die Impulskontrolle, und dass wir sagen können: Das habe ich gehört, das macht mich wütend, ich bin richtig wütend. Und dann auch zu sagen, ich brauche einen Moment. Oder dann zu sagen: Ich wünsche mir das und das.

Wolfgang (00:23:52): Ich habe mal ein Hörbuch gehört. Ein Hörbuch gelesen, ein Hörbuch gehört. Und das nennt sich „Die 7 Wege zur Effektivität“ von Stephen R. Covey. Und da ist mir eins ganz besonders in Erinnerung geblieben, einen Satz. Und der ist deckungsgleich, würde ich sagen, mit einer Aussage zwischen Reiz und Reaktion. Da ist Platz oder da ist Zeit. Und es ist eigentlich so kurz und prägnant und so simpel. Aber wenn man überlegt, man kriegt einen Reiz und ich reagiere jetzt darauf. Aber dazwischen ist halt Zeit und dazwischen kann ich halt wirklich aktiv entscheiden: Gebe ich mich dem hin oder denke ich nochmal drüber nach und reflektiere das und komme kurz runter oder so, ne?

Angela (00:24:32): Das ist wunderbar, dass du das nennst. Es geht darum, den Platz zwischen Reiz und Reaktion zu nutzen. Und das Zitat, das nutze ich oft im Seminar, das ist von Viktor Frankl. Und Viktor Frankl saß im Konzentrationslager in der Nazizeit. Und der hat das geprägt, weil er sagte: Wir haben immer die Entscheidung, unsere Wirklichkeit noch zu gestalten, selbst wenn wir kaum Gestaltungsmöglichkeiten haben. Und er hat sich durch dieses Denken, hat er sich quasi am Überleben gehalten. Und er hat auch das Konzentrationslager überstanden. Wunderbares Zitat.

Wolfgang (00:25:08): Ah, okay, das wusste ich nicht. Muss ich mir mal genauer anschauen. Hast du ein konkretes Praxisbeispiel für mich?

Angela (00:25:15): Ich habe ganz viele.

Wolfgang (00:25:17): Aber vielleicht so eins, was besonders beispielhaft und verbildlichend ist? 

Angela (00:25:22): Also es geht ja auch darum, nochmal so ein Beispiel, also Beispiel auch von erfolgreicher Konfliktbearbeitung. Also ich hatte vor vielen, vielen, vielen Jahren tatsächlich in, also hatte ich Arbeiter, Arbeiterinnen, die in einem Lager gearbeitet haben. Es waren Männer, Arbeiter, acht, glaube ich, oder zehn. Das war vor vielen, vielen Jahren. Die haben nicht mehr miteinander gesprochen. Die haben acht Stunden am Tag nicht mehr miteinander gesprochen. Das Faszinierendste war, dass die Arbeit trotzdem irgendwie funktionierte. Also die Arbeit ist irgendwie, war das Ergebnis gut, aber natürlich mit vielen Reibungsfassen. Und wir haben da, ich bin da reingerufen worden als Moderatorin, Konfliktmoderatorin. Und wir haben es über mehrere Sitzungen ist es gelungen allen Beteiligten, dass sie überhaupt wieder ins Gespräch gekommen sind. Und ich diente als Übersetzerin da. Im Grunde haben dann die verschiedenen Kollegen und Kolleginnen mit mir gesprochen im Beisein der anderen, sodass jeder auch hören konnte, was der Kollege sagte. Sie haben mich aber auch respektiert als die Moderatorin. Ja, und haben auch die Spielregeln. Also für mich ist immer ganz wichtig, wenn ich mit Menschen Konflikte bearbeite, dann habe ich ein ganz bestimmtes Vorgehen. Das erste Vorgehen ist Vertrauen schaffen und Rahmenbedingungen klären, also Sicherheit schaffen. Und da vereinbar ich auch immer ein paar Spielregeln des Umgangs miteinander. Und da ist zum Beispiel ausreden lassen und nicht in die Bewertung gehen, auch keine Beschimpfungen. Das sind also ich habe die alle positiv formuliert, dass ich gesagt habe, es geht um Wertschätzung, es geht um Zuhören und diese Regeln werden dann auch beachtet. Und die Kollegen haben damals mir erzählt, wie sie das sehen. Und wir sind dann- ist es gelungen, Gemeinsamkeiten. Ich arbeite gerne dann daran, was gelingt denn in dieser ganzen schwierigen Situation? Was sind denn positive Aspekte? Was gelingt? Und da war es ja definitiv, dass das Ergebnis noch gelungen ist. Und dann gucke ich, wo sind die Unterschiede? Und dass ich dann gemeinsam mit den Kollegen, mit den Beteiligten überlege, was könnte denn ein möglicher Weg sein der Konfliktbearbeitung? Und damals ist es wirklich gelungen, die Kollegen wieder ins Gespräch zu bekommen. Es ist nicht ganz rund gelaufen. Es wurde zumindest klar, wer hat welche Verantwortung und wer übernimmt welche Aufgaben. Und es wurde wieder miteinander, ja, Worte gewechselt. Das war so ein Beispiel, das war für alle sehr herausfordernd. Was ich immer wieder habe, also ich mache ja klassische Mediationen auch, wo wirklich Konflikte sind. Vielleicht das auch, wir Menschen sind ja sehr leidensfähig und ich erlebe ja leider auch, dass Menschen sehr lange Konflikte erleiden, bevor sie sie bearbeiten. Und ich habe dann teilweise Menschen bei mir sitzen, die acht Jahre lang schon in diesem Konflikt leben am Arbeitsplatz. Das ist nicht schön, aber auch die Menschen begeben sich auf den Weg. Und da habe ich wirklich unterschiedliche Teams gehabt, wo eben immer wieder die Möglichkeit bestand, zu gucken: Was ist das Problem? Was ist der Konflikt? Aber auch immer zu gucken: Was wird denn noch wertgeschätzt an dem anderen? Also immer auch zu gucken: Wo erlebe ich noch Respekt gegenüber dem anderen? Und immer zu orientieren auf die Gemeinsamkeiten und dann auf die Unterschiede. Also das waren so Beispiele. Und jetzt habe ich ganz aktuell wieder einen Konflikt im Team und da bearbeiten wir das über einen Teamtag und auch genauso wieder, dass wir gucken: Was gelingt zurzeit? Was ist förderlich an der Arbeit? Und ich biete dann an, welche Reste aus der Vergangenheit, also welche Konflikte müssen noch bearbeitet werden, damit wir in die Zukunft gucken können. Weil meine Erfahrung ist, es muss nicht alles im Detail geklärt werden. Das ist auch gar nicht immer möglich, wenn acht Jahre lang ein Konflikt besteht. Ich kann aber gucken: Was beschäftigt mich noch? Und das kann ich benennen. Und dann kann ich in die Zukunft gucken. Ich weiß, war dir das deutlich mit den, also sind das deutliche Beispiele? Ich mag so ein bisschen gucken, dass ich die Vertraulichkeit auch wahre.

Wolfgang (00:29:50): Doch, ich denke schon. Also klar, sind halt deine Beispiele und klar, hätte jetzt wie in so einem Actionfilm, wo du gesagt hast, Mensch, da haben sie sich die Köpfe eingeschlagen und danach sind sie über die Blumenwiese gerannt und haben dann- Das hätte natürlich auch gut gepasst, aber es sind doch Beispiele aus dem echten Leben, ist doch schön.

Angela (00:30:10): Wolfgang, ich habe noch zwei Sachen. Es sind auch schon Situationen passiert, wo ich tatsächlich- Ein einziges Mal ist mir passiert, dass zwei Menschen fast aufeinander körperlich zugegangen sind. Da bin ich aufgestanden und habe mich hingestellt und habe meine Arme ausgestreckt und habe dann gesagt, ganz in Ruhe, ganz in Ruhe gesagt: Moment, hier ist Schluss. Ich frage dann, ich mache ja gerne Humor, setze ich ein: Wollt ihr so weitermachen? Dann bin ich raus. Die haben sich wieder hingesetzt. Ich bin aber körperlich auch rein und zwar nicht, indem ich deutlich gesagt habe, stopp. Also das habe ich schon auch erlebt.

Wolfgang (00:30:50): Vielen Dank für die praxisnahen Beispiele. Aber ich habe das Gefühl, dass- wir haben jetzt sehr viel über die Arbeitnehmer gesprochen. Aber es gibt ja auch noch die berühmt berüchtigten Führungskräfte. Die spielen ja auch oft eine große Rolle in Konflikten. Wie sieht es denn mit denen aus?

Angela (00:31:10): Es ist gut, dass du drauf ansprichst, Wolfgang, weil Führungskräfte eine ganz wichtige Rolle zukommt im Thema konstruktive Konfliktbearbeitung. Und das ist auch eine Verantwortung, die ich bei Führungskräften sehe. Und ich erlebe auch, ich habe jetzt selber wieder eine Führungskraft erlebt, die diese Verantwortung auch wahrnimmt. Und das fängt mal damit an, dass man, also Führungskräfte können konstruktive Konfliktbearbeitung präventiv installieren. Und das können sie, indem sie eine Unternehmenskultur pflegen, die auf Wertschätzung basiert. Und das geht natürlich auch als Vorbild von den Führungskräften aus, dass ich echte Wertschätzung gebe. Authentische Wertschätzung. Ich haue nicht einfach ein Lob raus, sondern ich lobe authentisch, weil ich es auch so sehe. Ich erkenne die Arbeit an, weil ich das so empfinde und das sage ich. Ich pflege eine Fehlerkultur, die sagt: Wir suchen nicht den Schuldigen, sondern Fehler passieren, die dürfen nicht noch mal passieren. Und wir gucken gemeinsam: Wie können wir sie in Zukunft verhindern? Das ist einer der wesentlichen Dinge: Fehlerfreundlichkeit. Und Fehlerfreundlichkeit heißt nicht, ich mache sie einmal, zweimal, dreimal. Sondern als Führungskraft gehe ich hin und sage: Das ist passiert. Das kann passieren. Ich brauche jetzt gemeinsam die Lösung, dass es nicht mehr vorkommt. Feedbackkultur, Mitarbeitergespräche sind ja oft strukturell vorgegeben. Ich kann die führen, indem ich die lästig empfinde. Ich kann die führen, indem ich sage: Das ist so wichtig, Feedback zu geben! Positiv wie auch konstruktiv kritisch. Ich habe mit einer Kollegin ein Seminar in der Schule gegeben. Für Leitungskräfte und auch für alle Lehrer. Und da haben wir Feedbackkultur geübt. Ganz wunderbares Seminarkonzept. So, dass die jetzt auch im Nachhinein immer weiter üben und durch positives Feedback genauso wie konstruktiv-kritisches Feedback üben können. Das ist aber wichtig zu üben. Also das können Führungskräfte mit reinbringen. Und die sagen, also die können auch mit vorleben, welcher Ton. Also was ist denn möglich und was nicht? Gehen wir freundlich miteinander um? Darf hier gelästert werden? Darf über jeden hergezogen werden? Oder wird deutlich, das ist hier nicht erwünscht? Und das können Führungskräfte machen. Und was ich wirklich erlebe, ist, diese langjährigen Konflikte zwischen Mitarbeitern, die sind oft entstanden, weil Führungskräfte nicht einschreiten. Weil Führungskräfte sich das angucken und sagen: Hier geht es doch um die Sache und immer diese- Und dann kommt schon die Gefühlsduselei. Es ist keine Gefühlsduselei, sondern es ist, um Arbeit qualitativ wertvoll und hochwertig zu machen, brauchen wir eine konstruktive Konfliktbearbeitung. Da braucht es Führungskräfte, die auch den Mut haben zu sagen: Hier ist was nicht in Ordnung, hier ist was aus der Balance geraten und ich unterstütze mit. Und diese Führungskräfte habe ich auch in den Behörden jetzt selber erlebt. Ich musste noch mal schmunzeln, als ich mich vorbereitet habe. Es waren vor allen Dingen Frauen, Führungskräfte, Frauen als Führungskräfte, die mutig hingegangen sind und gesagt haben: Wir haben hier einen Konflikt, wir brauchen Unterstützung. Und die das auch unterstützt haben. Und die auch klar hatten, ich habe als Leitung eine Verantwortung, auch wenn ich selber gar nicht direkt in den Konflikt bin und ich stelle mich dieser Verantwortung. Und das war auch eine wundervolle Arbeit, wo Konflikte gelöst werden konnten.

Wolfgang (00:34:44): Du hast ja jetzt schon wirklich handfeste Tipps mitgegeben für Führungskräfte. Hast du auch noch allgemeinere Tipps für Nicht-Führungskräfte für die Zuhörerinnen und Zuhörer hier?

Angela (00:34:56): Also eben habe ich ja schon das mit dem Ali gesagt. Also wenn ich weiß, meine [-] ist gerade in Schieflage, dann ist das das Wichtigste. Ich nenne in meinen Seminaren Mikro-Praktiken. Diejenigen, die bei mir Seminaren gemacht haben, die kennen lassen. Ich habe einen ersten Hilfe Kasten und Mikro-Praktiken. Und da geht es immer darum, einmal fest, also es hört sich so simpel an, dass ich sage, ich erkenne, dass mich das wütend macht, dass da Emotionen sind. Ich erkenne das an. Viele sagen: Immer diese Emotionen, jetzt sind wir aber schon sachlich. Die sind aber da, weil wir Werte haben, weil wir Menschen sind. Dann also diese auch wirklich nochmal zu sagen, jemand, der zum Beispiel mich angreift, also was ich als Angriff sehe, der sagt was über sich aus. Ihr kennt also- die Zuhörer und Zuhörerinnen kennen alle den Spruch: Nimmst doch nicht persönlich. Das ist aber nicht so einfach und das kann ich nur, wenn ich so weiß, der sagt was über sich aus, der meint das vielleicht gar nicht mich. Und was auch ganz wichtig ist, das ist aber auch eine Haltungssache. Es ist so, dass wir selbst verantwortlich sind für unsere Gefühle. Das ist gar nicht jetzt so. Also es schmeckt nicht jedem. Weil es ist ja viel einfacher zu sagen: Du bist schuld, dass ich mich jetzt ärgere. Es ist aber nicht so. Es gibt eine Kollegin, die heißt Karin Kuschik. Die hat ein Buch, einen Bestseller geschrieben und die hat da Sätze, die fürs Leben einfach sind, kann ich sehr empfehlen. Und die hat zum Beispiel von einer anderen Kollegin den Satz: Wer mich ärgert, bestimme immer noch ich selbst. Der ist sehr wertvoll, dieser Satz. Und auch zu wissen, da sagt jemand was gar nicht so über mich, sondern über sich aus. Dann kann ich die Distanz wieder schaffen. Also ja, und auch Karin Kuschik hat auch nochmal wirklich gute, die hat auch die Haltung, wie ich die habe. Die hat nochmal gute Tipps auch zu so kurzen Sätzen. Also wenn jemand immer unterbrochen wird, dann sagen wir ja oft, ich mache das auch, dass ich dann sage: Unterbrich mich doch nicht. Zu sagen zu jemandem: Ich führe das mal gerade zu Ende und dann spreche ich weiter. Ich muss mich mit dem doch nicht zanken, dass er mich unterbricht. Ich sage, ich führe das mal gerade zu Ende und spreche weiter. Das sind so kleine Tipps. Wer mehr davon möchte, kann gerne in die Seminare kommen. 

Wolfgang (00:37:13): Ja, Angela, ich fand da waren viele tolle Tipps dabei. Ich finde, das ist ein superspannendes Thema, weil es mich, aber eigentlich jeden anderen da draußen, wenn wir jetzt nicht von Millionären sprechen, die jetzt mit einem Pina Colada am Pool sitzen und nichts mit alledem zu tun haben, aber für alle anderen ist das, glaube ich, echt Goldwert gewesen. Und ich danke dir sehr für deine Zeit. Und du hast jetzt hier und jetzt noch diese einmalige Möglichkeit, noch ein letztes Statement loszuwerden. Deine Bühne.

Angela (00:37:40): Meine Bühne. Ja, mich beschäftigt sehr in letzter Zeit unsere politische Situation. Ich mag einfach die Zuhörer und Zuhörerinnen gerne motivieren, Eigenverantwortung zu übernehmen. Wir sind verantwortlich. Sowohl für das, was auf dem Arbeitsplatz passiert, was in unseren Familien passiert und was gesellschaftlich passiert. Übernehmt die Eigenverantwortung, zeigt Zivilcourage und zeigt Solidarität. Und seid freundlich zu euch und zu allen anderen. Das heißt nicht, dass ich allen zustimme, sondern das heißt; Ich nehme mich ernst und wenn ich mich ernst nehme, dann stehe ich auch für meine Werte ein. Und das mag ich nochmal sagen: Mein großer Sohn ist Weltreisender und der sagte mal zu mir: Mama, wenn ich nach Deutschland komme, dann merke ich, dass die Menschen so gerne auf ihr Recht pochen und sagen: Ich habe Recht und du hast nicht Recht. Und weniger aufs Recht pochen, sondern mehr zusammen gucken, wie ist unser Weg und was sind unsere Werte?

Wolfgang (00:38:39): Okay, vielen Dank Angela.

Angela (00:38:41): Gerne, es hat Spaß gemacht.

Wolfgang (00:38:43): Ja, mir auch und an die Zuhörer da draußen: Ich hoffe, euch hat es auch Spaß gemacht und hört definitiv in der nächsten Folge wieder rein. Folge 5 ist im Kasten. In dieser Folge haben wir uns intensiv mit dem Thema Konflikte am Arbeitsplatz auseinandergesetzt und wertvolle Tipps von Angela erhalten, Konflikte zu entschärfen. Mir wird immer klarer, wie wichtig Kommunikation ist, um Konflikte von vornherein zu vermeiden. Seid gespannt, denn in der nächsten Folge erwartet euch wieder ein fesselndes Thema. Spoiler Alarm. Es wird sogar mega spannend. Bis dahin bleibt dran und machts gut.

Porträt von Jürgen Lemm und dem Podcasttitel Mein Stuhl, mein Tisch, mein Bildschirm - Gesund im (Home)Office

#4, Februar 2024 -Wir sprechen mit Jürgen Lemm, Diplom-Finanzwirt und Verwaltungsmitarbeiter im Arbeits- und Gesundheitsschutz, Gesundheitsvorsorge und Gesundheitsmanagement der Oberfinanzdirektion Rheinland über das Geheimnis, wie wir sowohl im Office als auch im Homeoffice möglichst lange gesund bleiben können. Mit dabei: wertvolle Tipps und Tricks, um eine optimale Arbeitsumgebung zu schaffen. 

© FAH

Wolfgang (00:01): Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge Flurfunk aus Herne, der Verwaltungstalk, dein Podcast, wenn es um topaktuelle Themen und Learnings aus der Verwaltung geht. Mein Name ist Wolfgang Patz, ich bin Podcastcoach und Moderator und im Auftrag der Fortbildungsakademie des Ministeriums des Innern NRW spreche ich alle zwei Wochen mittwochs mit spannenden Persönlichkeiten aus Wissenschaft und dem öffentlichen Sektor. Heute zu Gast Jürgen Lemm. Jürgen ist Diplomfinanzwirt, Verwaltungsmitarbeiter, Arbeits - und Gesundheitsschutz, Gesundheitsvorsorge und Gesundheitsmanagement der Oberfinanzdirektion Rheinland. In dieser Episode lüften wir gemeinsam mit Jürgen das Geheimnis, wie wir sowohl im Office als auch im Homeoffice möglichst lange gesund bleiben können. Jürgen teilt dabei wertvolle Tipps und Tricks, um eine optimale Arbeitsumgebung zu schaffen. Außerdem erwartet euch ein praktisches Tutorial für die richtige Einstellung eures Bürostuhls, Tisches und Monitors. Denn eine ergonomische Arbeitsplatzgestaltung ist essentiell für eure Gesundheit.

Wolfgang (1:02): Ich freue mich Jürgen, dass du zugesagt hast und wir heute hier im Flurfunk aus Herne, deinem Verwaltungstalk ein wenig zum Thema gesund im Office beziehungsweise Homeoffice sprechen können. Schön, dass du da bist. 

Jürgen (1:12): Ja, ich freue mich auch. Vielen Dank, Wolfgang. 

Wolfgang (1:16):  Jürgen wir haben ja gerade schon einen kurzen Technikcheck gemacht und da habe ich dir die Frage gestellt, was du heute zum Frühstück hattest. Das ist immer so eine Standardfrage, um die Technik zu checken. Aber deine Antwort war so interessant, dass ich sie dir jetzt nochmal stelle. Was hattest du heute zum Frühstück? 

Jürgen (1:28): Ja, ich hatte heute ein Beckmännchen oder Beckmann Stutenkerl. Das ist ein weiches Brot geformt, wunderschön mit Zuckerguss oben drauf, Mandeln drauf. Also ein richtig schönes süßes Frühstückchen, wo man dann noch ein bisschen Kirschmarmelade mit Marzipan draufpackt. Dann ist das so richtig, für die Kalorien richtig gut. 

Wolfgang (1:50): Ja, ich wollte gerade sagen, also der Zahnarzt freut sich, der Fitnesscoach freut sich, der Jürgen freut sich. Also was will man mehr? 

Jürgen (1:55): Genau, aber so kann ein Tag gut starten. 

Wolfgang (1:59): Okay Jürgen, dann erzähl uns doch mal ganz kurz, wer du bist, was du machst und was sich mit dem Thema gesund arbeiten am Bildschirmarbeitsplatz verbindet.

Jürgen (2:08) Ja, mein Name ist Jürgen Lemm. Ich bin tätig in der Finanzverwaltung Nordrhein -Westfalen. Dort in der Oberfinanzrektion Nordrhein -Westfalen am Dienstsitz in Köln und betreue unsere Finanzämter und damit auch die Beschäftigten in allen Fragen rund um Ergonomie. Ich komme ursprünglich mal aus dem Handwerk, habe einen handwerklichen Beruf gelernt, war dann etwas längere Zeit bei der Bundeswehr. Dann hatte ich die große Gelegenheit dort eine Gaststätte zu führen, habe dann mein Studium in Nordkirchen gemacht als Diplom Finanzwirt und hatte dann vielleicht sogar das große Glück, mal ein wenig in den Haushaltsrecht reinzuschnuppern. Und dann kam 99 letztendlich der Arbeitsschutz in die Verwaltung. Und da habe ich aus meiner bisherigen gesammelten Erfahrung im Prinzip diesen Arbeitsschutz Verwaltungsmäßig aufgebaut und bin nach wie vor heute noch dabei. 

Wolfgang (3:00): Aber das hat sich wahrscheinlich erst mit der Zeit entwickelt, dieses Thema, also gesund arbeiten am Arbeitsplatz. Das war, kann ich mir vorstellen, wahrscheinlich zu Beginn nicht so ein großes Thema. Da war mehr wahrscheinlich, dass die Lampen nicht von der Decke fallen. Aber mittlerweile ist Ergonomie, Homeoffice, das hat ja wahrscheinlich einen riesengroßen Stellenwert bekommen, oder? 

Jürgen (3:20): Ja, das denke ich auch. Also anfangs muss man sagen, war Arbeitsschutz hier erste Hilfe, Brandschutz, all diese Sachen. Aber man muss sagen, dass die Arbeit sich ja ständig jetzt wandelt. Wenn man mal wirklich so ein bisschen zurückschaut, so in den 80er, 90er Jahren, wie sah da ein Bildschirmarbeitsplatz aus und wie sieht er heute aus? Und das macht schon ganz schön was mit den Menschen, also vom Verhalten her und so weiter. 

Wolfgang (3:45): Okay, Jürgen, jetzt lass uns eine kleine Warm-Up -Fragerunde machen. Ich sage einfach so eine Entweder -oder -Frage und du sagst mir einfach deine Antwort. Vielleicht noch ein, zwei Gedanken dazu. Schreibtischfahrrad oder Fahrradtour nach der Arbeit?

Jürgen (3:57): Fahrradtour nach der Arbeit, weil alles braucht seine Zeit.

Wolfgang (4:01):  Ja, Schreibtischfahrrad. Ich habe ja auch mal gesehen, ich habe auch so einen höhenverstellbaren Schreibtisch hier, glücklicherweise. Und da habe ich auch schon mal überlegt, ob ich mir so ein Laufband oder so ein Gehband zulege, um nebenbei jetzt quasi zu gehen. 

Jürgen (4:16): Die Berufsgenossenschaften raten davon ab, wegen einer Unfallgefahr. Ja, ganz ehrlich, weil wenn man ganz konzentriert nachher vielleicht liest, vergisst man das Laufen. Dann wird man mit dem Laufband nach hinten gezogen und es besteht letztendlich eine Unfallgefahr, dass ich mit dem Kopf auf die Tischplatte falle. Deswegen, jedes Teil braucht seine Zeit und seine Konzentration finde ich. 

Wolfgang (4:38): Na gut, hast du recht, aber ich gehe das Risiko ein. Büro oder Homeoffice? 

Jürgen (4:46): Teils, teils. Also ganz klar unterschiedlich. Büro hat einfach die Vorteile, ich lerne noch oder habe Kontakt zu meinen Kollegen und Kolleginnen. Zu Hause ist es schon manchmal einsam und die Wege letztendlich zur Küche werden immer kürzer. 

Wolfgang (5:00): Okay, Fitnessstudio oder joggen? 

Jürgen (5:02): Lieber joggen, weil ich bin lieber an der frischen Luft. 

Wolfgang (5:07): Ja, und wie sieht deine Laufstrecke so aus? Hast du da was Schönes? An dem Bäckerladen vorbei, wo du dir dann deine Marzipan -Dingsbums abholst?

Jürgen (5:14): Nein, ich wohne hier am Niederrhein und wir haben hier noch ein bisschen ländlich gelegen. Schöne Laufstrecken, ein bisschen durch den Wald, ein bisschen.

Wolfgang (5:24): Das ist toll. Ja, gut. Sommerurlaub oder Winterurlaub? 

Jürgen (5:28): Gerne beides. 

Wolfgang (5:32): Ja, das ist gut. Man muss sich ja den Urlaub so ein bisschen aufteilen. Ja, dann lass uns doch mal direkt reinspringen ins Thema. Und du bist ja schon lange dabei und hast ja auch so ein bisschen den Wandel in der Büroarbeit mitbekommen. Und vielleicht können wir mal darüber sprechen, wie sich so die Büroarbeit in den letzten Jahrzehnten verändert hat. Und da würden mich ganz besonders die wilden 70er, 80er, 90er, 2000er, 2010er und 2020er Jahre interessieren. Vielleicht kannst du da ja mal zu jedem Jahrzehnt mal so einen Kommentar abgeben. 

Jürgen (6:02): Ja gerne. Also daran merkt man auch vielleicht, dass ich etwas älter bin. Aber die 1970er Jahre, also die 70er Jahre, waren wirklich noch geprägt. Es gab keinen Bildschirm. Man hatte tatsächlich noch ganz viele Stempelchen. Es gab alles nur schriftlich, und ich mache es persönlich immer ganz gerne fest an das Telefon. Wer weiß heute noch, wie ein Telefon in den 70er Jahren aussah. Es war die Wählscheibe und man kriegte es standardmäßig in Hellgrau. Und wenn man fünf Mark, also D-Mark noch damals zuzahlen wollte, dann hatte man die Möglichkeit, das Telefon in Grün oder in Orange zu bekommen. Das war die Büroarbeit in den 70er. 

Wolfgang (6:44): Okay, gut. 

Jürgen (6:45): Ja, in den 80er Jahren erinnert mich das immer so ein bisschen. Da kamen so die ersten digitalen Vorboten im Büro, das Uhrenradio. Also man konnte die Zeit jetzt dann genau auf eine Sekunde ablesen. Man konnte sich verabreden, genau auf die Sekunde. Das war so. Und die ersten Faxgeräte kamen dann ein. Fand ich auch ganz interessant. 

Wolfgang (7:08): Und durfte man auch rauchen in den Büros in den 80ern? 

Jürgen (7:10): Ja, in den 80ern durfte man auch noch rauchen.

Wolfgang (7:15): Ja, das ist so ein bisschen mein Sinnbild. Da irgendwo steht dann noch in der Ecke so eine kleine Karaffe mit Whisky und dann da so eine Schachtel Kippen und dann wird ein kleiner Umtrunk genommen, Alkohol am Arbeitsplatz. War das ein Thema damals? 

Jürgen (7:26): Ja, garantiert war das ein Thema. 

Wolfgang (7:29): Aber so off the record? 

Jürgen (7:31): Ja, ich glaube, da ist auch der Grundstein gelegt worden, dass man gesagt hat, jetzt müssen wir mal langsam aufpassen und wir machen hier ein klassisches Verbot daraus.

Wolfgang (7:39):  Ja, okay. Dann lassen wir mal in die 90er hüpfen. 

Jürgen (7:44): 90er?, fängt an das Handyzeitalter. Kann ich mich noch gut dran erinnern. Also Handy ist damals Telefonzellen mit so einer langen Antenne und was wirklich cool war, es gab damals Disketten. Also ich konnte auf eine Diskette was speichern und sagen, meine Diskette jemand geben mit einem Schreiben drauf. Also das war noch so, so richtig.

Wolfgang (8:07): Ja, hört sich gut an. Ich kenne die Disketten auch noch. 

Jürgen (8:10): Aber das ist lange lange ist´s her.

Wolfgang (8:12): Die 2000er, da kommen mir sofort die Backstreet Boys in den Sinn.

Jürgen (8:15): Einmal das und die Kaffeekultur. In den 2000er hat sich unsere Kaffeekultur komplett geändert. Also hier am Niederrhein gab es sonst immer nur Kaffee mit Milch und oder Zucker. So und da kam, glaube ich, aus Amerika so eine große Firma rüber, die gesagt hat, ja, es gibt auch noch andere Kaffeesorten. Latte Macchiato, Cappuccino und und, und, und, und. 

Wolfgang (8:40): Ja. Dann, wenn wir noch mal ein Jahrzehnt weiterhüpfen in die 2010er Jahre? 

Jürgen (8:42): Ja, in den 2010er Jahre, da ist glaube ich schon, von dem Bildschirm her, ist man so auf die ersten Flachbildschirme, Whitescreen, also das Medium Bildschirm hat sich da, finde ich, groß geändert und wird immer größer von 2010. 

Wolfgang (8:57): Und wenn du dir das Ganze jetzt heute anschaust? 

Jürgen (9:00): Ja, heute diesen Wechsel, wie arbeiten wir im Homeoffice? Wie arbeiten wir im Office? Was ist Jetzt die Zukunft, die Bildschirme werden größer. Es werden zwei Bildschirme, drei Bildschirme. Wir werden immer mobiler. Alles hat Vorteile, vielleicht aber auch Nachteile.

Wolfgang (9:18): Ja, diese Nachteile, wenn du gerade von den Nachteilen sprichst. Was ist dann so deine Sichtweise? Was gibt es dann da so für körperliche Beschwerden, gesundheitliche Beschwerden, die durch die Arbeit im Büro entstehen können?

Jürgen (9:31): Ja, ich glaube, das ist nicht nur das Büro, sondern es ist unser ganzes Verhalten auch in der Freizeit. Und ich glaube, ich bin kein Mediziner, das will ich ausdrücklich sagen. Also, aber man muss sich mal die Haltung, wenn ich aufs Handy schaue, sich anschauen. Und da gibt es immer so einen netten Quiz. Wie schwer wiegt ein Kopf durchschnittlich auf die Halswirbelsäule? Und dann kommen eigentlich so 7 Kilo, eilt das aus. Und wenn ich diese typische Handyhaltung einnehme, die du gerade so angesprochen hast, gerade auch in den Waren, dann wirkt mein Kopf ungefähr um die 7, 20 Kilo da drauf. Das heißt, dass die Bandscheibe wirklich gerade im Halswirbelbereich dadurch extrem belastet wird. So und jetzt kann ich wieder ganz toll sagen, in meinem Alter ist meine Handyzeit, die ich jeden Montag mitgeteilt bekomme, sehr, sehr gering. Wenn ich das bei meinen Kindern sehe, dürfte die wesentlich höher sein. Und das muss man einfach sich nur Bewusst machen, finde ich.

Wolfgang (10:30): Ja, das stimmt. Aber was gibt es noch so für typische Anzeichen, dass man vielleicht zu viel am Bildschirm ist oder eine falsche Position hat. Was sind so die typischen Dinge, die so auftauen? 

Jürgen (10:41): Die typischen Dinge, die auftauen sind nach wie vor Kopfschmerzen, Schulternackenprobleme, Rückenprobleme und das hat alles letztendlich irgendwo was mit Bewegung zu tun. Okay, dann an dieser Stelle. Ich bin ja noch ein Freund von Tips to go oder Tipps to hier, wie man das jetzt nennen würde. Und hast du vielleicht so ein paar Tipps für Leute, die jetzt gerade aus dem Homeoffice uns zuhören, was die jetzt, wenn die jetzt auf ihren Arbeitsplatz gucken, was, was, was können die jetzt gerade in den nächsten zehn Minuten anders machen? 

Jürgen (11:12): Also den wichtigsten Tipp finde ich, man sollte sich mal mit seinem Bürodrehstuhl wirklich auseinandersetzen. Und da würde ich ganz gerne immer die Frage stellen, was wissen wir eigentlich von unserem Stuhl? Und wenn wir einen guten Bürodrehstuhl haben, wissen wir, die meisten, er geht rauf und runter. Und das merken wir auch, wenn wir dann mal vielleicht im Office waren, in den Urlaub waren, jemand hat sich auf den Stuhl gesetzt und nur die Höhe verstellt. Man kommt aus dem Urlaub wieder, das ist so typisch. So sensibel sind wir eigentlich, wer war auf meinen Stuhl? Aber die heutigen Stühle, die haben so viele Einstellmöglichkeiten, dass ich wirklich für meine Person, für meine Körperlänge, für mein Gewicht alles super einstellen kann. Das wäre das Erste. Der zweite Tipp: Schauen Sie mal, oder die Leute sollen mal schauen, wie haben sie sich überhaupt eingerichtet? Wo steht der Schreibtisch? Nicht alle haben einen Stehsitzarbeitsplatz. Aber man muss sich nur klarmachen, wenn ich an einem Küchenarbeitstisch oder an einem Küchentisch arbeite, der ist in der Regel so 5, 6 Zentimeter höher wie ein normaler Büroarbeitstisch. Um 5, 6 Zentimeter heißt ich gehe in den Schultern einfach hoch. Auch das tut wieder weh. Dann finde ich noch ganz wichtig, das Klima, also frische Luft, wie ist der Lichteinfall? Wo kriege ich da Energie her? Und was ist nachher mit meinen Augen tatsächlich? Also wie ist die Bildschirmstellung? Welche Neigung hat der Bildschirm? Welche Höhe hat der Bildschirm? Und wie kann ich meine Augen entlasten? Und das merken wir doch, wenn wir alle nur auf diese kurzen Entfernungen sehen, das ist, als wenn wir zur Nasenspitze schauen. Und wer schaut schon ganz gerne ganz intensiv auf die Nasenspitze? Und wenn man mal in die Ferne schaut, so ab sechs Meter Entfernung. Das ist was Entspanntes für die Augen. Und wenn ich das nicht irgendwo immer wieder mir selber verordne, mal rauszuschauen, mal ein bisschen Bewegung, dann bleibe ich wirklich in so einer starren Sitzhaltung und die ist bestimmt nicht gesundheitsförderlich. 

Wolfgang (13:07): Ich finde das gerade sehr, sehr spannend, weil während du erzählst diese ganzen Punkte. Ich war eben kurz davor, einmal das Fenster aufzumachen. Ich wollte gerade die Höhe von meinem Stehschreibtisch ein bisschen runterfahren, sodass meine Arme vielleicht doch im rechten Winkel eher sind. Vom Gefühl her ist es ein bisschen zu niedrig. Vielleicht muss man sich auch einfach daran gewöhnen. Dann als eben gerade gesagt ist, mit den Augen habe ich nebenbei mal rausgeguckt. Also ich glaube, ich finde mich würde es mal interessieren. Deshalb eine Frage an die Leute, die uns jetzt hier zuhören. Schreibt es doch gerne mal in die Kommentare oder wo auch immer ihr die Folge jetzt hört. Schreibt uns doch mal, schickt uns doch mal eure Meinung dazu, ob ihr das in dem Moment jetzt auch gemacht habt. Wenn ihr euch jetzt mal hinterfragt, habe ich gerade, während Jürgen hier so schön erzählt hat, habe ich auch gerade irgendwie versucht, was zu ändern. Würde mich mal interessieren. Ja Jürgen, es sind schon mal gute Dinge, aber jetzt kam ja auch schon das eine oder andere Mal das Wort Ergonomie auf und ich bin auch mal ein Freund von Definition. Was bedeutet dann eigentlich Ergonomie?

Jürgen (14:06): Ja Ergon, Ergon kommt von Arbeit, Werk und letztendlich Nomus, Gesetz, Regelung. Aber wenn man jetzt Bildschirm -Ergonomie heißt übersetzt. Ich passe die Arbeitsmittel, die Arbeitsbedingungen an meine Person an. Und ich finde es ganz interessant. Wir sind alle unterschiedlich und das ist doch auch gut so. Und warum sollen wir alle mit den gleichen Arbeitsmitteln, zwar die Arbeitsmittel gleich, aber nicht genau auf meine Person, auf meine Bedürfnisse einstellen können? Und das ist eigentlich was dahinter steckt. Die Person in den Fokus zu setzen und die Arbeitsmittel dafür alles gut einzustellen. 

Wolfgang (14:42): Ergonomie am Arbeitsplatz gibt dann auch Ergonomie, wo gibt es das noch beim Schlafen, beim Autofahren? Autos sind die ergonomisch geformt oder wo gibt es das noch? 

Jürgen (14:53): Ja, ich glaube genau da haben wir das Bewusstsein. Also beim Auto letztendlich hat jeder das Bewusstsein. Es würde ja keiner mit dem Auto mal eben so losfahren, um die Ecke fahren, sondern da würde man den Sitz einstellen, die das Lenkrad einstellen, die Spiegel einstellen. Da habe ich so ein Sicherheitsempfinden. Ergonomie glaube ich kennen wir alle aus dem Schlafzimmer. Letztendlich die Matratze. Wenigstens seit den letzten Jahren, wo wir eine großartige Werbung haben, was uns bewusst macht, auf welche Matratze sollte man liegen und so weiter. Wie ist denn das jetzt bei euch in der Verwaltung? Wenn dort jetzt neue Arbeitsplätze eingerichtet werden oder wenn Kollegen, die neu anfangen, wenn die ankommen, Mensch, Jürgen, hast du nicht Tipps für mich, wie ich meinen eigenen Arbeitsplatz zu Hause einrichten soll. Du da eben gerade schon mal ein paar Beispiele gebracht. Aber mir fallen ja noch so ein paar andere Dinge ein, so wie ich habe eine ergonomische Maus zum Beispiel oder keine Ahnung, ich habe eine Fußbodenheizung oder ich mache mal Fenster auf um zu lüften. Aber hast du da noch mal so ein paar Punkte, die wichtig sind? 

Jürgen (16:00): Ja wichtig, man muss wirklich mal auf den Körper hören, also auf seinen Körper. Was braucht eigentlich mein Körper? Ich glaube, wir neigen zu schnell zu Ja, die Symptome zu bekämpfen, aber nicht wirklich mal den Körper zu hinterfragen. Was brauche ich jetzt? So und dann fängt man wirklich an. Wie hoch ist der Stuhl? Wie kann ich den Stuhl richtig gut einstellen? Der nächste wäre dann ich brauche einen Tisch und ein Tisch sollte wenigstens so 120. Man sagt regulär von der Arbeitsstättenverordnung her brauche ich 1,60 mal 80er. Also auch, dass ich einen guten Arbeitsplatz habe. Was sich immer ganz interessant ist, zu welcher Seite fällt das Licht eigentlich ein? Also ich sollte seitlich zum Fenster sitzen. Das heißt, dass ich das Licht von der rechten oder von der linken Seite kriege. Und ich finde das auch zum Beispiel total interessant, wenn man rechts hinter ist, ist es eigentlich schöner, wenn das Licht von der linken Seite kommt. Weil sonst würde ich ja letztendlich im Schatten schreiben. Und das hat dann wieder was mit dem Sehnen zu tun. Ja, so alles, was wir an Arbeitsmittel bekommen, ist letztendlich schon ergonomisch. Also ich kann das meiste wirklich einstellen. Heute ist aber festzustellen, so ein Trend gerade bei den Mäusen, wenn man viel mit Mäusen arbeiten wird, gibt es mittlerweile Vertikalmäuse. In ganz vielen Ausfertigungen hat nur den Nachteil, ich muss den wirklich in meine Hand nehmen. Also ich kann nicht einfach sagen, ich brauche jetzt eine Vertikalmaus und die nehme ich, sondern eine Vertikalmaus muss schon in meine Hand passen und dementsprechend einen etwas größeren Ausfall.

Wolfgang (17:42): Okay, du hast ja vorhin schon mal konkret den Stuhl angesprochen aber generell was ist denn eigentlich ist mal gesundheitsförderliches Sitzen. Ich habe zum Beispiel in meinem eigenen Büro habe ich einen Stuhl und der ist für Morbus Bechterew erkrankte Leute eigentlich gedacht das ja auch so eine so eine so eine Krankheit wo man so die nicht so viele Druckpunkte haben darf, weil man so viele Schmerzen hat. Und das ist so auf so Fieberglas mäßig und ist wie dieses Pezziball-Prinzip. Man muss sich so ein bisschen selber ausgleichen. Und ich glaube, das ist schon ziemlich gut. Das Ding war auch ziemlich teuer. Aber generell, was ist denn eigentlich gesundheitsförderliches Sitzen? Und wie lange sitzt man denn eigentlich so auf dem Stuhl so standardmäßig?

Jürgen (18:26): Ja, das ist eine gute Frage. Also erstmal finde ich es sehr schön, dass wir über gesundheitsförderliches Sitzen sprechen und da nicht über richtiges oder falsches sitzen, weil ich glaube, jede Sitzposition hat seine Vor - und Nachteile. Was ich nur jedem wirklich mal empfehlen kann, ist, so ein Sitzprotokoll mal zu schreiben. Also sich mal wirklich Gedanken machen, wie viele Stunden sitzt man am Tag und auf welchen Gegenstände sitzt man. So wie wir es jetzt statistisch gesehen über alle Menschen in Deutschland sitzen wir 9 ,2 Stunden pro Tag. Bei den Bildschirmarbeiterinnen und Arbeiterinnen sind es irgendwo zwischen 13 und 14 Stunden. 

Wolfgang (19:03): Wow! 

Jürgen (19:04): Ja! Und weil wir gerade auch so sagten, Fitnessstudio, selbst im Fitnessstudio, zwei Drittel aller Übungen sind im Sitzen. Und wenn man das dann mal alles zusammenzählt und sieben Stunden schlafen, dann weiß man, wie viel Zeit oder wenige Zeit noch bleibt für die Bewegung. Deswegen finde ich, ein Stuhl, der muss zu der Bildschirmarbeit passen. So und das heißt, wenn man jetzt ganz einfach sagt, was hat so ein Stuhl? Er muss fünf Rollen haben. Die Rollen müssen nach der Beschaffenheit des Bodens sein. Die Höhe wäre dann ausschlaggebend. Also es gibt auch Bürodrehstühle für kürzere Personen mit kürzeren Federn, längeren Federn. Die Sitzflächen, die Verstellung, die finde ich auch sehr wichtig, weil die Oberschenkellänge auch bei uns Menschen ist total unterschiedlich, sodass ich da eine gute Unterstützung erfahre. Und dann gibt es noch Stühle, die ich wirklich auch in der Sitzneigung verstellen kann, also ein bisschen anschrägen kann. Das wäre nochmal so on -top. So, der nächste Punkt wäre für mich wirklich die Rückenlehne. Dass die genau nach meinem Körper geformt ist. Also dass sie eine gute Lordosenstütze hat, dass sie eine gute Höhe hat. Und ganz wichtig, dass die einen Gegendruck hat. Das heißt, wenn ich mich leicht nach hinten lehne, dass ich nicht falle, sondern wirklich unterstützt werde und auch das Gleiche nach vorne. So und dann habe ich noch die Armlehnen, die ich passend einstellen soll. So und alles was du auch gerade sagtest Wolfgang, hier Pezzibälle, es gibt da noch ganz unterschiedliche alternative Sitzmöbel, muss man sich nur im Klaren sein, wenn ich dann Bildschirmarbeit mache. Ich schaue immer auf einen Bildschirm, der starr ist. So und das andere heißt, ich muss dann irgendwie mit meinem Körper sehr wahrscheinlich dann mit den Augen das ausgleichen, wo ich dann beweglich werde oder in Bewegung. Dann lieber würde ich immer vorschlagen, im Homeoffice dürfte das nicht das Problem sein, irgendwo in der Ecke stellen, mal ein, zwei Minuten kurze Arbeitsunterbrechung machen, dann wirklich Strecken, Recken, Dehnen, Übungen machen und dann wieder frisch auf einem guten Drehstuhl arbeiten. 

Wolfgang (21:15): Okay. Und eine Frage, die ich jetzt hier für mich, ich bin jetzt ein bisschen eigennützig. Ich sitze und stehe also zwischenzeitlich. Manchmal erwische ich mich oder habe ich mich dabei, dass ich tagelang nicht gestanden habe, also beim, beim Arbeiten. Heute habe ich gesagt, nee, ich habe einen Podcast mit Jürgen. Da muss ich mit einem guten Beispiel vorangehen und hier stehen. Aber was ist denn so eine perfekte Symbiose, eine perfekte Mischung zwischen sitzen und stehen? Ich habe immer mal gehört, nur stehen ist auch nicht so gut.

Jürgen (21:43): Nein, also nur stehen ist auch nicht so gut. Hat was dann auch viel dann mit dem Kreislauf zu tun. Man geht heute davon aus, dieses Supermodelmaß für Büroarbeit 60, 30, 10 kann ich nur jedem empfehlen. 60 Prozent Sitzzeit, 30 Prozent Stehzeit, 10 Prozent Bewegung. So und das muss man aber oder man da sollte es nicht ansparen oder wie auch immer, sondern tatsächlich auch wieder hier nach Körpergefühl machen. Körpergefühl heißt, wenn ich jetzt irgendwo schwere Beine bekomme oder im Rücken zwickt es, dann einfach runtergehen, weiter arbeiten im Sitzen. Ja. Nur das Problem an der ganzen Sache ist, so ist meine Erfahrung, wenn ich einmal sitze, dann komme ich eigentlich wieder nicht in die Stehposition raus. Deswegen finde ich es eigentlich so ein kleines Training oder als Ritual zu verstehen. Jedes Mal, wenn ich meinen Büroarbeitsplatz verlasse, stelle ich erst den Tisch in Stehhöhe. Und jedes Mal, wenn ich reinkomme, fange ich im Stehen an. 

Wolfgang (22:42): Okay, ja. 

Jürgen (22:43): So somit kann ich mich so ein bisschen konditionieren, so ein kleines Trainingsprogramm machen. Und dann kriege ich das wieder flexibel rein. 

Wolfgang (22:53): Ja, ich habe das Gefühl morgens, wenn ich mich selber sehe mit meinem Kaffee und meiner Müslischüssel hier zum Schreibtisch wandere, dann, auch wenn er oben wäre, ich würde es glaube ich erst mal unten machen, damit ich meinen Curry erst mal so in Ruhe genießen kann. Und dann nach der ersten Sitzblockade würde ich ihn dann irgendwann hochstellen. 

Jürgen (23:12): Ja, warum nicht? Warum nicht? Und da muss jeder, finde ich, auch wirklich für sich selber entscheiden, wie möchte ich es gerne machen? Wann möchte ich wirklich? Aber vielleicht, wenn ich darf, auch dazu einen Tipp. Mit der Müslischale schon anfangen zu arbeiten. Hat man nicht die zwei Minuten wirklich mal in Ruhe noch zu frühstücken? 

Wolfgang (23:29): Doch, doch, doch. Manchmal mache ich mir dann so Nachrichten an hier. Bei mir ist ja auch Homeoffice und selbst und ständig und irgendwie ist das das, was ich mir ausgesucht habe und wäre das schon recht. Ja, ab und zu mache ich das auch mal nach Bilderbuch dann. Das würde mich interessieren. Vielleicht können wir jetzt ganz kurz einmal die Leute, die hier zuhören und die jetzt zufällig gerade irgendwie an dem Arbeitsplatz sind animieren. Jetzt macht mal bitte mit, weil Jürgen wird jetzt eine kleine Session machen und mal sagen, wie ihr am besten euren Stuhl mal einstellen sollt. Vielleicht auch den Monitor einrichten sollt. So vielleicht können wir das mal kurz so machen. Deine Bühne.

Jürgen (24:07): Ja, gerne. Also Vorteilhaft ist erst mal vom Schreibtisch wegzugehen, dass ich mich wirklich komplett auf den Stuhl konzentrieren kann. Dann sollte ich mich als erstes, und das ist meistens so mit der rechten Hand, habe ich den Hebel, wo ich mich rauf - und runtersetzen kann. Also normalerweise etwas tiefer setzen, schauen, dass die Füße schön flach auf dem Boden sind, leicht nach vorne gestreckt und jetzt bitte kein Geodreieck rausnehmen, aber annähernd einen rechten Winkel im Kniegelenk haben. Das wäre perfekt. Die nächste Möglichkeit, wenn ich die Höhe richtig eingestellt habe, wäre dann die Sitztiefenverstellung. Dazu muss man meistens aufstehen. An der rechten oder linken Seite des Stuhls finde ich einen kleinen Hebel unter dem Sitz, wo ich die Sitzplatte etwas nach vorne stellen kann. Da ist es vorteilhaft, wenn zwischen Knie und Sitzkante ungefähr eine Handbreite Platz ist, sodass nichts eingeklemmt wird. Das wäre erstmal für den Sitz. Sitzhöhe, Sitztiefe super. Im nächsten Schritt würde ich mich dann um die Rückenlehne kümmern. Das heißt die Rückenlehne nach Möglichkeit erst in einer senkrechten Position, die dann einmal feststellen und dann die Rückenlehne, wenn es geht, mit der Höhenverstellung ganz nach oben stellen. Dann lehne ich mich kurz an und spüre mal, wie diese Rückenlehne tatsächlich zu meinem Kreuz passt. Und dann fange ich langsam von oben an und lasse die Rückenlehne runterkommen, sodass meistens hat die Rückenlehne so einen kleinen Buckel, das nennt man dann Lordosenstütze die oberhalb meines Beckens tatsächlich auch im Lendenwirbelbereich sich einfindet und ich mir dann sage ja das ist bequem. Wenn ich die Höhe habe dann kann ich die Dynamik wieder einstellen das heißt den Hebel bewege ich dann wieder das ich wippen kann und die meisten Stühle haben eine Einstellung, dass ich die Vorspannung dieser Rückenlehne einstellen kann entweder über einen kleinen Drehhebel oder über einen weiteren Hebel, den ich betätigen kann. Und da ist es so, dass ich das also nicht nach hinten runterfallen soll. Also wenn ich mich gegenlehne, nicht dass ich hinten umkippe, aber auch nicht, dass ich so viel Kraft aufwinden muss, dass ich im Prinzip nach vorne rausgeschleudert werde. Die Kunst dabei ist es tatsächlich nach meinem Gewicht so einzustellen, dass ich so leicht in Balance komme. Und wenn ich das habe, ist das schon richtig, richtig gut. Im nächsten Schritt dann bitte noch kurz die Armlehnen einmal die Armlehnen ganz nach unten, also die Höhe. Und dann schauen sie mal bitte, ob sie Armlehnen haben, wo sie auch eine Breitenverstellung haben. Dann lassen sie nur einfach mal ihre Arme runterfallen. Dann sollten die auf die Armlehnen treffen. Dann haben sie die Breite richtig eingestellt. Und dann würde ich mir wünschen, nach einem entspannten Tag oder nach einem entspannten Wochenende die Schultern so ein bisschen nach hinten nehmen, runterziehen und dann den Arm rechtwinklig anwinkeln. Und darunter sollte dann letztendlich die Armlehne fassen. Somit haben sie dann eigentlich ganz schnell den Stuhl optimal eingestellt. Ich verspreche ihnen, sie werden erst mal ein bisschen Muskelkater bekommen, weil letztendlich wir benutzen dann Muskeln, die wir vielleicht bis dahin nicht so beansprucht haben. Und zum zweiten Mal noch ein ganz, ganz wichtiger Tipp finde ich, wenn sie sich nächstes Mal setzen, greifen sie bitte zuerst die Armlehnen und setzen sich ganz bewusst hin, weil wir Menschen nehmen einen Höhenunterschied ab 4 Millimeter wahr. Und das heißt, wenn ich mich setze und im Sitzprozess bin und der Stuhl kommt nicht da, wo mein Körper das vermutet, dann habe ich das Gefühl, dass ich falle. Und wenn ich falle, dann ziehe ich den Stuhl wieder nach oben und bleibe oben sitzen. So, wenn ich den Stuhl dann habe, dann einfach die Arme drauf, sodass dann die Handinnenflächen nach Möglichkeit über die Schreibtischplatte gehen. Dann wäre auch die Höhe des Schreibtisches perfekt eingestellt. So, und dann muss man sich mit dem Monitor Tastatur, also die Tastatur sollte bei das weit vorne liegen, die Maus daneben, den Bildschirm dann gegenüber und die Bildschirmentfernung sagt man ganz einfach, wenn ich richtig gut sitze, eine Handlänge, also die Arme ausstrecken und dann sollten an den Fingerkuppen ungefähr der Bildschirm kommen. Achten Sie bitte darauf, dass der Bildschirm schräg gestellt ist, also leicht oben nach hinten, und nicht zu hoch. Bei der Höhe gibt es wieder so eine Faustformel nicht unbedingt auf A oder höher wie die Augen sind eher etwas nach unten aber dazu gibt es eigentlich eine ganz schöne Anleitung wenn man mal kurz die Augen schließen würde dann das Kinn runter für zur Brust einmal überstreckt dann den Kopf langsam hebt einmal nach oben hin komplett überstrecken ganz hoch und jetzt bitte mal den Kopf so einpendeln lassen dass er ganz bequem ist bitte die Augen weiterhin geschlossen halten und dann nur die Augenäpfel einmal nach unten zum Boden, als wenn man zum Boden schauen würde. Die Augenäpfel jetzt anheben, als wenn man zur Decke schauen würde und jetzt die Augen da einpendeln, wo es ganz bequem ist und dann blitzartig die Augen öffnen. Auf dieser Höhe sollte ungefähr im oberen Drittel, also der erste Blick sollte im oberen Drittel des Bildschirms liegen. Dann wäre der Bildschirm auch für uns perfekt eingestellt. 

Wolfgang (29:25): Also ich habe jetzt nebenbei versucht mitzumachen. Ich habe hier auch, falls ihr das gehört habt. Mein Bildschirm ist ein bisschen nach hinten gebogen. Das ist echt komisch. Ich habe immer mehr nach vorne gebogen, weil ich dachte, die Farben sind satter. Wie viel Grad sind das ungefähr? 

Jürgen (29:41): Ganz einfach. Einfach ein Buch in der Hand nehmen oder ein Stück Papier und dann mal schauen, wie halte ich ein Stück Papier oder ein Buch eigentlich in der Hand, wenn ich lesen möchte. 

Wolfgang (29:52): Ein bisschen schräg. Ja.

Jürgen (29:55): Wenn man jetzt mit dem Geodreieck arbeiten möchte, dann sollte der Blick im rechten Winkel auf den Bildschirm treffen. Das wäre das Optimale. Aber ich vergleiche es gerne immer mit dem Buchlesen. Wenn ich ein Buch lese, wie halte ich das? Und das produziere ich letztendlich auf dem Bildschirm. 

Wolfgang (30:11): Ja, das sind echt tolle Tipps hier. Dankeschön, Jürgen. 

Jürgen (30:13): Ja, gerne. 

Wolfgang (30:14): Für mich jetzt nochmal Stehschreibtisch, Standing Desk. Wie soll der eingestellt sein? 

Jürgen (30:19): Also beim Steh -Sitzarbeitsplatz, also wenn ich stehen möchte, ganz wichtig auf Schuhwerk achten. Je flacher, desto besser muss man einfach sagen. 

Wolfgang (30:31): Barfuß? 

Jürgen (30:32): Barfuß könnte das halt zu Hause ja, weil da vielleicht mit Fußbodenheizung soweit ist es angenehm. Im Büro weiß ich nicht unbedingt, ob man das barfuß machen sollte. Dann einen ganz normalen Stand, also leicht in die Knie gehen. Schultern auch hier nach unten. Arm dann zur Seite nehmen. Das heißt wieder in rechten Winkel und dann sollte die Platte auch hier unter die Handfläche sein.

Wolfgang (30:53): Also ich müsste ihn, so wie bei mir jetzt wahrscheinlich, 15 Zentimeter nach unten stellen, den Schreibtisch. Ja. Mindestens. Weil ich hab jetzt so, wenn ich ihn so mache, dann ist es eher so wie in einer Bar, an so einem Stehtisch. Jetzt füllt noch hier ein Kölsch in der Hand und dann, das wäre die richtige Position für so eine Bar.

Jürgen (31:09): Ja. Aber was gerade die Bar oder die Theke einen Vorteil hat, warum stehen wir Menschen eigentlich gerne an Theken oder auch an Stehtischen so im Garten? Was haben die eigentlich Besonderes?

Wolfgang (31:22): Was zu essen darauf und zu trinken. 

Jürgen (31:23): Eben nicht. Ja, das auch. Aber letztendlich unten diese Fußleiste an einer Theke. So und das finde ich total genial. Es gibt so kleine, ja, die nennt man, nee, es gibt so kleine Blöcke im Baumarkt, wo die Floristen so Blümchen reinstecken. Und den wirklich unten auf den Boden legen und einen Fuß drauf stellen. Damit steht man wesentlich gerader. Das heißt, das Becken wird aufgerichtet und ich mache dann im Oberkörper nicht so ein Rundrücken. also Kurs glaube ich 1 ,50 Euro. Ist schön klein. Ich kann dann mal rechts, mal links. Damit steht man einfach gerader wie an der Theke. Nur dann ein bisschen Wasser dabei.

Wolfgang (32:09): Ja, das mache ich. Versprochen. Gut, für alle, die jetzt mal ein bisschen Lust haben, was nachzulesen. Hast du da irgendwie ein paar Ressourcen an der Hand, die wir den Zuhörern hier empfehlen können, dann würde ich auch die Links quasi in die Show Notes packen, also jeder Podcast oder auf jeder Podcast Plattform, wo man das hört, egal ob Spotify, Apple Podcasts, Amazon, da gibt es immer eine Beschreibung und da kann man jetzt nachgucken und sich dann und dann quasi auf die Links klicken und dann kriegt man ein paar mehr Informationen.

Jürgen (32:39): Ja, also einmal in Nordrhein -Westfalen gibt es das Landesinstitut für Arbeit. Dort gibt es wirklich für Homeoffice ganz viele Broschüren auch mit Bewegung und so weiter, wie man seinen Homeoffice das Arbeitsplatz einrichten soll. Ansonsten muss man wirklich sagen, die Verwaltungsberufsgenossenschaft, die hat sagenhafte Informationen für alle zugänglich. Selbstverständlich können wir die Seiten gerne verlinken.

Wolfgang (33:05): Gut, Jürgen, wir sind fast am Ende des Podcasts angelangt schon. Bin ich sehr, sehr stolz darauf, dass wir das jetzt so gut hinbekommen haben hier. Also vor allen Dingen auch in einer wirklich sehr konsumierbar, gut konsumierbaren Zeit. Wir sind jetzt bei Minute 35 gerade und ich sage jetzt wieder drei Worte und du sagst mir einfach mal deine Gedanken zu jedem einzelnen Wort. 

Jürgen (33:30): Ja gerne. 

Wolfgang (33:31): Das Wort Gesundheit. 

Jürgen (33:33): Das Wort Gesundheit bedeutet für mich sehr viel, weil ich möchte 102 Jahre werden. 

Wolfgang (33:39): Ja, warum diese konkrete Zahl?

Jürgen (33:40): Die habe ich mir mal irgendwann ausgedacht. Die finde ich einfach interessant. Meine Mutter ist 91. Vielleicht kann ich etwas älter werden und die ist noch richtig fit dabei, muss man sagen. Das ist toll. Das ist erstrebenswert.

Wolfgang (33:55): Tolles Ziel. Ich mache mit. Ich werde 103. 

Jürgen (33:59): Okay, freut mich. 

Wolfgang (34:01): Homeoffice. Homeoffice hat Vorurteile für mich, da ich am Niederrhein wohne und in Köln arbeite ist das wirklich Lebensqualität, die ich nicht im Zug sitz muss. Also keine langen Strecken. Aber ich sehe mich auch wirklich manchmal zurück ins Büro, um letztendlich meine Kolleginnen und Kollegen zu sprechen, auszutauschen. Das fehlt mir schon. 

Wolfgang (34:28): Aber du musst nicht ins Homeoffice, sondern du kannst, oder? 

Jürgen (34:31): Genau. Wir haben ja sogenannte Flexwork heißt das. Drei Tage da, wenn ich in der Woche Homeoffice machen und zwei Tage dann im Office. Also dieses Flexibel ist schon sehr schön. 

Wolfgang (34:42): Und nutzt du das auch oder sagst du auch manchmal, ich bin fünf Tage im Office? 

Jürgen (34:46): Da ich viel auch noch in den Finanzämtern bin, also wirklich unterwegs bin, auf Dienstreisen bin, hält sich das tatsächlich die Waage irgendwo. 

Wolfgang (34:56): Okay. Ergonomie hatten wir ja schon mal. 

Jürgen (35:00): Ergonomie finde ich total interessant. Zu Hause liegt oder im Privaten legen wir ganz viel Wert darauf. Ja, also neue Küche. Dann kann man ja sagen. Oh ja, meine neue Küche kommt alle hier schauen. Ich würde mir immer wünschen, wenn wir alle sagen können, hey, schau mal, mein Stuhl, mein Tisch, mein Bildschirm und das ist doch alles super und damit geht es mir richtig gut bei der Arbeit. 

Wolfgang (35:21): Ja, das könnte man ja schon quasi so fast so als dein Abschlusssatz hier sehen, denn ich wollte dir jetzt noch mal die Möglichkeit geben, unseren Gästen, unseren Zuhörern da draußen einfach mal ein paar Worte noch mitzugeben zum Thema Homeoffice. Waren das jetzt schon die Wörter oder hast du noch ein andere? 

Jürgen (35:37): Wirklich versuchen, dann das Office, also auch im Home, die Trennung hinzukriegen. Die Trennung hinzukriegen, wann mache ich wirklich Feierabend? Wann habe ich mein Privatleben? Beim Home-Office versuchen, mehr in Bewegung zu kommen, weil die Wege zur Arbeit, letztendlich auch die Wege im Wohnraum sind einfach alle kürzer und wir brauchen die Altersbewegung. Vielleicht abends mal zum Abschalten dann auch einen Spaziergang machen, also alles abbauen. rausgehen, als wenn ich wirklich vom Office nach Hause gehe und dann wieder in die Wohnung reinkomme und sage, ja, jetzt habe ich Feierabend und dann auch wirklich alles bei den Sachen lassen. 

Wolfgang (36:20): Ja, das sind wirklich tolle Tipps. Also da muss ich mir auch mal an meine nicht zu kurze Nase fassen. Jürgen, ein kleiner Hinweis von mir an dieser Stelle. Die FAH hat ganz, ganz viele verschiedene spannende Seminarangebote, auch zu dem Themengebiet. Schaut einfach mal in den Seminarkatalog rein. Ich werde auch davon den Link in die Show-Notes packen. Also schaut euch einfach mal an. Hier mein kleiner Tipp zum Ende nochmal. Also Jürgen, vielen lieben Dank. Ist er jetzt? Wir nehmen gerade den Podcast auf dem Freitag auf. Jetzt ist es kurz vor vier. Hast du jetzt gleich Feierabend? 

Jürgen (36:54): Ja, ich habe jetzt gleich Feierabend und dann ist auch für mich Wochenende. 

Wolfgang (36:57): Ja, und was machst du heute noch Schönes?

Jürgen (37:00): Ich werde mich jetzt um mein Hobby noch kümmern. Ich habe so kleine Ziertäubchen, die ich züchte. Und die brauchen auch ihre Pflege. Also ich bin dann draußen und schaue, dass ich die Ställe wieder in Ordnung kriege, dass die Tierchen sich wohlfühlen. Und das ist mein Ausgleich. 

Wolfgang (37:16): Und was macht man mit Ziertäubchen? Also guckt man sich die an oder legen die Eier oder werden die auch gegessen? 

Jürgen (37:20): Nee, gegessen nicht. Also das ist wirklich Arterhaltung. Ich versuche wirklich bestimmte Kleinstäubchen. Also die sind nicht viel größer wie ein Spatz. Den kennt man, glaube ich. Toll. Und die versuche ich zu erhalten, letztendlich zu vermehren und unter anderen Züchtlern zu tauschen. 

Wolfgang (37:42): Gibt ja auch so ein Sprichwort, besser ein Spatz in der Hand als eine Taube auf dem Dach. Aber bei der Größe geht das nicht so richtig. 

Jürgen (37:48): Das ist wirklich Liebhaberei. 

Wolfgang (37:51): Okay, Jürgen, dann ganz viel Spaß mit deinen Tauben heute. 

Jürgen (37:57): Danke. 

Wolfgang (37:58): Und liebe Grüße an den, was war das, Niederrhein? 

Jürgen (37:57): Niederrhein

Wolfgang (37:58): genau, der Niederrhein. Genau, an den Niederrhein. Und ich hoffe, dir hat es Spaß gemacht, auch in deiner Podcast -Premiere hier. Und vor allen Dingen hoffe ich auch, dass unseren Zuhörern da draußen Spaß gemacht habt und ihr zur nächsten Folge wieder einschaltet, wenn es wieder heißt, Flurfunk aus Herne, dein Verwaltungstalk. Also Jürgen, in diesem Sinne, schönen Abend jetzt. Tschau. Ja, 

Jürgen (38:17): danke Wolfgang, dir auch. Alles Gute. Danke. Tschüss. 

Wolfgang (38:21): Das war Folge 4. Ich hoffe, ihr habt genauso viel Freude beim Zuhören gehabt, wie ich beim Aufnehmen. Vielen Dank an Jürgen für die wertvollen Einblicke in die Gesundheitsaspekte unserer täglichen Arbeit. Ich hoffe ihr konntet einige praktische Tipps mitnehmen und setzt vielleicht schon den einen oder anderen um. Denkt daran, eure Gesundheit ist das kostbarste Gut. Ich freue mich schon auf unsere nächste Folge in der wir wieder spannende Themen erkunden werden. Bis dahin wünsche ich euch eine inspirierende Zeit. Bleibt gesund und bis bald.

Porträt von Holger Gerdes mit dem Schriftzug Sicherheits- und Brandschutzexperte und dem Podcasttitel Hat mal jemand auf den Fluchtplan geschaut

#3, Februar 2024 - Wir sprechen mit Holger Gerdes, Verwaltungs-Urgestein, ehemaliger Verwaltungsleiter der Fortbildungsakademie und Experte im Themengebiet der Arbeitssicherheit. Er gibt unterhaltsame und spannende Einblicke in seine über 46-jährige Berufserfahrung in der Verwaltung und warum so ein wichtiges Thema wie der Arbeitsschutz in der Praxis noch ziemlich vernachlässigt wird.

© FAH

Wolfgang (00:01): Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge Flurfunk aus Herne – der Verwaltungstalk. Dein Podcast, wenn es um topaktuelle Themen und Learnings aus der Verwaltung geht. Mein Name ist Wolfgang Patz, ich bin Podcast-Coach und Moderator und im Auftrag der Fortbildungsakademie des Ministeriums des Innern NRW spreche ich alle zwei Wochen mittwochs mit spannenden Persönlichkeiten aus Wissenschaft und dem öffentlichen Sektor. Heute zu Gast: Holger Gerdes. Verwaltungsurgestein, ehemaliger Verwaltungsleiter der Fortbildungsakademie und Experte im Themengebiet der Arbeitssicherheit. Holger lässt uns in dieser Folge an seiner 46-jährigen Berufserfahrung in der Verwaltung teilhaben und wir sprechen darüber, warum so ein wichtiges Thema wie der Arbeitsschutz in der Praxis noch ziemlich vernachlässigt wird.

Wolfgang (00:46): Wunderschönen guten Morgen wünsche ich dir Holger, herzlich willkommen hier im Flurfunk aus Herne, deinem Verwaltungstalk, aber wem sage ich das, ne?

Holger (00:53): Ja, eben.

Wolfgang (00:57): Ja, Holger, erzähl doch mal bitte ganz kurz, wer du bist, wo du herkommst, wie alt du bist, was du gerne zum Frühstück isst und deine Verbindung zum öffentlichen Dienst.

Holger (01:09): Oh, haben wir zwei Stunden Zeit? Glaub nicht, aber mach ich's kurz. Also ich bin Gelsenkirchener Junge, Mensch aus dem Ruhrgebiet, werde jetzt demnächst 65 Jahre alt. Bin seit 1977 Landesbeamter. Angefangen mal am 01.03.1977 beim Versorgungsamt in Gelsenkirchen. Und dann hat es mich durchs Land getragen. Ich bin dann fast 30 Jahre lang in der Staatskanzlei gewesen, habe da ganz verschiedene Aufgabenbereiche betreut. Und nachdem Herr Laschet dann mein siebter Ministerpräsident wurde, habe ich mir gedacht, ach komm, sieben ist genug. Jetzt suchst du dir mal was Heimatnahes. Jeden Tag anderthalb Stunden hin, anderthalb Stunden zurück, ist dann mit fortgeschrittenem Alter auch nicht mehr so ganz hinnehmbar oder ertragbar. Und dann hat sich die Gelegenheit ergeben, dass hier in der Akademie in Herne ein Verwaltungsleiter gesucht wurde. Ich habe die Voraussetzungen erfüllt und freue mich, dass ich jetzt seit dem 01.01.2018 in einer Viertelstunde im Büro bin und da ist der Stopp beim Bäcker schon eingerechnet.

Wolfgang (02:23): Was gibt es denn beim Bäcker?

Holger (02:24): Ja, da entscheide ich mich dann jeden Morgen. Wenn ich morgens losfahre, weiß ich noch gar nicht, was ich frühstücke, ob ich herzhaft deftig frühstücke oder ob ich süß frühstücke. Heute Morgen war Nutella und Erdbeermarmelade dran.

Wolfgang (02:39): Und das schmieren die dir schon fertig beim Bäcker? Erdbeermarmelade und Nutella?

Holger (02:42): Ne, ne, das nehme ich dann mit. Das nehme ich dann mit.

Wolfgang (02:45): Achso. Hast du einen Kühlschrank oder was?

Holger (02:46): Ne, das kriegt man so in Portionsdöschen mit. Und dann, wenn ich Rührei haben will, das liegt dann da schon fertig und schon eingepackt im Brötchen.

Wolfgang (02:57): Ich finde den Geruch ja so toll, wenn man in eine Bäckerei geht. Also ich verbinde es auch irgendwie ganz klassisch mit Deutschland. Und es erinnert mich immer so an Berliner oder Pfannkuchen mit Guss.

Holger (03:10): Ja, ja, so ist es.

Wolfgang (03:11): Ich weiß nicht, ob du die gerne magst, aber irgendwie ist das immer so eine Erinnerung für mich, wenn ich in den Bäcker gehe. Okay. Ja, und jetzt, wann hört dann dein Dienst offiziell auf?

Holger (03:21): Ja, in genau 14 Tagen. Am 30.06. ist mein letzter Arbeitstag in der Akademie als fester Mitarbeiter. Ich bleibe noch ein bisschen hinterher als freier Mitarbeiter. Aber am 30.06. werden wir hier nochmal die Bude rocken und da werde ich mich hier mit einem großen Knall verabschieden.

Wolfgang (03:42): Belegte Brötchen mit Marmelade oder was Herzhaftes?

Holger (03:46): Nein, nein, da kommt was Anderes. Meine andere Spezialität ist die Currywurst von Dönninghaus, die auch Herbert Grönemeyer schon in seinem Lied besungen hat und die alles in Schatten stellt. Also alle, die mich kennen und auch von früher kennen, wissen, wenn sie zum Holger gehen, gibt es Currywurst von Dönninghaus.

Wolfgang (04:05): Und was kann die so? Ist die mit Darm, ist die ohne Darm?

Holger (04:09): Die ist mit Darm, also nicht die Berliner für die Zahnlosen, sondern die ist richtig mit Darm, ist auch keine rote Wurst, sondern eine weiße Wurst. Die Steigerung zu dieser ohnehin schon guten Wurst ist dann die die Soße, die dazu gehört. Die gehört da zwangsläufig zu. Nie eine Currywurst von, also eine Bratwurst von Dönninghaus, mit einer anderen Currysoße zusammenbringen. Das wäre Frevel. Zu später Stunde werden wir dann in die frisch renovierte Kellerbar gehen und da den Tag noch ein bisschen ausklingen lassen.

Wolfgang (04:43): Die Kellerbar bei euch in Herne?

Holger (04:45): Ja.

Wolfgang (04:46): Ah ja. Wie sieht die aus? Ist das so eine richtig schöne – 

Holger (04:49): Ja, das ist schon. Ja, die ja, die kann man schon mieten. Die ist mal jahrelang stiefmütterlich gewesen, weil es war nur ein schwarzes Loch. Das Ding hieß auch Black Max. Nach einem dunklen Bier benannt hier aus Bochum und war innendrin total dunkel. Das war ein Depressionsraum. Und dann habe ich irgendwann, ich komme ja nun aus der Branche ursprünglich, habe ich gesagt: So kann man, wenn man möchte, dass die Leute das annehmen, kann man kein Angebot machen. Das muss hell sein, freundlich sein. Da muss Farbe rein. Und dann habe ich da eine total geile Lichtanlage rein gebaut. Also da habe ich mich dann auch von einem echten Profi beraten lassen. Und wir haben eine vernünftige Soundanlage reingemacht. Und dann für die Fußballverrückten haben wir auch noch so über der Bar zwei Fernseher, auf einer langen Wand auch mal so ein Riesenfernseher, da kann man dann auch Fußball gucken, wenn nicht gerade Länderspiel ist, was man sich ja nicht mehr angucken kann. Aber so, und da haben wir einen richtig schönen, schönen erlebniswerten Raum geschaffen. Und der wird jetzt seitdem auch super angenommen. Früher ist da keiner reingegangen. Alle haben gesagt, ne, ach, da unten dieser dunkle Raum, da wollen wir nicht rein und so. Und jetzt ist da richtig Betrieb drin. Also unsere Seminarteilnehmer gehen abends nach dem Seminar gerne noch mal da unten auf einem Bier rein und vor allen Dingen sie stören da keinen. Das ist im Keller unten, da hört man nichts. 

Wolfgang (06:28): Holger, du hast mich überzeugt, ich werde mir den Tag freihalten. Ja, ich komme. 

Holger (06:32): Ja, das werden wir machen.

Wolfgang (06:37): Okay. Jetzt kommen wir zur kleinen Fragerunde, bevor wir so richtig in die Tiefe steigen. Und zwar ist es eine kleine, kurze, knackige Warm-Up-Frage-Runde. Und die beginnt mit der folgenden Frage. Currywurst oder Döner?

Holger (06:49): Currywurst.

Wolfgang (06:50): Na ja, klar. Eigentlich steht hier Bockwurst, aber ich dachte, ich muss das mal umdichten.

Holger (06:54): Aber dann wäre es Bockwurst gewesen.

Wolfgang (06:56): Ja, okay, gut. Fußball oder Olympiade?

Holger (07:00): Beides.

Wolfgang (07:02): Online Seminar oder Seminar in Präsenz?

Holger (07:05): Präsenz.

Wolfgang (07:07): Wasserfeuerlöscher oder Schaumfeuerlöscher?

Holger (07:09): Kommt auf das Feuer an.

Wolfgang (07:12): Okay, wenn es lodert, dann... Ja, ich hatte auch noch das – 

Holger (07:14): Es kommt drauf an, was brennt. Manche Sachen kann ich mit Wasser nicht ausmachen. Manche Sachen kriege ich aber auch mit Schaum nicht ausgemacht.

Wolfgang (07:23): Ja, okay. Na gut, da werden wir sicherlich auch gleich noch mal kurz drüber sprechen, über Sicherheit. Aber erst mal, du bist ja, wenn ich so sagen kann, ein klassischer Verwalter. Und jetzt in der Fortbildungsakademie. Wie stehst du zum Thema Fortbildung? Also wie sah es aus, als du vielleicht damals vor 47 Jahren... Wie war da das Thema in so Verwaltungen angesiedelt, das Thema Fortbildung?

Holger (07:50): Also da gab es so was wie die Fortbildungsakademie gab es gar nicht. Es gab in der Versorgungsverwaltung, in der ich angefangen habe, gab es ein Schulungsheim in Warstein mitten auf dem Berg zu Fuß, dreiviertel Stunde von der nächsten menschlichen Behausung entfernt. Die größte Attraktion dieses Gebäudes war neben der Lage der Bierautomat, der dastand, und man fuhr jeden Montag mit einem Beutel ein Marktstück hin und fuhr am Freitag mit einem Beutel zehn Pfennigstücke wieder zurück, weil die Flasche Bier kostete 90 Pfennig. Da kann ich mich noch gut dran erinnern. Aber wir haben da zusammen mit sechs Personen auf einem Zimmer gelegen. Und die Dusche war unten im Keller und da gab es feste Duschzeiten für Damen und Herren, weil es war nur eine Dusche. Also die Bedingungen waren schon komisch oder zu der damaligen Zeit gar nicht so komisch. Das war halt so der Standard. Und wie wichtig Fortbildung ist, habe ich dann erst gemerkt, als ich in der Staatskanzlei angefangen habe. Versorgungsamt war ja so ein Inselchen für sich. Man hatte seinen festen Aufgabenbereich, auch seinen festen Rechtsbereich, in dem man sich tummeln konnte. Da konnte man sich dann auch durch Arbeit selber Fachexpertise aufbauen. Und in der Staatskanzlei habe ich dann gelernt, dass man doch breiter aufgestellt sein muss, weil die Themen wechselten manchmal von jetzt auf gleich. Es wurde erwartet, dass man nicht ad hoc zu dem Thema was sagen konnte, dass man aber in absehbarer Zeit ein Votum dazu abliefern konnte. Und da habe ich dann gemerkt, wie viel Wissen mir noch fehlte, um diesen Ansprüchen gerecht zu werden. Und da habe ich dann gemerkt, kommt Fortbildung, auch wenn Themen dabei sind, die vielleicht jetzt aktuell nicht unbedingt auf der Agenda stehen. Aber die Möglichkeit, dass ich damit mal befasst bin, die ist immer da. Dann sollte man zumindest schon mal ein bisschen was davon gehört haben. Da habe ich dann gemerkt, wie wichtig das ist. 

Wolfgang (10:05): Ja. Wie war es denn für dich, als du bei der Akademie angefangen hast? 2018 war das Jahr, ne?

Holger (10:12): Ja.

Wolfgang (10:13): Was hast du da gedacht? Ich meine, da war das... Gab es ja, das Thema Fortbildung war ja dann schon, sag ich mal, wahrscheinlich gang und gäbe auch. Aber was hat dich daran gereizt?

Holger (10:24): Also an der Verwalterstelle gereizt, hm. Also es war ein Job, wo ich gestalten kann. Das habe ich gesehen bei der Ausschreibung. Das war auch ganz deutlich. Das war auch mir immer wichtig in meinem Job, dass ich also nicht nur Paragrafenreiter darstelle, sondern dass ich Gestaltungsspielräume habe. Das war hier von vornherein klar. Deswegen hat es mich auch gereizt. So ein bisschen flapsig habe ich auch gesagt, die Nähe zu meiner Wohnung ist natürlich auch von Vorteil. Aber in der Akademie, Verwaltungsleiter hört sich ein bisschen trocken an, ist aber eigentlich ein sehr vielschichtiger Job. Ich bin also nicht nur Verwaltungsleiter, ich bin auch Beauftragter für den Haushalt, für die, die wissen, was das heißt, also im Prinzip der oberste Finanzmann hier im Haus. Ich bin gleichzeitig Hoteldirektor. Da habe ich wieder einen schönen Anknüpfungspunkt an meine alten Tätigkeiten. Ich habe hier eine Versammlungsstätte für bis zu 2000 Personen, die auch gemanagt werden muss. Ich bin Leiter der Vergabestelle. Und im Augenblick auch noch, weil wir einfach Personalengpass haben, bin ich auch noch der oberste Immobilien-Sachbearbeiter hier im Haus. Also ein ganz breites Spektrum. Und solche Sachen ziehen mich an. Also das ist das Ding für mich. Nicht nur eins, aber etwas, wo ich mich dran austobe, sondern wirklich so Sachen. Ich nehme jetzt den nächsten Vorgang und der nächste Vorgang ist was ganz anderes als der vorherige.

Wolfgang (12:06): Aber ich stelle mir das total schwer vor. Also für mich alleine mein Tag zu strukturieren, mehrere Projekte gleichzeitig zu haben. Man hat stellenweise ein, zwei Leute, die man dann führen muss. Aber das alleine schon zu koordinieren ist, finde ich schon manchmal eine Hiobsaufgabe. Wie ist denn das? Wie gehst du damit um? Sag ich mal, du musst ja wahrscheinlich als Verwaltungsleiter und du hast noch so viele Nebenschauplätze, du musst ja einfach deine fähigen Leute haben, auf die du dich 100 Prozent verlassen kannst, oder? Und dann musst du aber auch noch alles im Blick behalten. Wie machst du das?

Holger (12:40): Das ist die Grundvoraussetzung, dass man ein Team hat, auf das man sich verlassen kann. Ich habe so ein Team. Das wusste ich natürlich, als ich hierhin kam, nicht. Also ich bin dann hingegangen und habe die Leute auch ein bisschen unter dem Gesichtspunkt ich pflege diese Beziehung jetzt mal angesprochen und sie immer versucht, bei meinen Vorstellungen sie auch immer mitzunehmen. Das war hier schon ein kleiner Kulturbruch, als ich kam. Mein Vorgänger war wirklich Verwalter. Also nicht negativ gemeint, sondern durch, aber er war richtig Verwaltungsbeamter und jetzt kommt einer, der nach 30 Jahren in der Staatskanzlei eigentlich den Schreibtischjob überhaupt nicht mehr gewohnt war, ganz andere Arbeitsbedingungen auch kennengelernt hat und ganz andere Herausforderungen auch kennengelernt hat. Und der kam jetzt plötzlich mit ganz verrückten Ideen in dieses Haus. Und ich habe versucht, ob ich es geschafft habe, weiß ich nicht, aber ich habe immer versucht, meine Leute da auch mitzunehmen und immer auch auf Verständnis zu stoßen, wenn ich irgendwelche Sachen anstoße, damit sie verstehen, warum mache ich das überhaupt. Das ist die Grundvoraussetzung, dass sie mitkommen. Nicht einfach nur ich mache jetzt und du machst jetzt, gibst diesen Auftrag raus, sondern er soll auch verstehen, warum er diesen Auftrag rausgibt und warum das wichtig fürs Haus ist.

Wolfgang (14:06): Ja, und dann aber, sage ich mal, das auch selber noch mal nachzufassen, zu kontrollieren, ob es so gemacht wurde, wie man sich eventuell vorstellt. Ich finde, das ist immer noch der schwierigste Spagat. Man hat selber vielleicht Ansprüche, die hier sind. Die andere Person hat vielleicht auch Ansprüche, die auch für ihn selbst ganz hier sind, aber die sind eigentlich für dich vielleicht da oder sogar höher. Und das irgendwie zu verheiraten und dann vom Bauchgefühl her zu sagen: Ja, okay, das passt so. Das finde ich ganz schwer.

Holger (14:31): Ja, das muss man lernen. Das muss man lernen. Und die Grundvoraussetzung, die für mich eigentlich die Basis dafür ist, dass man mit diesem Spagat klarkommt, ist, dass eine Sache nicht zu 100 Prozent so gemacht werden muss, wie in das in meinem Kopf vorkommt. Ich kann mir auch, ich kann auch zufrieden sein mit Umsetzungen, die, sag ich mal, zu 95 Prozent meinen Vorstellungen entsprachen. Weil der Rest ist manchmal ja auch nur persönliche Sichtweise. Ja. Dem einen gefällt es, dem anderen gefällt es nicht. So einfach ist das. Und ich bin ja auch nicht von Fehl und Tadel und kann ja auch nicht sagen, alles was mir gefällt, gefällt allen. Insoweit, wenn hier Umsetzungen sind, die jetzt nicht so 100 Prozent genau geworden sind, wie ich mir das vorstelle oder vorgestellt habe, dann kann ich mich darüber auch freuen. Und ich kann es trotzdem toll und schön finden. Ja, was ich nicht gut finde, ist wenn, wenn, sag ich mal, Fehler eingeschlichen sind, weil durch Faulheit oder sonst was. Das sind so Sachen, die akzeptiere ich nicht, aber alles andere kann ich gut akzeptieren. Hauptsache, das Ziel ist erreicht.

Wolfgang (15:45): Ja. Und wenn du nicht schon genug zu tun hättest, gibst du ja auch noch nebenbei selber Fortbildung zum Thema Brandschutz, Evakuierungshilfe. Machst du das immer noch, oder war das eine Zeit lang so?

Holger (15:58): Nee, das mach ich immer noch. Das werde ich auch über meine Pensionierung hinausmachen. Das ist einfach ein Bereich, der von vielen ganz stiefmütterlich behandelt wird. Es kam alles durch meine Zweitausbildung, die ich noch gemacht hab. Also ich war die letzten 20 Jahre in der Staatskanzlei für Veranstaltungen zuständig, habe Veranstaltungen organisiert und auch eben den Rahmen Drumherum gesetzt. Und da habe ich dann im zarten Alter von 56 Jahren noch mal mich als Studierenden eingeschrieben und habe an der Technische Hochschule Köln meine Ausbildung zum Fachplaner für Besuchersicherheit gemacht.

Wolfgang (16:40): Das hört sich ja cool an. Und wie kam es dazu? Also ich meine, Thema lebenslanges Lernen. Also hast du einfach gedacht: Mensch, da will ich mehr wissen oder ich will was machen, womit ich nach dem Renteneintritt noch Geld machen kann?

Holger (16:52): Ne, ne, ne, ne, ne. Das war nicht mein Ziel, sondern ich bin zu der Veranstaltungsaufgabe gekommen wie die Jungfrau zum Kinde. Das ist aber bei den meisten in der Branche so. Das ist nichts Ungewöhnliches. Und dann habe ich die ersten Veranstaltungen organisiert. Und hab mich die ganze Zeit gefragt, das kann doch nicht sein, dass hier völliger rechtsfreier Raum besteht. Dass du hier überhaupt keine Regeln beachten musst. Und hab dann relativ schnell festgestellt, nein, ist auch so. Es gibt Regeln, die kennt bloß keiner. Und deswegen werden sie auch nicht gelebt. Und alle meinen ja, so eine Veranstaltung für einen Ministerpräsidenten ist so ein bisschen wie Kindergeburtstag organisieren oder so. Und das muss ich sagen mitnichten. Ja, ich glaube, weiß ich, wie viele Seminare ich besucht habe zu diesem Thema, bis hin zum Seminar Veranstaltung in Zeiten von Terrorgefahr. Völlig überfrachtet, völlig überhöht das Thema, weil Veranstaltungen außer Breitscheidplatz war da nichts. Aber dann irgendwann habe ich gesagt, komm, diese ganzen Seminare bringen mich jetzt auch nicht mehr weiter. Ich habe da ein Level erreicht, in dem hätte ich gut leben können. Aber ich war dann immer noch ich bin so ich bin neugierig. Und da habe ich gesagt: Komm jetzt versuche ich auch noch auf den höchsten Level zu kommen, den es in dieser Richtung gibt. Hab das dann noch gemacht. So das fand ich hinterher. Ich fand es einfach auch für mich als persönliche Herausforderung nochmal.

Wolfgang (18:30): Da bist du ja auch mit Leuten wahrscheinlich noch mal in Kontakt gekommen, auch im engeren Kontakt, hier auch mal locker vielleicht noch mal weiß nicht, 25 Jahre jünger waren, ne?

Holger (18:37): Jaja, klar.

Wolfgang (18:37): Wie haben dich wahrgenommen? So warst du. Wie sagt man das, wie der Klassenopi? Mit 56 ist man ja trotzdem jung, aber du weißt, was ich meine.

Holger (18:46): Ne. Also, zum einen kannten mich schon viele.

Wolfgang (18:50): Okay.

Holger (18:52): Zum anderen waren viele froh, dass sie jemanden hatten. 56 Jahre heißt ja auch viel Erfahrung. Ich konnte also, und da lebt auch meine Seminare jetzt, die ich noch gebe, leben davon, dass ich eben meinen unheimlich großen Erfahrungsschatz aufgebaut habe und immer zu irgendwelchen Problemen Beispiele habe, wie sie schon mal gelöst wurden. Und wenn man das schon mal hat, dann kann man sich daraus ja auch für das aktuelle Problem Lösungen erarbeiten. Und da waren die eigentlich alle drum froh. Ich glaube, alle waren froh. Wir haben hinter zur Prüfung wurden so kleine Teams gebildet, die gemeinsam die Prüfungsarbeit geschrieben haben. Die mit mir zusammen, die waren glaube ich ganz froh, dass ich dabei war. Das waren auch junge Leute und das war eine gute Mischung. Weil ich muss ja auch zugeben, als alter Sack in der Runde, habe ich manchmal gestaunt, mit welchen innovativen Ansätzen jetzt die Jungen rankamen. Ich habe ja da auch gelernt, das ist ja keine Einbahnstraße.

Wolfgang (19:57): Warum in vielen Unternehmen solche großen Schwachstellen sind, vor allen Dingen in diesen Bereichen?

Holger (20:03): Das wird einfach nicht gelebt. Der Gesetzgeber und da ist das Land, bis auf wenige Gesetze ist das Land der Gesetzgeber dafür, hält sich an seinen eigenen Regeln nicht. Und in 30 Jahren Staatskanzlei habe ich nicht eine einzige Arbeitsschutzfortbildung. Die ist zwingend verpflichtend. Also jeder, der irgendwo anfängt, muss eigentlich zunächst mal eine Einweisung kriegen und dann jährlich eigentlich eine Auffrischung. Das habe ich in 30 Jahren nicht erfahren. Und wenn ich heute in die Staatskanzlei gehe als Gast, als ewig meckernder Menschen, das, was die heute machen, dann kann ich eigentlich nur noch mit verbundenen Augen dazu gehen, weil das die ganzen Aspekte von Brandschutz, Veranstaltungsschutz vor allen Dingen, weil da finden ja auch Veranstaltungen statt, sind da alle nicht umgesetzt.

Wolfgang (21:03): Ich frage mich auch immer, wenn man zum Beispiel in Diskotheken oder so, oder in Clubs ist, wenn da so viele Leute auf kleinsten Raum zusammengepfercht sind und vielleicht noch alle so einen Treppenaufgang runtergescheucht wurden, und wenn da mal was passiert, da frage ich mich immer, was für Maßnahmen gibt es da, da kann man gar nichts richtigmachen.

Holger (21:22): Ja, also die Diskotheken sind schon unter guter Beobachtung. Da würde ich jetzt sagen, da guckt keiner so... Die Dinger werden wirklich von der Bauordnung sind die im Fokus. Natürlich, das ist der Grundsatz in der Veranstaltungssicherheit und auch bei allem anderen. Jede Aktion, jedes Treffen von Menschen bringt eigene Risiken mit sich. Man kann also nicht jedes Risiko verhindern oder so minimieren, dass es nicht mehr wahrnehmbar ist. Das ist eben auch so in Diskotheken. Wer in Diskotheken reingeht, der muss damit klarkommen, dass das natürlich gefährlicher ist, als wenn er zu Hause auf dem Sofa sitzt und sich die Musik anhat. Insoweit, das ist jetzt schon weit und entfernt von den Diskotheken, die ich teilweise im Ausland kennengelernt habe. Also in Bukarest hat es ja irgendwie 200 Tote vor zehn Jahren gegeben in der Diskothek, die hatten gar keinen Notausgang. Da kann man bei uns relativ sicher sein, aber gerade am Arbeitsplatz. Und da ist eben sehr viel, weil da guckt auch keiner hin. Ich wüsste jetzt nicht, dass mal in der Staatskanzlerin oder auch bei uns – doch war schon einer – aber mal so eine Überprüfung stattfindet. Das würde ich mir bei Behörden häufiger wünschen. Dass mal das zuständige Amt für Arbeitsschutz oder auch der vorbeugende Brandschutz da mal hingeht und mal guckt, hört mal, wie seid ihr denn organisiert? Nicht die Frage, ob ihr eine Sprinkleranlage habt oder Rauchmelder oder sonst was, sondern die Frage vom Technischen ab, wie seid ihr organisiert? Das fragt kein Mensch und dann wird es, es kostet ein bisschen Geld und deswegen wird es nicht gemacht.

Wolfgang (23:06): Mir ist zu Ohren gekommen, dass du irgendwie beim Thema E-Learning zum Evakuierungshelfer mit beteiligt bist. Was hat es damit auf sich? Hast du da so eine Art Need gesehen, Bedarf gesehen, dass es zu wenig Angebot gibt, was Leute wahrnehmen? Wolltest du sagen, mit E-Learning kann man das schnell konsumierbar, also schnell konsumierbar von überall aus machen?

Holger (23:28): Ja, es gab verschiedene Motivlagen dazu. Die eine war, also die Erstunterweisung, die geht auch nicht über E-Learning. Das muss man tatsächlich, man muss mal diesen Evakuierungsstuhl, muss man meine Hand gehabt haben und muss man mal die Treppe runtergeschoben haben, damit man weiß, wie es geht und dass man davor keine Angst haben muss. Ich habe dann aber hinterher die jährlichen Unterweisungen, die ich dann gemacht habe, die gingen ja immer zulasten von meinem Zeitkontingent. Da musste ich mir immer einen halben Tag freischaufeln für. Und dann habe ich mir überlegt, ich gehe ja jetzt. Und meinen Nachfolger, weiß ich nicht, ob der so einen Zugang dazu hat wie ich. Und damit alles das, was ich jetzt da aufgebaut habe, damit das nicht wieder ineinander fällt und diese jährlichen Unterweisungen auch weiterhin stattfinden können, habe ich mir zusammen mit unserem E-Learning-Lab-Team gedacht, komm, das lässt sich vom Thema ganz gut elektronisch verpacken. So kleine Fragespielchen dabei, dann mal so ein paar Sachen, wo Gesetzestext erklärt wird, ein kleines Video dabei und so weiter. Und das haben die prima umgesetzt. Ich habe also im Prinzip eigentlich nur den Inhalt so ein bisschen vorgegeben, gesagt, das möchte ich, das möchte ich, das möchte ich drin haben. Und dann haben die das prima umgesetzt. Und das kommt gut an. Das kann jeder wirklich im Laufe eines Jahres mal einmal durchgehen. Das macht Spaß. Da sind Spielchen mit drin und so weiter. Und dann gibt es automatisch eine Rückmeldung. Der Kollege hat das gemacht oder die Kollegin und hat damit nachweislich für uns gegenüber, wenn wir mal gefragt werden, seine Pflicht getan. Und ich finde, das ist ein Weg, den man gut gehen kann.

Wolfgang (25:21): Ja. Wie viele Stunden arbeitest du pro Tag, pro Woche oder in deiner Vergangenheit, in den letzten Jahren so?

Holger (25:30): Also in der Staatskanzlei waren es in der Regel zehn Stunden am Tag. Hier in der Akademie würde ich sagen neun. Also da komme ich ganz gut mit klar.

Wolfgang (25:41): Und ich meine, ich habe ja den Eindruck bekommen, dass du ja wirklich super viele Baustellen hast. Auch noch privat, auch noch Vereine und ehrenamtlich und so weiter. Was begeistert dich daran? Also hast du hast du keine Lust zu sitzen oder zur Ruhe zu kommen? Was begeistert dich an diesen ganzen Sachen?

Holger (25:58): Ich gehöre auch zu denen, die sich gerne mal vor dem Fernseher setzen und sich berieseln lassen, damit sie mal die Birne wieder ein bisschen freigeblasen kriegen. Ne, also es bereichert mich einfach. Also ich das ist für mich Lebensqualität. Das ist jetzt keine Last für mich, sondern es ist Lebensqualität für mich. Ich würde, glaube ich, Probleme kriegen, wenn ich mich langweile.

Wolfgang (26:24): Und was gibt es so Themen in deiner Freizeit? Also ich meine, so hobbymäßig ist deine Arbeit eigentlich dein Hobby? Oder gibt es noch andere oder gibt es noch Hobbys?

Holger (26:32): Ja, es gibt noch ein bisschen was. Also das Leben außerhalb der Akademie besteht bei mir ganz viel aus Sport. Spiele also immer noch mit 65 Jahren im Verein Fußball. Also nicht irgendwo auf der grünen Wiese, sondern noch organisiert mit Mannschaften und so. Ich laufe, ich bin bis vor zehn Jahren noch Marathon gelaufen. Das würde ich jetzt nicht mehr schaffen, aber so fünf bis zehn Kilometer, die sind immer noch drin. Ich bin begeisterter Skifahrer im Winter. Ich bin aber für Sport immer zu begeistern. Schach ist ein bisschen ein Problem, aber Schach ist nicht mein Sport, aber alles andere, da bin ich wirklich begeisterungsfähig und habe auch schon ganz viel ausprobiert. Fotografie ist noch so ein Ding, was ich so ein bisschen auch mit dem weinenden Auge betrachte, weil das wirkliche Fotografieren wird jetzt immer weniger. Man hat ein Handy, es kostet nicht mehr viel. Die Handys machen auch tolle Aufnahmen. Ich habe auch so ein Ding. So. Fotografieren war früher mit Filmen und Kosten für jedes Foto, was man machte, sorgfältiger und fundierter. Heute von tausend Fotos wird schon irgendeins davon sein. Das konnte man früher nicht machen.

Wolfgang (27:55): Wie blickst du auf deine Zeit jetzt bei der Akademie zurück? Es sind jetzt fünf Jahre. Was nimmst du da mit? Was waren so die schönsten Momente?

Holger (28:07): Also ich bin A, froh, dass ich so ein tolles Team hatte. Die werden mir also immer in Erinnerung bleiben, weil das war wirklich klasse. Dann froh bin ich auch über einige Sachen, die ich hier angestoßen habe, die wirklich prima auch umgesetzt wurden. Wir sind ja mittlerweile hier mitten in der Sanierung des Gebäudes. Das war ja bis 2018, da wurde das auch immer vor sich hergeschoben, hergeschoben, hergeschoben, keiner hat angepackt. Jetzt sind wir mitten in der Sanierung. Ich habe angefangen, die Hotelzimmer mal auf einen vernünftigen Stand zu bringen. Also das meiste hier ist noch aus der Erstausstattung von vor 25 Jahren oder 24 Jahren. Da haben wir jetzt auch angefangen, die Sachen mal ein bisschen schöner zu machen. Das war dann auch wieder eine der Sachen, wo ich sage, da ist dieser Job hier super, wenn man da ein Faible für hat, weil ich habe diese Hotelzimmer dann auch, sagen wir mal so: Ich habe mir erst einmal einen Entwurf von einer Innenarchitektin geben lassen, der mir aber nicht gefallen hat, und dann habe ich dran rumgemalt. Und dann habe ich sie so gemacht, wie ich mein Hotelzimmer aussehen müsste, was ansprechend ist, was die Leute auch, sag ich mal, für den nächsten Seminartag wieder entsprechend in Stimmung bringen. Wenn ich in so eine Abstellkammer gehe, dann bin ich eigentlich froh, wenn mein Seminar vorbei ist. Aber wenn ich hier wirklich dann auch ansprechende Räume habe, dann freue ich mich vielleicht auch nächstes Mal wieder auf Herne und sage: Okay, komm, da kannst du gut essen, da kannst du gut trinken, aber da kannst du auch gut übernachten. Und das habe ich wirklich in den ersten Zimmern jetzt umgesetzt. Alle finden es toll. Das ist dann auch für mein Ego gut, dass alle es toll finden.

Wolfgang (30:01): Wer findet Whirlpool und Wasserbett nicht gut, ne?

Holger (30:04): Nee, die haben wir jetzt nicht. Die haben wir jetzt nicht, aber wir haben schon so ein paar Sachen da eingezogen oder eingeführt, die vorher nicht da waren und die die Aufenthaltsqualität hier deutlich erhöhen. Aber auch andere Sachen, wie meine Kellerbar. Wir haben uns eben beim Warm-Up so ein bisschen darunter unterhalten. Sie ist genauso geworden, wie ich mir eine solche Bar vorstelle. Und ja, das wird dann angenommen. Die Leute sagen alle, wir kriegen ja dann Evaluierungsbögen, wo dann drinsteht: Oh toll. Das war toll, das war toll. Und je mehr drinsteht, das war toll, umso mehr freut es mich.

Wolfgang (30:43): Ja, das ist schön. Kurz, wir gehen langsam auf den Endspurt dieses Podcasts hin. Ich möchte aber nochmal für unsere Zuhörerinnen da draußen nochmal einen größeren Mehrwert mitgeben, und zwar zum Thema Brandschutz und Evakuierung. Hast du da so praktische Tipps an der Hand?

Bevor die Leute ausschalten, die Sie mitnehmen könnten zum Thema Brandschutz und Evakuierung, die jeder beachten sollte oder machen kann?

Holger (31:13): Ja, klar. Also zum Thema Evakuierung und Brandschutz ganz wichtig, sich nie selbst in Gefahr bringen. Das verlangt keiner. Also bitte, wenn Sie sehen, es brennt, und es ist mehr als ein Mülleimer, der da brennt, ein kleiner Mülleimer, dann versuchen Sie gar nicht erst mit dem Feuerlöscher zu löschen. Schaffen Sie eh nicht. Sondern bringen Sie sich in Sicherheit. So, beim Evakuierungshelfer genauso. Wenn er sieht, er kommt nicht mehr an die Seminarräume ran, um die Seminarteilnehmer da rauszuholen, dann soll er rausgehen. Es verlangt keiner, dass er sich in irgendwelche verrauchten Gänge stürzt und dann da liegen bleibt und hinterher, ja, im schlimmsten Fall stirbt. Das verlangt keiner. Und das ist so immer das Credo, was ich immer vorweg schiebe bei meinen Seminaren. Ich will keine Supermänner schaffen oder erziehen, sondern ich will Leute in der Funktion haben, die ihre Sinne behalten. Und da ist immer üben, üben, üben, sich auch im Kopf mit der Materie immer wieder mal auseinandersetzen, mal durchspielen, was wäre denn wenn. Denn das ist dann das nächste, was ich so als Tipp rausgebe, das gilt für beide Seiten, sowohl für die Leute, die evakuieren, als auch für die Leute, die evakuiert werden sollen. Man gerät da unter Stress, wenn so was ist, auch unbewusst, man merkt es vielleicht gar nicht. Und eines der negativsten Ergebnisse von Stress ist, dass man althergebrachte und gelernte Handlungsweisen abruft. Also es gibt unter Stress kein Lernen. Leute, die nicht wissen, dass der Notausgang direkt zwei Meter neben ihnen ist und denen nicht vielleicht sogar mal begangen sind, die rennen dahin, wo sie reingekommen sind. Oder sie rufen alte Muster auf. Gibt ein schönes Beispiel dafür. Vor einigen Jahren gab es ja diesen Amoklauf im Olympia-Einkaufszentrum in München. Und die Polizei wusste jetzt nicht, ist das ein Amoklauf oder ist das ein Terrorakt? Und weil sie den Terrorakt nicht ausschließen konnten, haben sie das gesamte Center geräumt. Das hat auch gut funktioniert, muss man sagen. Einen Bereich, den haben sie nicht geräumt gekriegt und das war das Restaurant. Und als man dann da reinkam und gesagt hat: Was machen Sie denn hier noch? Sie müssten doch schon längst draußen sein, haben die Leute gesagt, wir können noch nicht gehen, wir haben noch nicht bezahlt. Es war aber niemand mehr da, dem sie bezahlen konnten, weil der Restaurantleiter über den Arbeitsschutz seine Leute alle schon rausgeschickt hatte. Das sind so Gelernte, die haben natürlich den Alarm mitgekriegt. Die sind unter Stress geraten und haben sich so verhalten, wie sie es gelernt hatten. Und zu unseren seit Kindheit gelernten Verhaltensweisen in Restaurant heißt, geht immer, ich gehe erst, wenn ich bezahlt habe. So laufen die Leute dann auch immer den Weg, den sie reingekommen sind, weil den haben sie gelernt. Ohne Stress haben sie gelernt, wie sie ins Gebäude reinkamen, zu ihrem Platz kamen und den laufen sie dann auch wieder zurück und die gehen meistens sogar noch zur Garderobe und holen sich ihre Jacke. So und sich damit auseinanderzusetzen, das sind so die Tipps. Ich sage immer, ich habe einen guten Tipp an alle, die jetzt nicht Evakuierungshelfer sind, die in irgendein fremdes Gebäude gehen. Geht mal zum Flucht- und Rettungswegeplan als erstes, guckt da drauf. Dann wisst ihr auch, wo ihr hinlaufen müsst, wenn es mal brennt. Das mache ich auch immer. Wenn ich ins Theater gehe und ich war noch nie da, dann gehe ich zunächst mal an den nächsten Flucht- und Rettungswegeplan, gucke: Wo bin ich? Also wo sitze ich? Und dann gucke ich, wo ist der nächste Ausgang. Meiner Frau ist das immer fürchterlich peinlich. Die schimpft dann immer und sagt: Du kommst aus deinem Job ja nie raus und und und. Und ich sag immer: Schätzchen, du wirst noch mal froh sein, dass ich so gestrickt bin.

Wolfgang (35:35): Na gut. Jetzt haben wir noch so einen kleinen Quick-Check Out vorgedacht. Ich sag dir jetzt einfach ein Wort. Und du sagst mir einfach so ein Wort oder einen Satz als Antwort, was deine ersten Gedanken zu diesem Wort sind, ja?

Holger (35:49): Ja.

Wolfgang (35:50): Wir versuchen es mal. Mal gucken. Also, Verwaltung Schrägstrich Behörde.

Holger (35:56): Manchmal zäh, manchmal aber auch fixer als man denkt.

Wolfgang (36:01): FC Schalke 04.

Holger (36:04): Manchmal traurig. 

Wolfgang (36:07): Brandschutz.

Holger (36:08): Manchmal vernachlässigt.

Wolfgang (36:12): Pandemie.

Holger (36:15): War eine Herausforderung, brauche ich aber nicht nochmal.

Wolfgang (36:19): E-Learning.

Holger (36:21): Kann Sinn machen, ist aber nicht das Allheilmittel.

Wolfgang (36:27): Lebenslanges Lernen.

Holger (36:29): Wichtig.

Wolfgang (36:31): Das war's. Wir sind am Ende dieses Podcasts angelangt. Ich hoffe, dir hat es gefallen. Mir hat es auf jeden Fall sehr viel Spaß gemacht, muss ich ganz ehrlich sagen. Mit so einem erfahrenen Mann zu sprechen und einfach mal, ja, mit deiner Brille auf die vergangenen 48 Jahre zu blicken.

Holger (36:49): 47, nur nicht ganz so wild.

Wolfgang (36:52): Jetzt hast du noch die Möglichkeit, wenn du willst, noch ein paar abschließende Worte zu sagen. Kann Dank sein, das kann nochmal…und ne nie die Jacken holen, sondern gleich aus dem den Rettungswegeplan vorlesen. Was auch immer. Was du der Welt da draußen noch sagen möchtest jetzt?

Holger (37:09): Der Welt, möchte ich sagen, bleibt gelassen, nehmt nicht alles so ernst, wie es im ersten Augenblick aussieht. Und Geschmeidigkeit ist manchmal durchaus von Nutzen, wenn man Lösungen sucht. Und die Lösungsfindung wird dadurch manchmal ein bisschen leichter. Ich hasse es, wenn Leute verbohrt sind und stur nur ihren Weg gehen und nicht mehr rechts und links gucken. Also für mich immer wichtig, guckt über den Tellerrand hinaus, seht auch die Welt im Gesamten, nicht die Welt als Kugel, sondern die Welt, in der wir uns bewegen und habt Verständnis auch für andere. Das ist so meine Maxime auch.

Wolfgang (37:53): Vielen Dank dafür Holger. Und ja, an dieser Stelle verabschiede ich dich jetzt. Vielen Dank. Ich wünsche dir noch zwei tolle Restwochen und ja, ich wünsche dir alles Gute. Ich habe das Gefühl, dass es dir auf jeden Fall nicht langweilig wird und vielleicht hören wir uns ja wirklich nochmal im Podcast als Stammgast sozusagen.

Holger (38:14): Können wir machen, immer gerne.

Wolfgang (38:17): Auch diese Folge geht zu Ende und ich habe neben Holgers spannenden Geschichten einiges über den Arbeitsschutz gelernt. Man sollte niemals versuchen, den Helden oder die Heldin zu spielen. Wir benötigen zum Beispiel bei Brennen keine Supermänner und Frauen. Die erste Devise sollte lauten, sich selber in Sicherheit zu bringen. In Ausnahmesituationen stehen wir unter Stress und gerade in diesen Situationen müssen wir lernen, alte und verankerte Handlungsmuster abzulegen. Keiner verlangt von uns in einer Pizzeria das Essen zu bezahlen, wenn die Küche brennt und das Personal sich bereits in Sicherheit gebracht hat. Zudem werde ich ab jetzt bei Kino, Theater oder Stadionbesuchen darauf achten, dass ich im Vorfeld prüfe, wo sich die Notausgänge befinden. Schaut doch einfach mal auf den jeweiligen Flucht- und Rettungswegeplan. Ich hoffe ihr fandet das Thema genauso spannend wie ich und ich freue mich, wenn ihr zu der nächsten Folge wieder einschaltet. Wenn ihr Ideen oder Anregungen zu unserem Podcast habt, freuen wir uns über eine Kontaktaufnahme über ell@fah.nrw.de

Portrait von Mohamed el Boujaddaini mit dem Text Mehr miteinander statt übereinander reden.

#2, Januar 2024 - Wir sprechen mit Mohamed El Boujaddaini, Verwaltungsmitarbeiter, interkultureller Trainer und Comedian, darüber, warum interkulturelle Kompetenzen im beruflichen Alltag unabdingbar sind und wie eine gesunde Portion Humor hilft, mehr Verständnis füreinander zu entwickeln.

© FAH

Wolfgang (00:00:01)

Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge Flurfunk aus Herne, der Verwaltungstalk, dein Podcast, wenn es um topaktuelle Themen und Learnings aus der Verwaltung geht. Mein Name ist Wolfgang Patz, ich bin Podcastcoach und Moderator und im Auftrag der Fortbildungsakademie des Ministeriums des Innern NRW spreche ich alle zwei Wochen mittwochs mit spannenden Persönlichkeiten aus Wissenschaft und dem öffentlichen Sektor. Heute zu Gast Mohamed El Boujaddaini. Er ist Verwaltungsmitarbeiter, interkultureller Trainer und Comedian.

Gemeinsam sprechen wir darüber, warum interkulturelle Kompetenzen im beruflichen Alltag unabdingbar sind und wie eine gesunde Portion Humor hilft, mehr Verständnis füreinander zu entwickeln.

Einen wunderschönen guten Morgen wünsche ich dir, Mohamed. 

 

Mohamed (00:00:45)

Den wünsche ich dir auch, Wolfgang. 

 

Wolfgang (00:00:47) 

Heute zu Gast hier bei mir im Flurfunk, deinem Verwaltungstalk, habe ich den Mohamed El Boujaddaini. Und ja, Mohamed, lass uns nochmal direkt reinstarten. Und du sagst uns einfach mal kurz, wer du bist und was deine Verbindung zum öffentlichen Dienst ist. Was machst du, wer bist du? Öffentlicher Dienst.

 

Mohamed (00:01:06) 

Genau, also ich bin Mohamed El Boujaddaini. Ich komme aus der Nähe von Köln, aus Frechen, 35 Jahre alt. Genau, ich bin schon seit... Also ich habe eine duale Ausbildung gemacht im öffentlichen Dienst. Genau, vor, wie lang ist das jetzt her? Vor über zehn Jahren. Genau, und habe jetzt ja verschiedene Stationen dort gehabt und habe im öffentlichen Dienst quasi auch angefangen, in meine Selbstständigkeit zu gehen. Mittlerweile... bin ich nur noch in Teilzeit im öffentlichen Dienst und habe nebenbei ein paar spannende eigene Projekte. Genau. 

 

Wolfgang (00:01:43) 

Was sind das so für Projekte? 

 

Mohamed (00:01:46) 

Ja genau, also ich habe mich sehr viel mit dem Thema Antidiskriminierung und Antirassismus beschäftigt, vor allem 2015, 2016. Und da ist auch die Brücke dann wieder zum öffentlichen Dienst. Da sind ja viele Menschen nach Deutschland gekommen, geflüchtet. Und ich durfte bzw. das haben wahrscheinlich viele nicht mitbekommen, aber das BAMF, was ja dann zuständig ist für die Asylanträge, hat halt ganz viele Leute aus dem öffentlichen Dienst abgeordnet. Und einer davon war ich. Also ich war dann ein halbes Jahr in München, habe dann dort, ja, Geflüchtete angehört und Interviews geführt mit denen und dann auch tatsächlich Bescheide geschrieben, Entscheidungen getroffen. Wer hier bleiben darf und wer nicht. Und genau, das war dann so für mich auch der Start so in die Richtung Antidiskriminierungsarbeit. Ich habe mich im selben Jahr noch selbstständig gemacht als Trainer. Und das ist jetzt 2016. Das ist jetzt genau fast sieben Jahre her. Und seitdem mache ich halt Workshops, Trainings, Vorträge, alles rund um das Thema Antidiskriminierung. Also angefangen habe ich mit interkultureller Kompetenz. Aber ich habe immer mehr gemerkt, dass wenn du die Grundlagen von Diskriminierung und so weiter nicht irgendwie drauf hast, dann brauchst du eigentlich gar nicht über interkulturelle Kompetenzen zu sprechen. Genau das ist so der nächste Step dann.

 

Wolfgang (00:02:55) 

Ja. Und was meinst du, warum haben die dich ausgewählt dazu? Oder hast du dich darauf beworben? 

 

Mohamed (00:03:01) 

Also meine Chefin hat fast die Uhr danach gestellt, dass ich mich melde, als sie gesehen hat, da suchen die Leute, weil die wusste ja auch so ein bisschen von meinem privaten Interesse. Was heißt privates Interesse? Eigentlich mehr so die eigene Betroffenheit? Also ich mache die Arbeit insbesondere dadurch, weil ich halt selber auch Migrationsgeschichte habe und ja auch muslimisch, ja sehr muslimisch lebe und so weiter. Und deswegen versuche ich das halt auch so ein bisschen. Ist es meine Art, damit umzugehen? Und da meine Chefin das immer wusste, ja, hat die fast den Wecker danach gestellt, dass ich mich melde. 

 

Wolfgang (00:03:36) 

Ja?

 

Mohamed (00:03:37) 

Ja, genau. Und dann war ich halt da. Ist natürlich immer schwierig, gerade wenn du in einem Job arbeitest, wo du auch viele andere Menschen mit Migrationsgeschichte hast, dann bist du häufig so zwischen… zwischen beiden Kulturen und ich versuche dieses zwischen beiden Kulturen dazu zu nutzen, es beiden Seiten so einfach wie möglich zu machen. 

 

Wolfgang (00:03:53)

Das BAMF, also jetzt für so Außenstehende wie mich. Was bedeutet die Abkürzung? 

 

Mohamed (00:03:59) 

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. 

 

Wolfgang (00:04:02) 

Okay. 

 

Mohamed (00:04:03)

Genau. Das sind die, die alle Anhörungen organisiert haben damals. Und dadurch, dass so viele Menschen nach Deutschland geflüchtet sind in kurzer Zeit, wurde gefühlt aus jeder Ecke irgendwie ein Büro gemacht und Menschen wie ich, die quasi eine ganz andere Ausbildung haben, mussten dann halt die Anhörungen oder haben halt die Anhörungen durchgeführt. 

 

Wolfgang (00:04:19) 

Kannst du dich noch an die erste Anhörung erinnern, die du gemacht hast? Und wenn ja, wie hast du dich darauf vorbereitet? Wie hast du das so erlebt? 

 

Mohamed (00:04:29)

Genau, also ich kann mich noch gut daran erinnern, weil da ich da auch den ersten großen interkulturellen Unterschied festgestellt habe. Und gerade wenn du aus der Kultur quasi gerade erst gekommen bist, im Vergleich zu Deutschland, beim Thema Kommunikation habe ich das festgestellt, weil ich hatte die Aufgabe, ich sollte halt so schnell wie möglich erfahren oder heraushören, warum jemand geflüchtet ist, um dann entscheiden zu können, je nachdem, aus welchem Herkunftsland: darf der Mensch hier bleiben oder nicht? Und ja, die erste Anhörung ging, glaube ich, dann vier Stunden oder so. Und, weil ich halt höflich war und nicht irgendwie gefragt habe, ja, jetzt komm doch mal auf den Punkt zurück, habe ich mir halt die ganze Geschichte angehört. 

 

Wolfgang (00:05:10)

Ja. 

 

Mohamed (00:05:11)

Und die ging dann ja mein Ur-Ur-Ur-Großvater aus dem Dorf, hatte Streit mit dem Ur-Großvater aus dem anderen Dorf und ich habe alles notiert. Also ich musste ja das ganze Interview notieren. Also nach vier Stunden meinte ich zu meinem Chef, ich weiß jetzt auch nicht warum der geflüchtet ist. Und dann meinte er ja, du musst da hin und dann musst du sofort zwischengrätschen. Da hat er mich in eine andere Anhörung reingesetzt von einem Erfahreneren. Erfahren heißt quasi seit drei Monaten macht er das. Ja, und der war dann direkt so. Ja, ja, stopp, stopp, zack, Cut und nochmal. So, ich will den Tag wissen, an dem du entschieden hast. Ne, genau, deswegen erinnere ich mich gut. Also ich habe dann quasi aus vier Stunden Interview dann nur noch eine halbe Stunde Interview hinbekommen. 

 

Wolfgang (00:05:45) 

Ja, ich sag mal, du hast da gesagt, du hast darüber entschieden oder Bescheide ausgestellt, ob die bleiben dürfen oder nicht. Das ist ja schon eine ganz schön krasse, krasse Aufgabe, krasse Befugnis, die man dann auch hat und eine Verantwortung. Wie bist du damit umgegangen? 

 

Mohamed (00:06:02) 

Ja, definitiv. Ich bin damit umgegangen, indem ich versucht habe, außerhalb der Arbeit komplett abzuschalten. Also ich war ja dann in einer anderen Stadt, habe mich sofort im Fußballverein dort angemeldet, habe auch gar nicht erzählt, im Fußballverein, warum ich dort bin in München.

 

Wolfgang (00:06:17)

Ja.

 

Mohamed (00:06:18)

…, weil das extrem wichtig war, weil ich war ja quasi… Ich wurde ja ausgebildet mit 30 anderen und ich habe dann gemerkt, wie das bei denen abgelaufen ist im Kopf, die nicht abgeschaltet haben. Also die quasi… Die haben zum Beispiel sowas gemacht, sowas passiert da sehr häufig, dass wenn man sich nach der Arbeit trifft, dann bin ich einmal mitgegangen und dann nie wieder, weil ich gesehen habe, dass sie dort nur über ihre Anhörungen reden. War das richtig, war das falsch und so weiter. Und ich war tatsächlich nach drei Monaten kurz davor, das abzubrechen, weil das auch sehr, sehr viel mit mir selber gemacht hat.

Und dann habe ich halt überlegt, ja, was bringt das jetzt, wenn ich jetzt abbreche, dann wird vielleicht jemand anders die Stelle kriegen. Und wer weiß, ob der so verantwortungsvoll damit umgeht oder halt auch nicht. Also ich mache es ja nicht den Geflüchteten quasi einfacher, wenn ich einfach weggehe. Und dann habe ich mich irgendwie ein Stück weit auch mit verantwortlich gefühlt. Und ich musste auch für mich so klar haben, das sind halt die Regeln, so. Das ist das Gesetz, das entscheide ja nicht ich. Letztendlich bin ich ja nur der, der das Gesetz… Also die Entscheidung liegt ja nicht bei mir, sondern es hängt ja erstmal ganz stark von dem Herkunftsland ab, wo du herkommst. Und dann natürlich, ob die Glaubwürdigkeit deiner Geschichte, ob das passt oder nicht. Aber wenn du jetzt zum Beispiel kommen würdest, wenn du jetzt sagen würdest, ich bin aus Polen oder aus Spanien gekommen, weil ich gehört habe, hier kann man Karriere machen, dann kann ich ja, also dann hat sich ja die Entscheidung schon erledigt. Wenn du aber sagst, ich bin aus Syrien und da ist Krieg und dann ist die Entscheidung auch nur noch, ob du dauerhaft bleibst oder halt nicht dauerhaft, je nach Einzelfall.

 

Wolfgang (00:07:41)

Mohamed, bevor wir jetzt so richtig in die in die Fragerunde starten, hätte ich nochmal ein paar kurze Warm-Up-Fragen. Würdest du dich denen stellen? 

 

Mohamed (00:07:48) 

Natürlich, habe ich eine Wahl? 

 

Wolfgang (00:07:50) 

Nein. Okay. Kaffee oder Tee? 

 

Mohamed (00:07:58)

Mega Kaffee. Ich liebe Kaffee und ich habe glaube ich so 14 verschiedene Sorten unten aus verschiedenen Ländern. Das erste, was ich mache, wenn ich in ein anderes Land reise, ist erstmal den Kaffee vor Ort testen. 

 

Wolfgang (00:08:06)

Mhm. Okay. 

 

Mohamed (00:08:07)

Und dann nehme ich mir ab und zu auch mal was mit. 

 

Wolfgang (00:08:10) 

Gut. Okay, Film oder Podcast? 

 

Mohamed (00:08:12)

Podcast höre ich tatsächlich sehr, sehr viel. Gerade wenn ich so Sachen mache, Rechnungen, so Sachen, die halt irgendwie oder kochen und so. Film gucke ich zu wenig, tut mir aber immer gut. Also gerade so im Flieger. Ich war ja gestern im Flugzeug noch, habe ich mir einen Film anguckt und ja, mache ich viel zu selten. 

 

Wolfgang (00:08:28)

Andere Frage, wofür ich manchmal sterben wollen würde, Burger oder Döner? 

 

Mohamed (00:08:34)

Sehr schwierig, das ist die erste große Schwierigkeit. Ich brauche die Abwechslung aus beidem. Gestern zum Beispiel... 

 

Wolfgang: (00:08:42)

Einen Böner? 

 

Mohamed (00:08:43)

Ja gestern hatte ich einen Döner, obwohl eigentlich tendenziell denke ich eher Burger. 

 

Wolfgang (00:08:47)

Ja. 

 

Mohamed (00:08:48)

Dann sagt der Igel in meiner Hosentasche immer so Döner sind günstiger. 

 

Wolfgang (00:08:51) 

Ja. 

 

Mohamed (00:08:52) 

Aber so irgendwie brauche ich die Abwechslung, ab und zu. Aber wenn Burger dann halt auch richtig so einen richtig krassen Burger. Die kosten ja dann auch mittlerweile so 15 Euro oder sowas. Aber halt jetzt nicht irgendwie weiß ich nicht. Gibt ja manchmal so Läden, wo du Pizza, Döner, Nudeln und Burger hast, da würde ich mir niemals einen Burger holen. Aber wenn dann so richtig fetten Burger, also da muss ich mich richtig drauf freuen. 

 

Wolfgang (00:09:12) 

Ich weiß gar nicht, sagt man den Deutschen nicht nach, dass die so ein bisschen Igel in der Tasche haben? 

 

Mohamed (00:09:16) 

Ja, das ist ein Vorurteil. Ne, also es gibt in jeder Kultur Leute, die Igel, Igel in der Hosentasche tragen. Den Deutschen sagt man das häufig nach, weil man dann davon ausgeht, gerade so bei getrennt zahlen und so weiter. Das kommt in anderen Kulturen viel, viel seltener vor als hier bei uns.

 

Wolfgang (00:09:33) 

Weißt du, wie man in Marokko sagen würde? Also Igel in der Tasche, weiß nicht, gibt es in Marokko Igel? 

 

Mohamed (00:09:41) 

Marokko - Igel? Ich war ja jetzt vier Tage in Marokko, also ich bin ja gestern wiedergekommen. Ja, ich habe tatsächlich noch nie einen Igel da gesehen. Da war Kameleon, Schildkröten ganz viele. 

 

Wolfgang (00:09:51) 

Okay, du hast eine Schildkröte in der Tasche vielleicht. Ah ne, dass passt ja dann auch nicht. Schnappschildkröte. Okay, du meintest, du warst jetzt gerade in Marokko. Was würdest du sagen? Marokko oder Deutschland?

 

Mohamed (00:10:00)

Ich sage immer, die Frage kannst du dir vorstellen, die kommt nicht ganz selten vor. Ich schlafe immer acht, ah vier Stunden auf dem deutschen Ohr und vier Stunden auf dem marokkanischen Ohr. Also ich fühle mich wirklich fifty-fifty. Ich fühle auch sehr viel. Gerade in den letzten Jahren hat das Marokkanische in mir sehr, sehr stark sich weiterentwickelt. Ich hatte eine Zeit lang sehr, sehr wenig mit der eigenen oder mit der Kultur meiner Eltern zu tun. Jetzt mittlerweile, ich habe ja sogar mal mit einem Podcast gemacht an der Stelle mit Benaissa auf Tamazight, um die Sprache am Leben zu erhalten. Und das waren zwei Leute, die eigentlich selber total gebrochenes Tamazight sprechen. Also sehr viel auch versucht zurückzugeben und sehr viel Identifikation und früher auch weniger nach Marokko gereist. Mittlerweile finde ich das mega wichtig. Aber das Deutsche in mir ist natürlich auch, sorgt immer dafür, dass ich auch wieder zurückkomme aus Marokko und nicht da bleibe. 

 

Wolfgang (00:10:47) 

Wo, wo?

 

Mohamed (00:10:48) 

Also beides hat Vor- und Nachteile. 

 

Wolfgang (00:10:51) 

Und wo in Marokko hast du Wurzeln? 

 

Mohamed (00:10:53) 

Genau, also in Nador, wie die meisten. Also die meisten, Amazighen, nicht alle, aber die meisten, die in Deutschland leben, kommen aus derselben Region. Also kannst du dir vorstellen, wie wenn jetzt ganz viele Menschen aus Bayern irgendwo hin auswandern würden und sprechen dementsprechend alle dieselbe Sprache. Alleine, wenn du mal in Düsseldorf sein solltest, auf der Ellerstraße oder in Frankfurt. Es gibt auch sehr viele marokkanisch stämmige Menschen. Die meisten, da kommst du mit Tamazight ganz gut zurecht. Das ist direkt an der Grenze zu Spanien. Es gibt sogar eine Stadt, Melilia, die ist auf der marokkanischen Seite, aber gehört zu Spanien. Und da fährt man zum Beispiel abends hin, wenn man europäisch einkaufen will oder sonstige Dinge tun will, die in Afrika oder in Marokko nicht so einfach funktionieren. 

 

Wolfgang (00:11:33)

Kann man sagen, dass du einen Migrationshintergrund hast oder ... ist… wird da? 

 

Mohamed (00:11:38)

Ja, mit Migrationshintergrund tun sich viele schwer mit dem Begriff. Migrationsgeschichte oder Einwanderungsgeschichte trifft es aktuell eher, weil die Kritik dahinter ist, dass man sagt, dass es ja schön wäre, wenn es ein Hintergrund wäre, aber für die meisten Leute ist das ja ein Vordergrund. Weil wenn du irgendwie Scheiße baust oder so, dann heißt meistens ja, wegen seinem marokkanischen Geschichte, das ist ein Marokkaner, die machen das immer. Genau, deswegen ja passt Einwanderungsgeschichte und die habe ich laut der Definition ja. Ich bin ja verheiratet, meine Frau hat eine ähnliche Migrationsgeschichte wie ich, also ist in Wuppertal geboren, ich bin in Köln geboren und wenn wir jetzt Kinder hätten, hätten wir die laut der Definition, hätten die keinen Migrationshintergrund mehr. Das heißt in der dritten Generation stirbt es halt aus. Ein Elternteil würde ausreichen, also sprich, wenn ich eine ausländische Frau hätte, und die würde ein Kind kriegen, nehmen wir mal an, ich hätte eine mexikanische Frau, dann hätte das Kind halt nur mexikanische Migrationsgeschichte, auch wenn es El Boujaddaini heißen könnte. Genau.

 

Wolfgang (00:12:37) 

Ja, und hast du das Gefühl gehabt, bei deinen Interviews, die du geführt hast, hat das geholfen oder war das eher kontraproduktiv? 

 

Mohamed (00:12:43) 

Also generell für die Arbeit, die ich mache, interkulturelles Training oder Workshops und so, habe ich schon so eine Art Vertrauensvorschuss, womit ich aber ganz gut leben kann, weil erstens hast du in ganz, ganz vielen anderen Sachen einen „Vertrauensnachschuss“. Und zweitens ist es ja wie auf der Bühne auch, am Ende kannst du halt nichts verstecken so dauerhaft vor allem für langfristige Folge. Ein krasses Beispiel, ein Freund von mir ist schwarz und macht Vertriebstrainings und Führungskräfte-Trainings und der kriegt dauernd Anfragen nach Anti-Rassismus-Trainings und die leitet er dann einfach blind an mich weiter. Wir sind auch schon mal zusammen im Podcast gelandet darüber, haben wir mal gesprochen, weil für mich ist das natürlich ein Jackpot. Aber ich finde es krass, dass er wegen seiner Hautfarbe immer für den Experten gehalten wird. Der sagt immer, das Einzige, was mich mit dem Thema verbindet, ist, dass ich selber ab und zu rassistisch angegriffen werde. Aber genau, klar, du hast eine Art Vertrauensvorschuss, aber das muss ich natürlich auch erst mal beweisen, weil wenn du vom Thema halt wenig Ahnung hast und das ist ein sehr komplexes Thema, dann fällt das auch schon irgendwann früher oder später auf. 

 

Wolfgang (00:13:46) 

Und wer bucht dich dann im besten Fall? Oder wie kommst du an Kunden? Was sind das für Leute, die ein interkulturelles Training benötigen, haben wollen? 

 

Mohamed (00:13:55) 

Ja, also benötigen könnte ich eigentlich die Gegenfrage stellen, wer benötigt es nicht? Weil es gibt so vieles zu dem Thema Diskriminierung, was wir, also wo ich ja auch noch täglich dazulerne. Also ein großer Teil meiner Arbeit ist es ja auch selber mich abzudaten, auf dem Laufenden zu halten, zu lesen und und und. Ich lese wahnsinnig viel zu den Themen. Insofern kann man sich ja vorstellen, wie das dann für jemanden ist, der sich so gar nicht damit auseinandersetzt. Genau, und wer mich aber häufig bucht, ist immer so eine Budget-  klassische Finanzfrage. Schulen haben zum Beispiel gewisses Budget für solche Trainings und Workshops. Das ist nicht besonders hoch, aber die versuchen es halt eher dann mit der Masse. Das heißt, da mache ich auch viel an Schulen. Dann habe ich halt vielleicht jetzt nicht den hohen Tagessatz, aber ich bin dann halt so eine Woche oder zwei Wochen am Stück. Letztens hatte ich eine ganze Woche, da hatte ich zehn Workshops. Also immer jede Gruppe quasi mit 30 Schüler*innen. Wenn man das hochrechnet, wie viele Leute ich da quasi in einer Woche unterrichtet habe. Manchmal sind es Behörden, häufig, weil ich auch selber aus einer Behörde komme oder aus dem öffentlichen Dienst. Das heißt, da ist es natürlich naheliegend, dass ich selber weiß, wie der, wie es im Alltag ist, was umsetzbar ist und was nicht. Und das sind auch die Kontakte natürlich. Und ab und an kommt mal was aus der freien Wirtschaft. Aber da ist ja halt auch kein großer politischer Druck hinter. Das ist ja nochmal was anderes, wenn eine Behörde zum Beispiel, die muss ja auch was zu dem Training oder zum Thema machen. Glücklicherweise mein ich. Und so, keine Ahnung, ich hatte letztens bei einem Telekommunikationsanbieter einen Vortrag. Sowas kommt halt auch immer mal wieder so. 

 

Wolfgang (00:15:29) 

Aber ich meine, wenn du jetzt mal mich als Beispiel nimmst, ich habe gefragt, ist dieses Wording Migrationshintergrund, ist das so korrekt oder wie ist das eigentlich? Ich finde, in solchen Dingen geht es ja irgendwie schon los. Ich merke selber, da ist mein Wissenstand echt so unterirdisch.

 

Mohamed (00:15:47) 

Das erste ist ja, was du gerade angesprochen hast, ist ja, du hast mich drauf angesprochen, ist Migrationshintergrund, passt das eigentlich? Ist das aktuell, ist das nicht aktuell? So sich diese Frage zu stellen, ist ja schon mal so, da bist du ja schon mal ganz vielen Menschen weit voraus. Und noch wichtiger als jetzt, also das meiste, was häufig vorkommen würde, wäre ja, du sagst irgendwas, was man nicht mehr sagt oder was nicht aktuell ist. Und ich habe halt die Möglichkeit, das entweder zu ignorieren oder dich darauf anzusprechen. Wenn ich dich darauf anspreche, ist dann eigentlich die wirklich wichtigere Frage, wie du damit umgehst. Weil, wenn man weiß, privilegiert ist, dann auf den ersten Blick hast du jetzt keinen Vor- oder Nachteil daraus, ob du dich jetzt mit dem Thema auseinandersetzt oder nicht. Also es hat ja für dich keine praktischen Vor- oder Nachteile. Du könntest ja auch sagen, mit dem Thema, ich werde nicht diskriminiert, ich bin ein Mann, deutschklingend, deutsch aussehend. So, warum sollte ich mich damit auseinandersetzen? Auf der anderen Seite darf man halt nicht vergessen, was das für eine Chance ermöglicht, weil das ist das, was vielen Menschen halt nicht klar ist. Auch wo wir gerade gesprochen haben über über Firmen oder was das wahrscheinlich auch an Umsatz erhöht und generiert, wenn du mit 40 verschiedenen Nationen zusammenarbeitest. Du kannst natürlich sagen, jeder macht so seinen Bereich und die sollen vielleicht mal irgendwie quatschen. Aber das ist ja alles sehr, sehr oberflächlich. Du kannst aber auch irgendwie dafür sorgen, dass wenn man mehr Verständnis füreinander hat, die Leute auch außerhalb ihrer Verpflichtung miteinander gerne abhängen, weil die das Gefühl haben, die werden von der anderen Seite besser verstanden. Und das ist halt die Chance, die da hinter steht. Und die gilt aber auch in der freien Wirtschaft, wie im öffentlichen Dienst, wie überall. Und das macht es auch so schwierig, weil wir haben jetzt nichts groß Messbares. Eigentlich theoretisch schon, aber da müsste man tiefer reingehen. Theoretisch könntest du messen, wie viele bewerben sich mit Migrationsgeschichte bei uns, wie viele Leute gehen vielleicht und so weiter. Das heißt, wie weit sind wir interkulturell gut aufgestellt oder auf welchen… Wichtiger ist ja nicht mal die Zahl der Leute, die bei uns arbeiten, sondern in welchen Positionen sitzen die? Genau. Und wie ist die Zufriedenheit? Und das ist auch ein bisschen mein Ansatz, warum ich mich ein bisschen von interkulturellen Themen alleine gelöst habe. Weil das kannst du auf verschiedene Diskriminierungsformen übertragen. Das kannst du auf die Inklusion von behinderten Menschen übertragen. Das kannst du auf das Thema Sexismus übertragen, auf alles Mögliche, Antisemitismus und und und. Wenn du das hinbekommst, dass Mitarbeitende bei dir sich wohlfühlen voll und ganz und nicht das Gefühl haben, die müssen an der Tür irgendwie ihre Persönlichkeit ablegen, dann hast du einen kaum messbaren Wert in deiner Firma, in deiner Behörde oder sonst irgendwo, in deiner Schule, wo auch immer. Und das habe ich halt häufig auch beobachtet. Meine Eltern sind zum Beispiel als Gastarbeiter vor 60 Jahren nach Deutschland gekommen. Wir haben dieses Jahr 60 Jahre Anwerbeabkommen, also Deutschland mit Marokko. Das heißt, vor 60 Jahren kamen die ersten Gastarbeiter. Und so kam es ja dann zu Parallelgesellschaften, weil du nicht das Gefühl hast, du wirst von der anderen Seite respektiert und verstanden. Also machst du dir eine eigene Bubble auf, wo du respektiert und verstanden wirst. Und so hast du dann irgendwann einen Stadtteil, ist jetzt nicht so krass, aber Wedding oder... Du weißt, was ich meine, so in Berlin ist es ja sehr, sehr klar. Es gibt halt Regionen, wo der Anteil an Menschen mit türkischer Migrationsgeschichte viel, viel höher ist als woanders. Und das kommt ja nicht von irgendwo her, sondern hat ja auch sehr viel damit zu tun. Wirst du respektiert, wird deine Religion respektiert, deine Herkunft, deine sprachlichen Barrieren und und und. 

 

Wolfgang (00:19:07) 

Wie kann ich mir denn so ein, ja wenn du gebucht wirst von Schulen zum Beispiel, wie kann man sich denn sowas vorstellen, was ist in deinem quasi Angebot, Portfolio, Dienstleistung, wie läuft so was ab? 

 

Mohamed (00:19:19) 

Ja, also ich habe, ich versuche irgendwann jetzt auch mal so eine Art Flyer zu machen für so ein Standardpaket, weil die Frage kommt sehr, sehr häufig, was kann man machen, aber am liebsten ist es mir, wir führen so ein Gespräch wie jetzt gerade zum Beispiel. Ich will halt wissen, was ist der Hintergrund, wie kommt es zu dieser Idee, einen Workshop an unserer Schule durchzuführen, was ist das Besondere an eurer Schule und wie sind die Rahmenbedingungen auch so. Von wie vielen Schüler*innen reden wir, was haben wir für ein zeitliches Volumen und dann passe ich halt dementsprechend, mache ich dann einen Vorschlag oder ein Angebot. Wenn jetzt die Anfrage lautet, wir haben 30 Schüler*innen und wir haben eine Stunde Zeit, dann kann ich natürlich nicht sagen, ich mache jetzt einen Workshop und die werden das und das und das mitnehmen, sondern es hängt immer so ein bisschen ab, auch vor allem gerade im Schulfeld, von welcher Altersgruppe reden wir hier eigentlich? Ich kann natürlich mit Grundschulen nicht das Gleiche machen wie mit einer Oberstufe oder so. Ja. Und so, also eigentlich läuft es immer gleich, dass wir erst mal so ein Gespräch führen. Und dann mache ich mir ganz viele Notizen und anhand der Notizen mache ich dann ein Angebot. 

 

Wolfgang: (00:20:17) 

Das kann dann auch, wenn du sagst zum Beispiel nur eine Stunde vor 30 Leuten so ein Impulsvortrag sein, so die… zum Beispiel: das ABC des...

 

Mohamed (00:20:28) 

Zum Beispiel. Mir ist es immer wichtig, das auch realistisch zu machen. Zum Beispiel an Schulen vor allem. Gerade nach 2015, 2016 hast du halt häufig auch Schülerinnen dabei, die nicht Deutsch reden können. Und dann überlege ich halt, wie man es spielerisch so vermitteln kann. Also das sind auch Infos, die für mich wichtig sind. Ich habe zum Beispiel mal einen Workshop gemacht, der ging irgendwie fünf Stunden. Und die waren aber irgendwie mit sieben Sprachen. Und was willst du ohne Dolmetscher da groß machen? Also da müssen wir auch realistisch bleiben und sagen, das Ziel ist, dass die so ein bisschen was mitnehmen. Zum Thema, genau. Umgekehrt ist es halt, wenn das gut organisiert ist von der Schule, von der Seite aus. Du auch das Gefühl hast so, das wird dort auch dementsprechend gut propagiert. Also ernst genommen und so. Dann nachgearbeitet ist mir zum Beispiel wichtig, weil häufig hast du an Schulen wenig Zeit, viel, große Klassen und musst irgendwie was vermitteln und dann ist mir zum Beispiel wichtig, dass ich denen auch sage, wie die das im Unterricht nochmal nacharbeiten können, nochmal auf das Thema eingehen können. Genau. Dann hast du tatsächlich gute Rahmenbedingungen. 

 

Wolfgang (00:21:30) 

Und deine Firma heißt interespect-Training? 

 

Mohamed (00:21:34)

Interespect-Training, genau. Wir haben ja gerade das Thema gehabt mit der Urkunde. Ich habe mir das Wort 2016 beim Deutschen Patentamt gesichert, das ist die Urkunde quasi dazu, weil ich gesagt habe, was will ich eigentlich mit dem Training? Und interespect ist eine Wortkreation zwischen zwischenmenschlich und Respekt, weil ich halt festgestellt habe, wir müssen erst mal lernen, bevor wir über interkulturelle Unterschiede reden, uns erstmal zu respektieren. Du musst nicht verstehen, warum jemand was macht, sondern erst mal musst du es respektieren und das ist das, wo es bei vielen Leuten schon scheitert. Erstmal musst du respektieren, dass ich vielleicht einen bestimmten Glauben habe, dass ich zu bestimmten Zeiten nichts esse, nichts trinke oder bete oder sonst was. Erstmal musst du respektieren, dass ein Mensch, der homosexuell ist, nicht eine Gefahr für dich darstellt. Und wenn du das alles erst mal nur respektierst, dann können wir quasi auf die nächste Ebene gehen. Und so habe ich halt quasi dieses Wort mir ausgedacht. Oder es kam plötzlich so ein Geistesblitz, mir das gesichert. Und das ist so Dreh und Angelpunkt hinter dem, was ich mache. Also in erster Linie auch Respekt. 

 

Wolfgang (00:22:25) 

Aber jetzt kannst du mal kurz ausholen. Was hat es mit dem Comedy Background auf sich bei dir? 

 

Mohamed (00:22:42) 

Ja, ja, ich habe vor etwas mehr als einem Jahr, vor einem Jahr und drei Monaten, um genau zu sein, da habe ich meinen ersten Comedy-Auftritt gehabt. Aufmerksam auf Comedy bin ich geworden durch erstmal selber irgendwie konsumieren und gucken, wie viele. Und dann habe ich halt noch mittlerweile einen guten Freund, Benaissa, der auch guter, bekannter Comedian ist, ja immer so privat ein bisschen mehr begleitet, mal auf Shows gegangen und und und. Und dann habe ich irgendwann festgestellt, dass es eigentlich ja auch sehr, sehr gut zu dem Training passt, was ich mache. Es ist nicht zu verwechseln, es sind zwei unterschiedliche Dinge, aber die ergänzen sich sehr, sehr gut. Gerade wenn man den Anspruch hat, man hat ja dann auch irgendwann so, was will ich eigentlich mit Comedy erreichen, so was ist mein Ziel. Und ich will halt solche Antidiskriminierungsthemen, die häufig sehr, sehr heikel sind, von denen lassen die Leute häufig die Finger lieber und so. Die versuche ich halt… wenn man die… Wenn man es hinbekommt, das kurz und knackig auf humorvolle Art anzusprechen, ist es schon so ein cooles Ziel. Und, genau, dann habe ich halt einfach angefangen, meinen ersten Spot gehabt vor eineinhalb Jahren. Und seitdem hat es sehr viel Spaß gemacht und ich habe auch festgestellt, dass ich mit dem einen oder anderen Bit, so nennen wir es ja, oder halt Gag, in der normalen Sprache, manche Themen anspreche. Ja, und deswegen…

 

Wolfgang (00:24:06)

Aber warst du denn schon immer…

 

Mohamed (00:24:07)

…ergänzt sich das sehr, sehr gut. 

 

Wolfgang (00:24:08)

Warst du denn schon immer irgendwie ein lustiger Kautz? Oder wie ist das entstanden? Hat einer gesagt, man ey, ich habe immer Muskelkater im Bauch, weil wenn ich mit dir zusammen bin, geh auf die Bühne? 

 

Mohamed (00:24:18) 

Ja, das ist natürlich der Klassiker. Also ich hatte zum Glück irgendwie nie das große Problem oder habe es bis heute kaum mit Lampenfieber, wenn ich auf eine Bühne gehe oder so. Es ist nicht so, dass ich die Bühne unbedingt brauche. Also es ist klar, es ist cool, wenn man Applaus kriegt und so. Aber ja und Humor war schon immer für mich ganz, ganz, ganz wichtig. Und natürlich auch in meinem Umfeld. Also ich lache mega gerne mit Freunden. Das ist so das Erste. Also da ist auch die Gag-Dichte sehr, sehr hoch, wenn man sich trifft. Und genau, deswegen war das schon immer so ein Ding, dass man hier oder da... Aber ich kenne auch Leute, die in meinem engsten Freundeskreis, finde ich, viel witziger sind als ich. Aber es ist dann nochmal eine andere Sache, das auf eine Bühne zu bringen, in Stories zu verpacken oder so ein Set zu schreiben. Also das sind halt zwei unterschiedliche Sachen. Also es ist, ja… Also es ist auf jeden Fall wichtig, dass man schon irgendwie eine Verbindung zu Humor hat, wenn man auf die Bühne will. Weil sonst ist es echt nur Arbeit. 

 

Wolfgang (00:25:14) 

Ich habe letztes Mal mit jemandem gesprochen und der meinte, er schafft es oder er glaubt, dass die meisten Leute nur schaffen, so in zwei Dingen wirklich gut zu sein. So er meinte halt, irgendwie du hast einmal Familie, also gut sein in Familie, das ist alles unter einen zu gut zu bekommen. Und dann noch beruflich und dann wird es nachher schon wieder langsam dünn, wenn du noch was Drittes dazu holst. Wie schaffst du das alles unter einem Hut zu bekommen? Ich meine, du hast eine Frau du hast Familie, du hast die ganzen verschiedenen Eckpfeiler und hast du so das Gefühl, dass da manchmal ein bisschen was auf der Strecke bleibt, wo du sagst, Mensch, da hätte ich eigentlich mal wieder ein bisschen mehr Aufmerksamkeit schenken müssen. Ich spreche jetzt hier nicht von privatem. 

 

Mohamed (00:25:54) 

Ich wollte grad sagen, gut, dass man meinen Bauch nicht sieht, dann wüsstest du ja, was auf der Strecke bleibt. Ne. Ja klar, meine Frau ist zum Beispiel auch ein wichtiger, wichtiger Anker. Ich glaube, ohne die würde ich viele Sachen gar nicht schaffen, weil das natürlich dich auch zeitlich beansprucht und so weiter. Ich habe jetzt zum Beispiel… heute gebe ich nochmal irgendwie am Nachmittag drei Stunden Workshops, wo sie frei hat, wo natürlich bei dem schönen Wetter auch draußen irgendwas, also gehört auch viel Geduld zu und und und. Ich glaube, es gibt mir sehr viel wieder, weil durch die Sachen, weil ich ja auch irgendwie, also gerade beim Thema Diskriminierung, es ist halt nicht irgendwie ein Standardthema für mich, sondern es ist...

Ich habe ja auch eine Vision dahinter und ich will ja auch das maximale. Ich habe ja auch erzählt, dass ich ein bisschen also schon relativ religiös bin. Und ich glaube, dass du halt auch bestimmte Talente halt kriegst, um damit was zu machen. Und wenn ich irgendwann mal am Tag des Jüngsten Gerichts gefragt werde, was ich gegen das Thema Diskriminierung gemacht habe, dann kann ich, ist im Islam zum Beispiel auch ein sehr wichtiges Thema, sehr, sehr hoch angesetzt. Dann kann ich sagen, ich habe das und das und das gemacht mit dem Talent, was du mir quasi gegeben hast. Und ja, insofern. Genau, ist das schon mal so ganz gut und es verträgt sich. Weil das Ding ist halt, man hat häufig oder ich höre von vielen Leuten, die den Konflikt haben mit gerade so in der Behörde und Selbstständigkeit nebenbei. Aber ich kapiere den nicht, weil wenn man es mal andersherum betrachtet, was ist denn der Nachteil daraus, wenn du einen Mitarbeiter hast, der neben der Arbeit noch andere spannende Themen macht, es sei denn der überlastet sich oder so. Das ist jetzt ein anderes Thema. Wenn du das Gefühl hast, der kommt irgendwie völlig unausgeschlafen zur Arbeit, nicht konzentriert und und und. Aber was spricht denn dagegen…

 

Wolfgang (00:27:32) 

Gar nichts. 

 

Mohamed (00:27:33) 

…, dass deine Mitarbeiter noch nebenbei was machen im Podcast oder so? Das ist halt so dieses altertümliche „öffentliche Dienst-Denken“, so Beamter ist Beamter und bla bla bla. Da musst du natürlich eine Unterscheidung machen zwischen dem verbeamteten Wolfgang und dem privaten Wolfgang. Aber ich glaube früher oder lang kommst du eh nicht dran vorbei. Genau, von daher finde ich, also nicht nur, dass sich das ergänzt, sondern früher oder später musst du es eh machen. Ja genau.

Was dazu gehört ist natürlich, um nochmal auf die Frage zurückzukommen, ist ein sehr, sehr gutes Zeitmanagement und immer Anspannung - Entspannung finde ich immer wichtig. Das heißt, ein Tag, wo du jetzt besonders viel gemacht hast oder ab und zu kommt es ja mal vor, dass ich jetzt Samstag mal irgendwie unterwegs bin. Dafür habe ich dann halt den Montag, da mach ich halt weniger, beispielsweise nach einem Podcast, nichts mehr und nutz den zur Entspannung. 

 

Wolfgang (00:28:21)

Anspannung - Entspannung finde ich gut. Ein guter Punkt. Du hast gesprochen, du liest viel, du beschäftigst dich viel mit Themen, aber das ist ja, das hat ja alles was… du hast das Wort „lebenslanges Lernen“ benutzt. Das würde ich jetzt mal dazu einordnen. Aber wie lernst du? Also wenn ich mich mit einem Thema auseinandersetze, mit einem neuen Thema, ja dann lese ich irgendwie, dann google ich, dann hole ich mir mal ein Buch oder ein Hörbuch. Gehst du da irgendwie strukturierter ran oder ist es auch so mehr so Gießkannenprinzip und schaust was, konsumierst du erstmal viel und schaust was hängen bleibt?

 

Mohamed (00:28:55)

Ja. Also tatsächlich manche Sachen finde ich, es gibt ja mittlerweile, es gibt ja wirklich alles. Du kannst ja zu jedem Thema Podcast hören, du kannst jetzt, es gibt ja so einfach Wissen sich anzueignen, du brauchst ja quasi fast gar keine Ausbildung mehr. Du kannst ja YouTube gucken und und und. Was meine präferierte Variante ist, ist tatsächlich mit Experten darüber sprechen. Weil ich kann ja auch sehr viel geben und so umgekehrt kann ich auch von Leuten viel lernen. Wie jetzt zum Beispiel, du hast ja eben auch gehört, ich habe dich direkt gefragt, wie nimmst du das auf? Welches Programm? Hast du gute Erfahrungen, hast du schlechte Erfahrungen? Warum soll ich das googeln und die ersten zehn Sachen, die mir angezeigt werden, austesten, wenn du mir sagen kannst, die und die Sache hat den und den Vorteil und die Sache hat den und den Nachteil. Ich frage dich, dann frage ich fünf andere, die auch ein Podcast haben und dann kann ich ja, wenn ich dreimal das Gleiche höre, kann ich ja ungefähr abschätzen: okay, mit welchem Thema lohnt es sich, sich mehr zu beschäftigen. Und so, ich glaube, es gibt kaum ein Wissen, was man eher, also was... besser und einfacher oder sicherer ist als das eines Fachexperten, eines Menschen generell. Umgekehrt gebe ich auch vielen Leuten, die sich jetzt selbstständig machen wollen oder freiberuflich gerade in den Anfängen, gerade so aus der Schule oder Studium raus sind, versuche ich halt auch zu erklären, was bei mir sich als gut rausgestellt hat und was vielleicht man überspringen könnte.

 

Wolfgang (00:30:19)

Also ich habe das Gefühl, dass Lernen für viele so einen negativen Touch hat. Das hat was mit Arbeit zu tun, mit Aufwand, mit erstmal zurückstecken. Ich sehe das aber... Ich muss sagen, früher war ich auch wissensdurstiger als heute. Man hat sich so eine Art Ist-Stand angeeignet, mit dem man ganz gut klarkommt. Und dann kommt man selber manchmal in so eine Phase, brauche jetzt da so Arbeit reinstecken, weil ich habe ja schon einen guten Ist-Stand. Aber bei dir hört sich das an, du bist da sehr, sehr wissenshungrig, wissensdurstig. Was fällt dir zu dem Wort oder dem Begriff Lernkultur, interkulturelles Lernen ein? Also wie verknüpft man das? Was bedeutet das für dich? 

 

Mohamed (00:31:03 )

Also es gibt ja dieses Zitat, ich glaube, das nennt sich Wissen ist nur Macht, wenn man es anwendet oder so. Oder nur angewandtes Wissen ist Macht. Also darum geht es ja in erster Linie. Wir sind ja in einer Zeit, wo sehr, sehr viel konsumiert wird. Du kannst die Dinge halt nebenbei laufen lassen, mit einem Ohr hinhören oder du kannst dich auch… das macht einen riesen Unterschied, ob ich jetzt ein Buch lese und mir dazu notiere oder was rausschreibe, überlege was habe ich jetzt daraus verstanden oder ob ich irgendwie einen Podcast nebenbei laufen lasse und das macht halt für mich schon mal einen wesentlichen Unterschied. Ich kann mir vorstellen, dass der Wissensdurst auch geringer wird wenn du irgendwann übersättigt bist. Wenn du permanent, wir kennen das ja so beim Essen: so ich kann jetzt entweder drei Mahlzeiten ordentlich essen - ich kann aber auch immer zwischendurch snacken und da snacken und da snacken, aber dann habe ich gar keine Mahlzeit eigentlich gegessen. Und so machen wir es ja auch. So mache ich es ja auch häufig auch oder ertappe ich mich dabei, dass ich quasi die ganze Zeit, egal was ich mache, beim Zähneputzen, Podcast, da, da, da, da, da, da, dass ich irgendwann auch gar keinen Bock mehr habe, was nochmal neu anzueignen. Von daher finde ich das, glaube ich, ein ganz, ganz wichtigen Aspekt, dass man das nicht nebenbei… Interkulturelles Lernen. Also wenn man es darauf bezieht, wie man sich quasi interkulturell weiterbildet, auf verschiedene Kulturen und so weiter, kann ich nur absolut empfehlen zu reisen. Und zwar nicht an die Orte, wo man ein Oktoberfest angeboten bekommt, wenn man im anderen Land ist, wirklich so weit wie es geht ins Dorf rein. Und dann aber auch nicht irgendwie die Leute, ja so tourimäßig halt irgendwie voll ausnutzen, sondern mit Respekt, da sind wir dann wieder bei interespect, wird man schon hier oder da mal eingeladen, wenn man sich nett verhält. Und dann aber auch mit der entsprechenden Anerkennung. Ja, so quasi von anderen Kulturen zu lernen. Ja, was mir so irgendwie direkt in den Kopf geschossen ist, wo ich jetzt auch gerade in Marokko war, ist halt diese präferierte Variante zum Lernen in anderen Kulturen, wo ich gesagt habe, bei mir funktioniert es häufig durch andere Menschen. In Kulturen, wo sehr viel Kommunikation betrieben wird, wo man sehr viel in Austausch, wo man weniger am Handy, jeder für sich sitzt, sondern mehr so in Cafés, sich unterhält und und und. Da passiert auch sehr, sehr viel Interaktion und da lernt man auch sehr, sehr viel voneinander.

Hat natürlich beides, Fluch und Segen. Also Segen ist es halt, wenn man wirklich mit Leuten sich austauscht, die ja irgendwie auch mit ihrem Wissen vorsichtig umgehen und nicht so gefährliches Halbwissen raushauen. Fluch ist natürlich, wenn du quasi alle Gerüchte aufsaugst, die irgendwo rumlaufen und daraus dir dann entsprechend ein Bild kreierst. Genau. Ja, aber man kann alleine schon über Kommunikationsart und Weisen über das, worüber wir eben gesprochen haben, Nähe und Distanz, über direkte Kommunikation, indirekte Kommunikation, Zeitmanagement. Da gibt es natürlich riesige Unterschiede in verschiedenen Kulturen. Zeitmanagement in Deutschland ist ja ein sehr, sehr heikles Thema, hartes Thema. 

 

Wolfgang (00:33:50)

Ja, total. 

 

Mohammed (00:33:51) 

Wenig Spielraum. 

 

Wolfgang (00:33:52)

Ja, gar keinen. 

 

Mohamed (00:33:53)

In anderen Kulturen… es ist halt so. Oder was interessant ist wirklich so... 

 

Wolfgang (00:33:57)

Fünf Minuten vorher ist gut.

 

Mohamed (00:33:58)

Ja, was tatsächlich interessant ist, bei der direkten Kommunikation zum Beispiel, wir sind ja in Deutschland eher gewohnt, direkt zu kommunizieren. In anderen Kulturen eher indirekt durch die Blume. Auch das Thema, worüber wir eben geredet hatten, kurz so mit.. was erwarte ich oder von der anderen Seite. Tatsächlich ist fast die ganze Welt anders als wir in Deutschland. Wir sind eher die, die direkt kommunizieren und der größte Teil der Welt kommuniziert eher indirekt, also durch die Blume. Wir sind eher so erst das Geschäftliche und danach gucken, ob man noch eine Beziehung aufbaut, ob man noch was trinken geht. Und in anderen Kulturen ist eher erstmal was trinken, Tee trinken oder was auch immer trinken. Okay. Und dann gucken wir mal, ob wir zusammenkommen. Ja. 

 

Wolfgang (00:34:38) 

Ja also, ich muss sagen, ich tu mich da auch ganz oft sehr schwer mit, wenn mir jemand was durch die Blume sagen will. Ich bin so ein Freumänt[sic!]. Ich sag, komm, sag mir doch, was willst du jetzt von mir? Oder war es jetzt scheiße, war es gut? Ich kann damit schon umgehen. Besser sogar, als wenn man mir das so ein bisschen zuerst die ganzen guten Dinge sagt, um dann eigentlich zu...

 

sich die Möglichkeit frei zu räumen, zu sagen, was scheiße war. Und sagst… ich fange doch einfach mit dem schlechten einfach an. 

 

Mohamed (00:35:04)

Also du kannst dir vorstellen, wie das... Also ich bin auch relativ direkt, relativ deutsch zivilisiert aufgewachsen. Aber du kannst dir vorstellen, wie ungewohnt das zum Beispiel für meine Eltern ist, wenn die das beobachten oder sehen, wie direkt ich teilweise mit Leuten aus hohen Positionen kommuniziere. Also ich kann mich erinnern, dass ich mal mit einem Integrationsbeauftragten unserer Stadt sehr offen und direkt kommuniziert habe, weil es ging gerade um ein Projekt, was wir gerade am Laufen haben. So ja, pass auf, dann machst du das und ich mache das und das und das streichen wir und so. Da habe ich erstmal einen richtigen Anschiss von meinem Vater bekommen, wie ich denn mit dem Integrationsbeauftragten rede. Hallo, Hierarchie und so. Es ist halt interkulturell voll unterschiedlich. Also manchmal kriegen meine Eltern mit wie direkt ich auch mit Ärzten oder so rede. Was dann aber auch irgendwie für beide okay ist, in Ordnung ist. Aber für die ist das halt so ungewohnt. Ja.

 

Wolfgang (00:35:51)

Mohamed, wir gehen langsam in Richtung Ende. Für mich ist es total spannend. Aber jetzt nochmal so zum Schluss. Leute, also… für wen würdest du sagen, ist interespect-Training, interkulturelles Training sinnvoll? Wer sollte sich damit beschäftigen? Ganz besonders, du hast ja gesagt, ja, es kommt immer drauf an, was man jetzt gerade so vorhat. Aber gibt es da auch so eine generelle Aussage? Eigentlich jeder? Für wen ist es denn nicht gut? Das meintest du ja schon.

 

Mohamed (00:36:23)

Ja, ja, genau, genau. Das ist so das erste, was ich dazu sagen würde. Ich kann es ja ein bisschen so versuchen, aus den Erfahrungen, die ich bisher gesammelt habe, wer vielleicht den größten Nutzen davon hatte. Ich glaube, je höher oder je mehr Macht du hast, desto wichtiger ist es, dich mit solchen Themen auseinanderzusetzen, damit du die Macht, damit du die Macht nicht missbrauchst. So quasi. Das heißt, wenn du zum Beispiel in einer hohen Führungsposition bist oder sogar CEO oder was weiß ich was und du hast viele Mitarbeitende unter dir, dann ist es umso wichtiger, dich damit auseinanderzusetzen, damit du auch nicht Dinge machst oder in Fallen tappst, in die man automatisch tappt, wenn man sich nicht damit auseinandersetzt. Ich gebe dir mal ein paar Fallen, das zum Beispiel, was häufig viele Menschen machen, ist, Menschen, die so ausschauen wie ich oder so Namen tragen, als Token zu benutzen. Das heißt, wir haben jetzt irgendwie eine Diversity-Kampagne und ich werde ungefragt sofort aufs Poster gesetzt. Oder ich werde sofort gefragt, wenn es um Ramadan geht, als allererster. So was machen wir jetzt? Und darauf werden Leute wie ich zum Beispiel auch nicht nur ab und zu keine Lust haben, sondern es ist auch eine sehr, sehr hohe Verantwortung mit. Das heißt, wenn ich jetzt irgendwas sage, dann spreche ich hier quasi gerade für die ganze Migrationsgeschichte dieser Behörde oder dieses Arbeitgebers und die kannst du als Vorgesetzte, Vorgesetzter nicht mir einfach so übertragen. Und um nicht in solche Fallen rein zu tappen, ist es natürlich wichtiger, gerade an Führungskräfte. Ich mach zum Beispiel so Workshops auch für Ausbilder in dem Ausbildereignungslehrgang, finde ich auch extrem wichtig. Für Leute, also immer da, wo Macht auch eine Rolle spielt. Für Lehrer, Lehrerinnen an Schulen, die haben auch eine Macht gegenüber Schüler*innen. Überall da ist es, wenn ich jetzt sagen müsste, so ganz, ganz dringend. Genau. Häufig hat man aber leider in der Realität die Leute da sitzen, die es eigentlich am wenigsten benötigen, 

 

Wolfgang (00:38:21)

…,die Bock aufs Thema haben, die eigentlich schon ein gutes Grundwissen haben. 

 

Mohamed (00:38:25) 

Ja genau. Und dann bist du schon auf einer anderen Ebene unterwegs, aber ist jetzt auch nicht schädlich. Also auch die Leute nehmen viel mit. 

 

Wolfgang (00:38:29) 

Aber du hast ja schon sehr, sehr viele Tipps auch so zwischen den Zeilen so mitgegeben. Ich mein so: „Reiß doch einfach mal was“ und „geh nicht ins Tourizentrum, sondern geh ins Landesinnere“ und „sprich mit den Leuten und so“, aber generelle Tipps, wo jetzt nimm mal Leute, die jetzt vielleicht noch kein Training bei dir besucht haben und da… ,die es vielleicht nötig hätten, mal jetzt den ein oder anderen Tipp nochmal mitzunehmen. Was würdest du denen empfehlen zum Thema interkulturelles Training? 

 

Mohamed (00:38:57) 

Du kannst erstmal so einen Ist-Zustand von dir selber mal feststellen. Du kannst dich erstmal hinsetzen und überlegen, mit wie vielen diversen Menschen habe ich eigentlich in meinem Umfeld zu tun. Und ich rede jetzt hier nicht nur mit Menschen mit Migrationsgeschichte, sondern auch mit Menschen unterschiedlicher Religion, unterschiedlicher Migrationsgeschichte, unterschiedlich vielleicht auch mit behinderten Menschen, mit homosexuellen Menschen und so weiter. Wie viele habe ich eigentlich in meinem näheren Umfeld? So wie werden die dargestellt? Ist auch was, was du auch so in der Selbstanalyse machen kannst. Du kannst dir jetzt zum Beispiel Werbung angucken, Fernsehen, Filme. Alles kannst du auch selbstkritischer dir anschauen, wenn du mal überlegst, wie werden die Menschen dargestellt? Werden die so als die Armen? Werden zum Beispiel schwarze Menschen als eher weniger gebildet dargestellt und die weißen Menschen als eher schlau? Vor allem auch gerade, und da finde ich dann mit dem Bezug zu Kindern wieder, wie werden die auch in Kinderfilmen, in Comics und so weiter dargestellt, kannst du da die ganze Disney-Reihe einmal durchgucken. Und dann der zweite Schritt, wo du dann in Interaktion mit Menschen trittst, finde ich ist halt auch wichtig, dass du natürlich wieder auf respektvolle Art und so, wie ein bisschen, wie es in den Wald schallt, so schallt es auch wieder raus, dir erstmal die Geschichte dieser Menschen anzuhören. Das heißt erstmal eine Basis, eine Beziehung schaffen, damit ein Mensch sich auch öffnen kann und dir erzählen kann, wie es wirklich ausschaut. Nicht dahingehend irgendwie mit dem Finger und jetzt erzähl mir alle deine 15 Diskriminierungserfahrungen, die du im Leben erlebt hast. Sondern irgendwie erstmal eine Basis schaffen und dann darüber ins Gespräch kommen. Das braucht halt Zeit. Das ist halt so, das Schwierige an dem Thema ist halt, wir sind halt häufig in Deutschland gewohnt, wir kriegen so Quick-Infos und das und das und das funktioniert und das nicht. Aber es braucht halt Zeit, es braucht ab und zu auch Fehler, braucht es, damit man wieder was hat, worüber man reden kann. Und es braucht erstmal so eine Basis des Zuhörens auch. Und wenn man das irgendwie schafft, dann hört man auf einmal Sachen nicht nur raus, sondern auch überhaupt Sachen, die man vorher nicht für möglich gehalten hat. Und dann begeben sich auch Freundschaften, Arbeitsbeziehungen oder sonst irgendwas auf eine andere Ebene. Das heißt, wenn ich jetzt mal Vorgesetzter bin und dann noch mal so oder Lehrkraft oder sonst was, merke ich auf einmal, da kommt ein Schüler oder eine Schülerin auf mich zu und erzählt mir Dinge, die sie sich in 15 Jahren nicht getraut hat, mir zu erzählen. Nehmen wir mal das Thema Beten hier, worüber wir geredet haben. Auf einmal erzählt mir mein Mitarbeiter, der betet seit 20 Jahren unten im Parkhaus. So und das ergibt sich aber erst mit der Zeit, wenn ich das Gefühl vermitteln kann, wirklich ich verurteile dich nicht, weil dafür haben Menschen viel zu viel Verurteilung schon erlebt, als dass sie jetzt sofort mit der Tür ins Haus fallen würden. Ich weiß, das ist nicht so konkret, aber das ist halt so der Lauf der Dinge. Wie sieht die perfekte Führung aus? Kann man auch nicht so einfach beantworten. Man braucht halt sehr viel Beziehungsarbeit und ja, vor allem Respekt, wenn man erstmal versucht, wirklich so in welchen Weisen, auch wenn mal was schiefgeht, analysieren, was ist jetzt schiefgegangen? Was könnte die Person vielleicht auch mal mit der Person darüber sprechen? Ey, hör mal, ich hatte letztens ein Gespräch mit dir. Ich hatte das Gefühl, du hast, da war irgendwie ein Störgefühl. Habe ich alles…? Also war das in Ordnung, was ich gemacht habe, habe ich irgendwas falsch gemacht. Tut mir leid. Und ich habe auch gesagt, das häufige, das Problem ist nicht, was man in was für ein Fettnäpfchen man stolpert. Es gibt natürlich bestimmte Fettnäpfchen, wo man nicht drüber stolpern sollte, zum Beispiel das N-Wort. Das sollte mittlerweile jeder Mensch wissen, dass man das nicht verwendet, dass es keine Berechtigung hat oder sonst irgendwas. Aber das viel Wichtigere ist, wie gehst du damit um, wenn ich es dann anspreche? Wenn ich sage, ey Wolfgang, ey, und das ist das, was viele Menschen auch so, gerade weiße Menschen. womit die sich schwertun, diese Kritik anzunehmen. Wir gehen sofort in die Verteidigungsposition. Wolfgang, du hast mich vor versammelter Mannschaft gefragt, wo ich herkomme. Du hast mir das Gefühl gegeben, ich gehöre nicht zu der Gruppe dazu. Wir waren in der Fußballmannschaft. Wo kommst du her? Kommst du nicht aus Marokko? Und jetzt Störgefühl. Ich meinte das nicht böse, ich meinte das doch nur… ich war doch selber in Marokko, es war alles cool. Ich wollte nur ein bisschen über meinen… Und dann denk ich mir, jo, jetzt halt mal die Klappe. Es geht jetzt nicht um dich. Du hast mich doch gefragt, was dich gestört hat. Dann hör du erstmal an, was ich dir jetzt zu erzählen habe. Und dann können wir gucken, wie man es besser machen kann. 

 

Wolfgang (00:43:07) 

Mohamed, wenn du jetzt einen Slot hier in diesem Podcast hättest, den auf Knopfdruck ganz Deutschland hören könnte, was würdest du ganz Deutschland mitgeben wollen? 

 

Mohamed (00:)

Eigentlich habe ich so Postkarten gemacht, da steht drauf: „mehr miteinander statt übereinander reden“. Und die nächsten, da wird wahrscheinlich draufstehen: „Leben und leben lassen“. Und gerade Leben und leben lassen finde ich extrem wichtig. In allen Hinsichten, egal ob ich das jetzt bin, zum Beispiel in meiner Religion. Ich kann nur Toleranz bekommen, wenn ich auch Toleranz gebe. Ich kann jetzt nicht sagen, ich will, dass man meine Religion respektiert, aber ich respektiere nicht Menschen, die eine andere sexuelle Orientierung haben. Und genauso wünsche ich mir das halt für alle Menschen. Das heißt, versuche erstmal selbstkritisch den Fehler oder die Sachen bei dir zu sehen. Was kann ich besser machen und nicht was können andere besser machen oder anders machen? Warum habe ich keinen Arbeitsplatz bekommen? Warum kriegt jemand anders einen Arbeitsplatz? Und dann einfach so, wie ich es mir quasi wünsche für mich, so gebe ich es auch anderen Menschen zurück. Wenn ich jetzt, wenn jetzt hier Krieg wäre und ich müsste jetzt flüchten, ja, dann würde ich auch ein Handy mitnehmen, so wahrscheinlich. Und mal diesen Perspektivwechsel auch immer wieder zu machen und immer wieder zu überlegen. Das wünsche ich mir für die ganze Welt. Und wenn das nämlich wäre, hätte ich nämlich keinen Job mehr. Und das wäre ein Traum. Also ich mache das nicht jetzt wegen dem Geld nur, sondern mir wäre es, für mich wäre es traumhaft, wenn ich irgendwo wäre, wo man sich fragen würde, was erzählt er da eigentlich? Das ist so klar. Haben wir nichts mehr zu tun. Ja, genau. Könnte ich mich mit anderen Dingen beschäftigen. 

 

Wolfgang (00:44:36) 

Okay, ist gut. Mohamed, wir sind zum Ende des Podcasts gelangt. Es war auf jeden Fall eine extrem spannende Reise. Zumal habe ich da auch sehr viel mitgenommen. Ich hoffe, dass unsere Hörer*innen hier auch echt viel mitgenommen haben. An dieser Stelle: vielen lieben Dank.

 

Mohamed (00:44:54)

Danke auch. Oder generell auch an die Fortbildungsakademie Herne, dass diese Plattform uns gegeben wurde, um über solche wichtigen Themen zu reden. Und wo ich es heute auch schon oder wo ich gerade noch gesagt habe, ich gebe ja heute ein Online-Seminar. Die Fortbildungsakademie bietet hier auch sehr viel online an. Sich gerne mal Vielfalt@Work anschauen. Online-Seminare oder Workshops ermöglichen oder öffnen die Türen für viele Menschen, die selber sehen, dass sie wenig Zeit haben vor Ort irgendwie was durchzuführen. Die E-Learning-Plattform der Fortbildungsakademie einmal durchchecken. 

 

Wolfgang (00:45:24) 

Leider geht diese Folge schon zu Ende, aber ich habe viele wichtige Impulse von Mohamed für mich mitgenommen. Respekt bzw. Toleranz spielen hier eine entscheidende Rolle. Ich kann nur Toleranz einfordern, wenn ich selber tolerant bin und Vorurteile oder Schubladendenken komplett ausblende und gar nicht erst zulasse. Wie kann ich Respekt und Toleranz aufbauen? Indem ich mir erstmal die Geschichten der Menschen oder Mitarbeiter*innen anhöre und ein gegenseitiges Vertrauen aufbaue und zunächst viel in die Beziehungsarbeit investiere. Fehler sind absolut legitim, jeder tritt ab und an mal ins Fettnäpfchen. Am Ende ist es entscheidend, wie mit dem Fehler umgegangen wird. Kritik annehmen und es versuchen beim nächsten Mal besser zu machen. Du magst mehr über interkulturelle Kompetenzen erfahren und bist Mitarbeiterin des Landes NRW? Die FAH hat spannende Seminarformate zu dem Themengebiet. Schaut gerne mal in den Seminarkatalog der FAH.

Du bist Mitarbeiterin eines anderen Bundeslandes und bist daran interessiert, dir das mit dem Comenius EduMedia Award ausgezeichnete Web-Based Training, kurz WBT, zum Thema Vielfalt@Work anzuschauen? Schreib gerne eine Mail an die FAH an ell@fah.nrw.de. Die Kontaktdaten findest du auch in den Show Notes.

Porträt von Nicole Kaul vor dem Akademiegebäude mit dem Schriftzug "Auf die Pace kommt es an, #1" und "Nicole Kaul, Leiterin des Dezernats für Personalmanagement beim LZPD und Agile Coach

#1, Januar 2024 - In der ersten Folge sprechen wir mit Nicole Kaul, Leiterin des Personaldezernats des LZPD NRW, Verwaltungsvisionärin, Agile Coach und passionierte Läuferin, über die Relevanz von Social Media und Employer Branding in Behörden, über die Gen Z und wie dem War for Talent entgegengewirkt werden kann. 

© FAH

Podcast: Flurfunk aus Herne, Folge 1: Auf die Pace kommt es an! Mit Nicole Kaul Leiterin des Dezernats für Personalmanagement beim LZPD und Agile Coach

Wolfgang (00:01)

Hallo und herzlich willkommen zu einer neuen Folge Flur Funk aus Herne, der Verwaltungstalk, dein Podcast, wenn es um topaktuelle Themen und Learnings aus der Verwaltung geht. Mein Name ist Wolfgang Patz, ich bin Podcast-Coach und Moderator und im Auftrag der Fortbildungsakademie des Ministeriums des Innern NRW spreche ich alle zwei Wochen mittwochs mit spannenden Persönlichkeiten aus Wissenschaft und dem öffentlichen Sektor. Heute zu Gast Nicole Kaul. Nicole ist Leiterin des Personaldezernats des LZPD NRW, Verwaltungsvisionärin, Agile Coach und passionierte Läuferin. Gemeinsam sprechen wir über die Relevanz von Social Media und Employer Branding in Behörden, über die Gen Z und wie dem War for Talents entgegengewirkt werden kann.

Wolfgang (00:45)

Hallo Nicole, freut mich, dass du da bist. 

Nicole (00:47)

Hallo Wolfgang, ich freue mich auch heute hier zu sein. 

Wolfgang (00:51)

Du hast ja eine kleine Historie, glaube ich, mit der FAH, mit der Fortbildungsakademie. Könntest du uns vielleicht mal ganz kurz sagen, oder uns sagen, wer du bist, was du machst und was deine besondere Verbindung zur Fortbildungsakademie ist? 

Nicole (01:08)

Sehr gern. Ich bin ein echtes Eigengewächs der Verwaltung. Ich bin gleich nach meinem Abi in die Verwaltung eingestiegen und habe mehrere Jobs gehabt, komme eigentlich aus der Kommunalverwaltung, bin aber dann sehr zeitig gewechselt zum Land NRW. Meine Verbindung nach Herne hat damit zu tun, dass ich nach meinem Aufstieg in den höheren Dienst gebeten worden bin, dort den Fachbereich Digitalisierung aufzubauen, Digitalisierung in der Landesverwaltung. Das hat mir sehr viel Freude gemacht, weil es ein sehr neuer Bereich war. Ja, ich habe dann ganz zum Schluss irgendwie es geschafft, diesen Fachbereich, das Thema New Work, nochmal aufzudrücken. Ja, und deswegen bin ich heute hier, um ein bisschen was dazu zu berichten und wie wir vielleicht auch zu diesem Podcast gekommen sind, denn naja, wir waren so ein paar ich will nicht sagen Youngster, aber wir hatten irgendwie eine Idee, mal was anderes zu machen und haben dann kurzerhand überlegt, einen Podcast zu erstellen für Herne. Ja, und dann ist es aber doch irgendwie versickert. Und deswegen freut mich das ganz besonders heute hier Gast zu sein.

Wolfgang (02:23)

Ja, das ist gut. Dann starte ich erst mal mit einer kurzen Warm-Up-Frage-Runde. Du sagst einfach ganz kurz, ich sage entweder oder und du sagst dann entweder oder oder. Machen wir so? Okay.

Nicole (02:35)

Okay. 

Wolfgang (02:37)

Gut. Mittelmeer oder Nordsee? 

Nicole (02:39)

Mittelmeer. Es muss warm sein.

Wolfgang (02:41)

Warum könnte ich Nordsee gefragt haben? 

Nicole (02:46)

Nordsee ist zu stürmisch und zu nass. 

Wolfgang (02:51)

Coworking Space oder Homeoffice?

Nicole (02:55)

Schwer. Beides. Kommt drauf an.

Wolfgang (02:58)

Nutzt du das Beides? Also, nutzt du Beides ja?

Nicole (03:00)

Ja. Ich nutze tatsächlich Beides und teile mir meine Aufgaben genauer auch so ein.

Wolfgang (03:05)

Ja, okay. 

Nicole (03:06)

Und sage das auch mal im Team, dass das so wichtig ist. Ja. 

Wolfgang (03:09)

Gyros oder Döner? 

Nicole (03:11)

Natürlich Gyros. Ich liebe Griechenland. Ja.

 Wolfgang (03:14)

Was ist deine Lieblingsinsel in Griechenland? 

Nicole (03:18)

Kreta ist meine zweite Heimat. Ich glaube, ich bin fast jedes Jahr da.

Wolfgang (03:22)

Ja, okay. Gut. Was für eine Ecke sollte man gesehen haben auf Kreta? 

Nicole (03:27)

Also Kalyves) auf jeden Fall. Das ist wunderschön. Genau. Kennt auch fast keiner. Okay, vielleicht. Eigentlich hätte ich das jetzt nicht sagen sollen. 

Wolfgang (03:36)

Dass es keiner kennt? ach, weil es jetzt überlaufen wird hier. 

Nicole (03:39)

Ja, ich hoffe nicht, okay. 

Wolfgang (03:41)

Gut. KI oder Metaverse? 

Nicole (03:45)

Beide ist ganz wichtig. KI können wir aber schon bespielen. Ich glaube, Metaverse kommt irgendwann. Und ich hoffe, dass wir nicht die Letzten sind in der Verwaltung. 

Wolfgang (03:54)

Ja, ja, gut. Ich kann es mir auch nicht so richtig in meinem Alltag vorstellen. Ich kann mir auch vorstellen, dass man da ganz schön lost sein kann. Im Metaverse, da gibt es bestimmt welche, die dann Aussteiger sind, aber nicht auf einer schönen Insel, sondern im Metaverse dann. 

Nicole (04:08)

Ja, ich glaube, man muss schauen, welche Möglichkeiten es bietet. Aber beispielsweise Südkorea ist komplett mit der Verwaltung auf Metaverse. Das ist schon ganz geil. 

Wolfgang (04:20) 

Wow, krass. Employer Branding oder Stellenanzeige? 

Nicole (04:27)

Employer Branding, ich bin gerade dabei.

Wolfgang (04:30.222)

Okay, das war's mit der Warm-Up-Fragerunde hier von meiner Seite aus. Du hast ja schon kurz berichtet, dass du ja so ein paar Insights hast, wie es zu dem Podcast gekommen ist, dem Podcast, den wir jetzt gerade machen. Hast du da noch tiefere Behind-the-Scene-Stories? 

Nicole (04:47)

Ja, kurz ab, wir haben das Jubiläum in der Akademie gefeiert und zur Feierlichkeit war unser Innenminister Herbert Reul da.

Ich weiß nicht, wir haben vorher schon mal darüber gesprochen, man könnte doch irgendwie mal was Cooles machen und unter cool viel auch Podcast. Ich wusste, der Innenminister hat nicht viel Zeit an dem Tag und hat seine Begrüßungsrede gehalten, war dann noch bei der Keynote da und musste dann aber schnell weg. Und dann bin ich zu den Jungs, die ihn immer begleiten, weil er hat natürlich Personenschutz und habe gefragt, ob ich vielleicht noch zwei Minuten mit ihm habe, um ihn zu fragen, ob er vielleicht einen Podcast mit uns macht.

Und daraufhin haben die gesagt, er hat keine Zeit, aber wenn du mit uns mitgehst bis zum Auto, hast du genau zwei Minuten. Ja, gesagt, getan. Bein in die Hand und schnell neben ihm hergelaufen und ihn gefragt und bis zum Auto hatte ich ihn dann. 

Wolfgang (05:42)

Ja.

Nicole (05:43)

Und dann hat er zugesagt und wir haben ihn tatsächlich im Landtag besucht und haben mit ihm Interview geführt. Ja, also das Material gibt es noch, vielleicht können wir es irgendwann mal verwenden.

Wolfgang (05:55)

Und dann hat es doch bis jetzt gedauert, bis so ein schönes Format, den Flurfunk aus Herne jetzt endlich mal im vollen Glanz erstrahlt. 

Nicole (06:03)

Ja, Corona kam dazwischen, Wolfgang. Das war leider etwas, was uns echt ziemlich gefordert hat an der Akademie. Wir mussten alles auf digitale Angebote umstellen. Und dann ist das Thema leider ein bisschen versickert. Und umso mehr freue ich mich, dass das jetzt doch nochmal so weit ist. Toll.

Wolfgang (06:22)

Wann bist du genau gewechselt? Also wann hast du der Fortbildungsakademie den Rücken gekehrt, wenn man das mal so schroff sagen will? 

Nicole (06:31)

Ja, okay. Das war einmal August letztes Jahr. Also im Juli war meine letzten Arbeitstage im heißen Sommer in der Akademie. Und jetzt bin ich ein Jahr beim Landesamt für zentrale polizeiliche Dienste und verantworte dort den Fachbereich beziehungsweise das Dezernat komplett um HR, also den Personalbereich.

Wolfgang (06:56)

Ja, also ich meine, das hört sich ja nach einem Haufen Arbeit an. Vor allen Dingen auch so der, also ist es dann quasi ein Quereinstieg? Kann man sich das so vorstellen? Oder wie bereitet man sich dann auf so einen Schritt vor? Und weil das ja auch irgendwie fachfremd ist, brauchst du da viel internes Fachwissen, wie hast du dich darauf vorbereitet? 

Nicole (07:13)

Also das Gute war, ich habe mich ja an der Akademie viel mit Digitalisierung und Leadership und Fachkräftemangel beschäftigt. Hintergrund ist, dass ich glaube, dass wir in der Verwaltung das neue arbeiten oder dass wir anders arbeiten müssen und darunter verstehe ich eben auch das Thema New Work. Und deswegen ist mir der Einstieg dorthin gar nicht so schwer gefallen, zumal ich mit unserem Brain Food, das ist so ein digitales Angebot, auch viel mich mit diesen Themen beschäftigt habe, auch KI in Personal Recruiting. Also ich habe mich, wie gesagt, dort schon viel mit diesen Themen auseinandergesetzt und es war trotzdem ein riesengroßer Schritt, weil in einem großen Personaldezernat mit über 50 Leuten hat man eben alles so ein bisschen zu tun und die Herausforderung ist tatsächlich in der Polizei anzukommen. Das ist nochmal was ganz Besonderes,

Wolfgang (08:10)

ja. Aber da brauchst du jetzt keine kleine polizeiliche Grundausbildung für oder so ein Crash Course.

Nicole (08:15)

Ne man muss einfach offen sein. Und ja, das ist das, was ich aber sowieso, wenn wir über Leadership sprechen, propagiere. Man muss offen sein und zuhören, verstehen und vielleicht auch mal komplexe Sachverhalte begreifen. Aber dann geht das ganz gut. Und man muss natürlich tolle Mitarbeitende haben. Und die habe ich auch beim Landesamt für zentrale polizeiliche Dienste glücklicherweise und tolle Chefs. 

Wolfgang (08:42)

Ja, hört sich gut an. Ich möchte auch.

Nicole (08:46)

Ja, dann hat ja mein Employer Branding schon mal hier geklappt.

Wolfgang (08:50)

Okay, wie sieht denn so ein Arbeitstag von dir aus? Kannst du uns mal mit auf die Reise nehmen? 

Nicole (08:55)

Ja, sehr gerne. Also ich bin tatsächlich viel in Terminen, muss mich austauschen zu verschiedenen Themen, habe jetzt auch die letzten viereinhalb Wochen meiner Abteilungsleiterin vertreten. Das ist dann nochmal etwas aufwendiger. Sitze also dann viele Leitungskonferenzen mit den anderen Abteilungsleitungen. Ja, im Wesentlichen geht es darum, das Landesamt für zentrale polizeiliche Dienste arbeitsfähig zu halten. Und aktuell sind wir dabei, das Employer Branding aufzusetzen. Das heißt also, wir werden uns mit ganz vielen unterschiedlichen Teammitgliedern zusammensetzen und uns überlegen, was sind denn Employer Value Propositions? Also was können wir eigentlich an Werten vermitteln? Und was glauben wir eigentlich, was für Werte wichtig sind? Also viel auch. Ja, ich muss auch viel lesen, damit ich ein Verständnis dafür bekomme, was Menschen eigentlich wollen. 

Wolfgang (09:52)

Also ich meine, jetzt in dem Feld, wo du jetzt unterwegs bist, ich meine, es ist ja zum einen, wenn man das so sagen kann, wenn ich in meinem Freundeskreis schaue ne, oder allein wenn ich nach Berlin schaue, wird oft die Nase gerünft, wenn man das Wort Polizei hört. Ich selber bin da komplett anders. Also ich finde, es ist ein ehrenhafter, prestigehafter Beruf in meinen Augen. Ich finde das, ich finde das einen tollen Beruf. Aber viele Leute schreckt das ab. Manchmal hab ich das Gefühl, die Wirkung nach außen, dass sie vielleicht auch der Sündenbock der Nation stellenweise sind. Und dann aber auch, dass oft das Beziehungsleben hinten dran steht, wegen viel Schichtarbeit und so weiter. Ich glaube, da muss man schon echt gute Vorarbeit leisten, wenn man sagt, man möchte diesen Beruf noch attraktiver machen. Vor allen Dingen, wo jetzt alles so im Wandel ist. Jeder kann von Thailand aus der Hängematte arbeiten und dann doch noch diese Arbeit attraktiv zu machen. Ich glaube, das ist gar nicht so einfach.

Nicole (10:49)

 Ja, ich sag mal ja und nein. Ich glaube eben, das Schöne ist, wenn jemand Lust hat, gesellschaftlich einen Beitrag zu leisten, dann ist man bei uns, bei der Polizei total richtig. Und ich glaube, das ist eine unserer ganz wertvollen Benefits bzw. nicht Benefits, einer unserer wertvollen Dinge, die wir, die wir quasi darstellen, die gesellschaftlichen Möglichkeiten, die wir anbieten. Und ja, in Bezug auf Polizei, muss ich sagen. Ich war nie von diesen Vorurteilen beherrscht, aber muss sagen, mein Bild hat sich nochmal zum Positiveren gewandelt, wenn ich mit den Polizistinnen und Polizisten zusammenarbeite. Es sind wirklich Leute die sich engagieren, die versuchen, das Gute hervorzuheben. Na, ich hab letztens einen Autounfall gehabt und die Polizistinnen waren sofort da und haben sich um mich gekümmert und haben auch gefragt, ob alles in Ordnung ist. Und ich muss sagen, echt, das sind schon Leute, da können wir froh sein, dass es die gibt. Und ja, das propagiere ich mittlerweile auch. Also ich finde es auch toll und mag es mit Polizistinnen und Polizisten zusammen zu arbeiten. Das sind wirklich eine tolle, tolle Leute. 

Wolfgang (12:11)

Und wie sind da jetzt eure, ihr wollt das Thema Employer Branding jetzt irgendwie auf ein neues Level heben oder erstmal implementieren bei der, wie soll ich das sagen, bei dem Landesamt für zentrale polizeiliche Dienste (lachen). Beim LZPD.

Nicole (12:26) 

Genau.

Wolfgang (12:28)

Wie geht ihr da ran? Was sind jetzt die ersten Schritte? 

Nicole (12:31)

Ja, das ist total spannend, weil es ein sehr offener Prozess ist und wir können da einfach was bauen, von dem wir glauben oder hoffen, dass das richtig ist. Also es geht im Wesentlichen darum, zu schauen, was sind denn die Besonderheiten von uns? Employer Branding, Arbeitgebermarke, also was macht uns aus? Welche Werte tragen wir nach vorne? Welche Arbeitsbedingungen können wir anbieten. Wie stellen wir uns Führung vor? 

Das geht natürlich ganz nah miteinander zusammen. Aber auch wie es das kollegiale Umfeld. Das sind alles Themen, die versuchen wir zu beleuchten. Und dann geht es eigentlich darum, sich die Frage zu stellen, wie können wir denn gute Talente für uns gewinnen? Also was macht denn uns aus und wie, was muss ich denn anbieten, damit wir gute Talente für die Polizei und für das LZPD gewinnen? 

Ja, und das ist natürlich das zweite oder vielleicht auch viel wichtigere Thema. Wie können wir denn die, die wir bereits haben, an uns binden? Denn das ist auch ein wahnsinnig wichtiges Thema. Das ist sogar das, was eigentlich first stehen muss. Wie kann ich denn eigentlich die, die bei uns sind, davon überzeugen, dass das der richtige Weg ist bei uns? Und wir beim LZPD machen dazu gerade beispielsweise was ganz Spannendes. Zum einen haben wir gerade ein sehr exklusives Führungskräftetraining entwickelt mit Möglichkeiten wie Coaching und Mentoring, Einarbeitungskonzepte, On- und Offboarding, also wirklich, dass wir die Führungskräfte da gut einbinden. Auch Get-together, damit die zusammenkommen. Gesunde Führung, das sind alte Themen oder führen auf Distanz, wo wir jetzt proaktiv auf die Führungskräfte zugehen. Und auf der anderen Seite eben aber auch zu gucken, welche Benefits gibt es denn bei uns? Wir haben jetzt eine neue Dienstvereinbarung entwickelt, wonach wir drei Tage die Woche bei einem Vollzeitjob, also 60 Prozent unserer Arbeit, mobil arbeiten dürfen. Das heißt in ganz Deutschland. Und das ist für die Polizei schon echt cool.

Wolfgang (14:45)

Ja.Definitiv. Aber das ist dann für die, die quasi Büroarbeit machen, die dann nicht auf Streife sind. Ich fahre mal nach München runter (Lachen). Mal gucken, was da so los ist. 

Nicole (15:00)

Richtig. Das LZPD ist ja auch, um das nochmal hier an dieser Stelle deutlich zu machen, die Service- und Technikbehörde. Das heißt, wir stellen, wir machen die Vergaben von der Schraube bis hin zum Wasserwerfer oder Polizeihubschrauber, wird bei uns alles bestellt. Und wir kümmern uns vorwiegend um die IT. Die IT-Lösung für die gesamte Polizei in Nordrhein-Westfalen. 

Wolfgang (15:22)

Polizeihubschrauber, das ist aber auch wahrscheinlich beeindruckend, wenn da so eine Bestellung eingeht. Ich hätte gern fünf davon (Lachen). 

Nicole (15:28)

Ich habe gestern mit den Hangar-Kollegen auf dem Sommerfest ein alkoholfreies Bier getrunken. 

Wolfgang (15:35)

Na, da fliegt dich ja besser dann, ne? 

Nicole (15:38) 

Ja, ist sinnvoll, ja. 

Wolfgang (15:40)

Aber du bist ja Leiterin des Dezernats für Personalmanagement. Bist aber auch zertifizierter Agile-Coach. 

Nicole (15:49)

Genau. 

Wolfgang (15:50)

Hilft dir das jetzt bei deinem jetzigen Beruf? Wendest du das an? 

Nicole (15:55)

Ja, auf jeden Fall. Tatsächlich, und das fühlt sich für Kolleginnen und Kollegen der Polizei plötzlich ganz neu an. In der Akademie sind ja alle sehr offen mit solchen Dingen. Da ist es quasi normal, dass man neue Methoden ausprobiert, weil die gehören zur Akademie dazu. Beim LZPD ist das schon ein bisschen anders, aber tatsächlich habe ich jetzt erstmalig auch vor, ein Lean-Coffee mit Kolleginnen und Kollegen zu machen. Wir nutzen Kanban-Boards mittlerweile. Also ich versuche schon sehr viele neue oder agile Methoden einzubringen, aber auch eben New Leadership zu leben, weil ich glaube, dass das den Leuten hilft. Ja, besser zu arbeiten und auch selbstständiger zu arbeiten. Und ich finde, wir sind da auf einem sehr guten Weg und es wird auch angenommen. Das ist sehr schön. 

Wolfgang (16:49)

Aber du glaubst schon, dass das so die die Kernprobleme waren oder die Kernherausforderungen waren, um einfach ein bisschen besser zusammenarbeiten zu können?  

Nicole (16:57) 

Ja, das sind alles Hilfsmittel. Ich glaube, es gehört mehr dazu. Also zum Beispiel finde ich es ganz wichtig. Und das sind meine, meine. Kernelemente, mit denen ich gerade auch bei uns zu tun habe, dass wir viele Prozesse erst mal anschauen wollen. Also wir haben jetzt beispielsweise in den letzten zwölf Monaten alle Prozesse, die wir haben, identifiziert und haben die in eine große Prozesslandkarte eingetragen, sodass wir erst mal wissen, was machen wir eigentlich und dass wir über Schnittstellen nachdenken. Also wo funktioniert es denn, warum vielleicht nicht so gut und was können wir denn vielleicht ändern? Und einzelne Prozesse haben wir uns jetzt angeschaut und sie angepasst. Und das waren echt wertvolle Momente, wo die Leute auch wirklich sich total gefreut haben, wenn sie plötzlich Schnittstellen wegstreichen durften, die nicht funktioniert haben. Und das ist so die eine Geschichte, wo ich gerade versuche, sehr aktiv mit den Leuten zu sein. Und dann danach, wenn man Prozesse sich angeschaut und optimiert hat, im nächsten Step zu digitalisieren. Weil das ist einfach wichtig. Wir werden auch mit einem guten Employer Branding nicht dazu kommen, dass die Leute ausreichend, dass wir genug Menschen noch für uns gewinnen können. Also das wird auf keinen Fall in meiner Wahrnehmung gelingen. 

Nicole (18:28.974)

Deswegen müssen wir mehrere Aktionen machen. Und dazu gehört eben das Prozessmanagement und die Digitalisierung, um einfach Dinge einfach lockerer, schneller zu gestalten. 

Wolfgang (18:40)

In meiner Wahrnehmung war früher der, also zum Beispiel öffentlicher Dienst, war irgendwie auch sehr Prestige behaftet. Es war irgendwie toll dafür zu arbeiten. Ich habe das Gefühl, das hat sich vielleicht auch nur meine Wahrnehmung ein bisschen geändert so. Und in allen Branchen, mit denen ich zu tun habe, die sprechen alle von War for Talents und so weiter. Was glaubst du, was muss der öffentliche Dienst machen, damit er weiterhin als attraktiver Arbeitgeber auch Bestand hat? 

Nicole (19:12) 

Ich glaube, ein Punkt kann sein, und ich habe auch nicht die Weisheit mit Löffeln gefressen, sonst würde ja das LZPD irgendwie... Sonst würden wir ja überrannt werden von Bewerbungen. Ich glaube tatsächlich, was ich immer total gut finde. Und deswegen habe ich auch gerade unsere Leitungsebene im LZPD gelobt. Unser Behördenleiter achtet darauf, allen zuzuhören. Und wir haben zum Beispiel kürzlich die Studenten, die das duale Studium bei uns machen, eingeladen und haben gefragt, was läuft denn gut, was läuft nicht so gut und was können wir vielleicht für euch ändern. Und das sind in meinen Augen sichtbare Dinge, die die Kolleginnen und Kollegen, die gerade neu bei uns sind, auch annehmen und die auch nach außen getragen werden. Also das heißt, ich glaube, am Ende sind es wirklich Kleinigkeiten, dass es sich rumspricht in der Behörde kannst du gut arbeiten, das macht Spaß, du wirst ernst genommen, du wirst wahrgenommen, du wirst gewertschätzt. Ja, also das, ich glaube, das sind einfach Punkte. Und wir müssen uns vielleicht auch davon lösen von den Gedanken, dass jemand 30, 40 Jahre in der öffentlichen Verwaltung bleibt. Das kann auch eine Lösung sein. Ja, und es ist auch gar nicht schlecht. In meinem Team arbeiten ganz viele unterschiedliche Menschen, die vorher in Unternehmen gearbeitet haben im HR-Bereich und die bringen supergeniale Ideen mit, an die der öffentliche Dienst einfach noch nie gedacht hat.

Nicole (20:44)

Und auf der anderen Seite habe ich kürzlich mit einer Kollegin, die frisch seit fünf Monaten bei uns ist, gesprochen. Die hat gesagt, ich habe gute Ideen, die versuche ich einzubringen, aber ich finde auch, ihr habt wahnsinnig tolle Strukturen. Also man weiß einfach, wenn man was anfasst, wo das hin muss und wo das abgelegt werden muss, das ist richtig gut bei euch. Das ist, das kenne ich so gar nicht in Unternehmen. Also auch das ist vielleicht einer unserer guten Seiten, die man zeigen muss. Tue Gutes und sprich darüber. 

Wolfgang (21:17)

Ja, den Spruch habe ich auch mal gehört von meiner ehemaligen Chefin. Ich fand das immer schwer. Ich fand das manchmal so, also wenn ich es auf mich runtergebrochen habe, dann bin ich immer so, okay, ja, ich habe das gemacht, aber es ist doch selbstverständlich, dass ich es gemacht habe, aber, dass man trotzdem dann am Ende des Tages sagt, hey, ich habe das und das gemacht, tue Gutes und sprich darüber. 

Nicole (21:36) 

Ja, das ist einfach, weil wenn ich das, ich glaube einfach, also ich bekomme auch ganz auf die Rückmeldung cool, dass du das machst, weil so wird das Landesamt mal gesehen, so bekommt auch jemand ja einen Einblick, was wir machen. Und ich bin mir dafür auch nicht zu schade, irgendwie meinen Verkehrsunfall zu posten mit der Polizei, weil ich ja einfach denke, okay, also why not? Zumindest hat da mal wieder jeder gesehen, dass Polizei wichtig ist und gut.

Wolfgang (22:07)

Wo du gerade bei LinkedIn bist, da hatte ich mir nämlich auch einen kleinen Punkt auf meiner Agenda geschrieben. Und zwar sollte eine Behörde auch auf zum Beispiel LinkedIn vertreten sein oder keine Ahnung, man könnte natürlich auch andere Social Media Kanäle nennen oder findest du es als Personenmarke besser, um dann sozusagen der Vertreter für irgendwas zu sein, für ein Unternehmen, für eine Behörde? 

Nicole (22:33)

Also ich mache das ja privat. Das heißt, alles, was ich poste, also ich frage natürlich die Leute, mit denen ich Bilder mache, ob ich es darf. Und von daher denke ich, passt das alles ganz gut. Ich weiß nicht, ob Social Media und Behörde immer so gut zusammenpassen. Das hat den Hintergrund, weil wenn sowas dann im behördlichen Kontext gemacht wird, muss es häufig durch verschiedene Etagen abgenickt werden. Also das passt nicht zur Social Media, weil du musst sehr aktiv sein, du musst wissen. Du musst ein sehr gutes Konzept dahinter liegen haben, damit du als Behördenleitung sagen kannst, okay, die dürfen das ganz allein und selbstständig machen und müssen das auch nicht in der Hierarchie irgendwo abnicken lassen. Und ich glaube, das ist super, super schwer. Also wir haben beispielsweise, ich weiß nicht, drei Monate gebraucht, um eine Radiowerbung durchzubringen. Das hat auch nicht daran gelegen, dass unsere Leitungsebene das nicht wollte, sondern bis alle da drauf geguckt haben und irgendwie alle damit fein waren. Das hat so lange gedauert und das kannst du dir bei Social Media einfach nicht erlauben, weil es eine ganz andere Taktung ist. Das heißt, ich glaube tatsächlich lieber so ein bisschen, so wie die Amtfluencer das ein bisschen machen. 

Wolfgang (23:57)

Amtfluencer. Ja, das ist cool. 

Wolfgang (24:01)

Ja, aber glaubst du denn, dass Social Media Recruitment prinzipiell über LinkedIn funktionieren könnte, wenn man zum Beispiel eine vernünftige Guideline hat oder ein Konzept dahinter und das freigeben wurde. Oder würdest du sagen, hey, so im Kontext Behörde würde es eher besser über Instagram oder über TikTok gehen? 

Nicole (24:18)

Nee, also das Recruiting, das machen wir schon auch direkt. Das machen wir über LinkedIn und auch über Xing, weil dort die meisten im öffentlichen Kontext unterwegs sind. Das machen wir schon. Das ist auch wichtig aus meiner Sicht, weil da spreche ich ja jemanden direkt an. Also dann habe ich eine Stelle, von der ich glaube, der oder diejenige mit dem Profil könnte gut passen. Und dann werden wir aber auch sehr persönlich. Weil dann sprechen wir wirklich die Person persönlich ganz konkret auf eine Stelle an. Das funktioniert aus meiner Sicht gut. Und was wir natürlich auch machen, ist so Stellenausschreibungen posten und mal verteilen im Haus. Dass jeder mal das Ding noch mal postet und höher schickt. Das machen wir auch, weil ich glaube, dass immer mal jemand da ist. Und wenn es nur Hörensagen ist. Da ist eine Stelle frei Mensch, hast du schon mal geguckt und fragt doch mal nach. Das glaube ich schon. Und wenn es nur wenige sind, aber es ist immer mal einer der anspringt. Und ich selber bin ja auch schon angesprochen worden über LinkedIn, ob ich mich für was interessiere. Also und macht ihr das, sage ich mal, organisch oder macht ihr da schaltet ihr auch Werbung dann dafür? 

Nicole (25:39)

Wir haben ja dieses Portal Karriere NRW und das posten wir dann eben auch über LinkedIn. Das ist aber etwas, was wir, das ist so gewachsen, sage ich mal, auch der LinkedIn Bereich ist bei uns einfach mal so, ja, wie das häufig passiert, du kaufst mal so einen Account und dann fängst du an, den zu bespielen. Ich glaube, auch das muss im Rahmen des Employer Brandings nochmal überdacht werden. Das machen wir aber jetzt auch. Das heißt, auch da wollen wir uns dann einfach strategisch ein bisschen ausrichten und uns überlegen, was sinnvoll ist und was nicht. 

Wolfgang (26:10)

Über was für Themen postest du so auf deinem privaten LinkedIn-Kanal?

Nicole (26:17)

Mich persönlich treibt das Thema Generation Z und folgende und Leadership und Neues arbeiten dann. Das heißt, das sind die Themen, die ich immer wieder anbringe. Spielt natürlich, wie ich das auch vorhin schon gesagt habe, viel Leadership mit rein. Genau, also ich versuche immer deutlich zu machen, dass wir umdenken müssen. Das steht auch in meinem Account bei LinkedIn, der recht umfassend ist weil ich da versuche zu erklären, was meine Werte und was die Hintergründe meiner, oder meine Zielrichtung ist, wenn ich poste. Genau. Ja, und ansonsten bin ich gerade sehr aktiv. Wir haben mal vor, ich weiß gar nicht, wann es war, wir haben das nicht festgehalten, wir haben mal immer die Monsters of Government gegründet. Das sind ein paar sehr umtriebige Menschen aus unterschiedlichsten Behörden. Dazu gehört Staatskanzlei, IT.NRW, das Innenministerium, die Akademie, Bezirksregierung Arnsberg, also aus allen Ecken im Land. Und wir haben es eben zur Aufgabe gemacht, vorzudenken. Und darüber hinaus ist noch ein New Network von Kerstin Meißler gegründet worden, die zurzeit bei IT.NRW arbeitet. Ja, und auch da sind wir gerade aktiv dabei, uns auszurichten und aufzustellen, sodass wir das Thema quasi bottom up ein bisschen fördern. 

Wolfgang (27:51)

Ja, okay. Ich habe auf meiner Agenda noch einen Punkt, den habe ich fast vergessen, aber das passiert mir ja nicht, wenn man so gut strukturiert ist. Aber noch mal ganz kurz zurück zum Thema Employer Branding. Und zwar würde die Frage, sollte sie eigentlich lauten, ob es Employer Branding bedarf oder ob es eine Arbeitgebermarke in Behörden und öffentlichen Einrichtungen bedarf?

Die Frage hast du ja eigentlich schon beantwortet, indem ihr das ja jetzt gerade aktiv angeht, das Thema Employer Branding ja. Aber wenn du da, wenn ihr, ihr seid ja jetzt gerade in einem spannenden Prozess und das Ganze zu implementieren, aber wenn du jetzt dir die perfekte Arbeitgebermarke malen solltest und eine realistische noch dazu, wie würde die aussehen? 

Nicole (28:39)

Zu träumen, es macht ja immer Spaß. Realistisch heißt sich die einzelnen Jobs anzugucken und sich zu fragen, was geht und was nicht geht. Also beispielsweise, wenn ich darüber nachdenke, vielleicht sogar Workation zu machen. Oder wenn ich sage, wir haben jetzt mit mobilem Arbeiten angefangen. Oder das Thema, das hat meine Chefin letztens aufgebracht, das fand ich total schön, vielleicht mal umgekehrt zu denken und zu fragen, warum musst du eigentlich ins Büro kommen, also genau umgekehrt. Warum musst du zu Hause arbeiten? Sondern was ist der Grund? Warum kommst du eigentlich ins Büro? Und wann ist das erforderlich? Also das einfach ein bisschen so kopfstandmäßig zu tun. Und ich glaube, wenn wir das an den verschiedenen Stellen machen, auch bezogen auf was bringen die Menschen eigentlich für Fähigkeiten mit? Und das ist manchmal ganz verrückt, wenn du mit Menschen sprichst und erfährst, was die alles noch können. Also ich spreche viel über Sport mit meinen Kolleginnen und Kollegen und dann hörst du auf einmal, ja, ich habe Fußball auf Kreta gespielt, ja, in einem Verein und habe auch mal beim BVB gespielt, bei einem Kollegen, der bei uns arbeitet. Oder ich habe einen Laufinstructor und kann dir was ausarbeiten. Also so unterschiedlichste Sachen sind zum Beispiel. Und wenn man das alles so erfährt und hört von den Leuten und wirklich aktiv zuhört dann hast du erstens den Punkt Wertschätzung auf jeden Fall dabei. Ich rede aber über echte Wertschätzung, also nicht Fragen stellen einfach nur, weil du irgendwie glaubst, das ist jetzt wichtig. Und 

Wolfgang (30:27)

wie geht es dir? 

Nicole (30:29) 

Ja, genau, so wie geht es dir? Sondern echt wirklich echtes Interesse zeigen. Und wenn du dann mit den Leuten versuchst, ja, eben auch hinter die Fassade zu schauen, sind es manchmal super, super Schätze, die du da birgst. Ja, und ich glaube, zu einer guten Arbeitgeber Marke gehört das eben auch. Ich habe tatsächlich gestern auf unserem Sommerfest mit einer Kollegin gesprochen, die hat mir ein riesengroßes Kompliment gemacht, obwohl die das wahrscheinlich gar nicht weiß jetzt. Die hat gesagt, ich finde das total gut. Mit ihnen kann man immer sprechen. Bei ihnen kann man immer ins Büro kommen, aber sie wissen auch genau, was sie wollen und ich glaube, das macht es aus, diese Waage zu halten. Und ich glaube, wenn du das schaffst als Arbeitgeber, wenn du in der Lage bist, den Leuten dieses Gefühl zu geben, sie sind wichtig, du brauchst sie und jeder auf seine Art und Weise. Und du hast dann echt das Interesse an ihnen. Dann hast du irgendwie, ich sage immer so, die halbe Miete. Das ist so wichtig. Und das sind so. Du musst gar nicht so viel machen.

Nicole (31:38)

Ja, du musst einfach, ich glaube, ja, das, du musst die Leute echt wertschätzen und du musst den Leuten das Gefühl geben, dass du sie brauchst. 

Wolfgang (31:48) 

Ja. 

Nicole (31:49)

Nichts ist schlimmer, als wenn jemand unwichtig erscheint oder er das Gefühl hat oder sie das Gefühl hat, ob ich komme oder nicht. 

Wolfgang (31:57) 

Ja, aber dann so diese unemotionalen Fakten wie Urlaub und Gehalt und keine Ahnung, was, das muss natürlich auch noch mit reinpassen.

Nicole (32:05) Ja genau wo du gerade Urlaub sagt mir ist ja also ich mache tatsächlich wenn ich das kann morgens immer meine Runde durch alle Büros und das sind ziemlich viele. Und am Ende versuche ich aber auch wenn ich dann jemand nicht sehe und ich weiß er hat Urlaub dann zu fragen Mensch wie war denn der Urlaub ja also. Auch so Kleinigkeiten das ist das kann jeder von uns das kann jeder von uns und das kann zu einer guten Hauskultur gehören.

Wolfgang (32:33)

Also ich habe das Gefühl, dass du für deinen Beruf, vielleicht ist es ja auch eine Berufung für dich, weil man merkt ja auch, wenn du sagst im privaten Bereich auf LinkedIn, da machst du auch viel, du brennst für deine Themen. Aber was begeistert dich an deinen Job?

Nicole (32:47)

Ich habe mal irgendwann im mittleren Dienst angefangen und war ganz unglücklich, weil ich einen total blöden Chef hatte. Und ich habe immer gesagt, wenn ich das mal irgendwann sein kann, dann will ich das alles anders machen. Und ich habe die Chance gehabt aufzusteigen und viele andere Jobs zu machen und irgendwann da zu sein, wo ich bin. Ich freue mich total, dass ich heute Menschen führen darf und dass sie mir freiwillig folgen. Und das motiviert mich, glaube ich, tatsächlich dieses freiwillige Folgen, also dieses nicht du musst das jetzt machen, weil das funktioniert am Ende des Tages nicht, sondern wirklich mich motiviert, wenn die Leute zufrieden sind und auch dieses Maß erkennen zwischen, wir müssen jetzt das eine oder andere tun, das ist vielleicht auch nicht so super schön, aber dafür gibt es auch wieder spannende Aufgaben. Also diese Waage zu finden und wenn die Leute dann zufrieden und glücklich sind und gerne zur Arbeit kommen, das ist für mich immer, ja, das macht mir am allermeisten Spaß oder auch noch ein ganz kleines Beispiel, wir haben eine Kollegin, die gerade, die war länger krank und wir haben sie dann auf eine neue Stelle gesetzt, und ich glaube, erst mal war sie damit nicht so glücklich. Und jetzt sind wir aber dabei, das in Gesprächen zu klären und gemeinsam auf ihre Aufgabenportfolio zu gucken und haben noch mal eine spannende Aufgabe dazu gepackt. Und ja, letzte Woche habe ich noch mal mit ihr gesprochen und sie ist tatsächlich auf einem super Weg, hat viel gelacht und das freut mich dann, wenn wir das schaffen. 

Wolfgang (34:26)

Ja, hört sich gut an. Aber du arbeitest ja nicht 24/7, sondern Urlaub oder mal Feierabend und so. Was machst du in deiner Freizeit gerne? Was begeistert dich da?

Nicole (34:39)

Ja, ich gehe sehr gerne laufen. Das heißt, ich bin joggen sehr viel und sehr gerne. Das mache ich auch tatsächlich direkt im Anschluss an das Arbeiten um den duisburger Innenhafen. Eine Leidenschaft, die der Behördenleiter und ich teilen. Das heißt, jeden Mittwoch gehen wir joggen. Und er verbessert gerade meine Pace.

Wolfgang (34:59) 

Ja, okay. Ich habe auch schon mal darüber nachgedacht, wie so einen Laufcoach zu nehmen. Ich habe mich da mal selber YouTube Videos und so angeschaut irgendwie das Gefühl selber bringt nichts so richtig, weil man sich, also es fehlt ein, so dieser Motivator dann zwischendrin und der vielleicht auch mal auf die Technik guckt und so weiter, würdest du schon sagen, dass das was bringt, ja? 

Nicole (35:21)

Ja, total. Also es ist, ich hätte das nicht gedacht. Ich habe ja so eine super Uhr hier und die das alles trackt. Und ich bin erstaunt, wie gut das funktioniert. Und es ist wirklich so, wenn jemand dabei ist, neben dir, der dann auch vielleicht mal sagt, nur noch fünf Kilometer, jetzt, komm! Das ist schon wirklich cool. Das macht viel Spaß. Und ja, früher bin ich immer alleine gelaufen. Also sonst laufe ich auch alleine, aber ich habe Spaß. Ich hoffe auch man tauscht sich ein bisschen aus, unterhält sich über Belangloses oder auch nicht Belangloses. Und nebenbei bin ich jetzt, wie gesagt, ja, ich bin jetzt im Moment auf einer Pace von 5:55 bei 10 Kilometern. Und das hat mich total gefreut.

Wolfgang (36:12)

Ja, ja, es ist eine sportliche Leistung auf jeden Fall, 5:55. Vor allem über 10 Kilometer das so zu halten. Was waren so die, weiß nicht, top drei Tipps, die er dir gegeben hat, wo du gemerkt hast, Mensch, das lief besser dann?

Nicole (36:23)

Naja, der ist ein super Motivator. Das erste, was er gemacht hat, der hat mir erzählt beim Laufen, wenn, wenn wir jetzt so weiter laufen, Nicole, dann gehen wir mit 6:15 gehen wir ins Ziel rein. Dann habe ich immer gedacht, der ist so schnell, das kann doch nicht sein. 6:15. Ja, und am Ende waren wir dann bei sechs Minuten Pace und also da hat er mich einfach reingelegt.  Das war war schon ganz witzig. Und ansonsten zwischendurch mal einfach kurze Sprints laufen. Das machen wir jetzt nicht, aber ich mache das dann zwischendurch zur Pause mal, dass ich immer so 500 Meter, so acht mal 500 Meter in Sprints laufe. Ja und ansonsten die, ich glaube auch die Läufe immer ein bisschen variieren. Also von der Geschwindigkeit und von der Länge. 

Wolfgang (37:14)

Okay, du hast mir gerade Lauftipps gegeben. Jetzt möchte ich noch, dass du Leuten da draußen vielleicht noch ein paar Tipps mitgibst. Die finden sich auch mit dem Thema agilen Arbeiten beschäftigen und dem Thema Recruitment. Welche Tipps hast du denen, die du denen an die Hand geben kannst?

Nicole (37:28)

Der allergrößte Tipp ist einfach mal machen und sich nicht einschüchtern lassen von Bedenkenträgern oder von Leuten, die sagen, das hat noch nie funktioniert. Das ist, glaube ich, einer meiner Haupttipps und es funktioniert fast immer. Und offen und mutig sein. Okay. 

Wolfgang (37:56) 

Na gut, dann da draußen befolgt diese Tipps. Okay, wir sind fast am Ende. Jetzt habe ich noch eine kurze Fragerunde. Ich sage dir ein Wort und du sagst mir deine Gedanken dazu. Ja? Okay, New Work.

Nicole (38:11) 

Muss unbedingt in die Verwaltung.

Wolfgang (38:14)

Reverse Mentoring.

Nicole (38:15)

Wichtiges, spannendes Thema, weil wir von den jungen Menschen und Talenten ganz viel lernen können. 

Wolfgang (38:24) 

KI im Recruiting.

Nicole (38:26)

 Heißes Eisen, gefährlich und spannend zugleich. 

Wolfgang (38:29)

Digitalisierung. 

Nicole (38:32)

Leider hat es zu einem Buzzword geworden, aber so essentiell für eine zukunftsfähige Verwaltung. 

Wolfgang (38:38)

Generation Z, wie sagt man Generation Z?

Nicole (38:42)

Das sind die wahren Digital Natives, die wir sehr ernst nehmen sollten. Und alle Ideen, die Babyboomer durch Verlängerung von Arbeitszeiten zu überbrücken, machen keinen Sinn. Sondern ich glaube tatsächlich, also sie machen zumindest langfristig keinen Sinn. Wir müssen uns der Generation Z stellen und wir müssen versuchen zu begreifen was sie wollen weil sie werden es einfach sie werden einfach da sein und sie werden ihrer, Ihre Ideen haben und sie werden sie durchsetzen besser mit ihnen sprechen und versuchen sie zu begreifen als sie zu verteufeln. 

Wolfgang (39:29)

Brainfood 

Nicole (39:30) 

Mein mein Baby ja habe ich ja gerade erzählt beim Laufen entwickelt. Brainfood, ein digitales 90, 60 bis 90-minütiges Format, um kreuz- und quer Themen zu bespielen in der Verwaltung, die vielleicht auch gar nicht zur Verwaltung gehören. 

Wolfgang (39:50)

Welche Projekte stehen als nächstes bei dir an? 

Nicole (39:51)

Mit Kerstin Meißler und den vielen anderen Kolleginnen und Kollegen, die ich jetzt gar nicht alle nennen kann, aus der Landesverwaltung das New Network NRW nach vorne zu treiben, um ein Startup zu gründen, in der Verwaltung quasi, so nenne ich das mal, Beratung von Menschen in der Verwaltung, für Menschen in der Verwaltung, das ist das, wo ich Kerstin Meißler unbedingt folge. Ja, und ansonsten natürlich unser ureigenstes Employer Branding für das LZPD, das sind so die nächsten Steps. Ja, und vielleicht genau, vielleicht auch mal irgendwann noch mal eine solide Coaching-Ausbildung. Muss ich gucken, hätte ich Bock drauf. 

Wolfgang (40:37)

Ja, na gut, dann nehmen die mal nicht zu viel vor. Aber vielleicht aber doch. Das ist ja auch immer so ein Spruch, ne, mach mal nicht zu viel, übernimm dich mal nicht. Über einen Schritt nach dem anderen. Aber wenn man sagt, du hast ja eine gute Pace jetzt, die kannst du ja schon vorweisen. Also von daher kannst du auch zwei, vier Schritte auf einmal gehen. Okay. 

Nicole (40:57)

(Lachen) Hope so. 

Wolfgang (40:58) 

Ja, jetzt sind wir wirklich am Ende dieser Folge angelangt. Leider würde ich sagen, mir hat es echt viel Spaß gemacht. Jetzt möchte ich dir aber nochmal die Möglichkeit geben, vielleicht ein, zwei, drei, fünf Sätze zu sagen zum Thema, zum Statement, zu irgendeiner Herzensangelegenheit, was du auf jeden Fall den Leuten, die hier zuhören, nochmal mitgeben möchtest. 

Nicole (41:19)

Ja, liebe Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger in der Verwaltung, seid oder bleibt auf jeden Fall open-minded, wenn es darum geht, die neuen Generationen, die neuen Talente zu gewinnen, weil Verwaltung kann nicht mehr so sein wie vor 20 Jahren. Das funktioniert einfach nicht mehr. Und alles, was wir verändern können, das ist nicht der Tarifvertrag oder sonst irgendwas, aber alles, was wir in unserem Arbeiten verändern können, sollten wir anbieten. Und allen Mitarbeitenden, die schon auf dem Weg sind und da aktiv sind, denen spreche ich Mut zu, weil jeder kann für sich etwas ändern. Und gemeinsam sind wir stark.

Wolfgang (42:02)

Okay, das war das Wort des Tages oder Satz des Tages. Liebe Nicole, vielen lieben Dank für deine Zeit, hat Spaß gemacht. Ich hoffe dir auch und ich hoffe euch da draußen hat es gefallen. Ihr habt eine Menge mitnehmen können. Ich wünsche dir alles Gute für die Zukunft, für deine nächsten Aufgaben und Ich halte mich auf dem Laufenden über deinen privaten LinkedIn-Kanal. 

Nicole (42:24)

Ich danke dir sehr für die tolle Zeit hier. Es hat mir sehr viel Freude gemacht und ich wünsche dir ebenfalls alles Gute und ich glaube, wir bleiben auf jeden Fall in Kontakt. 

Wolfgang (42:35) 

Ja, macht's gut da draußen. Ciao

Wolfgang (42:38)

 Die erste Folge ist im Kasten und ich hätte gerne noch stundenlang mit Nicole weitergesprochen. Was nehme ich als Resümee der heutigen Folge mit? Wir haben einen spannenden Einblick aus Nicoles Berufsalltag erhalten, Employer Branding ist ein unheimlich wichtiges Instrument, um den War for Talents entgegenzuwirken, aber auch um Mitarbeiter und Führungskräfte weiter an sich zu binden. Das alleine wird allerdings nicht ausreichen. Prozesse müssen weiter modernisiert und die Digitalisierung weiter vorangetrieben werden. Amtfluencer leisten hier bereits einen wichtigen Beitrag in den sozialen Medien. Aber es ist eine berechtigte Frage, ob nicht auch Behörden und öffentliche Einrichtungen perspektivisch in sozialen Netzwerken vertreten sein sollten. Machen und mutig sein. Nehme ich als zentraler Message aus diesem Podcast mit. Ich persönlich habe das Gefühl, dass die Polizei und der öffentliche Dienste sich in Aufbruchstimmung befinden. Falls ihr gerade auf der Suche nach einer neuen und spannenden Herausforderung seid, schaut doch mal bei Karriere.nrw rein und bewerbt euch. Vielleicht seid ihr dann demnächst Teil der visionären Community und tragt zur Weiterentwicklung der Verwaltung bei.

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